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Deutsches Reich.

Vom 14. Januar an werden Reichstag und preußischer Landtag wiederum Monate lang gleichzeitig tagen. Voraussichtlich werden sie den Uebelstand dadurch zu mildern suchen, daß das Abgeordnetenhaus die Vormittagsstunden, rer Reichstag die Nachmittagsstunden ausnutzt. Auf beiden Seiten wird man bemüht sein müssen, die Geschäfte in möglichst sachlicher und ruhiger Weise zu behandeln und dem Parteigezänk und der Agitations­sucht möglichst wenig Spielraum zu gewähren.

Berlin, 8. Januar. Der Reichstag ist heute mittag 2 Uhr wieder zusammengetreten. Das Haus war schwach besetzt. Der Reichstag genehmigte ohne Debatte in dritter Lesung den Gesetzentwurf, betreffend die Kontrole des Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen für 1885/80. Sodann erledigte der Reichstag Wahlprüfungen. Für giltig wurden erklärt die Wahlen der Abgg. Bormann, v. d. Osten, Schenck, Gott- burgsen, Gebhard. Ueber die Wahl Hänels referiert namens der Wahlprüf, ungskommission der Abg. Liebknecht; derselbe ergeht sich in scharfem Tadel über polizeiliche Wahlbeeinflussungen, v. Köller (kons.) erklärt da­rauf, daß der Referent nicht im Sinne und Namen der Kommissionsmehrheit gesprochen habe. Francke (nat.-lib.), Rickert und Dirichlet (freist) wenden sich gegen die Erklärung v. Köllers. An der Debatte beteiligt sich auch Staatssekretär Bötticher bezüglich der bei der preußischen Regierung erhobenen Beschwerden gegen die Polizeiverwaltung. Die Wahl wird für giltig erkläre. Es folgt die Beratung des Etats der E i s e n b a h n Ver­waltung, welcher ohne wesentliche Debatte genehmigt wird. Nächste Sitzung Samstag: Nordostseekanal.

Die Richtungslinie für den N o r d o st s e e k a n a l ist nunmehr endgültig festgestellt. Aus dem Uebersichtsplan ergibt sich, daß die Wasser­kunststraße am Nordwesteingang des Kieler Hafens, ungefähr zwei Kilometer von Friedrichsort, beginnt, um sich ziemlich geradlinig und westwärts nach Holtenau, Groß-Königsförde und Schestedt zu wenden. Hier ändert der Kanal seine Richtung und läuft mehr südwärts nach Steinrode, zum Au- dorfer See nach Rendsburg, um fortan ziemlich direkt südwärts über Witten­bergen, Gieselau, Grünthal, Gr. Bornholt, Lützin Bornholt, Hochbau, Burg, den Kuckensee hindurch und Blangenmoor den Endpunkt Neuer Krug unge­fähr zwei Kilometer von Brunsbüttel die Elbe aufwärts zu erreichen. Die Kanallänge beträgt ungefähr 98 Kilometer.

ImReichsanzeiger" vom 7. Januar ist zu lesen:Se. Majestät der Kaiser und König haben allergnädigst geruht, dem Reichskanzler und Präsidenten des Staatsministeriums, Fürsten von Bismarck, die allerhöchste Erlaubnis zur Annahme und Anlegung des demselben von Sr. Heiligkeit dem Papste verliehenen Christusordens in Brillanten zu erteilen." Nach einer Depesche von Wolffs Bureau veröffentlicht der heutigeReichsanzeiger" die Verleihung des Ordens vom Schwarzen Adler an den päpstlichen Staats­sekretär Jacobini und des Roten Adlerordens erster Klasse an den Unter­staatssekretär Mocenni und den Kongregationssekretär Galimberti, des Kronen­ordens zweiter Klaffe an den Vortragenden Rat Massoni, sowie des Kronen­ordens dritter Klasse an den Unterarchivar Jacobini. Im nichtamtlichen Teile druckt derReichsanzeiger" einen lateinischen Brief des Papstes anläß­lich der Verleihung des Christusordens an den Fürsten Bismarck ab. Der Brief spricht den Dank des Papstes dafür aus, daß die namentlich auf den Rat des Reichskanzlers ihm in der Karolinensrage übertragene Vermittelung ihm Gelegenheit geboten habe, ein dem Geiste und der Natur des römischen Pontifikates so entsprechendes Werk auszuführen.

DieKöln. Ztg." meldet: Dr. Büttner ist jetzt aus Süd- westafrika zurückgekehrt und hat die Schutzverträge überbracht, die seitens des deutschen Reichs imt einer Reihe von Häuptlingen im Westen des bisherigen deutschen SchutzMiiets zwischen dem Oranjefluß und Cap Frio abgeschlossen worden sind. Es handelt sich in diesen Verträgen nicht

den, denn das ganze Aeußere des Reges ließ darauf schließen, daß er in § günstigen Verhältnissen lebte.

Ja, Red!" mir ist's nicht gut gegangen, seitdem Du geflohen bist. Die Amerikaner haben mich im wahren Sinne des Wortes von meinem Besitztum gejagt, weil sie's herausbekommen hatten, daß ich Dir auf die Strümpfe half. Nun bin ich hier in der großen, teuren Stadt ohne Verdienst und meine geringen Mittel gehen zu Ende. Dir scheint es bester zu gehen. Du bist nicht mehr am Hafen.?"

Nein, Maffa! am Hasen ist's nicht", erwiderte Red,habe was Besseres gefunden unv glaube, auch etwas für meinen Lebensretter thun zu können. Kommen Sie, ich werde Ihnen bei einem Glase Grog Alles erzählen."

Er zog den Deutschen, indem er ihn unter dem Arme faßte, mit sich fort in das nächste Kaffeehaus. Hier bestellte er zwei Gläser von dem heißen Getränk, das in ihm einen leidenschaftlichen Verehrer besaß, und nachdem er einen tüchtigen Zug gethan, Hub er an zu erzählen:

Masta werden es bereits wissen, daß der Red au> der Fidel Bescheid weiß, wie selten ein Nigger. Der Red war die erste Zeit auch am Hafen gewesen, Tag für Tag, hatte auch hin und wieder eine Kleinigkeit verdient und sich zur Not durchgeholfen. Da kommt eines Tages ein nobler Herr mit einem langen, schmalen Kasten und mit einer Reisetasche auf mich zu und fragt:Willst meine Sachen tragen, Schwarzer?" Natürlich sagte der Red ja, auch wußte er wohl, daß in dem glänzenden, polierten Kasten eine Geige steckte. Red nahm also die Sachen und trug sie dem feinen Herrn nach. Es ging weit fort bis nach Bowling-Green, wo er in ein stattliches Haus trat. Da mußte ich die Sachen in einem prachtvoll eingerichteten Zimmer niedersetzen und der Gentleman zog einen Dollar aus der Tasche und wollte ihn mir als Lohn für meine Dienste schenken. Der Red aber nahm das Geld nicht, sondern sagte zu dem Gentleman, er möchte etwas Anderes als Belohnung erbitten, und als der Herr fragte, was, bat der Red einmal auf der Fidel spielen zu dürfen, die da im Kasten liege.Woher

um Abtretung des Oberhoheitsrechts, vielmehr unterstellen sich die Häuptlings darin nur dem deutschen Schutze und der deutschen Freundschaft und ver" pflichten sich dagegen, deutsche Unternehmungen nach Kräften zu fördern. Von besonderer Wichtigkeit sind die Verträge mit dem Maharero und mit dem Häuptling des Roten Volkes, dessen Gebiet sich weit bis in die sogen. Kalahariwüste erstreckt. So ist jetzt das ganze Hinterland der deutschen Küste in Südwestafrika bis etwa 22 Grad östlicher Länge von Greenwich deutschem Schutze unterstellt. Diese Verträge werden schon in allernächster Zeit in einem Weißbuche dem Reichstage zur Kenntnisnahme vorgelegt wer­den, ebenso wird in den allernächsten Tagen das wiederholt angekündigte Weißbuch über die Karolinen-Jnseln erscheinen. Ueber dis zwischen Frankreich und Deutschland erzielte Verständigung m Betreff der einzelnen Besitzungen in Westafrika erfahre ich noch, daß allerdings Deutsch­land auf die Oberhoheit über die von dem Stuttgarter Coll in in Besitz genommenen Ländereien am Dubreka-Fluß, die einen deutschen Keil in die französischen Besitzungen südlich des Senegals einschoben, verzichtet hat, selbst­verständlich unter Wahrung der Collinschen Privatrechte, daß dagegen Frank­reich die Oberhoheit Deutschlands über das Togoland von Lome westlich bis einschließlich des Königreichs Klein-Povo, aber ausschließlich des König­reichs Groß-Povo, sowie ferner die Oberhoheit Deutschlands über das ganze Batanga- oder südliche Kamerunland bis zum Rio de! Campo anerkannt hat, so daß also jetzt für diese beiden Gebiete die Küstenstrecken unbestritten sind. Auch über diese Verhandlungen wird demnächst dem Reichstag ausführliche Mitteilung gemacht werden.

Frankreich.

Herr de Freycinet formt an einem neuen französischen Ministerium. Einige der früheren Minister sollen bleiben, andere sollen gehen oder ersetzt werden. Dann will der Präsident Grevy eine Botschaft an die Kammern ergehen lassen, in der die Hauptpunkte von Freycinets Pro­gramm enthalten sein sollen. Sie heißen Budgetreform, Verwaltungsreform und Organisation des Protektorats über Anam und Tonkin.

Gcrges-WeuigkeiLen.

Calw. Im Wochenblatt vom 8. Okt. verg. Jahres machten wir die Mitteilung von einer vom Verwa'ltungsrat der hiesigen freiwil­ligen Feuerwehr gegen den Redakteur desSchwäb. Wochenblatts", Gg. Basler, angestrengten Klage wegen Beleidigung durch die Presse, verursacht durch Veröffentlichung eines von 2 Mitgliedern der Feuerwehr eingesandten beleidigenden Artikels. Diese Klage kam am 23. v. Mts. vor dem K. Amtsgericht Stuttgart zur Verhandlung und wurde beschlossen: unter Zurückweisung derselben den Verwaltungsrat zur Bezahlung aller erwachsenen notwendigen Kosten zu verurteilen, da aus den als Beleidigung aufgeführten Sätzen in jenem Artikel eine solche nicht erblickt werden könne.

(Amtliches.) Am 8. Januar wurde von der evangelischen Ober­schulbehörde die Volksschulstelle in Dachtel, Bez. Calw, dem Unterlehrer Heinz in Berkheim, Bez. Eßlingen, übertragen.

Stuttgart, 9. Januar. Noch immer ist der berüchtigt gewordene Winkel hinter der Glocke das Ziel vieler Spaziergänger, auch die Zahl der verschiedenen Beurteilungen und an den Vorfall sich knüpfenden Erörterungen mehren sich fast stündlich. Um so mehr dürfte das Ergebnis der seitens der Polizeibehörde angestellten genauen Untersuchung von Interesse sein: Nach den genauen Erhebungen hat der Verunglückte in stark angetrunkenem Zustande in der fraglichen Nacht kurz vor 3 Uhr das Gasthaus zum Schützenhof ver­lassen, woselbst er viel Wein und zuletzt noch Grog getrunken hatte; der dortige Oberkellner hat denselben bis vor die Thüre heraus begleitet und gesehen, wie er allein durch die Karlsstraße gegen den Leonhardsplatz ging. Im Gasthause zur Glocke (woselbst sich die mehrfach erwähnte eiserne Thüre mit der beweglichen Klappe befindet) wohnende Leute haben um 3 Uhr die ersten langgedehnten Rufe:Ah! ah!" ^Angstrufe eines Wasser Schluckenden)

^ weißt Du, daß in dem Kasten eine Geige steckt?" fragte der Gentleman neu- gieria.Red wird nicht wissen", sagte ich da,Red hat einmal bei einem Musikus gedient, der die Fidel meisterhaft spielte, da hat es Red auch gelernt, und die Geige steckte gerade in einem solchen Kasten, wie der da."Nun, trage einmal etwas vor", sagte der Herr unv nahm ein wunderschönes In­strument heraus, ah das war so neu und sauber, daß ich es kaum an­zufassen wagte, aber der Red spielte, Mafia. Die Geige klang so schön, als wenn tausend Engel sängen und dem Gentleman mußte es wohl gefallen haben, was der Nigger bunt durch einander hervorsprudelte, denn er sagte: Du bist ein tüchtiges Talent, Schwarzer! und wenn Du jeden Tag regel­mäßig Deine zwei Stunden übst, kann etwas aus Dir werden, aber Noten mußt Du lernen und die Scala üben, immer rauf und runter den ganzen Bogenstrich, sonst wird es nichts, Schwarzer!"

O, Sir", sagte ich,wer soll einem armen Nigger die Noten beibringen? der Red hat kein Geld."Schadet nichts", unterbrach mich der Mann, werde Dir die Noten aufschreiben und Du kannst jeden Morgen auf eine halbe Stunde Herkommen und von mir Unterricht bekommen." Nun, Maffa, daß der Red vor Freuden einen Luftsprung machte, können Sie sich denken, und daß der Red in Zeit von zwei Monaten fix und fertig die Geige nach Noten spielen lernte, braucht eigentlich gar nicht erst erwähnt zu werden. Der fremde Mann aber war ein berühmter Musikdirekter, der aus Philadel­phia mit seiner Kapelle nach Newyork gekommen war, um hier Konzerte zu geben.

Ich erhielt eine Stelle in seinem Chor als zweiter Geiger und als später sich die Gesellschaft auslöste, fand ich ein Unterkommen bei einer Nigger­bande, die in einem Tanzhause spielt, da bin ich noch jetzt, Maffa, und Hab guten Verdienst. Nun, trinken Sie, Maffa! und der Red wird Abendbrot kommen lassen. Sie sollen essen, was Ihnen schmeckt, Mafia!"

(Fortsetzung folgt.)