darauf aber erklärte, gegen eine Nebenbedingung sich mit einer Grenzberichtigung zufrieden geben zu wvüen, mit der Nebenbedingung nämlich, daß Bayern auf ein Schutz- und Trutzbündniß gegen Frankreich eingehe; Herr v. d. Pfordten sei darauf dem preu­ßischen Ministerpräsidenten weinend um den Hals gefallen. Diese Enthüllungen führten nun zu einer publizistischen Fehde, in welcher ein Theil der Ber­liner Presse von derNordd. Allg. Ztg." in folgender Weise geschildert wird:Sie (Me Enthüllungen) konnten auch nicht wohl von den Publizisten her­rühren, welche auf dem Wilhelmsplatz den Kindermädchen Gesellschaft leisten, die Per­sonen beobachten, welche in die Wohnung des Reichs­kanzlers gehen, und aus solchen Wahrnehmungen einen großen Theil der Presse gegen mäßiges Honorar mit Nachrichten darüber versehen, was in den euro­päischen Kabineten vorgeht." Doch dies nur neben­bei als Charakteristikum für die Verbissenheit, welche bereits ob dieser Affaire entstanden ist. Nun aber kommt eS auch noch zu einer Gerichtsverhand­lung. Herr v. Unruh erklärt, gegen dieNordd. Allg. Ztg." in Folge deren Kritik seiner über Bis­marck gemachten Mittheilungen eine Beleidigungsklage angestrengt zu haben.

In einer Polemik gegen eine Wahlrede E. Richters im V. Berliner Wahlkreise greift dieNordd. Allg. Ztg. eine Stelle heraus, wo Richter sagt: Aber bei allem Respekt vor dem großen Strategen wird man dock: agen müssen, daß, wo es sich darum handelt, die Za, l der Regimenter und Bataillone in Einklang zu bringen mit dem Geldbeutel der Steuer­zahler, da sind die Generale nicht die Sachverstän­digen. Hiegegen sagt dieNordd. Allg. Ztg.": Unser kbchstes politisches Gut ist unsere nationale Einheit; das wird Jedermann, der ein deutsches Herz in der Brust trägt, anerkennen, und er wird es daher als seine oberste politische Pflicht erachten, für die Er­haltung dieses Gutes irgend welches Opfer zu brin­gen. Wer patriotisch gesinnt ist, kann keinen Augen­blick zweifeln, daß jedes Mittel beschafft werden muß, welches zur Erhaltung unserer Einheit erforderlich ist. Wessen Urtheil soll nun aber darüber den Aus­schlag geben, waserforderlich" ist? Das Urtheil des Assessors a. D. Eugen Richter oder das Ur­theil des großen Staatsmannes, auf den die ganze, Welt bewundernd blickt, das Urtheil des berühmten I Feldherrn, der die Feldzugspläne von I8ö6 und 1870 entworfen hat? Was in aller Welt versteht Hr. Richter von politischen und militärischen Dingen? Wie will er bcurthellen, welche Gefahren unser Va­terland bedrohen und mit welchen Mitteln dieselben abzuwehren sind? Als vor zwei Jahrzehnten die Ar­beit der nationalen Einigung begann, da war es die Partei des Hrn. Richter, die Alles that, um dieselbe zu vereiteln, die insbesondere auch die Gewährung der Mittel versagte, welche erforderlich waren, um uns wehrhaft zu machen. Mag das böser Wille oder blinder Unverstand gewesen fein, gleichviel: die Fortschrittspartei ist durch ihre Vergangenheit gerich­tet und soll schweigen wo Fürst Bismarck und Graf Moltke gesprochen haben. Wie? Der Fortbe­stand der großen, heiligen Sache, für die die Besten unseres Volkes in den Tod gegangen, sollte ab­hängig gemacht werden von dem Urtheil der Fort­schrittspartei überden Geldbeutel der Steuerzahler" ? Nein! Die Geschichte ist nicht ein blindes Spiel von Zufällen und so wird denn auch nie die Zeit kommen, da die Wahrung des deutschen Reiches Hrn. Eugen Richter und seiner Partei anvertraut wird.

Herr v. Bennigsen, der den Fürsten Bis­marck genau kennt, hat wohl Recht, wenn er meint, der Reichskanzler werde niemals auf Kosten des Staates dem Papstthum Zugeständnisse machen. Als der Culturkampf in üppigster Blüthe stand, da geschah es einst, daß Fürst Bismarck zur Audienz in das kaiserl. Palais kam und von dem ultramontanen Graf Nesselrode, dem Hofmarschall der Kaiserin, nicht gegrüßt wurde. Er maß den Grafen mit sei­nem schärfsten Blicke und dann, bei dem Kaiser ein­tretend, sagteer:Majestät, ich bin gewöhnt, in den Häusern, in denen ich verkehre, von der Dienerschaft gegrüßt zu werden; ich bitte um Genugthuung für die Insolenz des Grafen Nesselrode, der den Gruß unterlassen." Selbigen Tages noch hatte der ultra­montane Graf seinen Abschied. Solche Dinge ver­gessen sich nicht. Die beiden Parteien kennen einander.

Kaiser Wilhelm hat dem Kronprinzen von Schweden 7 edle Pferde als Hochzeitsgeschenk ver­

ehrt. Dieselben wurden dieser Tage in Lübeck verladen.

Das bedeutsamste Ereigniß der vergangenen Woche war in unserem inneren politischen Leben ohne Zweifel die Rede des hervorragendsten Führers der nationalliberalen Partei in Hannover, des Herrn v. Bennigsen. Die Aeußerungen v. Bennigsens sind von den Blättern aller Parteien, man möchte sagen, Wort für Wort, untersucht worden und die­ses ungemein lebhafte Interesse, welches man der jüngsten Kundgebung der nationalliberalen Partei auf allen Seiten entgegcngebracht hat, beweist wohl am besten, wie wenig gerade diese Partei die Be­zeichnung einerabsterbenden" verdient, denn einer absterbenden Partei würde man schwerlich so viel Auf­merksamkeit schenken.

Straßburg, 1. Oktbr. Der protestantische Pfarrer Zinn in Speyerdorf (Pfalz) hat 20,000 zu einem Familienftipendium für Theologie Studi- rende an der Universität Straßburg legirt mit der patriotischen Klausel:Sollte aber, was Gott ver­hüte, Straßburg je wieder dem deutschen Reiche ent­rissen werden, dann soll die Universität Berlin in die Rechte von Straßburg eintreten."

Der Umstand, daß die Luxemburgische Na- tionalbank fallirt hat, hat im ganzen Luxembur­ger Lündchen große Erregung hervorgerusen, da allein der kleine Handwerkerstand hierbei 3 Millio­nen einbüßt. Die Luxemburgische Stummer ist daher am 4. Oktober zur Beratyung einer Vorlage zusam- mcngetreten, durch welche die Regierung ermächtigt werden soll, den Besitzern von Noten der National­bant den öpcocentigen Betrag vorzustrecken.

Stendal, 25. Septbr. Das im Norden un­seres Kreises, ungefähr IVs Stunden von Stendal gelegene Dorf Häsewig ist gestern ein Raub der Flammen geworden. Sämmtliches Getreide, der größte Theil des Mobiliars und verschiedenes Vieh ist verbrannt. Das Feuer soll derM. Ztg." zu­folge von einer Dreschmaschine, die durch zu schnelle Bewegung erhitzt war, ausgegangen sein.

Oeslcrreich-Ungarn.

Wien, 1. Okt. Der König von Sachsen ist hier eingetrvsfen und vom Kaiser am Bahnhose aufs Herzlichste empfangen worden.

Wien, 3. Okt. DerPresse" wird aus Pe­tersburg telegraphirt, daß eine Zusammenkunft der Kaiser von Rußland und Oesterreich in Warschau in nächster Woche voraussichtlich bevorstehe. Daß Jgnatiew nach Warschau mitreise, sei wahrscheinlich.

Schweiz.

Zürich, 3. Okt. Der L-ozialistcnkvngreß wurde gestern in Chur durch Evnzett, Churer So­zialist, eröffuer. Vertreten sind Deutschland, Un­garn, Rußland, Polen, Dänemark, England, Belgien, Frankreich, Holland, Nordamerna und Brasilien. Frankreich.

Paris, 3. Oktbr. Eine Prwatversammlung des revolutionären Komites beschloß betreffs der tunesischen Angelegenheit die Einberufung einer großen Versammlung, die beauftragt werden soll, das Ministerium in Anklagestand zu setzen.

Die Aufregung unter der französischen Bevöl­kerung wegen der tunesischen Verwicklungen ist im Wachsen. Die radikale Presse organisirt Meetings, um gegen die afrikanische Politik der Re­gierung zu protestiren. Was die Gemüther beson­ders erregt, sind die Nachrichten über das Hinster­ben der Truppen in Afrika. Selbst die gemäßigten republikanischen Jourale bringen derartige Berichte, namentlich über die schlechte Verpflegung, daß es nicht unglaublich erscheint, was in einzelnen Blät­tern behauptet wird, daß nämlich bereits 7000 Sol­daten an Fiebern und dergleichen knngestorben seien.

England.

London, 1. Okt. Nach dem Daily Chro- nicle wird die Zusammenkunft der drei Kaiser wahr­scheinlich vor dem 15. d. M. in Oestreich stattfin­den. Wenn der Kaiser Wilhelm verhindert sein sollte, beizuwohnen, so würde ihn der Kronprinz vertreten.

Die Zustände in Irland werden immer trost­loser und die Namen der Männer, die glaubten, durch Ueberredung regieren zu können, ohne die Strenge und das Ansehen des Gesetzes geltend zu machen, Gladstone, Bright und Förster, sind jetzt in Irland die unpopulärsten geworden. Die Landliga scheint genau nach denselben Grundsätzen orgpnisirt zu sein, wie der Klub der Jakobiner vom Jahre

1790 in Paris. Es besteht ein im Parlament ver­tretener Zentralkörper und dieser hat Filialabzwei- gungen in jedem Dorfe der Insel. Mr. Taine be­richtet, daß es in den Kommunen Frankreichs 23,000 Jakobiner-Klubs gab, rvelche die Wahlen und jeden Vorgang des täglichen Lebens durch Einschüchterung leiteten. In Irland ist die Anzahl geringer, aber die Macht der Einschüchterung macht sich allgemein fühlbar. Der ehrliche Pächter wagt es nicht mehr, seine Rente zu zahlen; der Arbeiter wagt es nicht, seines Landherrn Korn zu mühen und einzuheimsen; die Postmeister wagen es nicht, Pferde zu stellen; die Bäcker wagen es nicht, ihr Brod zu verkaufen; der Zeuge wagt es nicht, Zeugniß abzulegen, und die Jury wagt es nicht, einen Verbrecher zu verur- theilen. Ein irischer Richter, ein Mann von streng liberalen lleberzeugungen, schrieb jüngst:Ich weiß nicht, was noch ans diesem unglücklichen Land wer­den soll, welches jetzt vollständiger Gesetzlosigkeit und Demoralisation anheimgefallen ist. Die Landliga hat den Sinn für Recht und Unrecht in der Bevöl­kerung erstickt und die letztere hat den Sinn für die Heiligkeit des Eigenthums und jede Achtung vor dem menschlichen Leben verloren!" Die Anarchie, welche die Landdistrikte erfüllt, beginnt die traurig­sten Ergebnisse in den Städten herbeizuführen. Die oberen Klassen haben kein Geld auszugeben. Die Handelsleute Dublin's sind in Verzweiflung; alles Vertrauen ist zerstört. Selbst die Eisenbahnen be-, merken eine große Verminderung ihrer Einnahmen. Das sind die Resultate, nicht englischer Unterdrü­ckung, sondern einer demokratischen Tyrannei in ihrer schlimmsten Form, und um das traurige Bild zu vervollständigen, so sind die katholischen Priester stark an der Agitation betheiligt, welcher zu wider­stehen sie nicht die Kraft oder die Tüchtigkeit gehabt haben.

Der Untergang der Welt. Der englische Gelehrte R. Praetor hielt neulich eine Vorlesung, in welcher er nach­wies, das; die Erde dereinst auS Wassermangel untergehen werde. Das Wasser verschwinde allmälig in das Erdinnere, und zwar sinke der Wasserstand jährlich um die Dicke eines Papterbogens. Danach würde in 15 Millionen Jahren die Erde dem Monde völlig gleichen und ganz wasserlos sein. Nicht nur das Wasser verschwindet aber nach Herrn Proctor, der Slick- und Sauerstoff der Atmosphäre nehme gleichsalls ab, und es werde eine Zeit kommen, wo die Luft so verdünnt sei, das; sie znm Athme» nicht mehr tauge. Bis dahin finden hoffentlich die Gelehrten einen Ersatz für Wasser und Lust.

(Eine gewichtige Persönlichkeit.) Man schreibt von Hersvrd: Der um 10 Uhr 15 Min. Vorm, von Min- : den hier eintresfende Personenzng sührte vor einigen Tagen einen reich bekränzten Güterwagen mit sich, welcher eine Dame während ihrer Fahrt von Norderney nach Ahlen zum Ansent- Haltsorte diente. Denn die Thiiren der Personenwagen sind leider so eng gerathen, daß Passagiere von dem Kvrperum- sang jener Dame sie nicht zu durchschreiten vermögen. Der Güterwagen war mit einem Svpha und einem eigens konstrmr- ten Sessel versehen, auf dem die Reisende abwechselnd ruhte. 530 Pfund betrug das Gewicht dieser Dame. Sie soll in je­dem Jahre daS Seebad in Norderney besuchen.

Rußland.

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Die heilige Liga, die sich zum Schutze des^^^^ Kaisers von Rußland vor einiger Zeit gebildet, hatZ,Z^ZH sich wieder in Wohlgefallen aufgelöst, nachdem sieAZ-KM einige Millionen Rubel verplempert. Einer der Be- sis'H'Z R amten erhielt 20,000 Rubel Gehalt. "

Amerika.

In amerikanischen Blättern findet sich folgende Mit-Z,ZA-ßH theilung: vor mehr als 38 Jahren, im Sommer 1843, sankLjAZ-S^ der mit Knpferbarren von Superior-See beladene Schooncr^ " ^2 s- Vermilion" während eines Sturmes im Erie-See. Der Werth A SZ'SL) der Ladung wurde auf 60 000 Doll, geschätzt und die Eigen-» » tbiimcr boten alles auf, um den Schatz jzu heben; aber der Ns ,-4 Platz, wo das Schiff im tiefen Wasser gesunken war, konnte niemals entdeckt werden. Kürzlich kreuzte ein Schooner, derg 7s eine ncuerfllndene elektrische Vorrichtung zur Entdeckung von'

Metallen an Bord hatte, im Erie-See, als dieselbe Anzeichen ' < ',

von der Anwesenheit von Metallmassen unter dem Wasser- .

spicgel gab. Am 3. Sept. wurden an der betr. Stelle Taucher -

hinabgclassen und diese landeten gerade aus dem Vordeck des gesunkenen Fahrzeuges. Sic brachten einen Barren des Kup- fermctalls herauf und der ganze Schatz wird in Kurzem ge­hoben werden. Nach diesem Erfolg zu schließen, wäre dem- ^

nach jetzt jene Wüuschclruthe entdeckt, von der dieVolksseele" seit Jahrtausenden träumt!

(Amerikanisch.) Das Neueste auf dem amerikani­schen Büchermärkte ist eine Ausgabe des Neuen Testa­ments, mit Annoncenseiten durchschossen.

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Handel L Verkehr.

Stuttgart, 3. Okt. sLandesproduktenbörse.s Unsere heutige Börse war trotz des israelit. Feiertages stark besucht. Das Geschäft war im Anfang flau: jedoch wurde gegen Ende ziemlich viel umgesetzt. Wir notiren pr. 100 Kilogr.: Waizen, württemb. OL 26.50, venerischer OL 26.5027.20, ungarischer 27. 27.25, Gerste, ungarische OL 21.25, Haber OL 15 bis OL 16.20. Mehlpreise per 100 Kilogr.: Nr. 1: OL 3839, Nr. 2: 36-37 OL, Nr. 3: 3334, Nr. 4: OL 2829.

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