N a g o l d.

A» die Getsbehörden «nd die Miliräe- pfiichligen, betreffend die Ansprüche ans Zurückstellung Militärpflichtiger wegen bürgerlicher Uerhältniffe.

Das Neichsmilitärgeietz vom 2. Mai 1874, 8- 19 - 22 und die Wehrvrduung vom 28. September 1875, 30 und 62, enthalten bezüglich

der Zurückstellung in Berücksichtigung bürgerlicher Bcrhältnisse

folgende Bestimmungen:

1) Zurückstellungen in Berücksichtigung bürger­licher Verhältnisse finden ans Ansuchen (Reklamatio­nen! der Militärpflichtigen oder deren Angehörigen statt. (R.-M.-G. 8. 19.»

2) ES dürfen vorläufig zurückgestellt werden:

a) die einzigen Ernährer hilfloser Familien, er­werbsunfähiger Eltern, Großeltern oder Ge­schwister;

b) der Sohn eines zur Arbeit und Aufsicht un­fähigen Grundbesitzers, Pächters oder Gewerbe­treibenden, wenn dieser svhu dessen einzige und unentbehrliche Stütze zur wirthschaftlichen Erhaltung deS Besitzes, der Pachtung oder des Gewerbes ist;

e,) der nächstältcste Bruder eines vor dem Feinde gebliebenen, oder an den erhaltenen Wunden gestorbenen, oder in Folge derselben erwerbs­unfähig gewordenen, oder im Kriege an Krankheit gestorbenen Soldaten, sofern durch die Zurückstellung den Angehörigen des letzteren eine wesentliche Erleichterung gewährt werden kann;

ä) Militärpflichtige, welchen der Besitz oder die Pachtung von Grundstücken durch Erbschaft oder Vermächtnis zugefallen, sofern ihr Lebens­unterhalt auf deren Bewirthschaftung angewiesen und die wirthschaftliche Erhaltung des Besitzes oder der Pachtung auf andere Weise nicht zu ermöglichen ist;

e) Inhaber von Fabriken und anderen gewerblichen Etablissements, in welchen mehrere Arbeiter beschäftigt sind, sofern der Betrüb ihnen erst innerhalb des dem Militärpflichtjahre voran­gehenden Jahres durch Erbschaft oder Ver- müchtniß zugefallen und deren wirthschaftliche Erhaltung auf andere Weise nicht möglich ist. Auf Inhaber von Handelshäusern ent­sprechenden Umfangs findet diese Vorschrift sinngemäße Anwendung.

k) Militärpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem Lebensberufe oder in der Erlernung einer Kunst oder eines Gewerbes begriffen sind und durch eine Unterbrechung bedeutenden Nachtyeil erleiden würden;

g) Militärpflichtige, welche ihren dauernden Auf­enthalt im Auslande haben.

Können zwei arbeitsfähige Ernährer hilfsloser Familien, erwerbsunfähiger Eltern, Großeltern oder Geschwister nicht gleichzeitig entbehrt werden, so ist einer von ihnen zurückzustellen, bis der andere ent­lassen wird. Spätestens nach Ablauf des zweiten Militärpflichtjahres soll der einstweilen Zurückgestellte eingestellt und gleichzeitig der zuerst Eingestellte ent­lassen werden. Diese Bestimmung findet auf Nro. 2 b entsprechende Anwendung. R.-M.-G. 8- 20.

3) Durch Verheirathung eines Militärpflichti­gen können Ansprüche auf Zurückstellung nicht be­gründet werden. R.-M.-G. 8- 22.

4) Im dritten Militärpslichtjahre muß über die

in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse Zurück- gestellten endgiltig entschieden werden.

Anträge aus Zurückstellung oder Befreiung von der Aushebung sind spätestens im Mnsterungstcrmin zu stellen. Es wird aber empfohlen, die zur Begrün­dung der Zurückstellungsgesuche bestehenden Verhält­nisse einige Zeit vor dein Mustcrungstermin uachzu- weiseu.

Ans die Verheißung eines nachträglich zu führenden Beweises kann keine Rücksicht genommen werden.

Entsteht jedoch die Veranlassung zur Reklama­tion erst nach Beendigung des Musterungsgeschästes, so kann bezüglicher Antrag noch im Aushebungster­min angebracht werden. W.-O. 8- 62, Zisf. 7.

Die Betheiligteu sind berechtigt, ihre Anträge durch Vorlegung von Urkunden und Stellung von Zeugen und Sachverständigen zu unterstützen. R.- M.-'G. 8- 30, Zisf. 6.

Behauptete Erwerbsunfähigkeit muß durch ärzt­liche Untersuchung im Mustcrungstermin bestätigt werden. W.-O. 8- 62, Zisf. 7.

Ein Berücksichtigter, welcher sich der Erfüllung des Zweckes entzieht, der seine Befreiung vvm Mi­litärdienste hcrbeigeführt hat, kann vor Ablauf des Jahres, in welchem er das 25. Lebensjahr vollendet, nachträglich ausgehoben werden. N.-M.-G. 8- 21, Abs. 2.'

Volksschullchrcr und Candidatcn des^Volksschul­amts, welche ihre Befähigung für das -Schulamt in vorschriftsmäßiger Prüfung nachgewiesen haben, kön­nen nach kürzerer Einübung mit den Waffen zur Reserve beurlaubt werden. Gibt aber der so Be­urlaubte seinen bisherigen Beruf gänzlich auf oder wird er aus dem Schulamt für immer entlassen, so kann er vor Ablauf des Jahres, in welchem er das 25. Lebensjahr vollendet, zur Ableistung des Restes seiner aktiven Dienstpflicht wieder eingezogen werden. R.-M.-G. 8- 51, W.-O. 8- 9, Zisf. 1 und 2.

Der Anspruch ist durch Vorlegung einer amt­lich beglaubigten Abschrift des Prüfungs-Zeugnisses nachzuweisen.

Die Zurückstellungsgesuche solcher Militärpflich­tigen, über deren Militärpflicht erst zu entscheiden ist,

sind von den zur Reklamation Berechtigten bei dem Ortsvorsteher des Domicilortes anzubringen. Von diesem sind nach Beibringung der etwa fehlenden No­tizen und Zeugnisse und nach sorgfältiger Prüfung der Verhältnisse die in dem Fragebogen Formular Int. M gestellten Fragen genau zu beantworten, worauf das Gesuch dem Gemeinderath zur Begutach­tung und Unterzeichnung vorzulegen ist. Der aus­gefüllte, von dem Gemeinderath Unterzeichnete Fra­gebogen ist, wo immer möglich vor, spätestens aber in dem Musterungstermin dem Civilvorsitzeuden der Ersatzkommission des Gestellungsorts zuzusenden. Ist der letztere in einem andern Aushebungsbezirk als der Domicilort, so ist der Fragebogen dem Oberamt des Domicilortes vorher zur Beglaubigung vorzulegen.

Gesuche um Entlassung eines bereits bei einem Truppentheil eingestellten Militärpflichtigen vor be­endeter Dienstzeit sind gleichfalls in der oben vor­geschriebenen Weise bei dem Ortsvorsteher des Do­micilortes anzubringen, von diesem und dem Gemein­derath zu prüfen und mit der Aeußerung des letzteren versehen, dem Oberamt des Domicilortes szu über­geben.

Die nöthigen Fragebogen können von dem Ober­amte bezogen werden.

Den 6. Februar 1880.

K. Oberamt. Güntner.

Der Slativnsmeister und Pojiezpcdiwr Heß in Gün- dringen wurde aus sei» A nsuchen des Dienstes enUassen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich. ^

Stuttgart, 4. Febr. Nachdem gestern sei­tens des Ständischen Ausschusses dem K. Staats­ministerium die Anzeige zugegangen war, daß die nöthige Anzahl legitimirter Mitglieder beider Kam­mern in Stuttgart anwesend seien, wurde heute der zweite ordentliche Landtag,der laufenden Walstperiode eröffnet. Als die Vereidigung der neu ciugetretenen Mitglieder geschehen, verlas Seine Majestät der König unbedeckten Hauptes die Thronrede. Dieselbe lautete: Liebe Getreue! Zum zweitcnmalc im Laufe der Wahlperiode trete Ich in Ihre Mitte, um den Landtag zu eröffnen. Mit Genugthuung blicke Ich auf die Ergebnisse des vor wenigen Tagen geschlos­senen ersten Landtags zurück. Meine volle Aner­kennung hatte Ich der Ausdauer und Hingebung zu zollen, womit die Vertreter des Landes zur rechtzei­tigen Verabschiedung der Justiz-Gesetze mitgewirkt haben. Ebenso weiß Ich die Bereitwilligkeit zu würdigen, mit welcher von Ihnen die Mittel zu mehrfacher Verbesserung der Lage der Justizbeamten bewilligt wurden. Durch da? Forststraf- und das Forstpolizei-Gesetz, sowie das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Bolksschullehrer ist das Landesrecht in erwünschter Weise verbessert worden. In dem neuen Abschnitt Ihrer Thätigkeit wird eine Ihrer ersten und wichtigsten Arbeiten die Berathung des Entwurfs des Hauptfinanzctats bilden. Seine Bearbeitung wird die ganze Sorgfalt und Aufmerksamkeit Meiner Regierung in Anspruch neh­men. Bei der fortdauernden Schwierigkeit der finan­ziellen Verhältnisse werden Anstrengungen nöthig sein, um den verschiedenen Anforderungen gerecht zu wer­den und die unentbehrliche Ordnung im Staatshaus­halt zu bewahren, lieber die finanzielle Wirkung der Aenderungen in der Zoll- und Steuergesetzge­bung des Reichs wird die bevorstehende Feststellung des Reichsetats die erforderlichen Aufschlüsse geben. Der Rechnungsabschluß über die abgelaufene Etats­periode bis 1879 bietet ein Ergebniß, das im Gan­zen nicht ungünstig ist. In der Restverwaltung wird ein kleiner Ueberschuß zur Aushilfe für die nächsten Jahre verbleiben. Die kürzlich stattgehabten Ver­handlungen über die Umwandlung der Sprozentigen Staatsschuld und über die Aufnahme eines neuen Staats-Anlehcns haben ein befriedigendes Ergebniß geliefert, worin ein erfreuliches Zeichen des guten Standes Unseres Staatskredits erblickt werden darf. Die wirthschaftlichen Zustände des Landes geben zu außerordentlichen Maßregeln keinen Anlaß. Während der arbeitsame Stand der Wcingärtner zu Meinem lebhaften Bedauern auch im jletzten Jahre in Folge des sehr geringen Herbstertrages eine bittere Ent­täuschung erfahren mußte, hat die sonstige Ernte in den meisten Gegenden des Landes einen befriedigen­den Ertrag geliefert, welcher Dank der göttlichen Vorsehung schwerere Sorgen abgewendet hat. Auch auf dem Gebiete des Handels und Gewerbes sind einzelne Zeichen wahrnehmbar, welche eine Bes­serung ihrer Lage hoffen lassen. Die Reichsgesetz­gebung hat durch die in den letzten Jahren ergange­nen zahlreichen und tief eingreifenden Gesetze den vollziehenden Organen des Staats, wie der ganzen Bevölkerung die große und schwierige Aufgabe gestellt, sich in umfassende Neuerungen einzuleben. Mit Rücksicht hierauf wird die Landesgesetzgebung in der nächsten Zukunft auf solche Reformen im Staats- uud Rechtslebcn sich zu beschränken haben, die als

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Amts- md Intelligenz-Blatt sür den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Samstag den 7. Februar.

Jnsertionsgebühr für die Ispnlrigc Zeile ans ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 -

bei mehrmaliger je 6 -4.

1880 .

Amtliches.