8V. Jahrgang.

Zlro. 139.

Amts- unä Intekkigenzblatt für «len Aezirst.

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Dienstag, äen 24. November 1885.

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-Uotttifche Wcrchrrichten.

Deutsches Reich.

DerFranks. Ztg." telegraphiert man aus Berlin, 19. Nov.: Gutem Vernehmen nach wird das Uebereinkommen mit Spanien bezüglich der Karolineninseln darin bestehen, daß Spanien nur die Insel Uap und eine zweite, mit deren Häuptling es einen Vertrag abgeschlossen hat, Deutschland dagegen die übrigen Inseln zugesprochen erhält.

Bezüglich der Regelung der Frage, welche militärischen Ehren dem kaiserlichen Statthalter des Neichslandes zu erweisen seien, erfährt ein Berliner Berichterstatter derStraßburger Post", daß der Kaiser angeordnet hat, daß dem Statthalter einen Ehrendoppelposten zu stellen, sowie daß in allen Garnisonsorten des Landes die Garnisonsältesten den Statthalter be­grüßen sollen, sobald derselbe die betreffende Garnison besucht. Die dem Statthalter seitens der Ehrenposten, bezw. der Wachen zu erweisenden Ehren regeln sich nach den betreffenden Bestimmungen der Garnisonsdienstordnung, wonach vor den Rittern des Schwarzen. Adlerordens, (den der Statthalter besitzt) die Posten das Gewehr zu präsentieren sowie die Wachen ins Gewehr zu treten haben.

Serbien, Bulgarien, Ostrumelien.

Sofia, 21. Nov. Mitteilung des Fürsten Alexander aus Slivnitza: Die Serben wurden auf der ganzen Lrnie verfolgt und sind gezwungen, sich aus die An­höhe bei dem Dragoman-Passe zurückzuziehen. Bei Golombovtzi wurde eine serbische Truppenabteilung vollständig geschlagen. Fr. Fourn.

Die wichtigste Nachricht aus dem Orient ist heulei die Unterwerfung des Fürsten Alexander unter den Sultan. Aus Konstantinopel wird tele­graphiert: Soeben ist ein Telegramm des Fürsten Alexander an den Großvezier hiehergelangt, worin derselbe seine und seines gan­

zen Volkes Unterwerfung unter den Willen des Sultans erklärt und anzeigt, daß er schon am 14. d. Befehl erteilt habe, Ostrumelien zu räumen, ferner in seinem Unglück den Sultan anfleht, ihm seinen Beistand zur Bekämpfung des gemeinsamen Feindes angedeihen zu lassen. Der Sultan, hievon sehr befriedigt, ließ sofort einen Ministerrat zusammenberufen, welcher nun über die zu fassenden Beschlüsse berät. Die Arbeiten der Konferenz dürften dadurch eine ganz wesentliche Erleichterung erfahren. Die letzte Sitz­ung derselben fand am 19. abends statt; sie blieb, wie Wiener Telegramme melden, resultatlos, da der englische Botschafter White wiederum erklärte, daß er seine Instruktionen noch nicht erhalten habe.

Afrika.

Die Afrikanische Gesellschaft erhielt dieser Tage Nachricht von einem großen Verbrechen, welches in ihrem Gebiete vor etwa Monatsfrist begangen wurde. Am linken Ufer des Congo, gegenüber der Station Boma, befanden sich zwei holländische Faktoreien eines Amsterdamer Hauses. Die drei Beamten dieser Faktoreien verkauften nun die sämtlichen Waren und steckten sodann alle Magazine in Brand. Um alle Spuren des Ver­brechens zu vertilgen, nahmen sie ihr schwarzes Dienerpersonal wenige Stunden vorher zu einer Spazierfahrt auf den Congo mit und ertränkten dasselbe, bestehend aus sechs Negern und zwei Negerinnen. Der Gerichtspräsident Ianssens ließ die Verbrecher verfolgen und in Haft nehmen. Dieselben werden die ersten Verbrecher bilden, auf welche das Congo-Strafgesetzbuch Anwendung finden wird.

Hcrges-WerrrgkeiLen.

* Calw, 23. Nov. Das Concert, das gestern im Dreiß'- schen Saale zu Gunsten des eisernen Pavillons auf dem hohen Felsen ge­geben wurde, hatte eine solche Menge angezogen, daß Manche keinen Platz mehr finden konnten. Es soll nun zwar nicht behauptet werden, daß der Zweck des Concertes allein diese große Anziehungskraft geübt habe; wenn er auch Viele zum Besuche veranlaßt hat, so kann doch auch nicht geläugnet werden, daß für andere die Reichhaltigkeit und Besonderheit des Programms und die Persönlichkeit der Mitwirkenden mitbestimmend war. Alle aber haben, was mit besonderer Freude und Genugthuung hier konstatiert werden soll, den gleichen Eindruck der höchsten Befriedigung mit nach Hause genommen. In erster Linie war es der Z i t h e r v e r e i n, der gestern zum erstenmal in die Oeffentlichkeit getreten ist und mit dem außerordentlichen Beifall, den

(Nachdruck verboten.)

Aer Wildschütz.

Eine Geschichte aus den Alpen.

Von P. K. Rossegger.

(Fortsetzung.)

Die Rehe ziehen sich allmälig gegen die fünf Lärchen hin, das Bleirohr im Dickicht folgt ebenso allmälig ihrer Richtung. Sie werden endlich ganz sorglos und fangen miteinander an zu scherzen. Sfe lecken sich und Eins legt das Haupt auf den Rücken des Andern sie haben sich lieb. Da kracht der Schuß. Der Bock macht einen hohen Sprung läuft ein paar Schritte, dann knicken seine Vorderfüße ein und er stürzt zusammen.

Die Anderen sind ins Dickicht gefahren.

Der blaue Rauch schwebt in das Gewipfel auf; der Gied eilt hervor. »So, Bürschel!" sagt er zum toten Rehbock,jetzt geh'n wir miteinander!" und schleppt ihn über den Nasen hin ins Dickicht.

Das Tier zuckt noch mit den Füßen, mit den Ohren und starrt den Mann mit brechendem Auge an.

Es thut mir leid", sagte der Gied,aber jetzt kann ich dir nichts mehr zu gute thun, als das!" und versetzte ihm den Gnadenstoß.

Nun war die Sorge, wie das Tier am besten und sichersten nach Hause zu befördern wäre da fiel ihm das Kind ein. Wo war's denn? Das mußte noch unter den fünf Lärchen liegen.

Verdammt!" murmelte er,wenn das die Martha müßt'!" und eilte nicht ohne Aufregung, der Stelle zu, wo er sich früher mit dem Kinde nieder­gelassen hatte. Und als er es auf dem Nasen liegend fand und wie es eben mit seinen kleinen Augensternen einen kleinen Falter verfolgte, der über ihm tanzte, da sagte der Gied:Nu schau, das Hab' ich ja gewußt, daß du brav bist. Haben jetztund einen sakkrischen Kerl kriegt!"

Er nahm das Kind und trug es zur Beute in das Dickicht, um dort bequem aufzuladen Eins hinten und Eins vorn.

Noch war er bei dieser Arbeit, als Männerstimmen laut wurden. Der Gied hielt erschrocken inne und sah durch das Gestrüpp, wie über die Blöße zwei Jägerburschen heraufschritten.

"»Ich sagte es ja", sprach der Eine,heut, wo der Leutzusammenlauf ist, gehts im Wald nicht sicher." Er blickte prüfend um sich:Da herum muß der Schuh gefallen sein."

Nach meinem Dafürhalten", versetzte der Andere,ist es weiter oben gewesen."

' Der Erste blieb stehen:Riechst Du nichts?"

Nein, ich habe den Schnupfen."

Aber ich rieche Pulver."

Nachher muß schon da herum geschossen morden sein."

Anton", sagte der Erste,ich glaube, wir nehmen die Stutzen in die Hand; man kann ja nicht wissen."

Als der Gied im Dickicht dies hörte, langte er sofort nach seinem Ge­wehr, um es zu laden. Doch mußte er einhalten, durfte nicht das mindeste Geräusch hören lassen, die Männer kamen ganz in seine Nähe. Das Kind lag im Moose, es zog das Köpfchen etwas unruhig hin und her. Dem Gied stockte der Atem. Krampfhaft faltete er die Hände und hauchte der Kleinen zu:Emma! um Leben und Sterben willen, jetzt halte Dich still!"

Aber das Kind mochte die Lage so ungewöhnlich und unheimlich finden es ward ihm nicht wohl zu Mute, es regte und wendete sich und verzog sein Gesichtchen. Der Gied nahm cs auf seinen Arm und wiegte es leicht und starrte angstvoll in das kleine, schuldlose Antlitz, dessen mindester Laut nun an ihm zum Verräter, und Vater und Mutter zum Unglück werden mußte.

Kaum zehn Schritt vom Versteck , auf dem Anger standen die beiden Waidmänner wieder still.

Schau her, Anton, da ist der Rasen blutig."

Dann haben wir's."

Leicht steckt er im Dickicht drin."

Meinst?" sagte der Andere,ich glaube nicht, daß er auf uns wird gewartet haben. Der ist sicher in den Wildgraben hinabgefahren."

Es kommt darauf an. Gehen wir den Blutspuren nach."