Mark für Hebung und Heimschaffung des Schiffes in Ausgabe gestellt worden. In den Etat für 1880/81 ist diese Summe nicht mehr eingestellt. Mit anderen Worten: Die Admiralität wird den in letzter Zeit von Monat zu Monat verlängerten Vertrag über den 31. März hinaus nicht mehr verlängern. Was dann mit dem Wrak geschehen soll, ist in dem Etat nicht angedeutct. — Die Beschaffenheit eines Ersatzes für den „Grossen Kurfürst" ist noch nicht beabsichtigt. In unseren Marinekreisen hat die Nachricht großes Aufsehen erregt, das; die Maschine der neuen englischen Panzerfregatte „Iris" sich nach Abhaltung der Probefahrten als so schadhaft herausgestellt hat, das; die englische Admiralität genöthigt ist, eine neue Maschine für die vielgerühmtc Fregatte zu bauen. In kurzer Zeit ist das der vierte Fall in der englischen Marine. Die Thatsache, daß die deutsche Marine derartige Erfahrungen noch nicht gemacht hat, gibt aber keinen Anlaß für uns, die englische Verwaltung zu kritisiren.
Die „Nvrdd. A. Ztg." gibt einer Einsendung zur Frage der Gerichtskosren „von fachmännischer Hand" Raum, in welcher an Beispielen nachgewiesen wird, daß die Theuerung des Verfahrens nicht sowohl in dem Pauschquantum für die Entscheidung, welches man kurz „Gerichtkosten" genannt habe, als in den vielen Nebenspesen des Gerichtsschreibers, de? Gerichtsvollziehers und der Post liege. „Hat man, heißt es dann weiter, die Krankheit erkannt, so sind die Mittel nicht bedenklich. Und als ein solches Mittel möchten wir dringlichst die Beseitignng der Gerichtsvollzieher, Zuweisung der Zustellungen an die Gerichtsschreiber unter Wegfall der Zustellungsgebühren und der Zwangsvollstreckungen an staatlich besoldete Exekutvren empfehlen. Dabei würde auch das Zustellungswesen, welches jetzt höchst kompli- zirt thener ist, durch Rückkehr zu den früheren Jnsi- nuationsdokumenten zu vereinfachen sein, zumal das jetzige Zusammenkleben einer Abschrift des zustellenden Schriftstückes mit der Zustellungsurkunde keine Gewähr biete:, daß die Zustellung des Originals wirklich stattgefunden hat.
In Hamburg kamen neulich Morgens die Händler, Bürger und Bauern zu allen Thoren mit Pferden herein und auf den Pferdemarkt. Was ist denn das? fragte die Polizei: heute ist doch kein Pserdemarkt? — Was denn? er steht ja groß und breit im Kalender. — Im Kalender? Da stand er wirklich, aber es war ein Druckfehler des Kalendermauns. Die Pferde waren da, die Händler waren da, das Publikum war da, die Polizei drückte beide Augen zu und 500 Pferde wurden trotz des Druckfehlers verkauft. —
Straßburg, 18. Febr. Die „E.-L. Ztg." erhält Kunde von einem in Reichweiler stattgehabten Gattenmord. Der dortige Bäckermeister Anton Fisch es sc r tödtete nämlich am letzten Sonntag, zur Zeit als die Leute dem Morgengottesdiensi in der Kirche beiwohnten, seine Frau mittelst fünf Stichen, welche er derselben mit einem Metzgermesser beigelnacht hatte. Die Motive zu dieser grausigen That sollen Familienzwist und der schlechte Gang der Geschäfte gewesen sein. Fischesser wurde alsbald verhaftet und nach Mülhausen abgeführt. Tie Ermordete ist Mutter von 6 Kindern, wovon das älteste 22, das jüngste 3 Jahre alt ist. (N. T.)
Die „Elsaß-Lothringische Zeitung" entgegnet dem „Temps", der von „annektirten Bevölkerungen" spricht: Elfaß-Lothringen war bis zum Jahre 1870 „annektirt", seitdem ist es einfach in seine natürliche und ursprüngliche Zusammengehörigkeit mit Deutschland wieder zurückgekehrt.
Frankreich.
Paris, 17. Febr. Gestern Abend 10 Uhr verhafteten zwei Polizeibeamte einen jungen Russen in dem Augenblicke, wo er mit vier anderen Personen aus einem Gasthofe in den Champs Elysöes trat. Die 4 Begleiter vertheidigten den Verhafteten, doch gelang es den Polizeibeamten, den Gefangenen wohlbehalten nach der Polizeipräfektur zu bringen. Das Signalement dieses Russen war vor einigen Tagen aus Rußland eingesandt worden; derselbe ist eines Attentats auf das Leben des Czaren angeklagt. (Tüb. Ehr.)
Minister-Präsident Freycinet in Paris hat neulich gesagt: nächstens lassen wir die hohe Politik bei Seite liegen und wenden uns ganz den Aufgaben der inneren Wohlfahrt, den Bauten rc. zu. Dieses Wort haben Unzählige mit Freuden vernommen. namentlich die arbeitenden Classen, bei denen ein Krieg nichts weniger als populär ist. Sie lockt Arbeit und Krieg viel mehr als ein Rachekrieg. Ihre
besten Verbündeten sind ihre Frauen, die Arbeiterinnen, die in Paris eine große Rolle spielen. Eine Deputation von solchen Arbeiterinnen erkärte neulich rund heraus: wenn Regierung und Abgeordnete cs wieder dahin bringen, daß die Pariser marschiren, oder sich belagern lassen müsse», so wollen wir Frauen auch ein Wort darein reden! — Diese Frauen sind beredte Friedensapostel sehr im Gegensatz zu vielen Frauen des alten königliche» oder neuen kaiserlichen Adels, die gern zu Hofe möchten und wissen, daß das nur auf dem Umweg durch einen Krieg geschehen kann.
Ein Herr Faucher in Paris hat eine Vorrichtung erfunden, mit welcher die Aerzte den Magen waschen und baden wollen, als ob wir ihn gar nicht im Leibe, sonden etwa wie der Soldat sein Kochgeschirr im Tornister trügen. Der Patient bekommt einen Kautschnkschlauch von anderthalb Meter Länge und zehn Millimeter Durchmesser in den Schlund hineingeführt. Ein leichtes Stoßen und der Kranke schluckt von dem Schlauch ein Ende, etwa 50 Centimeter, hinunter. Das andere Ende des Schlauches ist an einen großen gläsernen Trichter befestigt, der mit der Waschflüssigkcit gefüllt wird. Hält man den Trichter dem Kranken über den Kopf, so strömt die Flüssigkeit in den Aragen hinab, hält man ihn aber tiefer als das Niveau des Magens, so bildet das Ding einen Siphon und die Flüssigkeit kehrt nach dem Gesetze der mit einander verbundenen Röhren wieder in den Trichter zurück. Wir machen vorläufig ein ?
England.
Lady Birrdct Coatts, eine alte wvhlchäiigi: Damc, hat zwar nicht eine halbe Million Pfd. Zterl. für die noth- leidenden Irländer gespendet, wie zuerst die „N. Fr. Pr." gemeldet hakte, wvhl aber 5000 Psd. Stcrl. zu diesem Zweck gegeben, wie die englischen Blätter berichtigend miüheilen, — immerhin auch eine ganz rcspectable Lumme.
Rußland.
Petersburg, 14. Febr. Von der inneren Lage wird der Köln. Ztg. folgendes Bild gezeichnet: Der Zar ist von all den Unglücksfällen und Erschütterungen der letzten Zeit denn doch lebhaft beeinflußt worden. Seine Gesundheit wankt, seine Stimmung ist trüb, seine frühere Kraft gewichen. Die persönlichen und öffentlichen Sorgen wachsen täglich, ohne Aussicht, daß man ihrer Herr werden könnte. Wenn ich unsere Zustände vollständig in ihren Seiten schildern wollte, wüßte ich nicht, wo zu beginnen. Die Nihilisten ruhen nicht und lassen Niemanden ruhen ; ihre Aufrufe folgen einander fast ununterbrochen, trotz der Bemühungen der Polizei, sie zu verhindern, trotz der Verhaftungen, der Entdeckungen von Druckereien. Die etwas derbe Faust Gnrkos vermag eben so wenig etwas auszurichten, als der Eifer Snrvws. Bis in die obersten Sphären hat der Nihilismus seine Anhänger. In den Gemächern der Palastdame der Kaiserin, Gräfin Panin, in ihrem Bettzeug versteckt. wurden unlängst nihilistische Schriften gefunden, welche diese Dame als Mitverschworene der Revolution erwiesen. Sie wurde nach Arangelsk verbannt. Ohne allen Zweifel aber ist der Hof damit nicht von dem Nihilismus gereinigt worden, und gegen diese nihilistischen Würdenträger kann nur in den seltensten Fällen etwas ausgerichtet werden. — Dabei lebt die hohe Gesellschaft leichtsinnig und verschwenderisch in den Tag hinein, spielt mit dem revolutionären Feuer. Viele allerdings schlagen auch an ihre Brust mit dem Bekenntniß, daß sie, die obere Klasse, an diesen Zuständen die Mitschuld tragen. Der Kaufmann ist sorgenvoll und vorsichtig; die Massen des niederen Beamtenthums, der kleinen Leute bilden das Groß des Nihilismus; das eigentlich niedere Volk endlich, welches bisher immer die sichere Stütze des Zarenthums bildete, beginnt schon mit geringerer Abneigung und Leidenschaft auf die Revolutions- männer zu blicken. Alles ist muthlos oder indolent, leichtsinnig, nur die Nihilisten haben den Muth nicht verloren. Der Beamte arbeitet weniger als jemals, ist aber dafür bedacht, sich persönlich für die kommenden Dinge vorzubereiten, vor Allem, indem er durch Bestechungen Geld sammelt. Niemals ist die Bestechung so schamlos betrieben worden, als gegenwärtig. Die Luft ist erfüllt von großen Erwartungen, Niemand kümmert sich um das Heute, alles blickt gespannt auf die morgenden Ereignisse. Biele erwarten vieles von dem 25jährigen Regierungsjubiläum des Zaren. Viele fürchten Böses sich ereig
nen zu sehen vor diesem Zeitpunkt. (Das Böse ist bekanntlich inzwischen eingetrvffen. (W. L.)
Petersburg, 18. Febr. Die Untersuchung über die Explosion ist im vollen Gange; im Raum unter dem Boden des Hauptwachesaales, worin die Explosion stattfand, waren drei Arbeiter beschäftigt, vvn denen einer entsprang. Der Platz vor dem Wintcrpalais ist mit Personen angefüllt, welche dem Kaiser Huldigungen darbringen wollen, in allen Kirchen wird Dankgottesdienst gehalten, die Stadt ist auf's Festlichste beflaggt. Die zufällige Verspätung des Kaisers hatte ihren Grund darin, daß der Kaiser sich zum Empfange des Prinzen von Hessen begeben hatte.
St. Peterbnrg, 18. Febr. Unmittelbar nach der Explosion im Winterpalast begab sich der deutsche Botschafter General v. Schweinitz zum Kaiser, um demselben anläßlich seiner Errettung zu beglückwünschen, und erschien heute nochmals im Palast, um offiziell im Namen des diplomatischen Corps dessen Glückwünsche zu überbringcn. j-St.-A.s
lieber das Attentat erfährt die „Köln. Ztg." außer dem bereits Mitgetheilten: Ob Dynamit verwandt, oder ob Gas in den Keller geleitet wurde, ist noch unermittelt. Eine eigentliche Mine kann keinesfalls gelegt worden sein, da weder die Lage noch der Untergrund, auf dem das Palais steht, eine solche gestattet; wahrscheinlich aber hat man Dynamit verwendet. Ich begab mich gestern Abend sofort nach der Katastrophe an Ort und Stelle. Um 8 Uhr- Abends war das Winterpalais dunkel, weil alle Gasröhren geplatzt sind. Aeußerlich ist nichts zu bemerken. Die Feuerwehr und eine große Menge berittener und uuberittcncr Polizisten war zur Stelle. Das Stehcnbleiben vor dem Palais wurde nicht geduldet, weßhalb auch verhältnißmüßig wenig Publikum bemerkbar war. Nach dem Plan der Nihilisten sollte vcrmuhlich die Explosion in dem Moment erfolgen, wenn alle Glieder der kaiserlichen Familie im Speisesaal versammelt waren. Der Speisesaal hat gelitten, die Explosion erfolgte aber einige Minuten zu früh. Ans dem Palais wurde nach dem Verbrechen niemand mehr hinausgelassen, cs steht aber zu erwarten, daß sich die Thäter bereits entfernt hatten. Die Erbitterung des Volkes ist außerordentlich. Alle Häuser sind beflaggt und vor dem Palais stehen Tausende und singen die Nationalhymne.
Wenige Tage nach dem mißlungenen Mordversuche in Moskau schrieb das „Revolutionskomitc" in seiner Zeitung: „Am 1. Dezember flog in Moskau eine Mine auf, den Kaiser A. N. zu vernichten. Leider ist uns die Sache diesmal mißglückt. Warum lind aus welchen Ursachen die Mine nicht die gewünschte Wirkung hervorbrachte, halten wir aus wvhl erklärlichen Gründen für unzweckmäßig, hier des Näheren zu erörtern. Wir bitten aber unsere Gesinnungsgenossen inständig, sich ja nicht durch dergleichen Mißerfolge Niederdrücken oder abschrecken zu lassen, wir sind uns unserer Fehler bewußt und werden dieselben künftighin vermeiden. Also verzaget nicht! Alex. Nik. ist diesmal der Gefahr glücklich entgangen, das nächstemal dürfte er nicht so glücklich sein. Er wird fallen, sobald als möglich, noch ehe er sein Jubiläum begangen hat." Das neueste Attentat ist der Versuch der Einlösung dieses Versprechens ; es hat insofern Aehnlichkeit mit dem früheren, als abermals die Thäter entkommen sind. Die Polizei scheint aber noch von größerer Ungeschicklichkeit gewesen zu sein als in früheren Fällen. Daß die Nihilisten einen Schlag gegen das Winterpalais zu führen gedachten, darüber waren schon seit geraumer Zeit Gerüchte in die Oeffentlichkeit gedrungen und es lagen auch Beweise für einen solchen Plan vor. Schon am 1. Februar wurde der „Köln. Ztg." aus Petersburg mitgetheilt, daß im Winterpalais zwei Schornsteinfeger verhaftet worden seien, die eine nicht unbeträchtliche Menge Pulver in einem Kamin auf- gchäuft hatten. (St.-A.)
Wilna. Am 3. ds. Mts. wurde, wie der „Wilnaer Bote" schreibt, auf dein Felde unweit des Dorfes Nowojelni im Gouvernement Wilna ein Polizeibeamter von einem Rudel Wölfe attaquirt und nachdem er sechs derselben theils erschossen, theils mit dem Säbel durchstochen hatte, überwältigt und aufgefressen. Von dem Verunglückten fand man nur noch einige Knochen und die Füße in langen Röhrenstiefeln. Der Säbel war in drei Stücke zerbrochen. Bei dem Säbel lag ein abgeschossener sechs- läufiger Revolver und sechs todte Wölfe.