mit ganzer Hingebung gearbeitet habe, seine Kräfte übersteige. Er würde nicht daran denken, sich der Fortsetzung derselben zu entziehe», wenn er zehn Jahre jünger wäre und noch so rüstig, wie nach der Beendigung des französischen Krieges, oder wenn er in der Zustimmung der Mehrheit seiner Landsleute Stärkung und Beistand fände. Ohne diesen, und erschöpft durch nunmehr 30jährige verantwortungsvolle Arbeit in der großen Politik glaube er seinen Pflichten gegen sein Vaterland genügt zu haben und halte sich berechtigt, eine undankbare Aufgabe anderen Hmwen z,r überlassen. Schon zur Zeit des Berliner Kongresses glaubte er, seine Leistungsfähigkeit erschöpft zu haben, und nur in dem ehrenvollen Vertrauen, welches das gesammte Europa in ihn setzte, fand er die Ermuthigung, die ihm gestellte Aufgabe durchzuführen. Im Auslande ist ihm hierfür mehr Anerkennung geworden als in Deutschland, wo außer bei Seiner Majestät dem Kaiser wir im ganzen Volke keine Spur seiner Anerkennung wahrgenvmmen haben, ähnlich der des englischen Volkes für Lord Beaconsfield: „xaaos vitir lionoui" : mit diesen Worten hat das dankbare englische Volk seinen vom Kongreß heimkehrenden Premierminister jubelnd begrüßt. Wir haben nicht nur Frieden mit Ehren und damit das höchste Gut eines großen Kulturvolkes, sondern Frieden mit Glanz und Macht gehabt. Rastlos hat Fürst Bismarck seit 187 l daran gearbeitet, uns vor neuen Kriegen und ländlichen Koalitionen zu bewahren, und wer nur dn.- entfernteste Ahnung von der europäischen Politik dieses Zeitraums hat, weiß, daß die Abwendung der wiederholt uns bedrohenden Gefahren von außen seinen Rathschlägen zu verdanken ist. Es ist ihm vergönnt gewesen, den langjährigen Hader mit Oesterreich dauernd beizulegen, ohne die russische Freundschaft zu verlieren, und so Deutschland über die seit 1806 drohende Gefahr übermächtiger Koalitionen gegen uns hinwegzuleiten. Dieser, nach unserer Meinung größte, weil schwierigste Dienst, den Fürst Bismarck Deutschland geleistet hat, wird vielleicht in spateren Zeiten anerkannt werden; einstweilen findet er in Deutschland keine andere Anerkennung, als daß fast die gesammte deutsche Presse — mit verschwindenden Ausnahmen -— den einzigen erfolgreichen Politiker, den Deutschland seit Menschenaltern gehabt hat, mit Beschimpfungen und Verdächtigungen der niedrigsten Art verunglimpft.
Selten ist der deutschen Armee von Seiten eines auswärtigen Generals ein so rückhaltloses Lob zu Theil geworden, wie von Sir Frederik Roberts, der als Militäroertreter Englands jüngst die Herbst- mauöver in Hannover und Schleswig-Holstein mitmachte. Die deutsche Armee ist ihm die vollendetste und leichtbeweglichste Kampfmaschine, welche die Welt bis jetzt gesehen hat. Ein Einblick in deren Verwaltung und Verwendung erschien ihm als ein wahres Wunder. Die Art und Weise, wie ein Armeekorps in einer einzigen Nacht mobil gemacht werden kann, scheint ihm fast unglaublich, und doch sei es wahr, denn alles sei militärisch eingerichtet und zugeschnitten in diesem Staate. Eisenbahnbeamte, Telegraphisten und andere im Kriege verwendbare Beamten sind Soldaten; die Pferde von Privatleuten sind schon im Voraus auf die Armee vertheilt; im Bureau des Generalstabs liegen schon die Briefe an die verschiedenen Departements bereit; kurzum alles ist zum Kriege unmittelbar bereit. Ein ganz besonderes Lob spendet Sir F. Roberts auch den preußischen Offizieren. Da er der berühmte Sieger von Kandahar ist und den großen Marsch von Kabul nach Kandahar ausführte, so hat seine Anerkennung einen vielfachen Werth; indes; wird er trotzdem keine Nachahmung preußischer Heereseinrichtungen in England zuwege bringen können.
Das Ausland sieht Bismarcks Demission nicht mit den trunkenen Augen der Demokratie, sondern mit klarem Blick an und kommt darum auch zu richtigen Anschauungen. So bespricht die „Times" den möglichen Fall einer Demission Bismarck's und sagt im Verlaufe ihrer Ausführungen, der natürliche Vortheil einer solchen Größe, wie die des Kanzlers sei, liege darin, daß eine Position, wie der Fürst sie einnimmt, sich nicht durch freien Willen ändern oder aufheben lasse. Diese Position machte Bismarck nicht allein zum ersten Manne Deutschlands. sondern geradezu zum Einzigen, in welchen ganz Deutschland immer Vertrauen setzen könne. So
lange der ganze Continent sortfahre, sich zu bewaffnen, bleibe eine der wichtigsten Aufgaben für Deutschland seine Bündnisse fortwährend zu befestigen. Bismarck allein besitze die nvthige Klugheit, Geschicklichkeit, Wachsamkeit und Macht, um Oesterreich und Italien an die Seite Deutschlands zu stellen, Rußland in Ruhe zu halten und aus jedem Jrrthum Frankreichs Nutzen zu ziehen.
Angesichts des bevorstehenden Zusammentritts des Reichstags hat der preuß. Evangelische Oberkir- chenrath, resp. ans dessen Veranlassung die Konsistorien, sümmtliche evangelische Geistliche angewiesen, vom nächsten Sonntag an in das allgemeine Kirchengebet folgende Fürbitte für den Reichstag aufzunehmen: „Krone mit Deinem Segen die Arbeiten des Reichstags, der jetzt wieder um den Thron unseres Kaisers und Königs Zusammentritt (später zusammengetreten ist), und daß seine Berathungen gedeihen zum Heile des Vaterlandes und zu Deines heiligen Namens Preise."
Es wird bestätigt, daß Fürst Bismarck sich zu Personen, mit denen er in den letzten Tagen verkehrte, dahin geäußert hat, nur Feldmarschall v. Manteuffel sei der Mann, eine aus Centrum und Conservative gleichmäßig sich stützende Reichspolitik zu leiten.
Die erste Sitzung des neuen Reichstags wird Feldmarjchall Gras Mvltke als Alterspräsident eröffnen.
Die „Krzztg." sagt zu dem Artikel der „Post": Wir stimmen mit der „Post" darin überein, daß ein Entschluß des Reichskanzlers, zurückzutreten, um unseres Vaterlandes willen aus das tiefste zu bedauern sein würde. Es ist aber zu hoffen, daß sich trotz der obwaltenden Verhältnisse ein Weg finden wird, welcher es dem Fürsten Bismarck auch fernerhin ermöglicht, dem Kaiser zur Seite zu stehen und die Geschicke des deutschen Reiches in segensreicher Weise zu leiten.
Eine sensationelle Enthüllung über den Anlaß der neuesten Bismarck'schen Rücktrittsgedanken bringt die Wiener „Presse." Danach soll eine Differenz in den Anschauungen des Kronprinzen und des Reichskanzlers den Fürsten Bismarck so sehr ent- mulhigt, ihm für die Zukunft seiner Politik so sehr bange gemacht haben, daß er seine Demission ein- reichcn will.
Hamb u r g, 9. Nov. Der Direktor der Hammer Sparkasse, Bleidorn, ist plötzlich verstorben. Derselbe Hai 243,000 unterschlagen.
Frankreich.
Paris, 9. Novbr. Vor einiger Zeit ging durch die Blätter die Nachricht von dem plötzlichen Ableben des Barons ZameS Rothschild in Paris. Jetzt stellt sich heraus, daß ein Selbstmord vorliegt, weil der Baron in einer colvssalen Finanzoperation unterlegen und zwar, wie es heißt, 60 Millionen dabei eingebüßt hatte. Bei diesem Fall muß man sich unwilllührlich der vielen Opfer erinnern, die der durch das Haus Rothschild mehr oder minder verschuldete Börsenkrach vom 9. Mai 1873 gefordert.
Paris, 10. Nov. Ferry überreichte heute früh die Demission des Kabinets. Grsvy acceeptirte dieselbe. Die Minister führen die Geschäfte bis zur Bildung des neuen Kabinets fort. Grsvy beschloß, Gambetta zn sich zu rufen, und hatte heute Nachmittag eine Unterredung mit demselben.
Paris, 11. Nov. Ueber die furchtbaren Verluste, welche erste französische Finanzhäuser am Ultimo erlitten, kommen die Nachrichten nur theelöffel- weis, weil man sich hütet, dieselben an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, da durch sie die Frivolität des Börsenspiels klargelegt wird. Nicht weniger als 150 Millionen Franken sollen die Differenzen betragen, welche das Haus Rothschild zu zahlen hat. Das Haus Bamberger soll einen Verlust von 8 Millionen zn tragen haben.
Der Verlauf der großen Debatte in der französischen Deputirtenkammer über die tunesische As- faire hat im Allgemeinen den hierauf gesetzten Erwartungen nicht entsprochen. Den Charakter einer großen politischen Debatte hat die betreffende Kammerverhandlung eigentlich nicht getragen, dieselbe machte vielmehr einen ziemlich kläglichen Eindruck, obwohl sie die Kammer nicht weniger als vier Tage lang in Anspruch nahm. Die Vertheidignng des Kriegsministers Farre gegen die wider ihn erhobenen Angriffe war allerdings sehr schwach, doch auch den oppositionellen Rednern fehlte es an Logik und
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überzeugender Schärfe. Am Mittwoch erfolgte der Schluß der Debatte; der von radikaler Seite gestellte Antrag auf Einleitung einer Untersuchung wurde mit 343 gegen 168 Stimmen abgelehnt, ebenso wurde ein Antrag auf Uebergang zur einfachen Tagesordnung mit 326 gegen 205 Stimmen verworfen, welches Schicksal noch verschiedene beantragte Tagesordnungen hatten. Endlich wurde die von Gambetta beantragte Tagesordnung: Frankreich ist entschlossen, den Vertrag vom 12. Mai loyal und vollständig zn beobachten, mit 379 Stimmen angenommen , womit die tunesische Affaire in der Kammer beendigt ist.
(Furchtbares Elend.) Der Direktor des Seminars der fremden Missionen zu Paris hat von dem apostolischen Vikar des westlichen Tonking,
Msgr. Paginier, folgende Depesche erhalten: Hongkong, 8. Nov. Eine furchtbare Wasserhose hat so Krs--, eben das westliche Tonking heimgesucht. 200 Kirchen, vierunddreißig Pfarr- und Schulhäuser, 2000 christliche Wohnhäuser sind in einen Schutthaufen verwandelt. 6000 Christen sind ruinirt und hilflos.
Die Verluste sind ungeheuer und das Elend haarsträubend. Wir bitten um schleunige Hilfe."
England.
London, 9. Nov. Bei dem gestrigen Meeting der weiblichen Landliga in Dublin wurde die Parole ausgegeben, „sich nie an einen Engländer zu verheirathen und keinem Polizeidiener etwas zu trinken zu geben.
(Bet-Wagen.) Schlafwagen und Restanra- tionswagen haben wir bereits auf der Eisenbahn; nun sollen wir auch noch Betwagen bekommen. Von Boston aus wird vorgeschlagen, jedem Eisenbahnzug einen Kirchen-Wagen anzuhängen, damit die Reisenden beten können.
Ein alter Täufling.- In der Pfarrkirche zu Nottingham in England fand vor Kurzem eine seltene Feier statt. Es wurde daselbst Miß Mary Travis, eine Jüdin getauft, welche vor wenigen Tagen ihren hundertsten Geburtstag begangen hatte.
Die Taufhandlung nahm der würdige Bicar zu Nottingham in Gegenwart hochbetagter Freundinnen des Täuflings vor.
Türkei.
Konstantinopel, 10. Nov. Die Pforte hat einen Vertrag wegen Lieferung von 100 gegen Torpedos bestimmten Mitrcnllensen und ferner von 50 Feld- und Festungsmitrailleusen nach dem schwedischen Systeme Nordenfeldt abgeschlossen.
Die Türken scheinen eine heillose Furcht vor Dynamit zu haben, obwohl sie wissen könnten, daß der Transport von Schießpulver viel gefährlicher ist als der dieses Sprengmittels. Diese Furcht ließ sie vergessen, daß Dynamit ein allgemein anerkannter Exportartikel ist, denn sie conftscirten in den Dardanellen ein deutsches Schiff, das von diesem Artikel geladen hatte. Jetzt hat aber der deutsche Gesandte in Constantinopel Protest eingelegt und Entschädigung beantragt.
Amerika.
Chicago, 20. Okt. Anläßlich der Feier des hundertsten Jahrestages der Uebergabe Aorktowns haben sich die Vertreter der A —ranäs Nation aufs Flegelhafteste benommen. Sie waren, wie auch die Nachkommen des deutschen Barons Steuden, von der amerikanischen Nation als Gäste eingeladen worden. Die verhaßte preußische Uniform neben sich zn sehen und dazu in solch taktvoller und bescheidener Weise, wie es die Herren von Steuben thaten, brachte ihr Blut schon ins Wallen. Als aber am Maste des amerikanischen Kriegsschiffes, auf dem die Gäste zur Feier fuhren, neben der französischen auch die deutsche Flagge aufgehißt wurde, da kannte ihr Zorn keine Grenzen mehr und, alle Rücksichten vergessend, verlangten sie sofortige Ueber- führung auf eines der französischen Kriegsschiffe, welche in der Nähe lagen. Dies wurde ihnen denn auch bereitwilligst gewährt. In den Augen des amerikanischen Volkes aber, welches Anfangs geneigt war, die deutschen Gäste hinter die französischen zurücktreten zu lassen, hat ihnen diese Handlungsweise nicht wenig geschadet.
Handel L Verkehr.
Nürnberg. 9. Nov. (Hopfen.) Die heutigen No- tirungen lauten: Württembcrger prima 140—150 ^l, dto. seknnda 110—135 badische prima 130—135 dto. se- kunda 110—125 Elsässer prima 120 -125 dto. seknnda 105- 116
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