53 Mill. Mark mehr als im laufenden Etat angenommen war, belaufen. Im Jahre 1880—81 würde der Mehrcrtrag der Zölle in Folge des neuen Tarifs also noch nicht die Hälfte derjenigen Summe betragen, welche in der letzten Session als wahrscheinliche Steigerung der Einnahme betrachtet wurde. Für das Jahr 1881—82 würden die Einnahmen noch eine erhebliche Steigerung erfahren müssen, wenn sie hinreichen sollten, auch nur die Ausgaben für die Erhaltung der Armee zu decken, welche sich auf Grund der neuen Vorlage auf 336 Millionen Mark belaufen würden. Seit 1871 tritt jährlich circa ein Drittel Procent der Bevölkerung ca. 150 000 Mann (1878: 151,183) in das Heer zur Ausbildung ein. Für die zwölf Jahrgänge, welcher diese Männer in Linie, Reserve und Landwehr verbleiben, ergibt dies nach dem erfahrungsmäßigen Abgang von 15 Prozent in dieser Zeit 1,530,000 Mann, wozu noch über 70,000 Mann Offtciere und Untcrofficiere vom Beruf kommen. Auf diese 1,600,000 Mann aber beschränkt sich die heutige Kricgsarmee noch nicht. Bekannt ist, das; 1870 - 71 Soldaten bis zum 41. Lebensjahre eingezogen wurden, nnd das; das neue Landsturmgesetz von 1875- die Vollmacht enthält, neben vbigen 1,600,000 Mann noch 10 Jahrgänge Landsturm, d. h. ausgediente Soldaten unter 42 Jahren, also mindestens 1,000,000 im Kriegsfall einzuberufen. Zn diesen 2,600,000 Mann dreijährig ausgebildeter Soldaten kommen dann noch als Ersatz die unans- qcbildeten 22—27jährigen jungen Leute der Ersatzreserve 1. Klasse mit 350,000 Mann nnd der bei der Mobilmachung zur Aushebung gelangende Jahrgang der 19jährigen mit 150,000 Mann. Deutschland kann also schon ohne die neue Militairvvrlage, wenn es sein mnß, im nächsten Kriege bis zu drei Millionen Mann aufstellen, eine Armee, wahrlich stark genug, wie sich einmal ein alter General im Befreiungskriege ausdrückte, um selbst den Teufel aus der Hölle zu jagen.
Wegen einer recht unüberlegten Aeußerung über den Kaiser, welche zur Anzeige gekommen ist, befindet sich ein Einjährig Freiwilliger eines Berliner Garderegiments in Untersuchungshaft. Wie sich vor- ausseheu läßt, wird die Strafe sehr hart aussallen und nicht unter zwei Jahre Festung bemessen werden. Außerdem verliert der leichtsinnige junge Mann seine Berechtigung zum einjährigen Dienst und muß nach verbüßter Strafe 3 Jahre nachdienen.
Minden, 29. Jan. In Folge schlagender Wetter in der benachbarten Zeche „Meißen" ist heute früh die ganze angefahrene Mannschaft verbrannt. Um 1 Uhr Mittags waren 10 Todte und 9 Verletzte herausgebracht worden. 5 Mann, welche wahrscheinlich todt sind, befanden sich noch in der Grube.
In Elsaß-Lothringen Reaktion, aber eine gesunde deutsche wider französische Verwälschung. Nicht weniger als 680 Orten sind die alten guten deutschen Namen wieder gegeben worden. Die Franzosen hatten die meisten Ortsnamen unter ihrer fast 200jährigen Herrschaft einfach ins Französische übersetzt. Oesterreich—Ungarn.
Die Nachricht von der Verstärkung der deutschen Heeresmacht, wie sie in der Vorlage an den deutschen Bundesrath beantragt ist, soll in den Wiener diplomatischen Kreisen großes Aufsehen erregt haben. In den dortigen maßgebenden militärischen Kreisen beurtheilt man die Vorlage in Betreff der Erhöhung der deutschen Wehrmacht als einen Act weiser Vorsicht und rechtzeitiger Wachsamkeit.
Salzburg, 29. Jan. Ein Feuer, welches gestern im hiesigen Bahnhof ausbrach, zerstörte dessen Mitteltrakt vollständig. Die Scitentheile gelang es zu retten. Der Schaden beträgt etwa 60 000 Gulden. (N.-Ztg.)
Italien.
Rom. Das berühmte, hoch in den Bergen zwischen Rom und Neapel gelegene Kloster Monte cassino begeht in diesem Sommer den 1400jähr. Gedenktag der Geburt des Gründers seines Ordens, des Sanct Benedict. Die Feier, an welcher der Vatikan theilnimmt, wird großartig. Schon seit einem Jahre arbeitet man an den Vorbereitungen für dieselbe. Man ist soweit gegangen, mit ungeheuren Kosten einen Fahrweg bis zur höchsten Spitze des Gebirges anzulegen. Bis dahin konnte man, und zwar nur sehr mühsam auf engem Saumpfade, das Kloster einzig zu Fuß oder zu Pferde erreichen. Auch die italienische Regierung und sogar der Hof
hat die Absicht, an der Feier sich zu bethciligen. — Neben Monte cassino ist es ein anderes Kirchenfest, das die hiesigen betheiligten Kreise lebhaft beschäftigt: Die Fertigstellung und feierliche Einweihung des Domes zu Köln a. Rhein, als des herrlichsten katholischen Gotteshauses nach St. Peter. Man hofft und wünscht sehr, daß die Verhältnisse, d. h. die Beziehungen zwischen Rom und Berlin, die Sendung eines Päpstlichen (mit päpstlicher Pracht auf- tretcnden) Delegaten nach der preußischen Provinz gestatten werden.
Frankreich.
Der Telegraphe meldet: Der Zwischenfall mit Herrn v. Saint Ballier neigt sich zum Ende. Unser Botschafter in Berlin zieht seine Entlassung zurück. Er hatte dieselbe nur anstandshalber gegeben, um dem Minister des Ausw. völlig freie Hand zu lassen.
Schweden und Norwegen.
Die allgemeine Wehrpflicht soll nunmehr auch hier eingeführt werden, wohl weil man eingesehen hat, daß das System der alterthümlichen Söldnerheere nicht mehr recht für die Jetztzeit angebracht sei. Eine Vorlage hierüber ist dem schwedischen Reichstage bereits zugegangen. Dieselbe wird durch die allgemeine Bemerkung eingeleitet, das; die Ver- theidigung des Landes eine Stärkung erfahren müsse, ohne daß in Friedenszeiten neue Opfer erforderlich würden. Die wesentlichen Bestimmungen des neuen Gesetzentwurfes sind die folgenden: Jeder Schwede ist von seinem 21. bis zum vollendeten 40. Lebensjahre wehrpflichtig. Die Wehrpflicht wird durch 12jährige Dienstzeit in der Landwehr und 8jährige in dem Landsturm Genüge geleistet.
England.
Zwischen England und der Türkei ist am 26. d. M. eine die Abschaffung der Sclaverei bctr. Konvention abgeschlossen worden, wonach alle die türkischen Gewässer befahrenden verdächtigen Schiffe, Kriegsschiffe ausgenommen, angehalten und untersucht werden können und die Schuldigen den Strafgesetzen unterliegen. Auch wegen einer definitiven Abtretung Cyperns sollen zwischen England und der Pforte Unterhandlungen schweben.
Rußland.
Das Allerneueste, was jetzt in Petersburg über nihilistische Vorkommnisse colportirt und von Persönlichkeiten, die dem Hofe nahe stehen, bisher auch nicht bestritten wurde, ist, wie das „Tagblatt" erfährt, ein eigenthümlicher Vorfall, welcher jüngst dem Kaiser Alexander bei einer Ausfahrt Passirt sein soll: Der Kaiser griff nach seinem Taschentuch in die Brusttasche seines Mantels und zog mit dem Tuche zugleich eine zusammengefaltete revolutionäre Proclamatiou heraus. Es wurden bei dem Unterpersonal des Palais sofort umfassendste Recherchen angestellt, doch ergaben dieselben Anfangs gar keinen Anhalt, wie jene Proclamation in die Manteltasche des Kaisers gekommen; neuerdings aber wird behauptet, daß sich ein Diener aus der nahen Umgebung (des Zaren durch eine sehr bedeutende Geldsumme zur Ausführung jener That habe bewegen lassen. — Von dem in voriger Woche vor dem Winterpalais arretirten Menschen mit einem vollständigen Waffenarsenal — man sprach von sechs Revolvern und einem Dolch — erhält sich die Verhaftungsnachricht.
Asien.
lieber Betlehem in Palästina leuchten in diesem Winter keine freundliche Sterne und die Hirten singen nicht auf dem Felde. Es herrscht der strengste Winter und in den letzten Nächten des v. I. und den ersten Tagen des neuen Jahres fiel so viel Schnee, daß die Leute beim Oeffnen der Hofthüren bis an die Kniee in den Schnee sanken; der Schnee wurde dann vom Regen und Frost abgelöst. Es herrscht dort große Noth.
Landet L Gerkehr.
Aus dem Oberamt Gerabronn, 29. Jan. Die Holzpreise ImM> eine erhebliche Steigerung erfahren und es wurde Harthois bis zu 14 pr. Rm., buchene Wellen bis zu 27 pr. 100 Stück bei raschem Absatz bezahlt.
Gmünd, 26. Jan. (Bi eh markt.) Die Preise für ein Paar Ochsen bewegten sich von 30—44 Karotin, für eine Kuh von 6—16 Karolin, für eine Kalbel von 6—12 Karolin mit Trinkgeldern. Rach dem Gewicht berechnet sich der Preis bei lebenden Mastochscn per Ctr. auf 32—34 bei Einstellochsen auf 28—30 ^
128 500 Mark für Anfertigung neuer Reichskassen- scheine an Stelle der jetzt einlaufenden. So steht in dem
Etat 1880—81. Man will die alten, die nicht schön und gut nnd vielfach nachgemacht worden sind, einziehen. Die neuen Rcichskassenscheinc sollen auf Wilox'schem Pflanzcn-Faser-Papier gemacht und künstlerisch ausgestattet werden. In letzter Hinsicht wird eine Preisbewerbung für Künstler ausgeschrieben werden; 7500 Mark sind für Preise in Ansatz gebracht. Man bekommt also zur Valuta des Reichs ein schönes Bild darein.
Der gebesserte Verbrecher.
(Schluß.)
Doch wir kehren zur Versammlung vor dem Hause zurück. Einer der Männer, der eine Art geistiges Uebergewicht bei den andern zu behaupten schien, hatte die Versammlung angeredet. Er legte ihnen in kurzen kräftigen Worten das Verbrechen, welches an einem ihrer Genossen verübt war, dar nnd stellte an die Versammlung die Frage, ob der Räuber nach San Francisco gebracht werden und demselben die Möglichkeit geboten werden solle, durch Einfluß oder Flucht der Strafe, gleich so Manchem vor ihm, zu entgehen, oder ob sie es selbst in die Hand nehmen wollten, den fremden Verbrecher, der einen ihrer Brüder mit kaltem Blut ermordet, zu strafen. Er wiederholte diese Frage unter der Bemerkung, daß alle Diejenigen, welche für die Ueberlieferung des Gefangenen wären, die Hand aufheben. Diejenigen jedoch, welche für eine Volksjustiz stimmten, die Arme Niederhalten sollten. Keine Hand erhob sich und so hatte diese einfache Art des Stimmabgehens dahin entschieden, selbst Gericht über den Mörder zu halten und selbst ihn zu strafen.
Es trat nun schnell eine Zury von zwölf Männern zusammen, um über die Schuld und Strafe des Gefangenen zu verhandeln. Da kein Verhör mit demselben fast vorgenommen werden konnte, so wurden die Umstände vor und nach der That zusammengestellt u. der Schluß daraus gezogen, daß der Gefangene, um zu rauben, ins Haus gestiegen sei, und durch das Erwachen Charles gehindert, diesen ermordet habe, daß er jedoch Gegenwehr gefunden und von der Hand des Sterbenden so schwer verwundet worden sei. Die Miner hatten zuerst keine Ahnung davon, daß noch ein anderer Räuber bei dem Morde mitgewirkt habe, erst mehrere Tage später, als die Erzählung Louis Bock's die Wahrscheinlichkeit herausstellte, daß der zweite Räuber entflohen sei, wurde die Pferdespur im Walde verfolgt. Dieselbe leitete bis an die Schlucht, wo wir Forx zuerst fanden und verlor sich dann im Gebirge. Die Höhle wurde später auch entdeckt, sie befand sich ganz in demselben Zustande, wie wir sie am ersten Abend sahen. Kein Stück Möbel oder Geräth fehlte, nur an der Stelle, wo der zur Seite geworfene Tisch gestanden, fand man ein Loch gegraben, in welchem ein offenes leeres Käftchezi stand.
Nachdem man darüber einig war, daß der Gefangene des Mordes schuldig sei, wurde dazu geschritten, seine Strafe zu bestimmen. Sie lautete nach kurzer Berathuug auf „Tod durch Erschießen."
Die ganze Verhandlung hatte nur eine Stunde gewährt, und in der nächsten Stunde war schon der Mörder hinttzr dem Hause, in welchem er das Verbrechen verübt hatte, an einen Baum gebunden, um seine Strafe für die Mordthat daselbst zu erleiden. Die besten Schützen unter den Minern hatten geloost, welche von ihnen das Urtheil vollstrecken sollten und sechs Männer standen jetzt ungefähr zwölf Schritte von dem Verurteilten, ihre scharf geladenen Büchsen zum Gebrauch zurecht haltend.
Trotz des großen Blutverlustes, und der gewaltigen Schmerzen, welche er erlitten und noch litt, hatte der eiserne Wille des Banditen nicht nachgegeben. Man hatte ihn zu dem Baum, an welchem er sterben sollte, tragen müssen, denn trotz der Anstrengung, die er sich gab, selbst zum Richtplatz zu gehen, hatte er nicht die nöthigen Kräfte dazu finden können; doch hier angebunden, hielt er den Kopf aufrecht und sah mit Trotz und Verachtung auf die Leute, die ihm im nächsten Augenblick den Tod geben sollten. Mit einer unwilligen Kopfbewegung hatte er es abgelehnt, daß ihm die Augen verbunden würden. Man hatte seinen Wunsch gewährt, die kräftigen Männer ehrten selbst in dem Verbrecher den Muth, der einer guten Sache werth gewesen wäre.
Auf ein verabredetes Zeichen fielen sechs Schüsse und Forx, der große Verbrecher, hatte seine Laufbahn vollendet. Seine Leiche wurde ohne weitere Ceremonie hinter dem Felde Müllers eingescharrt.
Kein Hügel, kein Kreuz zeigte, wo des Verbrechers Gebeine modern.
9.
Am folgenden Tage beschien die freundliche Mit-