in der Natur die ersten Frühlingsboten, die Schneeglöckchen, da wurde im Röselshofe alles blank geputzt und gescheuert, als wenn man sich zu einer besonderen Festlichkeit vorbereitete. Und so war es hier auch der Fall.
Zwei Tage darauf, am Sonntag Nachmittags nach dem Gottesdienste, schritt der Pfarrer des Ortes in vollem Ornat mit dem Lehrer, welch' letzterer zugleich das Amt eines Kirchners verwaltete, durch das Dorf auf den Röselshof zu. Beide traten daselbst ein und fanden bereits eine kleine Versammlung im festlichen Kleide vor. — Es waren die vom Röselshofbauer geladenen Zeugen, welche sein vor zehn Tagen geborenes Kind aus der Taufe heben sollten.
Die glückliche Mutter war wieder wohlauf und hatte sämmtliche Vorbereitungen zur Taufe, ebenso wie zum splendiden Kindtaufsschmause selbst getroffen.
Die heilige Handlung war bereits vorüber, das Kind hatte die Namen Franziska Pauline erhalten, man befand sich gerade beim Schmause in heiterster Stimmung, da ertönte draußen vom Hofe her ein Lärmen und Schreien von Kindern.
Der geistliche Herr erhob sich, blickte hinaus in den Hof und sah, daß ein junger Mann mit sonnenverbranntem Gesichte und großem Vollbart das Hofthor, durch welches er eingetreten war, wieder schloß und mehrere Knaben, die ihm folgen wollten, energisch zurückwies. Er klopfte an die Thür, diese wurde geöffnet und herein in das Zimmer trat der braune, vollbärtige Mann, in dessen Zügen sich beim Erblicken der heiteren und festlichen Versammlung mit dem Pfarrer an der Spitze große Erregung knndgab. Da plötzlich trat Rösel ans der Küche herein in's Zimmer und mit dem Ausrufe „Gottfried!" sank sie ohnmächtig zu Boden.
Ja, der leibliche, von seinem Weibe so zärilich geliebte und als todt tief betrauerte Gottfried war es, der gerade in F. angekommen war, als man in seinem Hofe Kindestaufsschmaus ausgerichtet hatte.
Armer Gottfried, armer Heinrich! — Beide drückten sich wie früher als echte Freunde die Hand. Bereits hatten sie sich durch Blicke verstanden und versprachen sich wohl im Geiste eine noch glückliche Lösung des furchtbar über sie hereingebrochenen Verhängnisses.
Rösel war bald wieder zu sich gekommen und setzte sich neben ihren Gottfried, zur anderen Seite den Heinrich.
Auf allgemeines Bitten und ganz besonders auf Wunsch des Pfarrers erzählte nun Gottfried seine Leidensgeschichte, wie wir sie in der Hauptsache schon kennen, und sämmtliche Kindtaufgäste saßen bis nach Mitternacht beisammen, ehe sie sich trennten, auch der Geistliche und der Lehrer hatten bis zum Ende von Gottfrieds Erzählung ausgehalten und verschiedene Male über die seltsamen Wege Gottes ihre Verwunderung zu erkennen gegeben. —
Selbstverständlich konnte die Rösel nicht beide Männer behalten nnd beide Männer wieder nicht ein und dieselbe Frau haben, und so erklärte denn Heinrich, daß er sogleich das Haus verlassen und dem Gottfried die demselben gebührenden Rechte einränmen wolle.
Der sofortigen Ausführung dieses Entschlusses widersetzte sich aber Gottfried, er wollte erst die fa^ tale Angelegenheit anderweit geregelt wissen und bat daher den Heinrich, noch so lange Zeit im Hofe zu verbleiben.
Auf Gottfrieds und Heinrichs Antrag bei der bezüglichen kompetenten Behörde kam nach einigen Wochen von dieser der Bescheid, daß die Ehe zwischen
Heinrich und Rösel rechtskräftig als gelöst zu betrachten sei und die zwischen Gottfried und Rösel allein noch bestehe. —
Heinrich verließ resignirt den Röselshof —, allein er, die Rösel und Gottfried gelobten sich, fortan einander treue Freunde zu bleiben in Leid und Freud und werden hoffentlich auch Worte halten.
Die kleine Franziska Pauliue verblieb nach gegenseitigem Uebereinkommen in dem Röselshofe und wird von Gottfried geliebt, als sei cs sein eigenes Kind.
Auf Rösels Zureden hat sich Heinrich vor gar nicht langer Zeit mit einem braven Mädchen verlobt und wird dasselbe binnen Kurzem an den Altar führen, — diesesmal hoffentlich für die ganze Lebenszeit!
Wünschen wir dem Gottfried mit seiner Rösel und dem Heinrich mit seinem zukünftigen Weib das Glück von ganzem Herzen, dessen sie sich so würdig erwiesen haben.
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