Mutter bittend zu: „Mama, komm doch her zu Papa, er ist ja so gut! Komm, liebe Mama!" — Nicht lange besann sich die Mutter, eilte zu dem Manne hin, ergriff dessen Hand und bat weinend um Verzeihung. Langsam ließ der Vater den Knaben seinen Armen entgleiten, umarmte seine Frau und beide gingen versöhnt von dannen.
Nach der „Nationalzeitung" äußerte sich Fürst Bismarck in Varzin zu bekannten israelitischen Industriellen folgendermaßen: „Nichts ist unrichtiger als die Meinung, daß ich mit der antisemitischen Bewegung einverstanden bin; ich mißbillige auf das Entschiedenste den Kampf gegen die Juden, ob er auf konfessioneller oder gar aus Grundlage der Abstammung sich bewege. Wenn die Juden mit Borliebe sich mit Handelsgeschäften befassen, so berechtigt dieß nicht, über ihre größere Wohlhabenheit jene aufreizenden Aeußernngen zu thun, die ich durchaus verwerflich finde, weil sie den Neid und die Mißgunst der Menge erregen. Niemals werde ich zulassen, daß den Juden die ihnen verfassungsmäßig zustehenden Rechte in irgend einer Weise verkümmert werden. Man findet die Juden wohl vorzugsweise in der Opposition, aber ich mache keinen Unterschied zwischen christlichen und jüdischen Gegnern meiner Wirth- schaftspolitik, die ich als ersprießlich für das Land erachte. Wenn ich zustimmende Telegramme und Adressen beantwortet habe, dann erfüllte ich die Pflicht der Höflichkeit; ich würde mit Vergnügen ebenso höfliche Antworten auf Zustimmungsworte der Fortschrittspartei gegeben haben, ich habe nur keine erhalten."
Zu El bin.', wurde ciue 5 - P f cnn i g - M arke iu einem Postkasten gc:n»dei>: da die angesteltten Ermittlungen den Eigcnthinner nicht heranssande», so wurde die Marke an die Oberpostdirektion in Danzig geschickt und da auch diese Behörde den rechtmäßige» Eigcnlhünier nicht ermitteln konnte, sv überwies dieselbe den Fund der Negiernngs-Hanpt-Kasse, wo die Hinterlegung im Beisein des vorschriftsmäßige» Vorstehers der Hauptkasse, des Landrenimeisters, deS Kassenkura- tors und des Oberbuchhalters vorgenonimen ward. Rechnet man zu den verbrauchten Schreibmaterialien, die auf diesen Gegenstand verwendete Zeit (denn Zeit ist Geld), so werden zwanzig bis dreißig 'ttL kaum reichen. Aber Ordnung muß sein.
In Hettstedt schloß eine Bergmannssran ihre drei Kinder von 4, 7 und 9 Jahren in die Stube ein, um aus dem Felde zu arbeiten. Das 4jährige Kind kletterte ans den Ofen, um das Mittagsessen herunter zu holen, der Ofen stürzte ein und erschlug den 9jährigen Bruder. Auf das laute Geschrei stürzten Nachbarn herbei, stiegen durch die Fenster und retteten die stark versengten jüngern Kinder, das älteste war eine Leiche. Die Mutter versuchte sich, als sie heimgekehrt war, mit einem Messer zu erstechen; man riß es ihr aus der Hand; in der Nacht erhing sie sich am Thürpfosten.
In einer gerichtlichen Verhandlung in Straßburg spielte ein spekulativer Bilderhündler eine Rolle, welcher sein bildschönes Ladenmädchen als „Elsaß in Traue: " photographneu ließ und damit glänzende Geschäfte machte. Leider verdarb der humoristische Staatsanwalt die ganze Wirkung; denn er wies in der öffentlichen Verhandlung nach, das; der Geliebte dieser „Elsaß in Trauer" ein — preußischer Soldat sei. Alle Zuhörer, sogar die Franzosenfreunde, brachen in schallendes Gelächter aus.
Nach den Voranschlägen für die Einnahmen des deutschen Reichs an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen für das Etatsjahr 1882/83 stellen sich die Einnahmen aus Zöllen aus 186,466,150 Mark (1,783,850 M. weniger als im Vvrjahre), aus der Tabaksteuer auf 11,029,240 M. (6,451,240 M. mehr), aus der Rübenzuckersteuer auf 47,421,430 M. (2,131,540 M. weniger), aus der Salzsteuer auf 36,709,570 M. (340,840 Al. mehr), aus der Branntweinsteuer und Uebergangabgabe aus Branntwein aus 35,517,630 M. <663,510 M. mehr) und aus der Brausteuer und der Uebergangsabgabe auf Bier auf 15,111,170 M. (15,410 M. mehr), im Ganzen also auf 332,255,220 Al. (35,555,610 M. mehr als im Vorjahre.) Dazu kommen die Aversen für Zölle und Verbrauchssteuern, so daß der ganze Ertrag auf 339,098,280 M. (3,608,130 M. mehr als im Vorjahre) veranschlagt wird. Bon den Einnahmen an Zöllen, Tabaksteuer und den bezüglichen Aversen verbleiben jedoch der Neichkasse nur 130,000,000 Mark. Der diese Summe überschreitende Betrag wird den Bundesstaaten nach Maßgabe der Matri- kularbevölkerung überwiesen.
Oesterreich-Ungarn.
Wien, 5. Novbr. Gestern wurde für Bosnien und die Herzegowina ein provisorisches Wehrgesetz publizirt, das den Bvsniakeu die allgemeine Wehrpflicht vom 20.—32. Lebensjahre (3
Jahre Linie und 9 Jahre Reserve) auferlegt, aber Stellvertretung zuläßt.
sEine rragi-komische Selbstmordgeschichte.j In ein Spital zu Wien kamen ani Mittwoch zwei Männer, von denen der eine um Aufnahme bat, während der andere blos als dessen Begleiter kam. Der AnsnahmSwerber wand sich vor Schmerzen und deutete ans die theitnahmSvollc Frage des Arztes, was ihm fehle, auf den Magen. Der Begleiter flüsterte dem Arzte zu: „Er hat sich das Leben nehmen wollen." Der Doktor stellt daraus die Frage: „Haben Sie etwas getrunken?" — Der Kranke schüttelt das Haupt und krümmt sich vor Schnurz. — „Haben sie sich vielleicht wehgethan?" — Der Gefragte verneint wieder und sein Begleiter gibt dem Arzte die Aufklärung: „Vier Kravatten hat er gegessen!" - Ungläubig schüttelt der Arzt den Kopf. Ader der Selbstmord- kansidat bestätigt die Auslage. Noch willls der Arzt nicht glaube». Er wende, Motel an, um dem Patienten Erleichterung zu verschaffen. Und siehe da, der Patient hat richtig Kravatten gegessen. Zwei davon kamen gleich zum Vorschein, die zwei anderen hoffte der Arzt im Laufe des LageS heraus- znbefördern. Was den Mann aus den Gedanken gebracht hat, sich mit „Kravatten" das Leben zu nehmen, weiß der Arzt nicht. Mit Halsbinden pflegen Selbstmörder sich zu erhenken, aber innerlich genommen hat sie bisher noch Niemand. Dieses neueste Selvstmordmitlet blieb dem Schuhmacher Zahuba Vorbehalten, den es aber glücklicherweise nicht das Leben gekostet hat. Nach einem Streite mit seiner Frau wollte er sich etwas anthun; das Wasser war ihm zu kalt, die Ahle zu schmerzhaft; so verfiel er denn aufs Kravalten-Essen.
Gl aß, 3. Novbr. Das hiesige Schwurgericht hat die Weberwittwe Johanna Bitt »er ans Bucha, die ihren ersten Ehemann 15 Wochen nach der Hochzeit und deßgteichen ihren zweiten Ehemann 18 Wochen nach der Hochzeit vergijtet hat, zum Lode verurtheilt.
Der österreichische Kaiserstaat hat einen weiteren entscheidenden Schritt gethan, Bosnien und Herzegowina dem Reichskörper einznsügen. Seltsam ist cs freilich, daß in diesen beiden Landern der Sultan noch immer dein Namen nach als Souverän zu betrachten ist, während jetzt ein provisorisches Wehrgesetz die österreichische allgemeine Wehrpflicht in diesen Provinzen entfuhrt. Man hat in diesem provisorischen Gesetze den bestehenden Zuständen noch viele Rücksichten getragen, bloch vteibt hier das Recht der Stellung eiues Stellvertreters für den Wehrpflichtigen, also eine Ausnahmebegünstigung für alle Wohlhabenden einstweilen bestehen. Priester und Lehrer aller Bekenntnisse (sogar die Candrdaten dieser Stände), Äerzte und Apotheker werden zwar zur Aushebung beigezogeu, bleiden aber von der wirklichen Ausübung der Wehrpflicht befreit. Einjährig-Freiwillige gibt es vorerst nicht, aus dem ganz einfachen Grunde, weil es in diesen alttürkischen Provinzen noch keine Lehranstalten gibt, deren Zöglinge ein solches Recht beanspruchen könnten. Die mohamedanischen Wehrpflichtigen schließlich erhalten ihre besonderen Seelsorger, erhalten Menage ohne Schweinefleisch u. Achtung ihres kirchlichen Feiertags. Frankreich.
In der französischen Kammer hat am Sonnabend die große Tunisdebane begonnen. Dem Ministerpräsidenten Ferry siel zunächst die Aufgabe zu, das Verfahren der Regierung zu vertheidigen, und er hat dies, soweit sich aus dem vorliegenden telegraphischen Auszug schließen tagt, nicht ohne Würde und Entschiedenheit gethan. Die radikale Opposition hat bekanntlich die ganze tunesische Expedition als ein reines, oder vielmehr sehr unreines Finanzgeschäft denuneirt, das man eingesüdelt habe, um den vorher massenhaft angekauften tunesischen Papieren höheren Werth zu verleihen. Rochefort hat diese Beschuldigung in seinem „Jntransigeant" breit getreten und mit mehr oder minder glaubwürdigen Zeugnissen zu belegen versucht. Aus der Polemik, die sich ^hieraus entspann, mußte auch der Unbefangene die Ueberzeugung gewinnen, daß die Bör- senspecnlation sich in der That an die Fersen des Expeditionsheeres geheftet, daß sie das Unternehmen zu ihren Zwecken ausgebeutet habe. Aber von da bis zu der Annahme, daß die Regierung und die maßgebenden Kreise in Frankreich, einschließlich Gam- bettcrs, den Marsch nach Tunis unternommen und gebilligt haben sollen, um sich zu bereichern oder einer Clique von Beutejägern und Jobbern gefällig zu sein, ist doch noch ein sehr weiter Weg. Auch leuchtet die hohe politische, wirthschaftliche und maritime Bedeutung der Expedition so sehr ein, daß es wahrlich nicht erst nöthig ist, nach anderen und schmutzigen Beweggründen zu suchen. Die Eifersucht und Äengstlichkeit, mit der England und Italien die französische Action in Nordasrika ausgenommen haben, hat deutlich gezeigt, daß es sich dabei denn doch um etwas Anderes, als um Börsenschwindeleien handelt. Ferry war daher in der Lage, die betreffenden Verläumdungen mit Verachtung zurückzuweisen und
auch im weiteren Verlauf der Debatte wird es der Regierung nicht schwer fallen, das „Material", das die Opposition in dieser Beziehung gesammelt hat, zu entkräften.
Italien.
Rom, 3. Novbr. Der Erzbischof von Wien, 'NZTZAA Ganglbauer, soll dem Papst einen eigenhändigen Brief des Kaisers Franz Joses überbracht haben, worin demselben abgerathen wird, den Rathgebern, Ast welche ihn aus Rom entfernen wollen, Folge zu leisten. — Herr von Keudell und Graf de Lau- nah conferirten in Mailand mit Mancini angeb- "
lich über die im Frühjahre vom Könige Humbert zu AA > übernehmende Reise nach Berlin.
Der König und die Königin von Italien sind wieder nach ihrer Heimath zurückgekehrt. Der Anschluß Italiens an das deutsch-österreichische Schutz- und Trutzbündniß darf nunmehr als vollendete Thatsache angesehen werden, deren Tragweite nicht zu unterschätzen ist. Anderer Ansicht sind allerdings die Herren Jrredentisten. Sie haben ein Feuer und Flammen speiendes Manifest erlassen, daß sich in endlosem Gefasel ergeht.
England.
London, 6. Nov. Zur Beschickung der im Jahre 1885/1886 in Rom stattfindenden Weltausstellung hat sich hier ein Zentralkomite gebildet.
Amerika.
(Das Mädchen mit dem Mikroskop-Auge.) Von allen Seiten tauchen in diesem Jahre Phänomen auf. Das Wundersamste ist wohl das Mädchen mit dem Mlkroskop-Auge.
Ans Eonnecticut wird darüber geschrieben: „Ein Gutsbesitzer unserer Gegend suhr im letzten Winter mit seiner 18jährigen Tochter im Schlitten spazieren. Der Tag war sehr kalt, dennoch leuchtete die Sonne lebhaft. Ans dem Heimwege klagte das Mädchen über heftige Angenschmerzen. Diese steigerten sich in solchem Grade, das; der hcrbeigernsene Arzt das Mädchen in ein ganz finsteres Zimmer bringen ließ, selbst die ^
Heizung der Krankenstube mußte von Außen geschehen, denn der kleinste Lichtstrahl verursachte der Kranken die größten Schmerzen. Vor einigen Wochen sagte das Mädchen eines Morgens: „Ich häkle heute beim Erwachen das Gefühl, als ob mir die Angen aus dem Kopf fallen sollten; schnell griff ff ich mit der Hand danach, und dann kam mir die Idee, zu versuchen, ob ich die peinliche Dunkelheit nicht verlassen könne, und siebe da, das Licht verursachte mir keine Beschwerde."
Das Merkwürdigste an der Sache jedoch ist, daß die Angen des Mädchens in Folge dieses Zufalles znm scharfen Mikro
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skop geworden sind. In Rew-?)ork ist die merkwürdige Er- »--i-
scheinnng öffentlich ausgestellt, und Arzte, sowie Laien drängen sich hin. Das Mädchen liest von der Spitze eines Thur- mes ans Brillantdrnck, der ihr unten hingehalten wird; sie unterscheidet in einer Entfernung von 8 englischen Meilen die Gesichtszüge bekannter Personen. Unter die Produktionen gehört anch die, daß ein Packet englischer Nähnadeln ansgestreut wird und das Mädchen ihre Anzahl richtig angibt, ebenso wie die der Fäden, ans welchen ein ihr vorgezeigter Lappen Battist besteht. Die „New-Aorker Times", der wir diese Daten entnehmen, behauptet, daß im Plinins eines ähnlichen Falles Erwähnung geschieht. Die „New-Uorker Times" sagt aber nicht, ob die Geschichte überhaupt — wahr ist.
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Handel L Verkehr. Mittlere Fruchtpreise per Ceutner
vom 29. Oktober bis 2. November 1881.
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7.
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7.
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(St.-Anz.)
sLandcsprodnktenbörse.l Die
Stuttgart, 7. Novbr. heutige Börse verkehrte womöglich noch unbedeutender und stagnircnder als in den letzten Wochen. Die Müller wollen die geforderten Preise nicht anlcgcn und die Getreidehändlcr können die Waare nicht billiger beschaffen. Nur in Haber war ein belangreicherer Verkehr. Wir notiren Pr. 100 Kilogramm: Walzen, bäurischer -L 26.75—27.10, Kernen ^ 26.75, Roggen ttä 21.75—22.10, Haber 14.—18.80. Mehlpreisc pro 100 Kilogramm: Nr. 1: 37.50-38.50, Nr. 2: 35.50
bis 36.50, Nr. 3: 32.50—33.50, Nr. 4: 27.50
bis ^ 28.50.
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Wiedergefunden.
(Fortsetzung.)
Das Jahr 1872 nahte seinem Ende und Gottfried kam sich vor wie ein Gefangener in großer Freiheit. Die Behörden mußten ihn ganz vergessen haben.
Hier lacht ihm derselbe blaue Himmel, ja auch noch schöner als daheim. Dasselbe saftige Grün, auch Blumen und Früchte giebt es hier, nur noch prächtiger und großartiger als daheim; hier leuchten