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tigem Gebiet die unangenehmsten Erfahrungen hinzu. Die Besitzergreifung von Tonkin, der Krieg mit China, die Kämpfe auf Madagaskar, alles das hat der Republik viel Geld und Menschenleben gekostet und nur sehr geringe Erfolge eingebracht. Frankreich lebt nur noch von seinem einstigen Ruhm, seine weltbeherrschende Stellung ist seit 1870 dahin.
Spanien.
— In Spanien hat das alte Jahr gut geschlossen, an Stürmen aber hat es während des Sommers und Herbstes nicht gefehlt. Die Karolinenfrage, die Spanien, wenn ehrgeizige Generale und politische Klopffechter das Zeug dazu gehabt hätten, die Massen mit sich fortzureißen, leicht in einen ungleichen Kampf mit Deutschland hätte verwickeln können, ist durch die Vermittelung des Papstes beigelegt. Spanien behält seine Karolinen, wir aber haben auf denselben völlige Handelsfreiheit und dürfen, ohne die Kosten der Verwaltung tragen zu müssen, ein- und ausführen an Produkten, was uns beliebt. Noch war diese Angelegenheit nicht geordnet, da starb König Alfonso, von ganz Europa aufrichtig betrauert. Jetzt regiert seine Gemahlin, eine österreichische Prinzessin, für die minderjährige Infantin Donna Maria. Es gewinnt den Anschein, daß es gelingen werde, die Karlisten und Republikaner niederzuhalten und das unglückliche Land vor neuen inneren Kämpfen zu bewahren.
Serbien, Bulgarien, Ostrumelien.
— Eine offizielle Depesche aus Belgrad versicherte neulich „entgegen anderen Angaben" daß die Zahl der in serbischer Kriegsgefangenschaft befindlichen bulgar. Soldaten sich auf 3000 belaufe. Es wäre dies nach dem Verlauf des Kriegs eine auffallend hohe Zahl und die Angabe wird daher stark angezweifelt. Der Korrespondent des „Temps" schreibt aus Sofia: „Ich hatte in Pirot Gelegenheit, Einsicht zu nehmen in das vom serbischen Delegierten Oberst Topalovic der Militärkommission vorgelegte offizielle Namensverzeichnis von ungefähr 2500 angeblichen bulgarischen Gefangenen mit Angabe ihres Geburtortes. Mindestens zwei Drittel der darin Verzeichnten gehören Dörfer an, welche von den Serben in den Distrikten Widdin und Trn besetzt waren, und von dem Feinde unter dem Vorwände, daß sie der Territorial-Miliz angehörten, als Kriegsgefangene betrachtet wurden. Verschwindend kleine Dörfer figurierten in dieser Liste mit mehr als 40 Namen." — Derselbe Korrespondent schreibt: „Wozu soll übrigens der Versuch nützen, die Tragweite der von den Bulgaren errungenen Erfolge zu bestreiten, wenn es doch heute, nach dem Geständnisse serbischer Offiziere selbst, notorisch ist, daß die besiegte Armee an dem Tage, wo das „Duos o§o" des Grafen Khevenhüller ihr ermöglichte, ihre Rückzugsbewegung einzustellen, in Betreff der verfügbaren Munition durchschnittlich auf 7 Patronen per Mann reduziert und daher außer Stande gesetzt war, sich vor einer unvermeidlichen Katastrophe zu retten, wen n nicht Oesterreich als sein Schützer ausgetreten wäre?
Hcrges-WeuigkeiLen.
:, 3. Jan. Gestern fand zu Ehren des nach Neuenbürg . Bahnhofverwalters Schwämmle im Gasthof z. Waldhorn hier eine Abschiedsfeier mit Abendessen statt, bei welcher sich 30 Personen beteiligten. Hr. Schwämmle war ersternannter Stationsmeister von Hirsau, und hat seinen Dienst als Bahnhofvorstand und Postexpeditor bei strenger Gewissenhaftigkeit und Pünktlichkeit mit Zuvorkommenheit und Liebenswürdigkeit gegen das Publikum — im Postdienst vielfach unterstützt durch seine ebenso freundliche Gattin — 11 Jahre lang versehen. Daß dies von aller Seite dankbar anerkannt worden ist, sprach sich durch die zahlreiche Beteiligung an der Abschiedsfeier aus, bei welcher die Verdienste des Scheidenden in einer von Hrn. Pfarrer Or. Klaiber gehaltenen Rede und dem auf sein und seiner Familie Wohlergehen ausgebrachten Toast in herzlichen Worten eingehend gewürdigt wurden.
Untertürkheim, 1. Jan. Obwohl hier in der Neujahrsnacht nicht viel geschossen wird, so hätte doch in der vergangenen ein sogenannter
„Mordschlag" leicht größeres Unheil anrichten können. Das Geschoß wurde auf hiesigem Bahnhof gelegt und war bei der Explosion geborsten, so daß herumfliegende Eisenstücke Fenster zertrümmerten, ja sogar das Holz der Fensterfutter zerfetzten; verletzt wurde zum Glück jedoch niemand.
— Ueber einen Unglücksfall in Obertürkheim wird uns geschrieben: Gestern am Neujahrsabend wartete eine große Anzahl Personen am Perron des Bahnhofs Obertürkheim auf den Zug Eßlingen- Stuttgart, darunter der mit seinem Sohne von Uhlbach gekommene Papierpappdeckel- und Brennmaterialienhändler Böhmerle aus Stuttgart. In dem Augenblick, als der Zug einfuhr, erhielt der hart am Rande stehende Böhmerle von hinten einen Stoß und fiel hinab auf die Schienen, so daß der ganze Zug über seinen Körper ging, der entsetzlich zugerichtet wurde. Böhmerle war sofort tot. Sein Sohn will den Mann bemerkt haben, der den Stoß versetzte und sich sofort flüchtete; der Kleine rannte ihm nach, soll aber im Laufe aufgehalten worden sein, so daß der Urheber des Unglücks entkam.
Heilbronn, 30. Dez. Man schreibt der Fr. Ztg.: Die Verhaftung des Tanzlehrers Wolf erregt hier allgemeines Bedauern. Derselbe steht im Verdachte, Verfasser von anonymen Briefen (an Oberbürgermeister Heg elmeier und Stadtbaumeister Wenzel) zu sein, die die „schreckliche Drohung" enthielten, daß demnächst das Rathaus und der Kirchturm von St. Kilian mittels Dynamit in die Luft gesprengt werden würden. Wer unsere Verhältnisse kennt, lacht über den Jux l Der Jnquisit wurde nach dem ersten Verhör tobsüchtig und mußte ins Hospital übergeführt werden. Dort erlangte derselbe zwar bald wieder seine Beruhigung, allein damit auch von neuem das Anrecht auf die Untersuchungszelle, in die er gestern zurückgebracht wurde.
Eßlingen, 30. Dez. Es gibt doch oft Leute, die sich einen eigentümlichen Begriff von einer Verlosung bilden. So kam den Tag vor der Ziehung der hiesigen Kirchenbaulotterie bei dem Lotteriekomite ein Brief an, in welchem die Schreiberin bittet, auf eine bestimmte Losnummer einen Gewinn kommen zu lassen, da derselbe einer bedürftigen Familie zuteil werden würde; bescheiden fügte sie bei: „Wenn es auch nur ein paar Hundert Mark wären."
Von der Neutlinger Alb, 30. Dez. In Großengstingen gab es am mittleren Feiertag eine großartige Schlägerei zwischen etwa 30 ledigen Burschen von Großengstingen, Honau und Kohlstetten. Viele trugen blaue Mäler davon, andere mußten Wangen und Schläfe zusammengenäht werden und einem wurde die Nase fast vollständig weggebissen. Am übelsten erging es einem Großengstinger, der von einem Kohlstetter so lange geschlagen wurde, bis er besinnungslos am Boden lag. Der Unmensch wollte den Daliegenden noch mehr mißhandeln, wurde aber von dem dazukommenden Adlerwirt daran verhindert. Der plötzliche Tod des Matthias Hummel von Steinhilben ist nicht, wie man vermutet hatte, einem Verbrechen zuzuschreiben, vielmehr hat das gerichtsärztliche Gutachten nunmehr festgestellt, daß ein Selbstmord vorliegt, weshalb die zwei in Haft genommenen Männer wieder freigelassen wurden.
Weingarten, 1. Jan. Die Neujahrsnacht brachte durch das Schießen hier einen Unfall. Ein Mann wollte einem Schulknaben die Handhabung eines Revolvers zeigen. Dieser, welcher scharf geladen war, ging hiebei los, und der Schuß traf den Knaben in den Mund, doch scheint die Kugel an den Zähnen abgeprallt zu sein, so daß nur eine nicht sehr gefährliche Fleischwunde die Folge war.
Hamm, 23. Dezbr. Ueber einen sechsfachen Mord wird berichtet: Der am 25. April 1839 zu Distedde im Kreise Beckum geborene Spezereihändler, frühere Eisenbahnschaffner Friedrich Muckelmann führte bis zum 1. Oktober d. I. in der Nordenfeldmark ein Spezereigeschäft, verbunden mit Kleinhandel von Branntwein, und hatte sich, da er auch eine Pension von 35 den Monat bezog, ein kleines Vermögen erworben, d as er jedoch zum größten Teile in ein Haus gesteckt hat, welches er am 1. Okt.
mit blutendem Gesicht und verstauchten Händen wieder auf und jagte mit der Kraft der Verzweiflung weiter. Die Zweige des wild ineinander wuchernden Strauchwerks peitschten ihm in das schweiß- und blutüberströmte Antlitz, die Dornen zerrissen ihm die Kleider. Wie ein dunkelroter Schleier lag es wor seimn Augen. Wo er sich befand, welche Richtung er in seiner unnennbaren Seelenangst einschlug — er wußte es nicht. Er hatte nur den einen Gedanken, eine immer größere Entfernung zwischen sich und seine Verfolger zu legen. Plötzlich jedoch blieb er wie versteinert stehen. Er stand am Rande einer Schlucht, die jäh und steil zu seinen Füßen abfiel.
Er blickte hinunter. Tief unter ihm brauste ein Zufluß des Mississippi über wild zerklüftetes Gestein, hin und wieder auf den Felsplatten in Millionen von Staubperlen zerstiebend. Drüben am jenseitigen User ragte steil, nur von spärlichem, grauen Moose überkleidet, ein mächtiger Felsen empor. Ein Kranz von niederen Tannen faßte den Gipfel ein und hoch darüber zog ein Adler langsam seine Kreise. Trostlos blickte der Verfolgte umher. Ueberall leuchteten zwischen grünen Wipfeln der Eichen und des Nadelholzes die bläulichen Felsmassen hervor. Soweit er sehen konnte, türmten sich die tannengekrönten Bergschichten teraffenförmig in die Höhe, bis sie weit hinten im bläulichen Dufte des Aethers mit diesem in Eins verschwommen. Wohin er sich auch wenden mochte, ob rechts oder links, immer mußte er seinen Verfolgern in ' die Hände fallen, da der Fluß in weitem Bogen denjenigen Teil des Waldes umschrieb, den er bereits durchlaufen hatte.
Noch überlegte er, ob er sich Hinabstürzen sollte in den Fluß, auf die schaumumtosten Felszacken, oder sich auf Gnade oder Ungnade ergeben sollte. Schon sprangen die Amerikaner von allen Seiten in die Lichtung, an deren äußerstem Punkte er stehen geblieben war. Eine große, kräftige Buldogge drängle sich durch das Gestrüpp und sprang mit blutdürstigem Auge und wutheulend ihm nach der Kehle. Da plötzlich im Augenblicke der höchsten Not hallte ein schriller Ruf durch die Wildnis, welchem ein anderer folgte, der ähnlich deni dumpfen Schrei einer aufgeschreckten Eule klang. In dem
selben Moment donnerte ein Schuß durch den Wald, und noch ehe der Knall
an den Felswänden rings 1 zuckend am Boden und fül fortgerissen. Er hörte da? Erwartung getäuschten, vc wahrte, daß bereits eine zwischen ihm und seinen geben von der energischer hinunter, über Steinger über; die ihn hielt, wc r die Sinne ihm schwinden ne
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ballt war, lag die Bestie im Todeskampfe sche sich mit unwiderstehlicher Gewalt einerschütternde Gebrüll der in ihrer Wut erfüllten Amerikaner. Er ge- oon undurchdringlichem Strauchwerk aber er konnte sich keine Erklärung vorwärts schob, den steilen Abhang -verkrüppelten Zwergbäumen vor- Me, ihn zu tragen schien, wenn ch mit dem dunklen Flor bedecken m sein glühendes Hirn schwang. : Kraft seinen Rockkragen hinten r Alles mit sich geschehen. In Er sah den Spiegel des Flusses,
der sich hier zu einem kleinen See erweitert hatte, hell vor seinen Augen blinken, und fühlte im nächsten Moment, wie das Wasser seine Füße bis an die Knie benetzte. Die Nachwirkung des rasenden Hinabsturzes hatte ihn einige Schritte weit in das Wasser Hineingetrieben. Noch einen Schritt weiter und es ging ihm bereits bis an den Hals. Erst jetzt sah er mit verstörten Blicken uni sich. Ein kleiner Nachen glitt pfeilschnell quer über die Flut zu ihm heran. Ein älterer Indianer, ernst und unbeweglich, saß auf der Ruderbank, nur hin und wieder mit einem leichten Ruderschlage das Fahrzeug vorwärts treibend. Der Deutsche hatte kaum den Kahn erblickt, als er auch schon fühlte, wie zwei nervige Arme ihn umfaßten und ihn hineinhoben. Gleich darauf nahm ein zweiter Indianer neben ihm Platz. Nur einen Blick warf Borrmann auf die Züge des letzteren, dann fiel er mit dem Ausruf: „Milantok, Du bist's I ich habe mich also in meiner Ahnung nicht getäuscht I" seinem Lebensretter um den Hals.
(Fortsetzung folgt.)
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