6V. Jahrgang.

Uro. 142.

Amts- unä IntelligenMatt für äen Aezir^.

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Dienstag, äen 1. Dezember 1885.

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H»ottiifchs Nachrichten.

Deutsches Reich.

München, 26. Nov. Prinz Ludwig Ferdinand von Baiern mit seiner Gemahlin, der Infantin Maria de la Paz, der Schwester des Königs Alfonso reisen heute nach Madrid ab.

Ueber die Ankunft des Fürsten Bisma r ck in Berlin be­richtet die Kreuzzeitung: Mit dem Reichskanzler kehrten seine Gemahlin und Tochter, die Frau Gräfin Rantzau, aus Friedrichsruhe zurück. Die Herr­schaften benutzten zur Herreise den Salonwagen des Fürsten. Am Bahsihof empfing Graf Herbekt v. Bismarck die Eltern und die Schwester. Die Begrüßung war eine freudige und herzliche. Auch Professor Doktor Schweninger, der am Bahnhofe erschienen war, hatte sich eines freund­lichen Grußes zWerfreuen. Der Fürst trug den bekannten Schlapphut und einen dunkeln Ueberzieher. Elastischen Schrittes entstieg der Reichskanzler dem Koupe und begab sich, -die Gemahlin am Arme führend, durch das hell erleuchtete Bahnhofsvestibül zu dem Wagem Straff und sicher durchschritt er den Perron und die Vorhalle. Das Antlitz des Fürsten zeigte in der Hellen Beleuchtung die prächtigen Erfolge der Kur und des Friedrichsruher Aufenthalts. Frisch und klar war der Blick und die leichte Röte des Antlitzes deutele auf nervige Gesundheit. Den silberbeknopften Stock trug die Rechte mehr aus Gewohnheit, als aus Bedürfnis. Auch die Frau Fürstin und die Gräfin Rantzau sahen frisch und wohl aus. In lebhafter Unterhaltung be­gaben sich die Herrschaften zu den Wagen. Natürlich fehlte auch der konstante zoologische Begleiter des Fürsten,Tyras", nicht, der mit kräftigen Sehnen dem behaglichen Salonwagen entsprang und, von einem Diener geführt, dem fürstlichen Paare in die Doppelkalesche folgen durfte. Die Herrschaften be­gaben sich vom Bahnhofe in das Reichskanzlerpalais.

Frankreich.

Paris, 26. Novbr. Die Blätter besprechen den Tod des Königs Alfons zum Teil in taktloser Weise und geben ihrem Groll wegen der an­geblichen deutschfreundlichen Gesinnung des Verewigten unverhüllten Ausdruck. So beginnt derJntransigeant" seinen Artikel mit den Worten:Nun ist das preußische Ulanen-Regiment seines Obersten beraubt!" und fährt dann fort:Der spanischen Republik ist ein großes Hindernis aus dem Wege ge­räumt, da nun die Karlisten, die Alfonsisten und die Montpensieristen sich den halbgestürzten Thron streitig machen. Wir leben der angenehmen Ueberzeug- ung, daß die Republik diese Parteien schon alle zur Ruhe bringen wird." DerVoltaire" nimmt ebenfalls die Herstellung der Republik in sichere Aus­sicht. DieRep. franc." sagt, die Erinnerung an die Zeiten der Regentschaft der Königin Christine sei in Spanien nicht erloschen, Alfons nehme die letzten Hoffnungen der Monarchie in Spanien mit in die Gruft. DieJustice" äußert sich ähnlich und erinnert an die Kundgebungen der Pariser gegen König Alfons, der nicht genügend Rücksicht auf Frankreich genommen habe.

Spanien.

Madrid, 26. Nov. Die Leiche des Königs wird nach der Ein­balsamierung hierher übergeführt und bleibt bis Montag ausgestellt. Die Königin und die königliche Familie kehren morgen hierher zurück. Viele Ma­gazine sind geschloffen. Die Stadt ist vollständig ruhig. Im ganzen Lande sind ausgedehnte Vorsichtsmaßregeln getroffen. Die republikanischen Blätter betrachten die Lage als ernst, die karlistischen Blätter bezeichnen alle ihnen von der Presse zugeschriebenen Pläne als verfrüht. Gestern explodierte im 6akä oriental in der Nähe der Puerta del Sol eine Petarde, wodurch vier Personen verwundet wurden. Vierzehn Verhaftungen wurden vorge­nommen. Der Urheber der Explosion befindet sich unter den Verhafteten.

Madrid, 27. Nov. Das neue Ministerium ist zusammengesetzt wie folgt: Präsident ohne Portefeuille Sagasta, Aeußeres Moret, Justiz Alonzo Martine;, Krieg Marscholl Jovellar, Finanzen Camacho, Inneres Verancio Gonzalez, Marine Admiral Beranger, öffentliche Arbeiten Montero Mos, Kolonien Navarro Rodrigo.

Serbien, Bulgarien, Ostrumelien.

Einstellung der Feindseligkeiten, also Waffenruhe zwischen Bulgarien und Serbien. Das ist die erfreuliche Kunde, die gestern fast gleichzeitig mit der erschütternden Nachricht aus Madrid vom Tode des jungen Königs aus Belgrad eingelaufen ist. Die Vertreter der Mächte haben dem König Milan den dringenden Rat erteilt, dem brudermörderischen Kampf ein Ende zu machen, und alsbald hat König Milan an die Generale seiner Truppen den Befehl ergehen lassen, die Feindseligkeiten einzustellen. Es fragt sich nun, ob der Battenberger von seinem Vorhaben, erst auf serbischem Gebiet Frieden zu schließen, absteht. Gewiß würde das vernünftig von ihm sein und wesentlich dazu beitragen, daß die Signatarmächte glimpflich mit ihm verfahren, denn er lieferte damit von neuem den Beweis, daß er nichts weiter wünscht, als das bulgarische Gebiet vom Feind zu säubern. Der bul­garischen Waffenehre dürfte durch die letzten Erfolge hinreichend Genugthuunz geboten sein, denn in der That sind die Serben vollständig zurückgetrieben und die Bulgaren stehen augenblicklich schon Pirot gegenüber, um die dort aufgeworfenen Verfchanzungen zu stürmen.

Sofia, 27. Nov. Die bulgarische Armee ist in der Ebene von Pirot fonzentriert. Gutschein deckte mit seiner Kolonne die nördliche, Popow die Mdliche Flanke der Hauptarmee. Popow kam über Trn, wo die Serben tich nur durch eilige Flucht vor der Abschneidung retteten. Man erwartet Morgen eine Schlacht. Bisher haben die Serben keinen Kampf angenommen.

Sofia, 28. November. Sicherem Vernehmen nach hat Fürst Alexander in Rücksicht auf du e Kollektivnote der Mächte, sowie in Rücksicht auf die durch sein siegreiches Einrücken in Pirot gewahrte Ehre der Waffen die Einstellung der Feindseligkeiten angeordnet, um die Verhandlungen über die Bedingungen des Waffen­stillstandes zu eröffnen. Dep. d. Fr. I.

Gcrges-Weuigkeiten.

Pforzheim, 27. Nov. Gegenwärtig wechseln hier öff. Vorträge, Konzerte, theatralische Darstellungen und sonstige Veranstaltungen für Unter­haltungen aller Art. Aus jüngster Zeit ist zu berichten, daß am Sonntag in der Schloßkirche ein Geistliches Konzert in vorzüglichster Weise aufgeführt wurde und zwar durch Hrn. Hofmusiker A. Mohr von Karls­ruhe. Mitgewirkt haben außer dem Konzertgeber Frl. Mohr, Hr. Organist Gageur und Hr. Hofopernsänger Guggenbühler aus Karlsruhe, Hr. und Frau Kunz von hier und Mitglieder des hies. Männergesangvereins. Vorgestern hielt Hr. Architekt B. Koßmann aus Karlsruhe einen ent­sprechenden Vortrag überJapanische Kunst" im Anschluffe an die japanischen Arbeiten auf der diesjährigen Ausstellung in Nürnberg unter Vorzeigung einer großen Anzahl japanischer künstlerischer und kunstgewerblicher Erzeug­nisse. Die unmittelbar an unsere Stadt anschließende Neustadt Brö- tzingen, in welcher auch das Benckisersche Eisenwerk gelegen ist, befindet sich auf Brötzinger Gemarkung und gehört darum auch zur Gemeinde Brö­tzingen. Die Bewohner derselben haben in einer abgehaltenen Versammlung beschlossen, die Lostrennung von dieser Gemeinde und die Einverleibung in die Stadtgemeinde zu betreiben. Ein gewählter Ausschuß wird die nötigen Maßnahmen treffen.

Stuttgart, 28. Novbr. Fünfzehn Jahre sind dahingegangen seit den blutigen Tagen von Champigny und Villiers, da unsere württembergischen Truppen an der Seite ihrer sächsischen Brüder mit helden­mütiger, todesverachtender Tapferkeit dem Angriff des übermächtigen Feindes standhielten. Es stand viel auf dem Spiel und mit klugem Bedacht hatte die feindliche Kriegsleitung den Punkt ausersehen, wo der Ring der Belager­ungsarmee am dünnsten war, und gewaltige Heeresmassen hiehergeworfen, um hinauszudringen und mit der Armee von Orleans sich zu vereinigen. Diesen Plan vereitelt, den furchtbaren Angriff siegreich zurückgewiesen zu haben, ist mit gerechtem Stolze dürfen wir es sagen wesentlich das Verdienst unserer schwäbischen Krieger. Aber in die Gefühle des Stolzes und der Dankbarkeit für das, was sie im Dienste des Vaterlandes damals gethan, mischt sich die Wehmut im Andenken an die schweren Opfer, die jene Tage gefordert, im Andenken an diejenigen, welche damals die Treue, die sie dem Vaterlande gelobt, mit ihrem Blute besiegelt haben. Und wir haben doppelt Grund, den übermorgen bevorstehenden Erinnerungstag mit Wehmut zu begehen: sind es doch wenige Wochen erst, daß über dem Führer der