61. Jahrgang.

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Erscheint Menstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äen 12 . Januar 1886 .

Abonnementspreis halbjährlich 1 ^ 80 H, durch die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70 H.

HLestelkungen auf das

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werden noch von sämtlichen Postämtern, Postexpeditionen und Postboten für das laufende Quartal angenommen. Hiezu ladet

Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, daß die für ausgezeichnete Privatzuchthengste bestimmten Staatsprämien nur solchen Hengstbesitzern zu­erkannt werden können, welche ihre Hengste der Patentirungskommission an den oben bezeichneten Zeiten und Orten behufs einer vorläufigen Auswahl vorführen werden.

Stuttgart, den 2. Januar 1886.

K. Landgesiütrkommission:

B ä tz n e r.

freundlichst ein

die Redaktion.

Calw.

AnrILichs Wskanntnrachrrngen.

HcAunnImaiHung äer A. EanäffeitülskommMon, betre^enä l!ie Datentirung äec DrivütöejÄüUengste für üie De«A-

perioäe 1886 .

In Gemäßheit der Beschälordnung vom 25. Dezember 1875 K 12 ff. findet die Patentirung derjenigen im Besitze von Privaten befindlichen Hengste, welche von ihren Besitzern während der Dcckperiove 188-6 zum Beschälbetrieb Verwendet werden wollen, zur nachbezeichneten Zeit in folgenden Orten statt: in Crailsheim am Mittwoch, den 3. Februar, Vormittags 8 Uhr, in Waldsee am Donnerstag den 4. Februar, Vormittags 8 Uhr, in .Laupheim am Donnerstag, den 4. Februar, Nachmittags 2 Uhr, in Geislingen am Freitag, den 5. Februar, Vormittags 11 Uhr, in Horb am Samstag, den 6. Februar, Vormittags 11 Uhr.

Diejenigen Hengstbesitzer, welche Patente für die Deckperiode 1886 zu erlangen wünschen, werden aufgefordert, ihre Hengste in einem der oben ge­nannten Orte zu der bezeichneten Zeit der Patentirungskommission vorzusühren.

M oie Vnsvorireyer.

Im Hinblick darauf, daß die bestehenden Vorschriften über die Behandlung der portopflichtigen Correspondenz zwi­schen Behörden verschiedener Bundesstaaten trotz deren wiederholter Einschärfung vielfach von den Ortsvorstehern, insbesondere bei der Auskunftsertheilung aus den Strafregistern nicht befolgt werden, hat das K. Ministerium des Innern mit Eilaß vom 29. v. M. angeordnet, daß sämmtliche Ortsvorsteher des Bezirks auf die Bekanntmachung sämmtlicher Ministerien betr. die portopflichtige Correspondenz zwischen Behörden ver­schiedener deutscher Bundesstaaten vom 27. Dez. 1873 (Reg.-Bl. S. 361 und 362), sowie auf die Erlasse der Ministerien der Justiz und des Innern vom 30. März 1883 (Amtsblatt S. 77 und 78) und vom 13. Mg. 1885 (Amtsblatt S. 233 und 234) hinzuweisen und Eröffnungsnachweise zu den oberamtlichen Akten zu bringen sind.

Indem das Oberamt diesem Auftrag unter der Erwartung fernerer genauer Einhaltung dieser Vorschriften nachkommt, sieht es der Vorlage der Eröffnungsbescheinigungen der Ortsvorsteher binnen 6 Tagen entgegen.

Den 7. Januar 1886. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Die Ertheilung des Patents setzt voraus, daß der Hengst, für welchen das Patent gelten soll, nicht unter drei Jahren alt, vollkommen entwickelt ist, keine erblichen Gebrechen und Formfehler hat und vermöge seines Körper­baus, seiner Knochenstmke und seines Ganges zur Erzeugung brauchbarer Pferde als geeignet erscheint, sowie daß der um das Patent Nachsuchende in den Orten, wo er das Beschälgewcrbe betreiben will, ein Beschällokal mit einer den Anblick des Beschälbetriebes abwehrenden Umfassung besitzt.

Der Patentbewerber hat der Patentierungskomimssion ein obrigkeitliches Zeugniß über das Zutreffen der in Betreff des Beschällokals gemachten Voraus­setzung, sowie, wenn der Hengst schon im Jahre 1885 patentiert war, die Patenturkunde des Jahres 1885 vorzulegen.

Calw.

^ An die Ortsvorsteher.

Unter Bezugnahme auf die Beschlußfassung der letzten AmtSversammlung, vom 30. Nov. v. I,, wonach den Gemeinden anzusinnen wäre, den den Einzug, der Beiträge der Arbeiter zu derBezirkskrankenkasse besorgenden Personen eins angemessene Entschädigung aus der Gemeindekasse auszusetzen, werden die Ortsvorsteher aufgefordert, binnen 10 Tagen hierher zu berichten, was in dieser Richtung in ihren Gemeinden beschlossen worden ist. Den?. Januar 1886. K. Oberamt.

F l a x l a n d.

Ieui 11 etsu.

Dev Auswanderer.

Erlebnisse eines Deutschen in Wocb-Amerika. Von Karl Zastrow.

(Fortsetzung.)

Borrmann dankte dem freundlichen Manne für semen guten Nat, bedauerte, nicht weiter mit ihm in Verbindung treten zu können und begann nun, sich eine billigere Wohnung in, einem Stadtteil zu mieten, von der aus er den Hafen in kürzester Frist erreichen konnte. Noch an demselben Tage richtete er sich in seiner neuen Wohnung ein, setzte seinen Anzug wieder in Stand und traf seine Vorkehrungen so, daß er am folgenden Morgen in aller Frühe seinen Posten einnehmen konnte.

Allein auch der zweite Tag verging, ohne daß sich ihm irgend eins Gelegenheit zu einem kleinen Verdienst dargeboten hätte. Der Platz am Quai war überfüllt mit brotlosen Leuten, die einander den Rang abliefen und sich gegenseitig Konkurren z machten. Er sah, daß Auftritte der Art wie der gestrige, nicht zu den Seltenheiten gehörten, und die Sorge für seine zukünftige Existenz trat in immer drohenderer Gestalt vor seine Seele. Als auch der dritte, der vierte Tag verging, ohne ihn nur im Geringsten seinem Ziele näher zu bringen, als der Inhalt des Goldstaubsäckchens bei der enormen Teuerung oller Lebensbedürfnisse in erschreckender Weise abzunehmen begann, kam es wie stille Verzweiflung über ihn, und früher als gewöhnlich schlich er in sein abgelegenes Stübchen zurück, setzte sich an das Fenster, stützte den Kops in die rechte Hand und schaute mit trübem Sinnen in das fröhliche Treiben der Straße hinaus.

Es ist ein gar schwieriges Land, dieses Amerika", murmelte er vor sich hin" , ich wollt', ich wär' daheim in meiner guten amtlichen Stellung,

j säße, wie sonst in den Tagen meines Glückes, in ineiner behaglichen, bequemen Schreibstube eifrig arbeitend am Pulte. Ach! den schwierigen Verhältnisse« hier zu Lande bin ich ja in keiner Weise gewachsen, und wahr­scheinlich wird es mir nie, nie gelingen, in eine sorgenfreie Lebensstellung zu kommen."

Ec dachte an seine verunglückte Farmerlaufbahn zurück und seufzte tief auf. Dann fiel ihm Red ein, der arme Neger, der vielleicht schon längst seinen Feinden in die Hände gefallen und zu Tode geprügelt war. Wie sehn­süchtig hatte er jeden Tag nach dem Flüchtling ausgeschaut, aber nie hatte er unter den vielen, vielen Menschen, die den Platz am Hafen belagerten, eine Negerfigur bemerkt, die ihn auch nur von fern an Red erinnert hätte.

Eben wollte er das Fenster schließen, als er auf dem gegenüberliegen­den Straßenpflaster einen mit einer gewissen Noblesse gekleideten Schwarzen bemerkte, der ihm in Gang, Haltung und Figur das leibhafte Ebenbild Reds schien.

Er sah genauer hin, als müsse er sich täuschen. Der Neger trug einen eleganten Panamahut und einen schwarzen Anzug von modernem Schnitt. Er rauchte eine Zigarrette und schnellte sich mit einem feinen Spazierstöckchen musterhaft vorwärts. Sollte dieser elegante Bonvivant in der That Red sein?

Er mußte Gewißheit haben. Hastig verließ er sein Zimmer, stürzte die Treppe hinab auf die Straße und rannte hinter dem Schwarzen her, den er auch nach wenigen Schritten einholte.Um Vergebung, mein Herr", begann er,heißen Sie nicht Red?"

Bei den ersten Worten schon hatte der Neger seinen Kopf nach dem Frager umgewandt.Ah. guten Tag, Mafia Borrmann", sagte er augen­scheinlich erfreut,guten Tag, Mafia! wie kommen Sie nach Newyork? wie gehl's Ihnen? Ab, Sie haben kein Glück gehabt, wie mir scheint."

Der Deutsche konnte nicht länger daran zweifeln, daß er den ehemaligen Sklaven von Wilms Farm vor sich hatte. Ein freudiges Lächeln überflog seine Züge. Es war ihm, als müsse sich seine Lage nun zum Bessern wen-