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seine Produktionen fanden, gewiß zufrieden sein kann. Dieselben haben ein rühmliches Zeugniß abgelegt von dem ernsten und fleißigen Streben, von dem seine Mitglieder (Hr. Kienle, Hr. Schwämmle, Frl. Haydt und Frau Weinmann, geb. Störr) unter der Direktion von Frl. Mayer beseelt sind. Mit wahrhaft stürmischem Beifall aber wurde das Violinspiel des Hrn. Gg. Baumann mit Klavierbegleitung des Hrn. Vin § on ausgenommen, ein Beweis, daß die Hörer denUnen, weichen, getragenen Ton, wie den kräftigen, gewandten, vor keiner Schwierigkeit zurückscheuenden Strich dieses talentvollen jungen Violinspielers in seinem vollen Werthe zu würdigen wußten. Daß das von Hrn. Gust. Staudenmeyer und von Hrn. Schwämmle mit dem bekannten Wohlklang ihrer Stimmen vorgetragene liebliche Duett von Kücken:Treibe Schifflein rc.", sowie das seelenvolle, von Hrn. Gust. Stauden meyer mit seinem herrlichen Tenor gesungeneLob der Thränen" des wohlverdienten lauten Beifalls nicht entbehrten, war nur ein Akt der Gerechtigkeit von Seiten des Publikums, wie es aber auch eine angenehme Pflicht des Referenten ist, der Leistungen des Hrn. Stadtmusikus Speidel sowohl im Violinsolo, als auch in dem von ihm mit unermüdlichem Eifer herangebildeten, aus seinen Schülern be­stehenden Streichquartett, ganz besonders aber auch seiner opferfreudigen Be­mühungen um das Arrangement des Concertes mit dem vollen Maße der gebührenden Anerkennung zu gedenken. Nicht vergessen werden darf aber endlich in einem Allen gerecht werdenden Berichte das präzise, gewandte und kräftige vierhändige Spiel der Herren Vinyon und Staig er in der Ouvertüre zuDon Juan", das auch in seinem Teile gleich von Anfang an dazu beigetragen hat, daß das Publikum in die richtige, sich bis zum Schluffe gleich bleibende gehobene Stimmung versetzt wurde, die in dem oft nicht enden wollenden lauten Beifall zum deutlichen Ausdruck kam. Es war daher im Sinne des ganzen Publikums, wenn der Vorstand des Verschönerungs­vereins, Hr. E. Horlacher, sich zum Dolmetscher des Dankes für den gebotenen reichen Genuß und für den das Pavillon-Projekt wesentlich fördern­den namhaften Beitrag machte, nebenbei die mehrfachen dem Projekt entgegen­stehenden Bedenken widerlegte nnd schließlich die Hoffnung aussprach, daß der fertige Pavillon später Allen zur Befriedigung und Freude gereichen werde. Der Saal erdröhnte von dem dreifachen Hurrah, das ein lautes Zeichen des Dankes und des lebhaften Wunsches nach baldiger Fertigstellung des Pavillons sein sollte. Der Nettoertrag des Concertes, der durch keinerlei Unkosten ge­schmälert wurde, betrug ^ 57. 60 und beträgt der Fond jetzt 338. 60. Weitere namhafte Beiträge sind zugesichert.

Stuttgart, 20. Novbr. Heute vormittag hatte sich das Gerücht verbreitet, man könne auf dem Anlagesee Schlittschuh laufen. Doch zeigte der Augenschein, daß der untere Anlagesee allerdings fest gefroren, der obere dagegen an der Stelle, an welcher die gefiederten Bewohner des Sees das Wasser in steter Bewegung hielten, noch ganz eisfrei war, während auf dem übrigen Teile nur eine leichte Eisdecke sich zeigt. ^Hier also finden Freunde des Eissports ihre Rechnung noch nicht. Dagegen ist die Eisbahn im Nill'- schen Tiergarten bereits befahrbar.

Tübingen, 19. Nov. In dem benachbarten Lustnau gingen letzten Dienstag abend zwei Brüder miteinander aus, um einen Besuch zu machen. Wegen einer sehr geringfügigen Ursache gerieten sie unterwegs in Streit, der zu Thätlichkeiten ausartete und damit endete, daß der jüngere den älteren erstach. Der Thäter wurde am darauffolgenden Morgen ver­haftet und sieht seiner Strafe entgegen. Die Mutter der beiden Brüder, eine Witwe, wird allgemein bedauert.

Tübingen, 19. Nov. Die Verhältnisse der Schlittschuhbahn auf dem Wöhrd bringen es mit sich, daß dort nicht jeden Winter mit Sicher­heit auf eine gute Bahn gerechnet werden kann. Es war angezeigt, eine den Zufälligkeiten weniger ausgesetzte Bahn zu beschaffen, man einigte sich, hiefür

die Wiesen der Stiftungspflege bei dem Burgholz nördlich der Straße nach Reutlingen, wo die Steige beginnt, in Aussicht zu nehmen, welcher Platze obwohl 2 Kilom. von der Stadt entfernt, die sichersten Aussichten für eine gute Bahn bietet, da der Grund undurchlaffend ist und durch eine starke Quelle, sowie von einem Bach in der Nähe bewässert werden kann. Für dieses Jahr handelt es sich nur um einen Versuch und es ist dort bereits eine Fläche von ca. 1 Hektar unter Wasser gesetzt. Die Schlittschuhbahn auf dem Wöhrd bleibt vorderhand noch bestehen, soll jedoch später mehr thal- aufwärt« verlegt werden, um eine raschere Füllung zu ermöglichen.

Von der Murr, 19. Nov. Die Gemeinde Sulzbach erhielt durch die Freigebigkeit eines ihrer Bürger, des Herrn Kaufmann Gelbing sen., eine sehr schöne, jedermann erfreuende Stiftung, nämlich eine neue Kirchenuhr. Dieselbe wird in Straßburg i. E. gefertigt und kommt auf etwa 2000 zu stehen.

Tuttlingen, 20. Nov. Auf seltsame Weise verlor am letzten Mittwoch abend das 2'/-jährige Enkelkind einer hiesigen Schuhmachersfrau das Leben. Dasselbe befand sich, während die Mutter in einer Fabrik ar­beitete, in dem Hause der Großmutter, einer geistig und körperlich gebrechlichen Frau. Als nun am Abend des genannten Tages der Großvater von einem kurzen Ausgang nach Hause kam, fand er seine Frau auf dem Stubenboden liegend, das Kleine, welches tot war, mit ihrem Körper deckend. Ohne Zweifel ist das Kind bei dem Fall der alten Frau unter dieselbe zu liegen gekommen und elendiglich erstickt, da das kranke Weib nicht die Kraft besaß, sich wieder vom Boden zu erheben.

Bib'erach, 19. Rov. Vorgestern und gestern weilte Prof. Dr. Gustav Jäger von Stuttgart in unser Mitte. Vom Vorstände des Kauf­männischen Vereins zu einem Vortrage eingeladen, trat derselbe am Dienstag -vor einer äußerst zahlreichen Versammlung in den Sälen des Gasthofs zur Krone aus, um über das Wollregime zu sprechen. Unter den Anwesenden befanden sich eine größere Anzahl Gelehrter, auch Geistliche von Stadt und Land. Der Redner gab in L'/fftündiger Rede, die von keiner Pause unterbrochen war, ein vollständiges, klares Bild seiner Bestrebungen und Forschungen und entwickelte seine Vorschläge für eine vernunftgemäße Zimmereinrichtung, Ver­besserung der Zimmerluft u. s. w. Rauschender Beifall wurde ihm noch zu teil und der Vorstand Herr G. Günther sprach ihm noch besonders seinen Dank aus. Gestern vormittag 10 Uhr hatten gegen 50 Herren in der Krone sich eingefunden, um einer Weinprobe, die der Gast mit seinem Anthropin vornahm, mit anzuwohnen. Dieselbe nahm einen überraschend günstigen Verlauf. Der mit Haarpillen humanisierte Wein roch viel an­genehmer und schmeckte milder und besser. An diese Probe reihte der Herr Professor noch einen Vortrag über die Heilkraft des Haarduftes an, welchem eine längere Debatte folgte.

Vom Ries, 17. Nov. Am 12. d. M. starb auf ihrer Villa zu Prag die Mutter des Fürsten von Oettingen-Wallerstein, Fürstin Marianne zu Oettingen-Wallerstein, geb. Gräfin von Trauttmansdorfst Sternkreuzordens­und Palastdame der Kaiserin von Oesterreich. Die Leiche wurde zur Bei­setzung in die Gruft nach Maihingen übergeführt via Eger-Nördlingen. Der Leichenkondukt des Nachts war imposant, da die ganze Bürgerschaft von Wallerstein mit Fackeln erschienen war. Bei dem Gottesdienst fiel die un- gemein reich verzierte Totenbahre auf. Dieselbe war ganz eingehüllt von de« kostbarsten Schleifen, welche allein einen Wert von 4000- fl. repräsentieren sollen. Der regierende Fürst war in Begleitung von neun Kavalieren zur Beisetzung erschienen. Unter den hohen Herrschaften gewahrte man die Fürsten Schwarzenberg und Lobkowitz und den Präsißtnten der bayer. Reichsratskammer, Freiherr, von Franckenstein, einem Verwandten des fürstlichen Hauses.

Vom Bodensee, 18. Nov. Bei dem gestern herrschenden heftigen Ostwind riß einem Dampfboot, welches 2 Trajektkähne je mit 10 Eisenbahn-

Der Gied preßte das immer unruhiger werdende Kind an seine Brust. Die toten Augen des Rehbocks starrten den Vater an, der so sehr sein Kind herzte. Dieses wollte schon zu schluchzen anheben, aber fest, so fest drückte der Mann das Köpfchen ans wildpochende Herz, daß es still war.

Das Blut ist noch ganz frisch und warm", sagte einer der Jäger und beschaute den Boden.

Jetzt zur Sonnenwenden Wildpret schießen!" rief der Andere,Du, freue Dich, wenn wir Dich kriegen! Lump verfluchter!"

Die Spur weist gegen die fünf Lärchen hin."

»Ich sag' immer, er ist über den Heidenkegel in den Wildgraben hinab, wenn er gescheit ist gewesen."

Werden ja sehen."

Sie schritten, den Blutspuren folgend, gegen die Lärchen hin.

Da hört's auf. Da hat der Schurk' die Wunde verstopft."

Hier im Moos ist ein Fuß eingedrückt."

Weist aufwärts gegen den Heiderkogel. Allomarsch voran!"

Sie gingest davon der Gied war gerettet.

Mit einem tiefen Atemzug ließ er die krampfhaft gekrümmten Arme sinken. Das Kind glitt von seiner Brust; einen dankbaren Kuß drückte er auf die kleinen Lippen. Diese waren kühl. Regungslos lag das Kind da, sein Gesichtchen war dunkelblau angelaufen.

Was? Emma! was?" Der Mann riß das Kleine empor,hast Dich verfangen? Keinen Atem? Alle Heiligen! Was ist das? tot!"

Tot. Erstickt.

5. Kapitel.

Die Mutter frägt nach dem Kinde.

Der Rehbock blieb liegen beim Schußgewehr im Moose des Dickichts. Der Wildschütz taumelte mit einer anderen Beute thalabwärts dem Hause zu.

Gegen abend schon wars. Unweit von der zerissenen Fichte begegnete dem Gied einer der beiden Jäger, welche oben bei den fünf Lärchen nach ihm gefahndet hatten.

Was trägst denn da eingewickelt?" fragte dieser den Gied scharf.

Das geht Dich nichts an", versetzte der Holzer.

Das wollen wir sehen, obs mich nichts angeht!! Da oben ist geschossen worden. Auf der Stell will ich wissen» was Du im Pack hast.

So!" lachte der Gied bitter,meinst etwa«, daß ich der Wilddieb bin? Wie schlau!"

Ich bin jetzt zu keinem Spaß, aufgelegt!"

Ich auch nicht."

Ich rat Dir gut, Holzer, zeig was Du trägst!"

Ich rat Dir noch besser: laß mich in Ruh!"

Du bist mir lang schon ein verdächtiger Kerl gewest! Jetzt Hab ich Dich."

Der Jäger stürzte auf den Gied, es entstand ein Handgemenge zwischen den beiden Männern, welches jedoch plötzlich ein Ende nahm. Der Jäger hatte das Tuch von der kleinen Leiche gerissen. Er fuhr zurück.

Weist Du's jetzt?" fragte der Gied mit totenblassem Gesicht.

Wenn es so ausschaut", stotterte der andere,nachher ists was anderes," und verlor sich.

Als der Gied nach Hause kam, sah er daß sein Weib noch nicht zurück­gekehrt war. Er öffnete die Thür mit dem Holzschlüssel und trug das tote, erstarrende Kind in die Stube, wo er es auf die Wiege legte. Dann ging er wieder vor das Haus und setzte sich auf die Bank und weinte.

Lange saß er so da und preßte die Hände in das Gesicht. Als er endlich Schritte hörte, schrack er zusammen.

Es kam sein Weib. Sie schritt ganz nahe zu ihm heran und blieb vor ihm stehen. Sie hatte sich vorgenommen, seine Unredlichkeit mit bitteren Vorwürfen zu rügen. Nun er so armselig und betrübt dasaß der geliebte Mann, dessen Freud und Leid sie tragen helfen wollte zu aller Zeit, dem zu Lieb sie heute die ganze Existenz des ganzen Hauses auf das Spiel gesetzt hatte, so wie vielleicht auch er nur ihr und ihrem Kinde zu Lieb' den bösen Weg des Wilderers eingeschlagen hatte da brach ihr das Herz. Sie sank auf's Knie vor ihrem Manne und legte die Hand auf seine Achsel und sagte mit milder Stimme: Vor meinen Augen bist nicht schlecht, mein Aegydi, ich verzeih'Dir's!"

(Schluß folgt.)