Mittagen und7größtenthei!s unentgeltlich zugänglich sein. Die K. Directionen haben namhafte Fahrpreis- Ermäßigung bewilligt, jedoch nur für Gruppen von mindestens 20 Turnern von einem und demselben Punkte aus.

Mainz, 24. Mai. Von der hiesigen Polizeibehörde wird die Mittbeilung gemacht, daß der Lehrer Moses Asch eu­ch ran d zu Niederau la, Regierungsbezirk Kassel, die Bettelei in höchst einträglicher Weise betreibt. Durch Auskunst der Postbehörde daselbst ist nämlich festgcstellt, daß derselbe in der Zeit vom 1. Januar 1878 bis zum 28. Mürz 1880 nicht we­niger als 5608 Mark au Geldsendungen auf Bettelbriefe er­halten hat. Der Bittsteller verstand es durch die unwahre Behauptung, er habe 12 Kinder zu ernähren und seine Frau trage das 18. unter ihrem Herzen, derartige Erfolge zu erzie­len. Es ist traurig, daß es klingt, durch falsche Vorspiegelung das Mitleid zu täuschen und dadurch würdigen Armen die Unterstützung zu entziehen. Die Entdeckung dürste die Armen­vereine interessiren. (N.-Ztg.)

Berlin, 27. Mai. Die Boss. Ztg. meldet: Ueber die Äircbenvvrlage berathcn heute die Konser­vativen, die Freikonscrvativen, die Nativnnlliberaleii und die Polen. In der gestrigen Abendsitzung be­schloß die Fortschrittspartei einstimmig, die Kir­chenvorlage abzulehnen -wer hat das anders erwar­tet?! und sich gegen die Ueberweisung au eine Kom­mission zu erklären. Birckow wird den ablehnen­den Standpunkt im Plenum vertreten.

Berlin. 27. Mai. Was für ein Zudrang zu den Tribünen bei der Berathung der kirchen­politischen Vorlage herrschen wird, niag man aus dem Umstande schließen, daß heute einige Billet- händler Ka :en für die Tribünen zum Preise von 125 anbown.

(Erkenntnis! des Reichsgerichts.) Zwingt Jemand einen Anderen, welcher eine Strafthat be­gangen, zu einer Geldleistung an die Ortsarmen­kasse zum Zweck der Sühne der Strafthat mit der Drohung, daß, wenn dieser die Geldbuße nicht frei­willig leiste, er die Sache zur Anzeige bringen werde, so ist er, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, wegen Erpressung ans Z. 253 Str.G.B. zu bestrafen.

(Ein Berliner Photograph), der wider den Willen und wider das Verbot eines Braut­paares, das sich bei ihm hatte photographiren lassen, einen der gewonnenen Abzüge des Bildes in seinem Schaukasten öffentlich aushing, wurde deßhalb zu 100 Mark Geldbuße event. 10 Tagen Hast verurtheilt.

(Schrecklicher Vorsoil.i Westfälische Zeitungen be­richten aus Bielefeld: Der Privatbrief einer Dame an ihre hiesigen Verwandten meldet aus Magdeburg einen schreck­lichen Vorfall. In den letzten Tagen ging da ein 7jähriges Mädchen an einem Nachmittag auf den Kirchhof und pflückte bei seinem Herumsireisen eine Blume von einem der Gräber ab. Der Todtengrüber, der dies bemerkte, ergriff die Kleine und wollte dieselbe nichr ohne eine empfindliche Strafe wieder entlassen. Zu diesem Zweck sperrte er das Kind man denke in die Lcickienhalle ein, in welcher zur Zeit vier Tode aufgebahrt lagen. Der Tag neigte sich zu Ende, es wurde Nacht, und die Eltern suchten angstvoll ihre Tochter, welche immer noch nickt hcimgekehrt war. Die Nacht verging und am Morgen, als der Todtengrüber wieder an seine Arbeit gehen wollte (fiel es dem Manne erst ein, daß er gestern ein Kind in die Lcickenkammer gesperrt und es herauszulassen vergessen hatte. Ein schrecklicher Anblick bot sich ihm dar, als er in die Kammer eintrat. Da lag das kleine Mädchen zu­sammengekrümmt in einer Ecke, mit krampshast zusammenge­ballten Händchen, mir von den Zähnen dnrchbisscnen Lippen, weit aufgerissenen starren Augen und war todt. Die Angst hatte das arme Wesen getödter. Des Mannes bemächtigte sich sofort die Polizei, welche Noth hatte, die Leute abzuhalten, welche in ihrer Wuth den Todtengrüber lynchen wollten.

(Blutvergiftung durch Briefconverts.) Der kleine Sohn eines Kaufmanns in Paderborn half dem Vater beim Couvertiren der Briefe und befeuchtete die gummirten Ränder der Couverts mit der Zunge. Bor einigen Tagen verletzte er sich an den Lippen, was er unbeachtet ließ. In der darauf­folgenden Nacht stellten sich furchtbare Schmerzen ein. und das Gesicht schwoll an. Am Morgen wurde der Hausarzt gerufen, welcher, nachdem er die Ur­sache dieser Krankheitserscheinung erfahren, die Ge­fahr erkannte und energische Mittel anwandte. Die Gefahr wurde so stark, daß der Kleine nur mittelst dünner Röhren Nahrung zu sich nehmen konnte und erst nach einer vorgenommenen Operation, durch welche die Eiterung abgeleitet wurde, trat nach und nach Besserung und Heilung ein.

Das Swinemünder SchiffAlice Starrett", Kapitän Buhtz, von Ncw-Aork in Stettin ange­kommen, traf unterwegs auf dem atlantischen Ocean einen tvdten ca. 80 Fuß langen Wallfisch, der eine Harpune im Leibe hatte. Die Besatzung des Schiffes nahm den Speck und befindet sich auch die mächtige Harpune an Bord.

OesterreichUngarn.

Tie Irrsinnigkeits-Erklärung des Fürsten Wil­helm von Montenuovo, eines rechten Vetters des Kaisers von Oestrcich, erregt naturgemäß in Wien das ungemessenste Aufsehen. Der plötzlich irrsinnig Gewordene ist auch insofern eine interessante Per­sönlichkeit, als er der Sohn der ehemaligen Kaiserin der Franzosen, der zweiten Gattin Napolens I., der Erzherzogin Marie Louise, aus ihrer zweiten mor­ganatischen Ehe mit dem Graf Avem voll Neiperg ist. Der Fürst war Wucherern in die Hände ge­fallen, hatte seine Sachen oft zwei bis dreimal ver­pfändet und ward von den vielerlei Aufregungen geisteskrank. Nach einiger Zeit wird derselbe aus der Irrenanstalt entlassen werden und dann ins Ausland reisen, ohne jemals wiederzukehren. Damit dürfte diese Angelegenheit, in welche sonst auch der Staatsanwalt hätte yinzugezogen werden müssen, beendet sein.

Neulich ereignete sich in der Kaserne in Wels ein schrecklicher UnglückSfaU. Ein Wachtmeister gab einem Rekruten seinen geladenen Revolver zum Putzen. Der Mann wußte vom ganzen Revolver vielleicht nur das, daß man denselben geladen nie im Zimmer haben soll. Darauf vertrauend, fing er an zu putzen. Ihm gegenüber putzte ein Dragoner, ein Bauerssvhn aus Niederöstreich, lustig und singend, daß er in vier Monaten fertig sei, seinen Helm. Plötzlich krachte ein Schuß, der Sänger verstummte und stürzte, tödtlich getroffen, nieder; gleich darauf ein zweiter Schuß, der dem unglücklichen Putzer zwei Finger der rechten Hand wegriß und nur euren Finger breit ober dem Kopfe eines zweiten Drago­ners in die Wand fuhr. Der Wachtmeister, der einen geladenen Revolver einem mit der Waffe ganz unvertrauten Manne übergab und hiedurch das ganze Unglück verschuldete, wurde sogleich arretirt.

Italien.

Die Regierung beabsichtigt, im Rothen Meere eine Verbrecher-Colonie anzulegen.

Frankreich.

Paris, 26. Mai. Der Kriegsmiuister hat dem Obersten des 65. Regiments, welcher über einen seiner Hauptleute 14 Tage Gefängmß verhängte, weil er seinen Vater dessen Wunsch gemäß ohne Bei­stand der Geistlichkeit begraben lies;, 8 Tage Stu­benarrest gegeben. In Folge dieses kriegsministeriel­len Beschlusses wird die Sache nicht vor die Kammer kommen. Die Vertheilung der Fahnen an die Armee ist nun endgültig auf den 14. Juli festgesetzt, wo auch das Nativnalsest gefeiert werden soll.

England.

London, 24. Mai. Ein Eisenbahnzug machte am Samstag mit einer Ladung irischer Auswanderer seinen Weg nach Cork, kaum hielt er aber in der Malowstation, so wurde er von einem wilden, lär­menden Haufen mit wahrer Berserkerwuth ange­griffen, die Waggonthüren aufgerissen, die erstaunten Passagiere hinausgeworfen, geprügelt, gestoßen und zum Schluß derart versprengt, daß man an dem Tage keinen mehr zu Gesicht bekam. Die Angreifer, 500 an der Zahl, gehörten zur South-Cork-Miliz, die eben entlassen worden war.

Rußland.

DasJournal de St. Petersburg" nennt den 15. Juni als den Tag für den Zusammentritt der Berliner Konferenz.

In Rußland ist der Besitz eines Ordens ein kost­spieliges Vergnügen. Bon denjenigen Personen, welchen Olden verliehen werden, wird nämlich eine bestimmte Summe beige trieben, die gesetzlich für Errichtung und Unterhaltung wohi- thätiger Anstalten verwandt wird. Nur diejenigen, weiche den Georgen und Wladimir-Orden für Ausdienung einer bestimm­ten Reihe von Jahren erhalten, sind von dieser Zahlung be­freit, die übrigens mit 10 Rubel (für den Annen-Orden 4. Klasse) beginnt und mit 500 Rubel für den Andreas-Orden endet. Selbst Tod der mit Orden begnadeten Person befreit deren Erben nicht von der Zahlung. Selbst verwundete Offi­ziere sind von der Gelderhebung nicht ausgeschlossen. Es gibt nicht wenige unbemittelte Offiziere, welche für die letzte Kam­pagne 4 bis 5 Orden erhalten haben und sich nun einen nicht unbedeutenden Abzug von ihrer ohnehin nicht reichlich zuge­messenen Gage gefallen lassen müssen. Es ist noch zu bemer­ken, daß die Krone für die iu nuturu ausgercichten Orden das Doppelte und gar Dreifache von dem sich zahlen läßt, ivas sie bei den Goldschmieden kosten. In keinem früheren Kriege sind so viel Orden verliehen worden wie in dem letzten türki­schen. Es sind bereits zwei Jahre seit dem Friedensschlüsse verflossen, und der Rufs. Jnv. hört nicht auf, lange Listen von Ordensverleihungen zu veröffentlichen.

Amerika.

Der Krieg zwischen Chile und Peru dauert noch immer fort und kostet den armen Leuten dort

ein heidenmäßiges Geld. Jetzt haben die Kriegfüh­renden sich an England gewandt und bei dem Minister Lord Groenville angefragt, ob Letzterer das Amt eines Schiedsrichters übernehmen wolle. Die Antwort war eine zusagende.

Asien.

Deutschland scheint sich rechtzeitig vorgesehen zu haben, um gegen Rußland bei Zeiten' einen trefflichen Bundesgenossen in China sich zu erwerben. Bei Gelegenheit des gegenwärtigen, seitens Rußland trotz aller Mühen nicht mehr zu verheimlichenden russisch-chinesischen Konfliktes treten die von langer Hand vorbereiteten Rüstungen der chinesischen Re-, gicrung offen zu Tage, und namentlich waren es deutsche Instruktoren, welche den bezopften Söhnen des himmlischen Reiches das moderne civilisirte Kriegshandwerk beibrkngen mußten. Die chinesische Regierung besitzt jetzt über 150 schwere Hinterla- dnngsgeschütze, welche ihr Krupp bis zum Jahre 1879 lieferte. Zur Bedienung dieser Geschütze ist eine ausreichende Zahl von Artilleristen ausgebildet worden. Durch Abcommandirung chinesischer Offi­ziere nach Spandau zur Erlernung des Dienstes der technischen Artillerie ist ein Stamm vielseitig brauch­barer, späterhin für die obere Leitung artilleristischer Werkstätten geeigneter Militärpersonen für die chine­sische Artillerie herangebkkdet. Hunderftmdfünfzig Krupp'sche Kanonen bilden allerdings schon eine ganz respektable Waffe!

Landet L Werkehr

Rottcnburg, 27. Mai. Die hiesige Stadl ver- kauft fideS Jahr 8 15,000 Büschel Eichenrinde. Beim diesjährigen Verkauf im Stadtwnld erlöste inan sür soge­nannte grobe Rinde per Büschel l 15- 48 ^1, für Glanz­rinde l .L 65 -75 ö. In den Nachbargemeindnl kommen auch bei 68000 Büschel zum Verkam. (N. T.)

jErntenussichten! Ans Pen wird geschrieben: Der Bericht über de» Saatcnstand von Waizen. Roggen, Gerste, Zuckerrüben, Kvhlreps, Mais und anderen Hackfrüchten und Futterpflanzen rühmt den guten Zustand sehr: es stehe bei fortgesetzt günstigem Wetter eine Ernte bevor, wie solche seit Jahren nicht mehr so günstig gewesen sei.

Meine erste Geschäftsreise.

Humoreske von O. Redenhaü.

Weißt Du wohl, geehrter Leser, welche Be­deutung eine erste Geschäftsreise für den Kaufmann hat? Sie ist für denselben das größte Ereigniß, gleichsam ein Lebensabschnitt, und der Erfolg derselben oft entscheidend für seine ganze fernere Laufbahn. Wie der Arzt, dem das Herz vor Freude und Auf­regung schlägt, wenn er vermöge seiner Wissenschaft das erstemal dazu beitragen kann, ein Menschenleben zu retten, freudig alle ferne Kräfte an das Gelingen setzt, so auch der junge Sohn Merkur's, welcher von seinem Vater oder Principal dazu ausersehen wird, die erste Reise für das Geschäft zu unternehmen und damit selbstständig dafür einzntreten. Ist es ihm mißlungen, das in Aussicht genommene Geschäft zu vollbringen, so gleicht er einem bei dem Examen durchgefallenen Schüler, der von seinen Angehörigen verhöhnt wird. Der Muth ist ihm gesunken, die Hoffnung erloschen er glaubt nie mehr etwas er­reichen zu können. Ist es ihm doch gelungen, s» tritt ein gewisses, dem Manne nothwendiges Selbst­bewußtsein an die Stelle der früher« Unsicherheit er sucht sein Wissen, seine Erfahrung zu erweitern, er hat Vertrauen zu sich und seinen Kenntnissen ge­wonnen. Ein Feldherr, durch dessen umsichtige Lei­tung eine große Schlacht gewonnen ist, kann nicht stolzer darauf zurückblicken, als der Kaufmann auf den Erfolg seiner ersten Geschäftsreise.

Nach diesen philosophischen Vergleichungen er­laube ich mir, mich dem geneigten Leser vorzustellen und ihm meine Erlebnisse bei meiner ersten Reise zu erzählen.

Ich heiße Gustav Veilchenstein, bin der einzige Sohn eines ziemlich vermögenden Kaufmannes in G. . . ., einem kleinen Städtchen in Polen, bin nebenbei der Dtolz meiner Eltern und der Super­lativ desselben meiner alten Großmutter. Ich habe das Geschäft bei meinem Vater erlernt und war bis dahin nie aus dem beschränkten Kreis meines Eltern­hauses herausgekommen. Als ich die übliche Lehrzeit zu allgemeiner Zufriedenheit absolvirt hatte, machte mir mein Vater eines Tages die Eröffnung, daß ich nun das Alter und die Kenntnisse erreicht habe, um selbst­ständig im Geschäft Mitwirken zu können, und daß ich die erste Geschäftsreise unternehmen solle. Diese Mittheilung erfüllte mich mit einer närrischen Freude.

Ich fühlte, wie mir dreißig Grad Recmmur ins