Calw.
Die Gemeinde-, Stiftimgs- H Schulbehörden
machen wir auf die in heutiger Nummer des Wochenblatts erscheinende Einladung zum Abonnement auf die „Blätter für das Armenwesen" mit dem Anfügen aufmerksam, daß das K. Ministerium des Innern schon im Jahre 1847 die Anschaffung des Blattes auf Rechnung der Gemeindekassen empfohlen, und auch das K. evang. Consistorium unterm 23. Dez. 1872 den Wunsch ausgedrückt hat, daß das Blatt für die Lehrer aus dem Schulfonds angeschafft werde.
Den 5. Januar 1886. K. gem. Oberamt.
Flaxland. Berg.
H'otitifche WcrcHvichten.
Deutsches Reich.
— Dem Kaiser und der Kaiserin haben die Anstrengungen der letzten Tage nicht geschadet, die Frische des Kaisers während der Defilierkour ist allgemein ausgefallen. Mit besonderer Auszeichnung sind seitens des königlichen Hofes die Abgesandten der Königin von England und des Zaren, Lord Wolseley und Graf Adlerberg, ausgenommen worden. — Die überaus reiche Anzahl von künstlerischen Adressen, welche dem Kaiser gewidmet wurden, bilden den Gegenstand der Bewunderung in Hofkreisen. Die ganze Sammlung soll später vereint und in würdiger Ausstattung einen Platz im Hohenzollern-Museum finden. — Magistrat und Stadtverordnete von Berlin haben zur Feier des Jubiläums der Kaiser Wilhelm-Augusta- Stiftung, die zur goldenen Hochzeitsfeier des Kaiserpaares als Altersversorgungsanstalt errichtet worden war, eine Summe von 300,000 ^ überwiesen. — Der Unterstützungsfonds, welchen der deutsche Kriegerbund dem Kaiser zu dessen 25jährigem Jubiläum als König von Preußen überreicht, beträgt nach dem Ergebnis der bisherigen Sammlungen etwa 60,000
— Ueber die herzliche Auszeichnung, welche der Kaiser bei der Beglückwünschung im weißen Saale des königlichen Schlosses dem Fürsten Bismarck zuteil werden ließ, berichtet die „Nordd. Allg. Ztg.": Der Reichskanzler erschien an der Spitze des diplomatischen Korps. Als der Kaiser den Kanzler erblickte, trat er einen Schritt vor, zog ihn an sich heran und küßte ihn in tiefer Bewegung zweimal auf die Wange. Fürst Bismarck verbeugte sich nochmals und küßte seinem kaiserlichen Herrn die Hand, auch die Kaiserin reichte dem Kanzler die Hand zum Kusse. Der Fürst wollte nunmehr seinen Abgang nach dem Königinnengemach nehmen, als der Kronprinz vorrrat und ihm die Hand reichte; zu gleicher Zeit machte schon der Großherzog von Baden eine bezeichnende Bewegung, und so reichte der Kanzler auch den beiden Großherzogen und den königlichen Prinzen die Hand. Es war eine weihevolle Minute, die allen denen unvergeßlich bleiben wird, welchen sie zu sehen vergönnt war.
Berlin, 7. Jan. Der P ap st soll gelegentlich der Uebersendung des C h r i st u s o r d e n s an den Reichskanzler an Letzteren noch ein eigenhändiges Schreiben außerordentlich vsrbindlrchen 'Inhalts gerichtet haben. Der „Reichsanzeiger" publiziert heute die königliche Genehmigung für die Annahme und Anlegung des Ordens.
Serbien, Bulgarien, Ostruinelien.
— Der vom Fürsten Alexander von Bulgarien am 23. Dezbr. in Pirol erlassene vielbesprockene Tagesbefehl hat nachstehenden Wortlaut: Offiziere und Soldaten! Der Waffenstillstand mit den Serben ist abgeschlossen und in einigen Tagen werdet ihr zu eurem heimatlichen Herde zurückkehren. Eure Erfolge geben Euch das Recht, stolz zu sein, denn ihr habt die seitens des Vaterlandes auf euch gesetzten Hoffnungen glänzend erfüllt und ihr kehrt als Sieger zu Eurem Herde zurück. Indem wir dem Allmächtigen für die
uns verliehenen Siege danken, anerkennen wir es mit Dank, daß, wenn unsere Armee die Erwartungen des Landes zu rechtfertigen vermochte, dieses Ergebnis der unausgesetzten Sorge des Kaisers von Rußland, der unsere Armee geschaffen und gestützt hat, zu verdanken ist, sowie den Bemühungen der russischen Instruktion für den Unterricht unserer jungen Soldaten und die Entwicklung der Gefühle der Disziplin, des Mutes und der Vaterlandsliebe in denselben. Im Namen des Vaterlandes danke ich euch noch einmal für Euren musterhaften Dienst, für die Tapferkeit und Selbstverleugnung, die ihr auf dem Schlachtfelde an den Tag gelegt habt, und ich bin sicher, daß ihr, wenn das Vaterland wieder Euer bedürfen wird, von neuem mit dem gleichen Eifer unter die Fahnen eilen werdet, um die Unabhängigkeit, die Ehre und die Rechte unseres teuren Vaterlandes zu verteidigen. Gott möge Euch Eure Mühe lohnen!
Hcrges-Wsuigkeiten.
Calw. Vortrag des Herrn Dr. Wurm von Teinach im Saale des Georgenäums am 18. Dezbr. Zeit und Raum gestatteten uns damals nicht in eingehender Weise, wie es das Thema verlangt, zu berichten. Ueber die Einwirkung thermischer Reize auf den menschlichen Organismus gab der Vortragende in der Einleitung einen kurzen historischen Ueberblick über die Entwicklung der Wasserkuren, welche, nach einzelnen rohen Versuchen in der Zeit der römischen Kaiser und dann viel später, nur wenig häufiger, von Aerzten, wie Ourrio, Hahn, 7'oclano u. A. angewandt, vor etwa 40 Jahren durch Prießnitz in ein ebenfalls noch sehr mangelhaftes System gebracht, in der Neuzeit aber durch richtigere Anschauungen über die Natur der Krankheiten, durch Verbannung der Krisenlehre, durch Ausschluß fanatischer Uebertreibungen, durch individualisierende Anpassung an den Einzelfall, durch vernünftige Regulierung der Diät, durch Verbindung mit lauen und warmen Badeformen, mit Dampf- und Luftbädern, mit Gymnastik, Massage, Elektrizität, mit klimatischen Kuren rc., selbst mit medikamentöser Behandlung in innige und für alle Zeit unlösliche Verbindung mit der wissenschaftlichen Medizin getreten sind. Die letztere spricht daher nicht mehr von „Kaltwasserkuren", sondern nur von „Wasserkuren", oder besser noch von „T h e r m o t h e r a p i e", d. h., von der Krankheitsbehandlung mittelst Kälte- und Wärmereizcs, da alle Temperaturen vom Eise bis zu noch erträglichen Wärmegraden zur Anwendung kommen. In dieser informatorischen Beziehung wurde der Verdienste eines Richter, Grath, Roser, Lehmann, Runge, Winternitz u. A. dankend gedacht. Nachdem Hr. Dr. Wurm sodann durch Tafelzeichnungen den Bau und die Funktion der menschlichen Haut, sowie das Verhalten der tierischen Wärme und die Theorie der „Erkältung" erläutert hatte, betonte er, wie wichtig für die Gesunderhaltung die normale mittlere Spannung und Füllung der Hautblutgefässe sei. Durch geeignete Hautpflege, durch Abhärtung, durch passende Kleidung, Nahrung und Heizung, auch durch klimatische Bedingungen wird diese erzielt und dadurch Erkältungen mit ihren Folgen, Congestionen und Entzündungen innerer Organe, Schlagflüffen rc. vorgebeugt. Die direkten und die Reflex-Wirkungen des Wärme- und Kältereizes wurden eingehend geschildert und gezeigt, wie solche durch Spannung und Entspannung der Gefässe, durch Zurückvrängen uns Hervorlocken einer größeren Blutmenge von und nach den Organen, durch Vertiefung der Atmung, durch ein öfteres Kreisen des Blutes in den großen Drüsen, durch Anregung des Stoffwechsels, der damit um 75»/g gesteigert zu werden vermag, endlich durch unmittelbare Einwirkung auf das Nervensystem die verschiedenartigsten Krankheiten zu heilen im Stande seien. In diesem Sinne wurde das Wasserheilverfahren für ein Universalmittel in allen Krankheiten, keineswegs aber für alle Kranken erklärt, da der Arzt damit eine Aenderung der Blutverteilung und der physiologischchemischen Blutbeschaffenheit, sowie Beruhigung oder E r -
AklltjstlüH «Nachdruck verbaten.»
Der Auswanderer.
Erlebnisse eines Deutschen in Nsrd-Amerika.
Von Karl Zastro w.
(Fortsetzung.)
„Freund Milantok!" rief Borrmann. dem Indianer kräftig die Hand drückend, „ich bin Dir sehr zu Dank verpflichtet für Alles, was Du an mir gethan, aber ich kann Dein Geld nicht annehmen."
„Nimm!" ries der Indianer mit so ernstem, beinahe finsterem Gesicht, daß der Deutsche unwillkürlich die Hand nach dem Säckchen ausstreckte; „nimm, wenn Du nicht willst, daß ich es in den Fluß werfen soll!"
„Milantok!" rief der Deutsche, „ich werde ewig Dein Schuldner bleiben. Du hast mir das Leben gerettet. Wie soll ich Dir meine Dankbarkeit beweisen?"
„Schlage den Weg nach dem Osten ein und laß Dich nie wieder in der Gegend von Wilms Farm blicken!" antwortete der Indianer feierlich.
„Milantok!" rief Bormann mit vor Rührung durchzitterter Stimme, „ich werde Dich vielleicht nie Wiedersehen. Laß mich Abschied von Dir nehmen, ehe sich unsere Wege für immer trennen."
Der Indianer war bereits in den Kahn zurückgesprungen. Er hatte sich seinem älteren Gefährten gegenüber gesetzt und reichte dem Deutschen schweigend die Hand. Dieser ergriff sie und drückte sie kräftig. „Lebe wohl, Milantok!" rief er, und nochmals herzlichen Dank!"
„Tu hast Nichts zu danken", klang es zurück. „Du hast Milantok gerettet und Milantok rettete Dich. Wir sind wett."
Das Boot stieß ab. Ein kräftiger Schlag der Ruder und es befand sich bereits initten auf dein Wasserspiegel. Pfeilschnell trieb es zwischen den Baumstämmen hin. Kein Blick seiner Jnsaßen wandte sich dem Flüchtling zurück, der unbeweglich am Ufer stand und sinnend, mit umflortem Auge,
dem immer kleiner werdenden Fahrzeuge nachschaute, bis es endlich am fernen Horizont verschwand.
„Ich glaube, das sind die einzigen Freunde gewesen, die ich hier in dem kalten, fremden Lande gehabt habe und noch haben werde", flüsterte er vor sich hin. „Nun bin ich wieder auf mich selbst angewiesen. Mut, Borrmann, Mut!"
Er steckte das Säckchen mit Goldstaub, welches der Indianer neben ihn in das Gras gelegt hatte, zu sich. Dann schlug er rasch den nach der Stadt führenden Weg ein, wo er einen Teil seines Schatzes zu Geld machte. Er traf noch eine Viertelstunde vor dem Abgang des Zuges auf dem Bahnhofe ein und mischte sich unter die Amerikaner, welche in Reisekleidern, ohne auf ihn zu achten, in voller Ungeduld auf- und abschritten oder in Gruppen, sich lebhaft unterhaltend, bei einander standen. Als er kurze Zeit darauf in dem Coupe saß und, behaglich eine Zigarre schmauchend, dem Erlebten in Gedanken nachhing, war es ihm als könne er nunmehr seine Zukunft bei weitem ruhiger, als vorher ins Auge fassen, da er ja einer großen, volkreichen Stadt entgegenzog, in der er, sicher vor den Verfolgungen seiner Feinde, sich eine neue, bescheidene Existenz gründen konnte.
Fünftes Kapitel.
Der Abend dunkelte bereits, als Borrmann am Ziel seiner Reise, in Newyork, eintraf. Er schlug, als er den Bahnhof verlassen hatte, den Weg zunächst nach einem der vielen in der Nähe befindlichen Fremdenlogis ein, wo er sich ein einfaches, aber bequem eingerichtetes Zimmer zu einem billigen Preise mietete. Am Morgen war es sein erstes Geschäft, den nächsten Weg nach dem Hafen in Erfahrung zu bringen. Es lag in seinem Plane, jede nur einigermaßen zu bewältigende Arbeit zu übernehmen, die sich ihm darbieten würde und Red hatte ihm ja gesagt, daß es am Hafen bei den vielen ankommenden und abgehenden Schiffen immer zu thun gäbe. Außerdem durfte er hoffen, hier den Neger wieder zu finden, der ihn mit seinem guten Rat gewiß unterstützen würde.
Es war in der neunten Morgenstunde, als er den von dem buntesten Leben und Treiben überfluteten Platz erreichte. Ein Dampfer war soeben