regung des Nervensystems willkürlich erreicht. Die einzelnen Wasserproceduren wurden kurz aufgezählt und an einigen derselben ihre un gemein reiche Modifizierbarkeit je nach dem Einzelsalle dargethan. Auch die innerliche Anwendung des Wassers ward berührt und mit einigen Baderegeln, die sich aus dem Angeführten ergeben, der Vortrag beschlossen.
Der Vortragende bedauerte, daß es selbstredend unmöglich sei, alles hiehsr gehörige, für das menschliche Wissen ebenso Interessante, als für das menschliche Wohl Wichtige in den engen Rahmen eines Vortrages zusammenzupressen. Deshalb seien von uns alle Diejenigen, welche Ausführlicheres darüber zu vernehmen wünschen, auf Dr. W u r m's Familienbuch „Das Wasser" hiemit verwiesen, welches den 24. Band der Kollektion Sprmann bildet und in jeder Buchhandlung für 1 zu haben ist.
* Gechingen. Am Erscheinungsfest abends Uhr erblickcen 2 heimkehcende hiesige Burger in einer Holzremiss eins ungewöhnliche Hells und fanden beim Herzutreten, daß unter einem Reisighaufen mit etwas Tannenceis Feuer angemacht worden war. Dasselbe konnte nun noch leicht bewältigt werden, eine kurze Zeit später jedoch wäre das oben in der Remise befindliche Heu und infolge dessen auch das damit zusammenhängende Wohnhaus in Brand geraten. Brandstiftung war unzweifelhaft beabsichtigt und hat es den Anschein, als hätte der Thäter es auf einen hier noch ziemlich dicht stehenden Häuserkomplex abgesehen gehabt.
Stuttgart, 5. Januar. Den neuesten Nachrichten aus Nizza zufolge ist das Befinden Ihrer Majestäten des Königs und der Königin seit Höchstoeren Ankunft daselbst im Ganzen befriedigend gewesen. Unter dem Einfluß der in diesem Winter besonders milden Witterung an der Riviera und der strengen Zurückgezogenheit, welche der König Sich auferlegt hat, ist der Luftröhrenkatarrh, an welchem Seine Majestät seit September wiederum litten, gehoben und auch die übrigen Gesundheits- Verhältnisse haben sich, soweit dieses gehofft werden kann, gebessert. Es darf hienach bei fortgesetzter Schonung von dem diesmaligen Winteraufenthalt eine weitere Besserung der allerhöchsten Gesundheit in Aussicht genommen werden.
Cannstatt, 3. Januar. Gestern abend bald nach dem Anzünden der Straßengaslichter ging die Frau des hier im Ruhestand wohnenden Negierungsrats G. durch die Königsstraße, als ein unbekannter Bursche aus einem Hosthor heraus auf sie zustürzte, ihr den Hut vom Kopfe riß und ihn weit hinaus in die Fahrbahn schleuderte. Er selber flüchtete sich alsbald, so daß nicht möglich war, seiner habhaft zu werden. Nicht weit von der Stelle und so ziemlich zur gleichen Tageszeit wurde an einer Klavierlehrerin eine ähnliche That verübt.
Konstanz, 4. Januar. Wie gerüchtweise mitgeteilt wird., soll das Urteil des Kriegsgerichts über Lieutenant Hellwig, das zur Zeit dem Kaiser Wilhelm zur Bestätigung vorliegt, auf 4 Jahre Haft (wegen Duells) und Ausstoßung aus dem Heere (wegen Ehrenwortbruches) lauten.
W e v m i f cH t e s.
— (Andreas Hofers Schwiegersohn si.) Wie aus St. Leonhardt im Passeyer geschrieben wird, in dort am 28. v. M. Joseph Holzknecht, der Schwiegersohn Andreas Hofers gestorben. Beim zweiten österreichischen Bundesschießen in Innsbruck sah man den alten, wetterfesten Tiroler, der noch meisterlich den Stutzen zu handhaben verstand, zum letzten- male in der Öffentlichkeit. Nach dem Bundesschießen kehrte Holcknecht nach St. Leonhardt zurück und starb dort im Alter von 88 Jahren.
eingelaufen. Die größere Menge der ankommenden Fremden drängte sich bereits in buntem Gewirr die steinerne Treppe empor, welche auf den Quai führte. Kofferträger, Dienstleute, Kommissionäre wogten bunt durcheinander, mit gierigem Auge umherspähend, und die geeigneten Opfer sogleich mit der ganzen Zudringlichkeit abgebrühter Geldseelen überfallenv. Neger, Farbige und Werse, die Vertreter aller Nationen der Welt in den verschiedensten Trachten. Alle von der Sucht des Gewinnes getrieben, drängten sich heran, und ehe der Deutsche cs sich versah, war er bei Seite geschoben und sein Platz von einem Paar baumstarker Irländer eingenommen. Ec wandte sich an einen kleinen Mann in eleganten Reisekleidern, der unter der Last einer gewichtigen Reisetasche dahergekeucht kam. Soll ich Ihnen tragen helfen?" fragte er. Der Angeredete schien geneigt, sich eines Teils seines Gepäcks zu entledigen. Ec ließ die Kiste von seinen Schultern abgleiten. Borrmann wollte sie aufsangen, aber die beiden Irländer kamen ihm zuvor. „No, no, nix dragen! surt, Dutschmann!" schrieen sie, und mährend der eine mit dem bereits auf die Schulter gehobenen Gepäckstück langsam hinter dem voranschreitenden Herrn herging, gab ihm der andere einen Stoß mit der geballten Faust vor die Brust, daß er ein Paar Schritte zurücklaumelte. Mit Recht empört über eine solche brutale Behandlung stürzte Borrmann auf den Irländer los. „Was soll das heißen? Habe ich mich nicht zuerst an den Herrn gewandt?" fragte er mit flammenden Augen. Der Gefragte legte sich sogleich kunstgerecht in Boxer-Stellung aus und schien nicht abgeneigt, den Kamps auf englische Manier fortzusetzen. Für die Worte des Deutschen hatte er nur ein höhnisches Lächeln, das er mit einigen Worten in seiner Landessprache begleitete.
Obwohl der ganze Auftritt kaum zwei Minuten gewährt hatte, war doch die Aufmerksamkeit der Umgebung dadurch im hohen Grade erregt worden. Mehrere andere Irländer hatten sich ihrem Landsmanne beigesellt und dessen Partei genommen. Ein Hagel von Schimpfworten, die Borrmann nur zum kleinsten Teile verstand, sauste aus ihn nieder und die drohenden Geberden, die wutverzerrten, vom Branntwein geröteten Gesichter ließen ihn das Schlimmste befürchten. Er sah ein, daß es tollkühn fei, sich mit diesen rohen
— Aus St. Petersburg berichtet man der „Fcf. Ztg." folgende Geschichte: In der Apotheke eines hiesigen bekannten Chemikers ereignete sich jüngst ein Vorfall, der sich sehr mystisch anließ. Etwa gegen 1 Uhr nachts klingelte es zweimal sehr heftig. Der Provisor öffnete und sah zu seinem Erstaunen die Großfürsten Sergius und Paul in Uniform vor sich stehen. „Ist Ihr Prinzipal noch wach?" fragte Großfürst Paul. „Nein, er ist seit einer halben Stunde zu Bett gegangen." „Gut, Sie brauchen ihn nicht zu wecken. Wir werden bei Ihnen auf ein bis zwei Stunden einen Gegenstand deponieren, den wir alsdann persönlich abholen werden." Damit nahm der Großfürst einen spanischen Orden vom Pelz, stieg auf einen Stuhl und legte den Orden in eines der oberen Fächer des Warenschrankes. „Bitte, lassen Sie den Orden unberührt liegen, bis wir zurückkehren." Damit grüßten die Großfürsten und verließen die auf dem Stadtteile Wassili-Ostcow liegende Apotheke. Der Provisor weckte sofort seinen Pcinzival und setzte ihn von dem Geschehenen in Kenntnis. Dem letzteren waren schon häufig verdächtige Gegenstände von der Polizei zur Untersuchung übermittelt worden, Briefe^ Dolche rc., so daß eins ähnliche Vermutung sehr nahe lrg. Natürlich ließ man den Orden unberührt. Schon gegen 2 Uhr klingelte es wieder sehr heftig. Sobalo die Thür geöffnet war, stürmte der Großfürst Paul in die Apotheke, halb gezogen von einer Person, die einen Baschlik über den Kopf gezogen hatte und deren Augen durch ein schwarzes Tuch verbunden waren. Dieselbe raste unter fürchterlichem Keuchen nach dem Fache, wo der Orden sich befand, bestieg den Stuhl, holte den Orden hervor, riß dis Binde von den Augen und übergab ihn dem Großfürsten. Mittlerweile hatte sich die Apotheke mit einer sehr distinguierten Gesellschaft gefüllt, die den Gedankenleser Bis hop, der den Orden auf zwei Werst per Schlitten gefunden hatte, mit stürmischem Bravo begrüßte. B.shop hatte mit dem Großfürsten Paul in einem Schlitten gesessen; der Großfürst fuhr selbst, indem Bishop ihm die Direktive gab. Ungefähr 40 Schlitten hatten die nächtlich; Fahrt mitgemacht.
Landwirtschaftliches.
Eine im Verlage von W. Kohlhammer in Stuttgart erschienene Schrift, mit dem Titel:
„Langjährige Erfahrungen im Mngecmefen, nebst Ratschlägen für die Zukunft"
ist mir vom Sekretariat des Landwirtschaftlichen Bszirksvereins Calw zur Durchsicht zugesendet worden, und ich konnte mich beim Durchlesen derselben nicht genug wundern über die Schärfe des Urteils, mit dem der Verfasser die Lehren der Wissenschaft in den Dienst der Praxis zu stellen, beziehungsweise die scheinbaren Widersprüche beider zurecht zu legen wußte. In welche Bodenarten und zu welchen Kulturpflanzen die Anwendung von Chilffalpster, von Superphosphaten, wo phosphorsaures Kali, wo Knochenmehl, wo Schwefelsäure rc. lohnenden Erfolg finden, — wie kein Kunstdünger absoluten Wert hat, sondern nur in seiner Anwendung zum betreffenden Boden und zur betreffenden Pflanze kann taxiert werden, — wo der mit teurem Gelds bezahlte Kunstdünger sogar schädlich wirken kann, — wie man sich beim Ankauf von Düngmitteln vor Schaden wahren kann und soll, oder wie mans machen muß, „um Wasser ins Meer zu tragen", — in allen diesen Fragen wird der Landwirt, der die Schrift liest, einen unparteiischen Ratgeber finden. Ich glaube, es wird keiner das Buch aus der Hand legen, ohne Aufklärung zu finden über ihm seither rätselhaft gewesene Wirkung oder Wirkungslosigkeit der verschiedenen Düngerarten.
Liebelsberg, den 2. Jan. 1886. I. Alber.
Vergesset der hungernden Vögelein nicht!
Gesellen in einen Kampf einzulaffen. Mit Aufgebot aller seiner Kräfte suchte er daher den ihn umdrängenden Haufen zu durchbrechen, was ihm jedoch erst nach vieler Mühe mit Zurücklassung seines Hutes gelang. Außerdem hatte er einen derben Faustschlag ins Genick einstecken müssen und seine beiden Rockschöße waren ihm auf das jämmerlichste zerrissen.
„Ja, ja! 's ist eine böse Sorte Menschen, diese Irländer, Sir!" hörte er eine männliche Stimme auf Englisch im gutmütigen Tone sagen, habe auch mit ihnen zu thun gehabt. Denen muß man auf zehn Schritte aus dem Weg gehen."
Borrmann sah auf. An dem gußüßernen Geländer lehnte ein alter Mulatte in nachlässiger Haltung, den Rauch einer nicht übermäßig feinen Zigarre in dichten Wolken vor sich hin blasend. Als er dem Blicke des Deutschen begegnete, nickte er ihm mit wohlwollendem Lächeln zu und wiederholte: „Eine böse Sorte, Sir! eine böse Sorte!"
„Ich hätte nicht geglaubt" , erwiderte Bormann, „daß man in dem Bestreben, sich ein bischen Beschäftigung, zu suchen, solche unerquickliche Auftritte erleben muß", und von dem inneren Drange, sich mitzuteilen, getrieben, erzählte er dem lächelnd dreinschauenden Mulatten, wie sich die Scene von Anfang an entwickflt hatte.
„Will Ihnen was sagen, Sir!" erwiderte jener, eine gewaltige Rauchwolke vor sich blasend, so ganz unrecht waren die brioen Irländer nicht; denn sie sind jeden Tag hier und sind, wie man so sagt, fest. Wollen Sie nun auch permanenter Gepäckträger werden, so müssen Sie schon ein bischen bescheidener anfangen, das heißt, Sie müssen sich nicht gleich von vornherein vordrängen, hübsch diejenige Arbeit nehmen, die übrig bleibt und die kein Anderer will, und vor allen Dingen jeden Tag hier sein, Sir, jeden Tag ohne Ausnahme. Dadurch werden Sie bekannt und bringen es allmählich dahin, daß man Sie duldet und Ihnen auch etwas zukommen läßt. Kann ich Ihnen sonst in irgend etwas nützlich sein, Sir? Ich bin Agent der Firma Mellrich L Sohn, des bedeutendsten Handlungshauses in Tabak diesseitiger Hauptstadt."
(Fortsetzung folgt.)