Nicht, wenn eS Dir unangenehm ist, Edwin. Nur weil Du abwesend warst, hatte ich Lettie ge­fragt, ob sie mir erlaube, einen Gast in Eurem Hause aufznnehmen; wärst Du hier gewesen, wurde ich mich natürlich zuerst an Dich gewendet haben."

Was das für Reden sind, Harry! Dies Haus ist ebensowohl das Deinige und das Christie's, wie das meinige. Wenn es Dir also recht ist, dann ge­hen wir jetzt sogleich beide zusammen und besuchen Deinen geheimnißvollcn Freund."

Harry willigte freudig ein, und in kurzer Zeit waren sie im Hotel und traten in Dr. Soltau's Zimmer. Der Fremde erhob sich, um seine Gäste zu begrüßen, Harry stellte Edwin Willmann vor, und dieser konnte nicht umhin, sich zu gestehen, daß die ganze Erscheinung des Fremden die Vorliebe seines jungen Schwagers für ihn, seinen Lebensretter, durch­aus natürlich erscheinen ließ.

Victor Soltau war ein großer, schöner Mann und bewegte sich mit der leichten Anmuth Eines, der in vornehmer Gesellschaft zu verkehren gewohnt ist. Ueber den edlen Zügen, der breiten, hohen Ltirn, dem kräftig gebildeten Munde, den großen und klaren dunkelbraunen Augen lag ein Ausdruck von Trübsinn, aber man suhlte unwillkührlich, daß es nichts Schmach­würdigeres sein könne, was einen solchen Schatten über sein Gesicht heraufbeschwor.

Eine halbe Stunde gewöhnlichen Geplauders endete damit, daß Edwin Willmann in wärmster Weise Harry's wiederholte Einladung unterstützte und in Dr. Soltau drang, während seines Aufenthaltes in der Stadt das Hotel mit seinem Hause zu ver­tauschen.

Ein Blick innigen Dankes war die erste Ant­wort ans seine Bitte. Dann sagte Dr. Soltau:

Ich bin Ihnen dankbar für Ihre Einladung, aber ich kann sie nicht annehmen. Ich bitte Sie," fügte er schneller hinzu,versuchen Sie nicht, mich umzustimmen. denn der Schmerz, den ich empfinde, in­dem ich mich einem solchen Freundschaftsbeweise ge­genüber ablehnend verhalte, ist tiefer, als Sie denken können."

Aber thun sic dann nicht besser," bemerkte Harry,unsere Einladung anzunehmen, und so sich und uns jeden Schmerz zu ersparen?"

Ich kann nicht. Meine Gründe Ihnen aus­einander zu setzen, liegt nicht in meiner Macht; das Geheimnis;, das ich zu wahren habe, gehört mir nicht allein. Es sind fünfzehn Jahre her, seitdem mein Fuß zum letzten Male die Schwelle eines befreunde­ten Hauses beschritten hat; nur zu den Stätten des Elends führte mich mein Weg, wo ich den Armen zuweilen ein wenig Hülfe bringen konnte. Seit fünf­zehn Jahren hat meine Hand nicht mehr den Freund­schaftsdruck gefühlt."

Und doch ist diese Hand frei von jedem Ver­brechen. Sie sagten es mir," nahm Harry wieder das Wort,und ich lasse nicht von Ihnen ab, ja, Sie müssen zu uns kommen und uns den Versuch gestat­ten, ob es uns nicht gelingt, die schwere Bürde Ihres Herzens, die Sie um Anderer willen tragen, ein we­nig leichter zu machen!"

Auch Edwien vereinigte wiederum seine Bitten mit denen seines Schwagers, und der Doktor willigte endlich ein, wenigstens einen kurzen Besuch bei Edwin Willmann in dessen Villa zu machen.

Der Abend, ein unangenehmer, frostiger Novem­berabend, war schon hereingebrochen, als die Drei vor dem Hause anlangten, wo Harry's Schwestern, Letlie Willmann und Ehristie Stenger ihnen erwartungsvoll entgegentraten.

(Fortsetzung folgt.)

Amtliches.

Noch einmal die angefrorenen Kartoffeln. Ueber die Verwerthung angefrorener Kartoffeln änßert sich HerrJasse-Linde in derDeutschenlandwirthschaft- lichen Zeitung" u. A. folgendermaßen: Ist der Frost in den Keller gedrungen, so hat dies in der Regel nicht viel auf sich, da, namentlich bei hoher Aufschüttung und der sich in Folge dessen entwickelnden Wärme, zunächst nur die obere Schicht leidet, die mit leichter Mühe abzunehmen ist. Freilich muß mau, nachdem der Keller gut versichert und die Luft darin wieder entsprechend warm ist, wiederholt Nachsehen und alle angefrorenen Kartoffeln, d. h. solche, die nasse, weiche Stellen zeigen, sofort entfernen, da das aus ihnen auslaufende Wasser verderblich auf die darunter lie­genden gesunden Knollen wirkt. Ist der Frost in

die Mieten gedrungen, so ist die Sache unangeneh­mer. Wenn man nicht Gelegenheit hat, diese Kar­toffeln sofort in der Brennerei zu verwerthen oder nach einer solchen zu verkaufen (erfahrungsmäßig thut das einmalige Gefrieren der Ausbeute an Spiritus wenig oder gar keinen Abbruch), so ist vorläufig nur zu rathen, die Mieten mit langem Dung oder, was noch besser, mit Kiefernnadeln zuzudecken, damit der Frost nicht tiefer cindringt, und nur nach und nach so viel aufzunehmen, als sofort verbraucht werden. Wird die Witterung später gelinder und ist zu be­fürchten, daß die Kartoffeln unter der Decke aufthanen, so legt man die Miete blos und läßt die angefrore­nen rein absammeln und die übrigen wieder zudecken. Doch ist stets zu rathen, letztere nicht bis in's Früh­jahr aufznbewahren, da sie doch mehr oder weniger gelitten haben und sich nicht gut halten, namentlich ist es von Nachtheil, dieselben zur Saat zu verwen­den; man thut besser, sie bei Zeiten nach der Bren­nerei zu fahren und sich nöthigenfalls neue Saat­kartoffeln anzuschaffen. Hat man verhältnißmäßig viel erfrorene Kartoffeln, die nicht in der Brennerei zu verwerthen sind, so empfehle ich, wie es vielfach angerathen wird, solche nicht, nachdem sie gekocht oder gedämpft sind, behufs Aufbewahrung einzusram- pfen. Es ist dies sowohl für den Augenblick eine zu große Arbeit, wie solche auch oft nicht recht ge­lingt, und die Masse alsdann nicht den Futterwerth hat, den man der aufgewandten Mühe nach berech­tigt ist zu ewarten;, zum mindesten ist und bleibt es immer ein umständliches Berfahren. Wenn man da­gegen solche gänzlich erfrorene Kartoffeln im Freien dünn ausbreiten läßt, und zwar möglichst auf Rasen, auf in der Nähe des Gehöftes liegende Raine, in Koppeln, oder auf Rasenstücke in Park und Garten, so verbleiben dieselben durchaus verwendbar zur Vieh­fütterung. Sie haben, nachdem sie gekocht find, fast das Aussehen von nicht gefroren gewesenen Kartof­feln; sie nehmen wieder ihre runde volle Form an, nur sehen sie inwendig etwas dunkler aus, werden aber vom Vieh gern genommen und sind demselben auch zuträglich. Das Verfüttern der gefrorenen Kar­toffeln in der geschilderten Weise ist ein bei weitem einfacheres und billigeres Verfahren und auch weniger riskant, als es durch das Einsäuren wird; ich kann es den Landwirthen, die etwa in die Lage gekommen sind oder noch kommen, cs mit erfrorenen Kartoffeln zu thun zu.haben, nur empfehlen.

Ausdehnung der Brust. Leute, die nicht zu arbeiten brauchen, oder solche, die im Zimmer eine sitzende Beschäftigung haben, gebrauchen ihre Lunge nur wenig, athmen nur wenig Luft in die Brust ein, bekommen dadurch, ganz abgesehen von der Positur, eine schmale Brust und legen den Grund zu dem Verluste von Gesundheit und Schönheit. Alles dies aber kann vermieden werden, wenn man der Art und Weise des Athmens einige Aufmerksam­keit widmet. Man bedenke, daß die Lunge ihrem Baue nach einer Blase gleicht und mit vollkommener Sicherheit bis zum Doppelten ihres Umfanges aus­gedehnt werden kann, wodurch eine breite, gegen Schwindsucht vollkommen gesicherte Brust gebildet wird. Das Mittel, und zwar das einzig erforder­liche Mittel hierzu ist die gewöhnliche Luft, welche wir athmen, vorausgesetzt jedoch, daß kein äußerli­ches Hinderniß, wie z. B. festes Schnüren und der­gleichen vorhanden ist. Wenn man des Morgens ans dem Bette aufsteht, richte man sich gerade em­por, werfe Kopf und Schulter zurück und athme so viel Luft als möglich auf einmal ein; dann halte man den Athem an, so lange es gehen will, und wiederhole diese langen Athemzüge so oft, als man Luft hat. Nimmt man diese Operation in kalter Luft vor, so ist dies um so besser, denn die Lust ist dann viel dichter und wirkt weit kräftiger auf die Ausdehnung der Lunge. Uebt man die Brust oft auf diese Weise, so wird sie biegsam und dehnbar und gestattet eine bedeutendere Entwickelung der Lunge.

(Frost gegen Pocken.) Während des diesjährigen außergewöhnlich kalten Winters wurde in dem Posener städtischen Hospital eine merkwürdige Beobachtung gemacht. Einige an Blattern Erkrankte waren, wie dies oft vorzukommen Pflegt, im Fieber­delirium aus den Krankensälen entflohen und brach­ten die Nacht im Freien zu. Bei denselben war die Krankheit in höchster Blüthe und der ganze Körper übersäet mit den scheußlichsten Pusteln, das Fieber bis zu 41 Grad gestiegen. Ein Pockenkranker, der,

nur mit einem Hemde bekleidet, Nachts aus dem ersten Stock durch das Fenster auf die Straße ge­sprungen war, irrte daselbst bei 10 Grad Kälte längere Zeit umher und wurde am nächsten Morgen nicht nur vollkommen fieberfrei angetroffen, sondern die Pockenpusteln waren auch total zusammengefallen und in Rückbildung begriffen. Zwei weibliche Kranke, die sich bald darauf unter ähnlichen Verhältnissen aus dem Krankenhause entfernten und die ganze Nacht aus den: kalten Corridor zubrachten, boten bei der Morgenvisite der Aerzte dieselben Erscheinungen dar. Nachdem man diese zufälligen Beobachtungen gemacht hatte, versuchte man auch die gefundenen Thatsachen experimentell zu verwerthen. Einige Pocken­kranke wurden sofort nach ihrer Aufnahme in das Hospital in das außerhalb der Stadt gelegene La­zaruskrankenhaus gebracht und daselbst in einem un­geheizten Zimmer, dessen Fenster offengehalten wurde, behandelt; am nächsten Tage schon war das hoch­gradige Fieber erloschen, die Pusteln waren zusam­mengefallen, und nach 8 Tagen trat Heilung ein. Bei einem Schuhmachergesellen, welcher alsbald aus­genommen wurde und eine der intensivste^ Pocken­erkrankungsformen darbot, konnte dasselbe Resultat mit der Behandlung verzeichnet werden. Das Fieber siel von 41 auf 380s Grad; die Haut schilferte sich in den nächsten Tagen voll ab und der Kranke wurde nach mehreren Wochen geheilt entlassen. Auch bei vielen anderen sieberhaften Jnfectionskrankheiten, bei welchen die Kranken einer Temperatur unter Null- Grad ausgesetzt wurden, waren gleichartige Erfolge in Bezug auf rasche Herabsetzung der Fiebertempe­ratur, ohne Anwendung jeglichen Medikamentes, zu verzeichnen.

(Civilliste europäischer Fürsten.) An täglichem Gehalte beziehen: der russ. Kaiser 100,000 der Sultan 72,000, der Kaiser von Oestreich 40,000, Kaiser Wilhelm 32,800, der König von Italien 25,600, die Königin von England 25,207, und der König von Belgien 6572

Mittel gegen die Gicht. Der Geh. Medicinalrath Dr. H. Hoffmann (Verf. des Struw­welpeter) wurde von einem Freunde um ein Mittel gegen die Gicht gebeten. Rasch nimmt Hoffmann einen Receptzettel aus der Brieftasche und schreibt dem Patienten folgendes Recept ans:

Es hat ein Licht sich mir entzündet;

Durch Forschen habe ich ergründet,

Woher dein böses Hüftweh kommt.

Vom Weine fährt und nur vom Weine Ein solch' Gebreste in die Beine,

Vom Weine, der dir wenig frommt.

Doch merke wohl, wie ich es meine:

Das kam allein vom sauren Weine,

Den du getrunken irgend wann.

Zu Kopfe steigen gute Weine,

Die schlechten fahren in die Beine,

Drum trinke gute nur fortan.

Der alte Gott lebt noch. In einer mittleren Stadt Weftpreußens wurden vor einiger Zeit zwei Personen, ein schwedischer Schiffer und ein alter Färber aus Hannover, welche lange Zeit ge­meinschaftlichgestromt" hatten, wegen Bettels arre- tirt, vor den Polizeirichter gestellt und jeder mit 14 Tagen Haft bestraft. Nachdem sie im Gefängnisse vorschriftsmäßig vom Ungeziefer gesäubert waren, das lang entbehrte Hemd und warme Kleidung bekommen hatten, wurden sie in eine erwärmte Zelle geführt. Zn Mittag gab es Reis mit Schweinefleisch. Als dinirt war, klopfte der Färber dem anscheinend ver­zagten Schiffer auf die Schulter und sagte:Weißt Du, College, der alte Gott lebt noch."

Wasser. Die Hausfrau, welche ein Pfund Seife oder ein Pfund Alaun kauft, bekommt im er­sten Falle dreiviertel Pfund Wasser mit und im zwei­ten beinahe ein halbes Pfund. Wenn sie zwanzig Pfund Kartoffeln kauft, so befinden sich darunter fünfzehn Pfund Wasser und wenn ihr der Fleischer fünf Pfund Rindfleisch schickt, so sind vier Pfund davon Wasser.

Zur Lotteriechronik. Frau N. entlief ihrem betrübten Gatten. Dieser hatte einen kostbaren Einfall. Er machte bekannt, daß er 50000 in der Lotterie gewonnen habe und siehe, am nächst­folgenden Tage kehrte der schöne Deserteur in die Arme des Gatten zurück. Ein niedlicher Backfisch gewann ein großes Hinterlader-Gewehr in der Lot­terie. Als man es ihr überreichte, fragte sie:Be­kommt man nicht gleich einen Soldaten mit dazu?"