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der Hand verwüstend in Deutschland ein, stürzten sich in großer Wuth auf die römischen Priester, Kirchen und Klöster und suchten ihre Lehre mit Feuer und Schwert anszubreite». Ihre Hauptanführer waren der einäugige Johann Ziska und nach ihm Andreas Procop- Weder König Wenzel von Böhmen^ noch Kaiser Sigismund waren im Stande, den Heeren der Hussiten erfolgreichen Widerstand entgegen zu stel­len; zu verschiedenen Malen machten dieselben Streif- züge nach Dresden und in's Magdeburgische u"^- brannten vieler Dörfer und Flecken nieder.

Im April des Jahres 1432, so erzählt die -^Z'w^ Sage, machten die Hussiten wieder einen Einfall in 71.'Sachsa steckten Altenbnrg in Brand und erschienen vor Naumburg, welchs damals noch mit Wällen und ' »«.Gräben nmgeben war. Procop, ihr grausamer An- führen, sandte einen Zettel in die Stadt, auf dem ge- Krsschrieben stand:Weil dein Bischof, Stadt Nanm- ? ^ bürg, seiner Zeit das Verdammungsurtheil gegen Hnß

mit unterschrieben hat, so soll dir keine Gnade zu Theil werden." Die Einwohner geriethen in große Angst. Sie sandten an den Heerführer der Hussiten einen Brief, in welchem sie anseinandersetzten, daß der Bischof, welcher feiner Zeit Huß mit verdammt habe, längst tpdt und sein Nachfolger nicht anwesend sei. Das half aber nichts. Der Feldherr wieder­holte nur um so nachdrücklicher seine Drohung:Naum­burg soll keine Gnade haben, sondern gänzlich ver­nichtet werden."

Damals lebte in der bedrängten Stadt ein "Mann, Namens Wilhelm Wolf. Als Noth und Angst immer großer wurden, machte er seinen Mitbürgern folgenden Vorschlag:Sendet eure Kinder morgen in das feindliche Lager zu Procop, daß sie vor ihm einen Fnßfall thun und um Gnade bitten. Vielleicht macht das einen Eindruck auf ihn und bewegt ihn zum Mitleid. Die Kinder sollen über ihre Kleidung weiße Sterbehcmdchen anziehen, Gott wird sie beschützen."

Den Bürgern gefiel dieser Vorschlag wohl. Am folgenden Morgen wurde unter Trommclschlag in der unglücklichen Stadt ausgerufen:Alle Kinder zwischen sieben und vierzehn Jahren haben sich, in weiße Hemden gekleideit, zur Mittagszeit auf dem Markte einzufinden!" Als 238 Knaben und 321 Mädchen erschienen, wurden sie in die Wenzelkirche geführt und hier eingesegnet. Viele weinten und hin­gen sich beim Ausgang aus der Kirche an ihre Müt­ter. Es wurde ihnen gesagt, sobald sie in's Lager kämen, sollten sie mit gen Himmel gehobenen Händen niederfallen und so langeGnade! Gnade!" rufen, bis man sich ihrer erbarmen würde. Wenn aber die Feinde grausam sein würden, dann sollten sie ihre weißen Sterbehcmdchen aufmachen und ihre Hälslein Hinhalten. Die große Kinderschaar verließ um zwei Uhr die Stadt und zog geraden Weges dem feindlichen Lager zu. Viele Mütter gingen eine Strecke mit, drückten dann noch einmal ihre Kleinen an die Brust und wandten sich unter Schluchzen wieder zur Stadt. Als der Zug an die Wachen des Feindes kam, wurde ihm Halt geboten. Die Kinder mußten eine Zeitlang stehen bleiben, dann erschienen Offiziere und führten sie vor Procos Zelt. Da fielen die Kinder sämmtlich nieder und riefen:Gnade! Gnade!" Procop sah bald seine Offiziere, bald die Kleinen an und gebot ihnen, stille zu sein. Dann ging er in sein Zelt und hielt mit den übrigen Anführern Kriegsrath. Nach einer halben Stunde trat er unter die weinende Kinderschaar und rief:Seid nur still, es soll euch kein Leid geschehen!" Dann ließ er die im Lager be­findlichen Musikanten kommen und ein Kindertänzlein aufspielen. Als die Kleinen aber gar nicht tanzen wollten, befahl er, Wein, Kirschen und Weißbrot her­zubringen. Anfangs langten die noch immer ängstli­chen Kinder gar nicht zu, aber einige hungrige Bursch- lein faßten sich ein Herz, kosteten von den Kirschen, ihnen folgten andere, und bald aßen alle nach Her­zenslust, so daß bald keine Kirsche mehr zu erspähen war. Procop sah mit seinen Offizieren dem Treiben mit größtem Wohlgefallen zu. Als nun die Kinder ihren Hunger und Durst gestillt hatten, und die Mu­sikanten eine fröhliche Weise nach der andern spielten, faßien ein paar Mägdlein einander um, eröffneten den Tanz und sangen dabei, daß dem Feldherrn die Thränen in die Augen traten. Gegen Abend rief Procop den Kindern zu:Nun ziehet still wieder in die Stadt, und wenn ihr in das Stadtthor kommt, so ruft: »Victoria, Hussiata!« Nehmet auch einen grünen Zweig mit, und saget in der Stadt: Naum­burg hat Gnade und bleibt verschont!"

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Mil grünen Zweigen in den Händen eilten die Kinder der Stadt zu. Als sie verkündeten, was Pro­cop gesagt, da entstand große Freude. Aus allen

Straßen hörte man den Ruf: »Victoria IllussiataE Sieg über die Hussiten! Schon in der folgenden Nacht brach Procop sein Lager ab und zog von dannen.

Zur Erinnerung an diese Errettung Naumburgs wird seit Jahrhunderten das Kirschtindersest begangen. Schon mehrere Wochen vorher ireut sich Atl und Jung auf den schönen Tag, der in der Woche gefeiert wird, in welche der Jakobustag (25. Juli) fällt. Des Vormittags sammeln sich die Kinder in ihren Schul­klassen und erhalten Backwerk und Kirschen. Um

ein Uhr wird mit den Glocken der Wenzelkirche ge­läutet. In großen Lchaaren ziehen die Kinder in

das Gotteshaus. Dann ertönt der Choral:Nun danket alle Gott!" und von einem der Pastoren

Naumburgs wird eine Rede gehalten unv gebetet. Darauf ordnet sich der lange Kinderzug aus dem Marktplatz und zieht von Musikern beglettet, genau den Weg, welchen von mehr denn vierhundert Jahren jene mit Sterbehcmdchen bekleidete, weinende Kinder- schaar einschlug zur nahenVogelwiese," einem gro­ßen, mit Bäume» eingerahmlen Platz. Hier sind über hundert Zelte aufgeschlagen. Die Knaben schießen mit Armbrüsten nach Vögeln, Scheiben und Sternen, für Mädchen werden andere Dpiele zugerichket. Da­bei erschallen allerlei fröhliche Lieder.

Wenn die Sonne sich zum Untergange neigt, wird ein großer Umzug um den Festplatz gehalten. Gegen Abend finden sich auch die Eltern und Ange­hörigen aus der Vogelwiese ein und freuen sich mir der fröhlich spielenden und singenden Jugend. Der ganze Festplatz wird mit Gas und Lampions erleuch­tet. Die kleineren Kinder werden gegen acht Uhr nach Hause geführt, die größeren bleiben bis zum Zapfen­streiche, der den Schluß des schönen Festes bildet.

Aber, fragt ihr, wer bestreitet denn die Koster, dieses Tages? Nun, es hat immer solche gegeben, die sich dankbar der Hülse Gottes erinnert und den Kin­dern gern eine harmlose Freude bereitet haben. Preu­ßens frommer König, Fridrich Wilhelm IV. schenkte einmal zu dem Kirschkinderfest eine bedeutende Summe mit der Bestimmung, daß aus den Zinsen armen Kindern für den fröhlichen Tag neue Kleider augeschafft werden sollen. Ein Kapital ist allmählich gesammelt, aus dessen Zinsen ein großer Theil der Kosten be­stritten wird, außerdem werden bei den wohlhabenden Bürgern Naumburgs Sammlungen abgehalten.

Auch das Bernauer Fest ist auf die große Hus- sttenbewegung zurückzuführen. 1432, in demselben Jahre als die Hussiten Naumburg belagerten, erschie­nen sie auch mit großem Troß von Wagen, Pferden, Weibern, Kindern u. s. w. vor den Mauern von Ber­nau. Die Bürger dieser Stadt waren durch Acker­bau und Handwerk, vor allem aber durch ihre Bier­brauereien zu großem Wohlstände gelangt. Und die Chronik der Stadt berichtet, daß gerade die Bier­brauereien das Mittel zur Rettung der Belagerten geworden. Die Bürgerfrauen gossen nämlich wacker heißen Brei" (wahrscheinlich Bierträber) auf die Feinde draußen, deren viele schmählich umkamen. So wurde die Stadt bis zur Entscheidung hingehalten und der Spruch erhielt sich im Volksmunde:

Der Bernauisch heiße Brei

Macht die Mark Hussitensrei.

Freilich entschied dann eine blutige Schlacht auf einem Felde vor Bernau, das deshalb heute noch das rothe Feld" heißt. Wer von den Hussiten das Leben rettete, mußte eilig abziehen, und keiner von ihnen hat sich seitdem in der Mark sehen lassen.

Zum Gedächtnis; dieser Rettung wurde alljähr­lich in Bernau eine gottesdienstliche Feier gehalten, auch später noch, als die Stadt protestantisch gewor­den war. Im dreißigjährigen Kriege ist sie arg ver­wüstet, und von den Franzosen unter Napoleon I. noch grausamer als vierhundert Jahre zuvor von den fanatischen Hussiten behandelt worden. Das diesjährige Fest aber ist ein nationales Danksest geworden, denn unter dem Segen des einigen Deutschlands heilen die Wun­den, aus denen vier Jahrhunderte lang die Stadt geblutet.

Allerlei.

Zum Schutze der Pferde und der Rin­der, welche bekanntlich bei der jetzigen Jahreszeit sehr viel von den Fliegen zu leiden haben, ja selbst oft durch sie scheu und wild gemacht werden, empfiehlt nach der Br. Z. eine englische Ackerbaugesellschaft

ein einfaches Mittel, nämlich das Hagc dieser Thiere mit einer starken Abkochung von Nußblättern ;u trän­ken, besonders am Schwänze und an den Nasen­löchern. Durch dieses Dekokr werden sie nicht nur vor jenen lästigen Thicrcn bewahrt, sondern cs zer­stört auch die Eier, welche die Fliegen aus die Haut der Pferde und Rinder legen.

- An den russischen Juden erlebt man in Amerika wenig Freude. Die Beamten derHebräer- Einwailderungs-Uiilerstützungsgcscüschaft" sind in Verzweiflung ob der Arbeit mir ihren Schützlingen. Die reichen amerikanischen Juden zeigen sich ebenfalls knauseriger gegen ihre StammeSgenvssen als die rei­chen europäischen, die schon gleich Anfang Inden und, Christen anbctteltcn. Schon hat man in New-Pork 8000 Inden ans dem Halse und weiß nicht, was mit ihnen ansangen. Achtziglasterhafte oder un­heilbar Faule" wurden nach Europa zurückgcsandt als Warnung für die Komitcs, nicht mehr solches Gesindel hinüberzuschickcn. 400 Juden, welche von der englischen Hiltsgesellschast mitDurchblick:-:-" nach Rochcster, im Staate New-Port, gesandt waren, kehr­ten bettelnd nach New-Pork zurück. Sie klagten, sie seien unfähig, die Harke Handarbeit zu verrichten, welche man in Rochcster von ihnen verlang: habe. Sekretär Cursheed glaubte ihnen kein Won und be­schloß, nach Berathung mit dem Komitc, sammtlichc 400 den nächsten Sonnabend nach Europa znrück- zuseuden. Die amerikanischen Blätter sprechen sich auf daS schärfste aus über das außerordentlich an­spruchsvolle und arbeitsscheue Wesen dieser Einwan­derer. Eine deutsche Zeitung bemerkt dazu:Diese Erfahrungen werden wohl dazu beitragen, daß man in Amerika, und vielleicht auch in England, die Ju­denfrage Deutschlands und Rußlands anders bcnr- theilen lernt als bisher, wo man dort infolge der falschen Berichte deutscher Judenblättcr sich einbil- dete, es sei nur Rassenhaß oder gemeiner Neid, was die Deutschen zur Aufwerfung der Jndenfrage be­wogen habe, nachdem sie selbst kaum einige Monate die Leute ertragen konnten, welche das östliche Eu­ropa so viele Jahre ertragen muß.

- In den Vereinigten Staaten machen sich Besorgnisse bezüglich der Nachhaltigkeit der Erd- ölqnellen geltend. Daß diese Quellen nicht so nach­haltig sein möchten als die Steinkohlenbecken, denen sie entstammen, wurde schon länger angenommen, theils auf Grund der geologischen Theorien der Pe- trolcumbildung, theils auf Grund der Erfahrung. Die neuesten Forschungen lassen aber den Zeitpunkt des Versiegens der pensylvanischen Oelfelder näher ansetzen, als bisher angenommen war. Ingenieur Wriglei in Philadelphia hat eine bezügliche Berech­nung angestellt. Er schätzt das Gebiet der Oelguel- len des pensylvanischen Beckens auf 665 englische, d. i. 33 deutsche Quadratmeilen. Davon sind 284 englische Ouadratmeilen ausgebeuter, in dem noch übrigen Felde stecken nach Wrigleys Berechnung noch rund 96 Millionen Faß. Die letzte Jahresförderung betrug aber 25 Millionen Faß. Bei Nichtvermin- derung dieser enormen Ausbeutung würde also in vier Jahren die Erschöpfung cintreten. Wriglei) wünscht nicht, als Pessimist angesehen zu werden, und würde sich freuen, überwiesen zu werden, daß er im Jrrthum fei, aber der Besitz von Wechseln sei nicht allemal ein Beweis von Bermögensbesitz. Eine gewisse Quantität Oel war für uns im Bank­hause der Natur niedergelegt. Wir haben darauf seit zwanzig Jahren Wechsel gezogen. Im Jahr 1875 zogen wir 6 Millionen, 1882 sind wir daran, 25 Millionen zu ziehen. Eines Tags wird unser Wechsel zurückkommen mit der Aufschrift:Keine Deckung," und wir nähern uns diesem Tage recht schnell.

Die Neffen. Ein Brunner Geschäfts­mann hatte das Glück, von seiner Gattin mit Zwil­lingen zwei gesunden Knaben - beschenkt zu werden. Ueberselig zeigte er dies seinem in der Haupt­stadt lebenden Bruder in einem humoristischen Briefe an:Gestern sind zwei Jungens in mein Haus ge­kommen, die sich als Deine Neffen ausgeben. Ich habe sie demgemäß im Hause ausgenommen." Tags darauf erhielt unser Geschäftsmann folgendes Tele­gramm:Habe keine Neffen: die Bewußten sind sicherlich Schwindler. Hüte Dich!" Der Empfänger des Telegrammes hütete in der Tha: die Kinder auf's sorgsamste und schrieb dann an seinen ängst­lichen Bruder eine nüchterne Anzeige von der Ankunft der Zwillinge, welcher auch bald ein zweites Gratu-