Der Gesellschafter.

mts und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

. 4 § 90 .

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Samstag den 5. August.

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1882 .

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Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

** Nagold, 3. August. Gestern trat in hie­siger Stadt die Bezirkssynode zu ihren jährlichen Berathungen zusammen. Denselben ging ein Gottes­dienst voraus, in welchem Stadtpfarrer Mezger von Altenstaig das Eingangsgebet sprach und Pfarrer Walker von Warth die Synodalpredigt hielt. Letz­terer wurde Jes. 40,31 (die Tageslosung) zu Grunde gelegt. Das Thema war: Das Gotteswort vom Harren auf den Herrn, ein zeitgemäßes Wort an uns im Dienst des Herrn und seiner Kirche als Weisung und Stärkung für unfern Glauben und für unser Wirken und Leiden. Unmittelbar auf den Gottesdienst folgten die Verhandlungen im Rath­haussaale, die mit Gesang und Gebet eröffnet wurden. Dekan Kemmler erstattete einen eingehenden Bericht über das kirchliche und religiöse Leben unserer Diöcese. Stadtpfarrer Mezger referirte über den frühzeitigen Wirthshausbesuch unserer koufirmirten Jugend in eingehender, den Gegenstand trefflich behandelnden Weise. Wir freuen uns, mittheilen zu können, daß das höchst zeitgemäße Referat im Bezirk allgemein verbreitet werden und gewiß segensreiche Folgen haben wird. An der Hand von 5 Thesen entspann sich noch eine lebhafte aber einhellige Debatte über diesen wichtigen Gegenstand. Dekan Kemmler be­antwortete schließlich in einem sehr interessanten Vor­trag die Frage: Wie kann auf Hebung des kirchlichen Bewußtseins in unfern Gemeinden hingewirkt werden? Die Neuwahl in den Diöcesanausschuß hatte folgen­des Resultat: An die Stelle des Stadtpfarrer Hoff­mann von Haiterbach, der in Folge seiner Beförde­rung nach Eningen aus dem Bezirke scheidet, wurde Stadtpfarrer Mezger von Altenstaig (Ersatzmann: Stadtpfarrer Schlegel von Wildberg) gewählt. Als weiteres Mitglied bleibt im Ausschuß Schullehrer Kläger von hier (Ersatzmann: Oberlehrer Bauder.) Stadtpfarrer Hoffmann schloß die mehrstündigen Verhandlungen mit Gebet.

* Nagold, 4. Ang. Die Plenarversammlung des Kranken-Unterstützungs-Vereins am vergangenen Sonntag im Engel erfreute sich wieder eines sehr zahlreichen Besuchs. Der Vorstand bemerkte vor dem Eingang zur Tagesordnung, daß der Verein diesmal ein sehr hartes halbes Jahr hinter sich habe, indem nicht weniger als 28 Mitglieder Kranken­unterstützung erhielten, aber ohne daß die Ausgaben die Einnahmen überstiegen, was theilweise durch die vielen Ehrenmitglieder, die den Verein nur der edlen Sache willen unterstützen, seine Erklärung findet, weßhalb auch die Anwesenden durch Aufstehen von ihren Sitzen ihren Dank für diese Mitglieder bekundeten. Aus dem vom Schriftführer vorgetragenen Rechenschafts­bericht entnehmen wir, daß die Einnahmen incl. des Kassenbestands und erhobenen Zins 441 ^ 39 ^ betragen, die Ausgaben 395 5 L, worunter

Unterstützungsbeiträge an Kranke 320 50 L,

Beerdigungsbeitrag 30 ^ Die elfteren wurden an 28 Mitglieder in Posten von 3 ^ bis zur Höhe von 45 v/L verabfolgt. Das Vereinsvermögen be­ziffert sich auf 1763 ^ 61 Den Verein reprä- sentiren 259 Mitglieder. Der Vorstand sprach die Zuversicht aus, daß dem Verein sicher noch weitere

Bürger als Ehrenmitglieder beitreten werden, wenn sie von der wohlthätigen segensreichen Wirkung des Vereins Kenntniß erhalten, zu welchem Zwecke der Kassier, Engelwirth Arnold, jedem bereitwilligst die Statuten einhändigen wird. Die hierauf vorge­nommene Wahl der Leiter des Vereins ließ es bei den bisherigen Persönlichkeiten, nur der Ausschuß, der auch die Aufgabe des Besuchs der Kranken hat, wurde durch 2 weitere Mitglieder verstärkt.

.4. Schönbronn. Die seit 15. Juli hier weilende Ferienkolonie hat sich des besten Wohlseins zu erfreuen und schon zeigen sich auch die günstigen Erfolge dieses wohlthätigen Unternehmens: der rei­nen, gesunden und kräftigenden Schwarzwaldluft, namentlich aber auch der reichlichen, vorzüglichen Kost, welche im Gasthauszur Linde" verabreicht wird, ist es zu verdanken, daß sich die bleichen Wangen der Knaben zusebends röchen und daß ihnen der Aufenthalt in der schönen Gegend zu einem recht angenehmen wird. Und wenn es dann vollends in die erfrischenden Tannenwälder geht, wo sie zahl­reiche Waldbeeren finden, wie munter tummeln sie sich in denselben! Da erschleicht sie kein Heimweh, es ist alles voller Freude und Lust. Mit Bedauern sehen die Kinder dem 8. Aug. entgegen, dem Tage, an welchem sie die ihnen so lieb gewordene zweite Heimat verlassen müssen.

Wie in Reutlingen wird auch ohne Zwei­fel im Bezirk Tübingen das landwirthschaftliche Gaufest wegen des Hagelschlags, der so viele Gemein­den des Bezirks betroffen hat, unterbleiben und die für das Fest aufgesparten Vereinsmittel zum Besten der Hagelbeschädigten durch Ankauf von Saatfrüchten und dergl. verwendet werden.

Der Hagelschaden im Bezirk Reutlingen all­ein ist ohne den Verlust an Wein auf 1,429,100 Mark abgeschätzt; welche Summe wird der Schaden im ganzen Land erreichen! Dazu noch das über die Maßen betrübende, anhaltende Regenwetter in der Erntezeit, das auch den Segen noch zu verderben droht, das dem Hagel entgangen ist. Selbstverständ­lich muß da die Privatwohlthätigkeit das Größte thun, was ihr nur möglich ist, aber ohne kräftiges Jnsmitteltreten des Staates durch Steuernachlässe, Beschaffung von Saatfrüchien u. dergl. kann dieser drohenden schweren Noth nicht auch nur einigerma­ßen gesteuert werden. Jedenfalls sollte die Verthei- lung der gesammelten Gaben, soweit sie nicht für be­sonders bezeichnete Empfänger bestimmt sind, von Einer Hand aus geschehen nach gewissenhafter Er­wägung der Verhältnisse; für die Zukunft aber sollte, wie wir schon einmal betont haben, durch Errichtung einer Landeshagelversicherungsanstalt vorge­sorgt werden. " (Dtsch. Rchsp.)

Im Amtsblatt für Reutlingen vom 25. v. M. finden wir folgende dem Setzerhumor alle Ehre machende Anzeige: Ein Regenschirm", bestehend in drei ineinandergchenden Zim­mern, Waschküche. Keller und den sonstigen Gelassen hat sofort oder bis Martini zu vermiethen. Gartenstraße 272."

In Tuttlingen erhielt ein Dienstmädchen vor 14 Tagen ihr Vermögen mit über 500 jaus­bezahlt und bewahrte es, in einem Sacktuchzipfel eingebunden, in ihrem Kleiderkasten auf. Als das Mädchen neulich nach dem Gelde sehen wollte, war es verschwunden.

In Ellwangen überfluthet die Jaxt weithin das Thal und unter dem strömenden Regen droht sie die Fruchternte zu verderben.

Brandfälle: In Bempflingen am 2. Au­gust die Scheuer des F. Müller: in Wolperts- wende ein Bauernhaus sammt Scheuer.

In Bamberg fanden in den katholischen Pfarrkirchen Betstunden um Abwendung der die ganze reiche Ernte zerstörenden anhaltenden regneri­schen Witterung statt.

Im Julius-Hospital in Würzburg werden Versuche mit einem neuen angeblich wirksamen Mittel gegen die Diphtheritis gemacht. Dies Mittel ist Chinolin, ein Bestandtheil des Steinkohlen-Theers.

Die Münchener Handelskammer lehnte es einstimmig ab, dem jGefuch der Frankfurter Handels­kammer, betreffend die Einführung einheitlicher Postmarken, beizutreten. (N. T.)

Der alte Döllinger in München hat dieser Tage in einer Rede in öffentlicher Sitzung der Aka­demie es als seine geschichtliche Ueberzeugung ausge­sprochen, daß der geistliche Einfluß Roms in Deutschland gegenwärtig ein größerer sei als im Beginn des 16. Jahrhunderts d. h. indem Zeitalter der Reformation. Die Ereignisse von 151752, sagte er (die Zeit der Durchführung der Reformation) seien ihm lange ein Räthsel gewesen, er beklage deren Ergebnisse, die zur Trennung in Katholiken u. Protestanten geführt. Seitdem er aber die Geschichte Roms und namentlich die Ereignisse der letzten Jahre gründlich in ihrem Zusammenhänge studirt habe, sei ihm das Räthsel gelöst und er ver­stehe die Zeit. Er bete die Wege der Vorsehung an, welche in ihrem weisen Rathschluffe alles so ge­fügt. Rom sei aber jetzt, was es seit 14 Jahr­hunderten nicht mehr gewesen: die Hauptstadt Ita­liens, der Sitz des Königs und zugleich auch des Papstes, zwei Seelen in einem Leibe, die sich nicht vertragen, Vatikan (die Residenz des Papstes) und Quirinal (Residenz des Königs) seien zwei feindliche Burgen in einem Staate. Die Rede Döllingers wird hoffentlich gedruckt, damit man sie ganz ver­stehe. Wir erinnern heute nur daran, daß Döllinger, jetzt ein hoher Achtziger, wie kein Anderer sein ganzes Leben dem Studium der Kirchengeschichte und des Papstthums gewidmet und als die hellstrahlendste Leuchte der katholischen Kirche gegolten hat, bis er sich 1870 gegen das vom Concil in Rom angenom­mene Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes erklärte.

Der Astronom Professor Schönfeld in Bonn hat eine Vorlesung angekündigt über:Die Diffe­rentialformeln zur Verbesserung der Bahnen der Himmelskörper." Kladderadatsch fragt: Sind denn die betr. Bahnen wirklich schon reparaturbedürftig?

Berlin, 30. Juli. Obschon das gestrige Vo­tum der französischen Kammer in seinen Folgen noch keineswegs übersehen wird, so läßt sich doch konstatiren, daß dasselbe in hiesigen politischen Krei­sen keinen unbefriedigenden Eindruck hervor­brachte. Zunächst ist es natürlich die direkte Stel­lung Deutschlands gegenüber Frankreich, welche bei diesem Eindruck maßgebend ist. Es erregt hier Be­friedigung, daß die Mehrheit der französischen Kam­mer entschiedene Abneigung gegen kriegerische Aben­teuer zeigt. Wie schon vor einiger Zeit gemeldet, legt man hier keinen übertriebenen Werth mehr auf die Erhaltung des Ministeriums Freycinet, da die Nachfolge eines Ministeriums Gambetta außer der gegenwärtigen Eventualität zu liegen scheint.

Berlin, 31. Juli. Einem französischen Tech­niker ist. wie wir hören, ferner gelungen, ein Mittel gegen die Verheerungen der Reblaus zu entdecken. Nach unseren Informationen soll es das Phenol sein, durch welches dem schädlichen Wirken der Reb­laus Einhalt geboten werden kann.