Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Matt sür den Oberamts-Bezirk Nagold.
ZU 87
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Samstag den 29. Juli.
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1882.
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Gambetta über Bismarck.
Es geschehen Zeichen und Wunder und wahrlich gute Zeichen und Wunder, was man nicht von allen andern sagen kann. Gambetta, der eingefleischte Träger der kriegerischen Revanche Frankreichs an Deutschland, ist der größte Lobredner Bismarcks geworden, des leitenden Staatsmannes im deutschen Reiche, und er hat den Ruhm Bismarcks nicht im Winkel, sondern vor den versammelten Vertretern der Nation, in der Kammer und in der hochpolitischen Verhandlung über die Betheiligung Frankreichs an den egyptischen Händeln verkündigt. Der Eindruck war ein gewaltiger und überraschender und ist hoffentlich nachwirkend. Gambetta hielt eine seiner besten Reden und warnte die Franzosen davor, Bismarck als ihren natürlichen Feind anzusehen, wie sie cs seither gethan; er ermahnte sie, Bismarck als einen Feind anzusehen, der nichts sinne und plane als was zu Frankreichs Demüthigung und Schädigung beitrage. Er wies nach, daß Bismarck, obgleich er die gewaltige Kraft eines zur Militär-Hegemonie in Europa gelangten Reiches in seiner Hand zusammenfasse, sich nur mit den Interessen Deutschlands beschäftige und den andern Völkern nirgends Schwierigkeiten in den Weg lege, so lange die Lebensinteressen derselben mit denen Deutschlands nicht im Streite liegen. Er zeige sich damit als ein viel größerer weiterblickender Staatsmann als andere Staatsmänner und Herrscher vor ihm; denn er wolle nicht über andere Völker herrschen und sie befehden, wie es Andere (z. B. Frankreich immer» gethan hätten, sobald sie zu einer Uebermacht gelangt waren. Das sei der große Unterschied zwischen gewissen französischen Staatsmännern, welche die Macht ihres Volkes nach außen lenkten, und Bismarck, der nur erstrebt, was dem deutschen Volke frommt, und nur verhütet, was ihm schaden kann. Gambetta zieht dabei das Wort Bismarcks an, daß ihm die gesunden Knochen der deutschen Grenadiere zu lieb seien, als daß er sie für eine Sache opfere, die nicht Deutschlands Lebensinteresse gebiete u. s. w. Ist solche Anerkennung im Munde Gambettas nicht ein Zeichen und Wunder? aber auch das höchste Lob der Politik Bismarcks? Heißt das etwas anderes als: die auswärtige Politik Bismarcks ist eine echt nationale, großartig in ihren Entwürfen und siegreich in ihrer Durchführung? Diese Politik kann sich künftig auf einen klassischen Zeugen berufen; denn was Gambetta an ihr gerühmt hat, ist von doppelter Bedeutung, nicht nur, weil es wahr ist, sondern auch, weil es aus dem Munde eines natürlichen Gegners kommt, welcher der Wahrheit die Ehre gab, weil er sich ihrem Eindrücke nicht zu entziehen vermochte. Und von Gambetta kann man sagen, daß er den größten Sieg gefeiert, den Sieg über sich selbst. Er ist sich gleichsam selber über den Kopf gewachsen. Möge sein Wort in Frankreich Frucht bringen. (Vrgl. dagegen den Leitartikel in letzter Nummer.)
Durch muthvolle und aufopfernde Thätigkeit bei Brand- sällen haben sich ausgezeichnet: am 18. Mai in Oberjettingen die Feuerwehren von Oberjettingen und Unterjettingen und werden vom K. Ministerium des Innern für ihre Dienstleistungen öffentlich belobt.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
L Nagold, 26. Juli. Obwohl, wie alte Imker versichern, seit 20 Jahren kein so schlechtes Honigjahr mehr war, wie es Heuer der Fall ist, so and sich doch bei der gestrigen Versammlung der Mitglieder des Schwarzwald-Bienenzüchter- Vereins ein großer Theil derselben ein, da Herr Epple, Hauptmann a. D. aus Rottenburg, einer Einladung des Vereins zufolge, einen bienenwirth- schaftlichen Vortrag hielt. Das Thema des Vortrags, von Herrn Epple selbst gewählt, behandelte in erster Linie die Frage: Wie kann der runde oft geschmähte Strohkorb dennoch zu einem guten Honig- tock gemacht werden. Der Hr. Redner empfiehlt anstatt des früheren Korbaufsatzes einen Kastenaufsatz mit Mobilbau und werde hiemit, bei einigermaßen ordentlicher Honigtracht, dieselbe Ernte erzielt, wie bei reinem Mobilbau. Herr Epple hatte als Muster einen solchen Kasten mitgebracht und fand derselbe bei den Anwesenden allgemeinen Anklang und ist, obwohl die Sache nicht mehr neu, doch noch wenig in Anwendung gebracht worden. Im weiteren verbreitete sich Herr Epple über die nachtheiligen Folgen dieses schlechten Bienenjahrs, welche sich voraussichtlich erst im nächsten Jahre geltend machen werden. Da Heuer und im vorigen Jahre wenige Stöcke geschwärmt haben, so glaubt der Hr. Redner, daß sich im kommenden Frühjahre viele alte untaugliche Königinnen finden werden, und möchte der Imker jetzt schon mit jungen Weiseln nachhelfen, auch bei Zeiten, spätestens jedoch im Monat August, für das nöthige Winterfutter sorgen, das im Mindestfalle 15 S betragen soll und in Ermanglung von Honig auch aus Kandiszucker bestehen kann. Dieses und noch manches andere Empfehlenswerthe für den Bienenzüchter legte er diesen ans Herz, was alles anzuführen hier der Raum nicht gestattet. Zum Schlüsse wurde in dankbarer Anerkennung des Gehörten dem Herrn Redner ein donnerndes dreifaches Hoch ausgebracht, worauf Herr Epple unfern Verein aufforderte, bei der im nächsten Frühjahr stattfindenden Versammlung in Horb, verbunden mit einer bienen- wirthschaftlichen Ausstellung, theilzunehmen, damit es vielleicht möglich fei, im Verein mit den benachbarten Bienenzüchter-Vereinen einen Gauverband zu gründen, welcher wohl mehr Werth haben würde, als der württ. Landesverein, da es den einzelnen Mitgliedern nicht möglich ist, die oft weit entlegenen Versammlungsorte zu besuchen.
Teinach, 25. Juli. In einer hiesigen Prome- üadehalle hat sich ein „armer Reisender" in folgenden Worten Luft gemacht: „Hier ruhte ein armer brod- loser Handwerker, es haben mir meine Kräfte versagt, denn hier zu Land wird der arme Arbeiter mit der schändlich erbärmlichen Suppenfresserei um Gut und Blut geraubt. Gott im Himmel wird diese Flüche, Verwünschungen und Hungerseufzer an diesem Land nicht unbelohnt lassen! Ich möchte mir auf der Welt gar nichts wünschen, als daß diese hochwürdigen Herren, wo dieses Raubsystem gegründet haben, nur 14 Tage auch von der Suppe leben müßten! Dann würden sie Christus kennen lernen. Aber der König David hat schon zu seiner Zeit im 49. Psalm gesagt, daß wenn der Mensch in der Würde ist und hat keinen Verstand, er schlimmer ist als ein Stück Vieh! — Ein ausgeraubter Handwerker. — Gott strafe diese Nation." (W. L.)
Stuttgart, 26. Juli. Der Rohstoffvekeni der Schneidermeister, E. G., hatte gestern Abend
6 Uhr im Adelbergerhofe in einer außerordentlichen Generalversammlung die Liquidation des Geschäfts beschlossen. Das Geschäft ist übrigens von Herrn Carl Wolfs käuflich übernommen worden.
Stuttgart. 27. Juli. (Unreifes Obst.) Heute früh wurden von einem Händler 11 Sack mit vollständig unreifen Birnen zu Markte gebracht. Dieselben wurden sofort polizeilich konfiszirt.
In Weil im Schönbuch hat ein Forstwächter vor einigen Tagen 3 junge Wildkatzen lebendig gefangen; dieselben wurden Nill's Thiergarten in Stuttgart übergeben.
In Korn west he im starb am 24. ds. die Frau Helfer Baumann We., geb. Faber, welche im vor. Monat ihr 100. Lebensjahr zurückgelegt hatte.
In Ravensburg wurde ein Gasthosbesitzer am vorigen Sonntag das Opfer einer boshaften Mystifikation. Der Vorstand der Gesellschaft »Erholung" in Biberach fragte per Postkarte bei ihm an, ob für etwa 70 Mitglieder der Gesellschaft, welche einen Ausflug nach Ravensburg zu machen beabsichtigen, ein gutes Diner bereit gestellt werden könne. Die Bestellung wurde angenommen, der Gastgeber hatte das Essen auf die bestimmte Zeit gerichtet, allein die Gesellschaft erschien nicht und auf nähere Erkundigung stellte es sich heraus, daß die Gesellschaft „Erholung" in Biberach nicht existirt. Hoffentlich sind die Nachforschungen nach dem Urheber des Bubenstreichs von Erfolg.
Auf der Zwiefalt er Alb hat ein Gewitter am Montag Nachmittag durch Hagelfchlag ebenfalls großen Schaden gestiftet.
In Vaihingen a. E. wollte ein junger Bierbrauer einem Andern seine Geschicklichkeit im Tragen von Bierfässern zeigen; er nahm ein Fäßchen von 53 Liier, hob es in die Höhe und legte es auf die rechte Schulter. Das Fäßchen fiel jedoch rückwärts und der Brauer stürzte auf das Fäßchen, brach das Genick und war sofort todt.
Saulgau, 25. Juli. In Wilsertswcilcr erschoß sich ein dortiger Dienstknccht Nachts 12 Uhr vor seiner Kammcr- thüre, nachdem er den ganzen Abend in heiterster Weise gezecht und sich dann noch bei einigen Bekannten verabschiedet hatte. Einem gegenüber gab er als Grund an, cs habe dieses Jahr so viele „Lagerfrucht", bei deren Mähen man zu Grunde gehen müsse.
Ha, die Rache, sie naht! Das „Waldsee'er Wochenblatt" enthält folgendes Inserat: „Otterswang. Demjenigen Lausbuben und Nachtschwärmer, welcher Sonntag Mitternacht in meinem Garten Rettig gestohlen und die Beete dcmolirtc, stelle ich bei wiederholtem Besuche eine genügende Portion Salz und Pfeffer in Aussicht. Schullehrer Fuchs."
Das Pathengescheuk. Manschreibt vom Bodensee: „Ein reicher Besitzer einer Villa bei Bregenz wurde bei Anlaß der jüngsten Firmungsfeier von 30 Knaben ersucht, Pathenstelle zu vertreten. „Gut," entgegnete Herr v. N. N., „ich bin Euer Firmpathe, ihr bekommt aber kein anderes Geschenk, als ein Gebetbuch; sagt das Euren Eltern!" Die Knaben zogen ab und es kamen von diesen 30 nur 3 wieder, welchen Herr v. N. N. Firmpathe war. Nach Versprechen bekam jeder ein schönes Gebetbuch; doch welch freudiges Erstaunen, als sich in jedem Buche eine Hundertgulden-Banknote am Titelkupfer angelegt fand. Ob die anderen 27 wohl bessere Pathen bekommen haben?"
Baden-Baden, 24. Juli. Der hiesige Mechaniker und Fabrikant Thiergärtner hat von seinem Hause in der Kreuzstraße bis zum Kiosk auf der Promenade eine Telephon-Leitung gelegt, mittelst welcher man in seinem Laden nicht allein das ganze Concert sehr genau vernimmt, sondern auch während der Pausen die Musiker mit einander sprechen hört. Wie verlautet, soll dieses eine Probe sein, um später auf das hiesige großh. Schloy eine Leitung zu legen, vermöge welcher die hohen Herrschaften alle von der Kapelle gegebenen musikalischen Aufführungen zu Hause nach Belieben anhören können.