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Württemberger in jenen ruhmreichen Schlachten über General Reitzenstein, das frische Grab sich geschlossen. Seiner, der durch sein heldenmütiges Bei­spiel so viel zu dem Erfolg des Kampfes beigetragen, wird Heuer allenthalben in Württemberg, wo das Andenken an die Heldenthaten unserer Brüder noch wach ist, mit ganz besonderem Danke gedacht werden.

Cannstatt, 27. Novbr. In der Marktstraße ereignete sich gestern abend gegen 8 Uhr bei einem hiesigen Seifensieder ein bedauerlicher Unfall. In dem Zimmer, das sich neben dem Laden befindet, explodierte plötzlich in­folge unvorsichtigen Umgehens mit einer Zündschnur, wie solche zum Anzünden von Christbäumen verwendet werden, der ganze s?j Ballon unter furchtbarem Knall; der Luftdruck war so gewaltig, daß das Gas ausgelöscht wurde und in dem Zimmer sich eine mächtige Flamme zeigte, welche glücklicherweise bald wieder erlosch; die Frau aber wurde an beiden Händen und Gesicht , das vierjährige Söhnchen an Gesicht und Hals stark verbrannt; doch soll keine Gefahr für das Leben der Verletzten vorhanden sein. Aerztliche Hilfe war gleich zur Stelle. Der Knall wurde in der ganzen Nachbarschaft gehört, wodurch diese in nicht geringen Schrecken versetzt wurde.

Heilbronn, 26. Nov. Ein StückchenKirchturmpolitik" in des Wortes eigenster Bedeutung spielte sich heute auf unserm Rathause ab. Es handelte sich nämlich in der Gemeinderatssitzung um die Frage, welches Stein­material zu der Restauration des Turmes der Kilianskirche verwendet wer­den solle. Die von der Bauleitung in Aussicht genommenen Oberkirchener Steine waren nicht nach dem Geschmacke einiger Kollegiumsmitglieder (Werk­meister), welche in dem Bezüge eines auswärtigen Materials eine Schädigung der einheimischen angesehenen Industrie erblickten und die Heilbronner Steine für dauerhaft genug hielten. Ihrem Anträge, zu der projektierten Restau­ration hiesiges Material zu verwenden, traten auf das Entschiedenste die beiden Sachverständigen Dombaumeister Beyer von Ulm und Hofbaudirektor Professor Dr. v. Egle aus Stuttgart entgegen, deren technisch begründete Ausführungen die Heilbronner Steine als ganz vortrefflich für geschlossenen Bau, aber nicht für solch exponierte Bauten wie die Freitreppen-, Figuren- und Ornamenten-Architektur am Turme erklärten. Das Resume der Begut­achtenden, daß sich für letztere Bauausführungen nur solch weiter- und frost­beständiges Material wie die Oberkirchener Steine eigneten, blieb denn doch nicht ohne Eindruck auf die Opposition, die sich schließlich mit dem Zugeständnis, daß in allen Fällen, wo es irgend zulässig, neben den Oberkirchener Steinen hiesige Steine verwendet werden sollen, zufrieden gab. Die ganze Geschichte hat in den letzten Tagen in unserer Bürgerschaft unnötig viel böses Blut gemacht, das jetzt hoffentlich nach den klaren Darlegungen so berufener Tech­niker wie die beiden Sachverständigen einer ruhigeren Anschauung Platz machen wird. Den Sympathien für die Bulgaren wird in einem öffentlichen Auf­ruf erneuter Ausdruck gegeben. In der Neck.-Ztg. bittet ein provisorisches Konnte um Gaben für das deutsche Spital in Sofia und teilt zugleich mit, daß bereits eine erste Sendung mit 100 nach Bulgarien abgegangen ist.

Heilbronn, 27. Novbr. Heute nacht 1 Uhr verunglückten im Schachte des Salzwerks die Bergleute Josef Lell von Sulzbach (Baden) und Viktor Veit von Neckarsulm. Der erstere- war sofort tot, der andere erlitt innere schwere Verletzungen. Die Ursache war das Aufbohren eines versagten Schusses, welche Arbeit verboten ist. Der Schuß ging los und warf dem Lell die losgesprengte Masse- auf die Brust, wodurch der Brustkorb eingedrückt wurde. Veit verlor den kleinen Finger an der linken Hand und erlitt schwere Brandwunden am Kopfe. Lell war ledig, Veit ist verheiratet und Vater von 4 Kindern.

Ebingen, 24. Novbr. Vorige Woche veranstalteten unsere Jäger wieder ein Treibjagen; man wollte den Wildschwei.nen endlich den Ernst zeigen, leider aber ließ vom ganzen Rudel keines sich sehen. Es scheint, sie haben sich über die Donau zurückgezogen, denn dort im Bezirk Meßkirch auf der Gemarkung Worndorf wurde vorgestern richtig eine der Bestien erlegt und im Triumph von den glücklichen Jägern heimgebracht.

lität. Aus dem Geschäftsbericht des Vorstands, Herrn Stadtschultheiß Seyfferheld, dem die Gesellschaft ihre blühende Entwicklung zu ver­danken hat, geht hervor, daß das diesjährige Erzeugnis mit 611,100 Pfund Trauben und einem Erlös von 66,387 ^ das zweitreichlichste seit 1880 ist; der Anteil, der den einzelnen Weingärtnern zufiel, überstieg vielfach die gehegten Erwartungen. Kein Wunder, daß bei dem gemeinschaftlichen Mahle am letzten Samstag eine höchst freudige Stimmung herrschte, die in einem begeisterten Trinkspruch auf den verdienten Vorstand ihren Ausdruck fand.

Biberach, 25. Nov. Man schreibt der U. S.: In Sachen unserer beabsichtigten Gewerbeausstellung ist nun wieder ein weiterer Schritt zur endgültigen Feststellung geschehen. Der vorbereitende Ausschuß hatte wieder eine allgemeine Versammlung in den Saal zum Biber ausgeschrieben, welche gestern abend unter dem Vorsitz des Herrn Gemeinderat Montag stattfand. Der Vorsitzende erstattete zunächst Bericht über die Thätigkeit des provisorischen Ausschußes und hieran schloß sich eine längere eingehende Be­sprechung, infolge deren beschlossen wurde, die Ausstellung nicht im Jahr 1886, sondern erst im Jahr 1887 abzuhalten und die Liste der angemeldeten Aus­steller und der Zeichner von Garantiescheinen bis Mitte Januar kommenden Jahres abzuschließen. Man hofft, daß bis dorthin nicht nur der in unseren letzten Mitteilungen erwähnte Garantiefonds zusammengebracht, sondern auch die Mitwirkung der in Betracht kommenden Gewerbetreibenden und Fabrikanten gesichert sein werde. Auch der Gedanke, zuerst eine Turnhalle und da­mit für die Ausstellung ein würdiges Heim zu schaffen, fand wiederholt warme Befürwortung; doch scheint er für die nächste Zeit keine Aussicht auf Erfüll­ung zu haben.

Ravensburg, 27. Novbr. Bei der gestern stattgehabten Stadt- Hhultheißenwahl haben von 1414 Wahlberechtigten 1107 abgestimmt. Die meisten Stimmen erhielten: Amtsnotar Springer in Weingarten 563, Amtmann Filser in Gmünd 427, Stiftungsverwalter Rimmele 360. Ferner erhielten Stimmen: Gerber Allgaier 346 und Schmiedmeister und Stadtrat Ade 342.

Friedrichshafen, 26. Novbr. Heute Vormittag erfolgte von Tettnang her der Einzug unseres neuernannten Stadtschultheißen Schmid. Derselbe war begleitet von Oberamtmann Dr. Miller, Stadtschultheiß Munding und mehreren anderen Herren von Tettnang. Am Ortseingang wo Herr Schmid von den bürgerlichen Kollegien und einer großen Anzahl Einwohner empfangen wurde, stieg derselbe aus und begrüßte die Kollegien­mitglieder. Der Zug ging nun durch die beflaggte Stadt nach dem Rathaus, wo derselbe von den beiden Stadtpfarrern empfangen wurde. Hier fand nach einer Rede des Oberamtmanns die Beeidigung des neuen Stadtvorstandes statt. Heute mittag ist Festdiner, abends Bankett.

WevrnifcHLes.

Zum Studium der N o r d o st s e e k a n al fr a g e, die mit der angekündigten Vorlage an den Reichstag nunmehr brennend geworden ist, kommt eben recht eine Schrift, welche H. Dahlström bei Friederichsen in Hamburg soeben hat erscheinen lasten:Erläuterungsberichte zu den generellen Vorarbeiten für den Bau des Nordostseekanals." Der Heraus­geber hat die Veröffentlichung feiner Druckschrift, die bereits im Mai 1881 fertig gestellt worden war, dis zu dem Zeitpunkt verschoben, der die Entschei­dung bringen wird, ob das Projekt zur Ausführung gelangen wird oder nicht. Dasselbe bildet bekanntlich die Grundlage zu der dem Reichstage demnächst zugehenden Gesetzesvorlage. Der Ertrag ist für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger bestimmt. Dahlström ist bekanntlich seit längeren Jahren mit großer Ausdauer für die Ausführung des Projektes thätig gewesen, u. a. auch in folgenden bei Friederichsen erschienenen Schriften:Die Ertrags­fähigkeit eines schleswig-holsteinischen Schiffahrtskanals", 1879, undDer Nord­ostseekanal als Durchstich mit Endschleusen zwischen der Elbmündung, dem Eidergebiet und der Kieler Bucht", 1879.

Künzelsau, 27. Nov. Heute nachmittag durcheilte unsere Stadt die schauerliche Kunde von einem stattgehabten Doppelmord. Ein hie­siger Küfer B., welcher von seiner Frau getrennt lebte, wurde von letzterer in seiner Wohnung ausgesucht, um mit demselben über Ehescheidung rc. zu unterhandeln. Alsbald kam es zu heftigen Streitigkeiten. Der Mann schlug seiner Frau den Küferhammer an den Kopf, daß sie tot niederstürzte; ihn selbst fand man am Ofen erhängt.

Vom untern Neckar, 25. Nov. Vor einigen Tagen suchte sich in Neckargartach ein Stromer ein eigenartigesNachtquartier aus. Er öffnete einen Schweinstall, trieb das Schwein heraus und legte sich auf besten Lager. Bald hörten der Eigentümer und Nachbarn das Schwein im Hose herumgrunzen. Da sie dasselbe wieder in den schützenden Stall bringen wollten, entdeckten sie mit Erstaunen den Eindringling. Er wurde Herausgetrieben; seine Bitte, man möchte ihm doch seine Nachtruhe in Gesell­schaft des Dickhäuters vergönnen, wurde verweigert. Unangenehme Er­fahrungen machen diesen Herbst viele Leute an ihren Mostvorräten, indem in vielen Fässern der Saft der besten Obstsorten, man weiß noch nicht aus Welcher Ursache, zäh und sauer geworden ist.

Weinsberg , 24. Nov. Der diesjährige Herbst hat wieder gezeigt, wie wohlthätig und zweckmäßig die im Jahre 1880 erfolgte Gründung der hiesigen Weingärtner-Gesellschaft war. Dieselbe gebietet heute über drei große Keltern mit einem stattlichen, einen Wert von 14,000 darstellenden Inventar. Unter diesem befinden sich u. a. Nienfäffer von 60 bis 300 Hektoliter Gehalt und eine Zentrisugal-Abbeermaschine mit Dampf­betrieb. Letztere, ein Erzeugnis von W. Brüggemann in Heilbronn, bewältigt täglich 60,000 Pfund Trauben und liefert, da die Kämme unverletzt ausgeschieden und die Kerne nicht zerdrückt werden, einen Stoff erster Qua­

Derselbe Graf Vasili, der die Berliner und die Londoner Ge­sellschaft geschildert hat und bekanntlich eine scharfe Feder führt,, hat den König von Spanien in einer Pariser Zeitung dieser Tage noch, wie folgt, beschrieben:Der König könnte das Pulver erfunden haben, er hat Geist genug dazu, aber da er es bereits erfunden vorfand, so interessierte er sich nur für die Art, wie es gebraucht wird. Er hat eine Passion für die Kriegs- wiffenschaft. Alles, was in Europa über die Kriegskunst erscheint, läßt König Alfons XU. sich übersetzen und er hat in seinem Schreibtisch eine Ab­handlung über die Reorganisation der Armee liegen, welche dem gelehrtesten General Europas zur Ehre gereichen würde. Seine Bewunderung für die deutsche Armee ist ohne Grenzen; in seinen ehrgeizigen Träumen hat er gewiß daran gedacht, daß es für ihn das größte Glück sein würde, eine deutsche Division im Feuer zu kommandieren, und sein Titel als Ulanenoberst, der Gedanke, die Unisvrin eines preußischen Korps zu tragen, hat ihm sicherlich großes Vergnügen bereitet, nicht aber, wie man glaubt, aus Haß gegen Frank­reich. Außer seinem Geschmack an allen militärischen Künsten ist der König auch in allem, was Sport heißt, sehr geschickt. Er ist ein kühner und un- ermüdlicher Jäger. Elegant und sicher zu Pferd, ist er ein vorzüglicher Schütze und Fechter. Obgleich der König wohl der Sohn seiner Mutter ist, erinnert er sich im Aeußern doch gar nicht an die Fülle der Königin Jsabella. Er ist klein, fast hager, er hat wohl die Augen seiner Mutter, aber nicht ihren Blick. Der König hat ein wunderbares Gedächtnis. In Sprachen ist er vorzüglich versiert. Außer Russisch und Türkisch vermag er sich in allen europäischen Sprachen fließend zu unterhalten". Das ist das Porträt, welches der gut unterrichtete Verfasser von dem so früh verstorbenen König entwirft. Ueber Donna Christin», die Königin, weiß Graf Vraf Vasili nur sehr wenig zu berichten.Wenn man von einer Frau nicht sagen kann, daß sie hübsch ist, so sagt man, sie sei distinguiert. Königin Christina ist die Distinktion