ein diplomatischer Kunstknisf, vielleicht auch ernstliche Vorbereitungen — doch wäre es schwer zu errathen, zu welch' grausamem Zweck diese dienen sollten. Auch Politik hat an gewissen Stellen ihre Grenzen.
Die Gesetzesvorlage wegen einer Creditfvrderung zur Abhülse des NothstandeS in Oberschlesien ist bei dem preußischen Abgeordnetenhause eingegangen. Der Finanzminister sprach bei dieser Gelegenheit ans, die Verhältnisse hätten sich seit der Interpellation im Abgeordnetenhaus;: noch zum Schlimmeren gewandt. Die Regierung hätte die Sachlage an Ort und Stelle untersucht. Die Zahl der Hülssbedürftigen betrügt 106,000. Bis Ende dieses Monats ist vorgesorgt, dann ist weitere Staatshülfe erforderlich. Ans vier Monate sind per Monat 1,500,000 c4L, im Ganzen 6 Mill. erforderlich, deren Bewilligung jetzt beantragt wird. Eine halbe Mill. wird zur Ernährung der Hülfsbedürftigen a konäs porän gefordert. Der Reit wird zu Darlehen für die Aussaat den Kreisausschüssen überwiesen werden. Ferner sollen Eisenbahnlic- nien gebaut werden, von Krenzburg nach Lublinitz und Tarnowitz, von Gleiwitz nach Rybniv und von Oppeln nach Neisse mit 2 Zweigbahnen. Die Bauten kosten 12Vr Mill. Die Regierung wird ferner Drainageanlagen in großem Maßstabe vorbereiten. Wenn Alles wahr sei, was über die dortigen Wucherver- hältuisse gesagt wird, so müsse etwas geschehen, um die Bevölkerung auch gegen ihren Willen zu schützen. Die Regierung würde die Schulverhältnisse verbessern, und den Flachsbau, die Strohslcchterei und die Holzarbeit fördern. Der Minister schlug vor, die Vorlage an die Budgetkommission zu überweisen.
Seit Neujahr ist ein merkbarer Rückgang der Getreidepreise eingetreten, trotzdem der Zoll von 10 Mark ans 100 Kilogramm eingetreten ist. Der Getreidezoll hat also keineswegs die Wirkung gehabt, den Preis zu erhöhen oder auch nur den einmal auf dem Weluuarkt Platz greifenden Rückgang auszuhalteu. Diese Erscheinung, welche man unmittelbar nach Einführung der neuen Zölle auch bei andern Artikeln beobachten konnte, erklärt sich in der Hauptsache durch das Bestehen bedeutender Borräthe, welche noch vor Eintritt der Zollpflicht zollfrei in das Zollgebiet geschasst worden sind.
Die Nachricht der s,'Köln. Ztg.", wonach ein seit dem Gefecht von Spichern vermißter Soldat, welcher auf dem Remscheider Kriegerdenkmal zu den Tobten gezählt worden, jetzt aus seiner Gefangenschaft in Algier zu den Seinigen zurückgekehrt sei, beruht, wie der Remscheider „Fortschritt" berichtet, nach den vom Bürgermeister zu Lüttringhausen an- gestellten Nachforschungen auf Erfindung. Oesterreich—Ungarn.
Tcplitz, 12. Jan. (Die Quellen abermals in Gefahr.) Durch sorgfältige Beobachtungen ist das Sinken der Schönauer Neubadqnellen um 7 Centm. per Tag konstatirt und die Thatsache erwiesen worden, daß die Schönauer Quellen ebenfalls irritirt und im Zusammenhänge mit den Teplitzer Quellen stehen. Nur energisches und sofortiges Handeln kann den Kurort vor unabsehbarem Schaden bewahren.
Italien.
Die Italiener haben meist schöne Augen und rollen sie auch meist fürchterlich schön, sie sind aber zu groß und begehrlich für ihren Magen. Glück und Geschick haben den Italienern die alten Provinzen Mailand und Venedig wieder zugeführt, sie könnten sich damit begnügen, sie werfen aber ihre rollenden Augen unaufhörlich nach Triest und Trient, dem noch „unerlösten Italien", wie sie sagen und werden dadurch zu gefährlichen Nachbarn und Verschwörern für Oesterreich. Es ist sehr die Frage, ob Triest und Trient einen guten Tausch machen würden, wenn sie italienisch würden; Venedig wenigstens hat, als es wieder zu Italien kam, einen schlechten Tausch gemacht und verfällt immer mehr, weil Italien kein Geld hat für diese Königin, die zur romantischen Bettlerin geworden. Italien ist nicht krank, weil es zu klein ist, wie die Verschwörer-Gesellschaft Jtalia irredenta behauptet, sondern weil es zu groß, zu arm und von leidenschaftlichen Parteien zerrissen und gelähmt ist. Die Italiener sollten ihre großen, schönen und rollenden Augen lieber nach innen als nach außen richten und nicht immer die Verschwörer und den Möros „den Dolch im Gewände" spielen. Frankreich.
Paris. Einer der Aerzte des Hospitals Sainte- Eugenie in Paris, Georg Herbelin, wurde in Folge
seiner aufopfernden Pflichterfüllung und Hingebung in der Pflege der zahlreichen, an der Diphteritis erkrankten Kinder dieses Spitals, znm Ritter der Ehrenlegion vorgeschlagen. An demselben Tage, an welch das Journal „Offiziell" die Ernennung Her- belin's zum Ritter der Ehrenlegion veröffenlichte, erkrankte derselbe seinerseits an der Diphteritis und starb nach Verlauf von 12 Stunden.
Spanien.
Aus Madrid wird gemeldet, daß der Attentäter Otero einen Brief an König AlphouS gerichtet, worin er um sein Leben bittet.
England.
London. In Bradford stellten 1500 Arbeiterinnen, weil sie mit ihrer Forderung behufs Lohnerhöhung abschlägig beschieden wurden, die Arbeit ein. — Die den HH- Samuel Jutcliffe und Sons gehörige Baumwollspinnerei die größte in Bradfort, brannte total ab. Der verursachte Schaden dürfte 40,000 Lstr. übersteigen.
Die Zustände in Irland sind nachgerade derartige geworden, daß man vollkommen berechtigt ist, von einer theilweisen Anarchie zu sprechen. Die Regierung ist entweder nicht Willens oder außer Stande, dem Gesetze Ansehen und Geltung zu verschaffen. Während der letzten Woche verging kein Tag ohne arge agrarische Excesse.
Rußland.
Petersburg. Der Nihilismus, resp. Sozialismus beginnt sich in Rußland zu verwirklichen. Aus dem Bezirk Perejaslow, im Gouvernement Poltawa, wird geschrieben, daß die Bauern der dortigen Dörfer Jwanomka, Sehkowka und Morosowka alle zu den Gemeinden und Gutsbesitzern derselben gehörenden Grund- und Ackerstücke, Wiesen, Wälder u. s. w. in ganz gleiche Theile zerthcilt und diese dann an sämmtliche Insassen der genannten drei Dörfer ganz gleichmäßig vertheilt haben. Alle Proteste, Drohungen, Strafen u. drgl. von Seiten der Gutsbesitzer und Behörden halfen nichts, die Bauern blieben bei den bereits gefaßten und von deren Richtern amtlich bestätigten Beschlüssen und führten den vollständigsten Kommunismus in Bezug aus die Güter ein. Diesem Beispiele wollen nun die Dörfer Linzbarzy, Polaki und viele andere im Gouvernement Poltawa folgen. In Anbetracht dessen befindet sich die russische Negierung in der unangenehmsten Situation. Die Bauern der oben bezeichneten Dörfer erklärten, „eher unter den Kugeln der Soldaten zu sterben, als den Grund der Gutsbesitzer wieder herausgeben zu wollen."
In Warschau und einigen anderen Orten in Polen ist die Rinderpest wieder ausgebrochen.
Warschau. Ein empörrüdes Metier ist Jahre laug vou ciuem Weibe getrieben morden, welches vor Kurzem erst in die Hände der Polizei gefallen ist. Letztere hatte schon lange zu erforschen gesucht, woher die Anzahl ermordeter neugeborener Kinder kam, die man immerfort auf den Straßen Warschaus liegen fand, bis ein Zufall die richtige Spur aufwies. Mau fand, daß ein Weib gewerbsmäßig neugeborene Kinder, deren Dasein den Eltern unbequem war, aus dem Leben schaffte und die Leichen dann auf den Straßen aussetztc. Aus dem Geständnis; der Berbrecherin, einer Taglöhnerin, Namens Schimschak, geht hervor, daß sich an dem sehr einträglichen Gewerbe auch noch andere Personen betheiligtcn, namentlich der bei ihr lebende Arbeiter Stampniak und eine Hebamme, welche die Kinder lieferte. Die Schimschak gestand ferner ein, in der letzten Zeit 16 Kinder eigenhändig erstickt und die Leiche in den Stadtgraben oder auch ans die Straße geworfen zu haben. In der Wohnung fand man vier Säuglinge, die in gewohnter Weise beseitigt werden sollten. Als inan die Kinder in das Findclhaus schaffte, starb das eine von ihnen an Entkräftung.
Türkei.
Die orientalische Angelegenheiten sind wieder dahin gelangt, um das Einschreiten der Großmächte erforderlich zu machen. Die türkisch-montenegrinische Grenzfrage soll nur auf dem Schlachtfelde ihre Lösung finden.
Noch immer nicht ist der Grenzstreit entschieden, der zwischen der Türkei und Griechenland obwaltet. Deutschland und Oestreich wünschten nicht weniger als Frankreich, diesen Grenzstreit ausgetragen zu sehen. Oestreichischerseiks wurde dabei der Gedanke nahe gelegt, die Empfindlichkeit der Türkei thunlichst zu schonen. Der französische Minister Waddington legte einen Plan vor, nach welchem der größere Theil Thessaliens Griechenland zufiele, die Stadt und der Distrikt Janina aber in türkischem Besitz verbliebe. Derselbe erhielt sofort die Zustimmung Oestreichs u. Deutschlands, dann auch die Italiens u. Rußlands. Nur die Beitrittserklärung Englands hat auf sich
warten lassen; sie war noch nicht eingetroffen, als Herr Waddington aus dem Ministerium ausschied, und mit dem Rücktritte des Letzteren scheint die Sache vorläufig wieder aus die lange Bank geschoben worden zu sein.
Amerika.
Ncwyvrk, 15. Jan. Eine Depesche des He- rald meldet die Ueberschwemmnng der Insel Saint Christoph am 4. ds. Zweihundert Personen seien ertrunken. Schaden 250 000 Dollars.
Wohlriechende Zeitungen. Ein spekulativer Nordamerikaner hat vor kurzem angesangen, eine parfümirte Zeitung heranszugeben, welche, so wie man sie anseinanderfaltet, den köstlichsten Rosenduft ausströmen läßt.
Kandet L Werkehr.
Nagold.
Berkehr auf der Fruchtschranne im Jahre 18?9.
Verkaufte Früchte:
Gattung.
Ztr.
Erlös.
! 4
Mittclpreis. j 4
Kernen.
239
2383
71
9
89
Roggen.
500
4320
—
8
64
Gerste.
1111
9315
90
8
38
Weizen.
9S8
10275
20
10
40
Dinkel.
12412
85088
24
7
2
Haber.
5530
37272
20
74
Hülsensrüchte . . .
462
3469
62
7
51
Mischling ....
379
3485
20
9
18
21621
155610
Zar Beurkundung:
S ch r a n u e n - B o r st a n d.
Eltwaugen, 12. Ja». Zum „kalten Markt" waren 850-000 St. Pferde aufgestellt. Handel anfänglich wegen der geforderten hohen Preise flau, später bei etwas ermäßigter Forderung ziemlich lebhaft. Es kosten Arbeitspferde 5—Kjcihrig 678—754 2jährige Fohlen 282—452 „Hl, russische Fohlen, etwa 80 St. ausgestellt, per Paar IlOO so wurde ein Paar nach Lohr, OA. Crailsheim, verkauft. Die russischen Pferde haben einen unverhältnißmäßig dicken Kopf; über ihre äußere Pflege wurde mißfällig bemerkt, daß sie wieder nicht geputzt znm Markt gebracht wurden; Staub lag genug auf ihnen.
Weil der Stadt, 13. Jan. Der gestrige erste Viehmarkt in diesem Jahre war von Käufern und Verkäufern sehr zahlreich besucht, so daß ein lebhafter Handel in Nutz- und schmalvieh. wie auch in Ochsen und Schweinen zu verzeichnen ist. Zngefnhrt wurden 467 Rinder und Kühe, 235 Paar Ochsen, 303 diverse Schweine, ea. 50 Pferde. Gehandelt wurde sehr viel und mit steigenden Preisen, was um so erfreulicher ist, als schon seit längerer Zeit der Bauer keinen Nutzen aus seinem ost so werthvollen Stall erzielen konnte, vielmehr nebst seinen Füttcrungskosten oft auch noch am Einkauf Schaden hatte. Weniger Leben als im Biehhandel zeigte sich dagegen im Schrannenverkehr, da schon seit längerer Zeit sich der Frnchthandel mehr ans die Speicher verlegt hat, wo der Produzent immer Käufer findet und dabei keine Unkosten und Zeitverluste erleidet; überdies kauft nunmehr der größte Theil der Bäcker seinen Bedarf — statt wie früher nach altem, gutem Branche auf der Schranne — beim Müller oder Mehlhändler; ob immer im eigenen oder im Interesse des konsnmirenden Publikums, ist eine andere Frage.
Mannheim, 12. Jan. Am 1. April 1880 tritt die Tabaksteuer von 20 am 1. April 188k mit weiteren 10 in Kraft, was einen Aufschlag von 5 „L fürs Tausend Cigarren ausmacht. Für den, der angewiesen ist, S-4-Cigar- ren zu rauchen, wird es empsindtich sein, wenn er statt 3 4 4 4 bezahlen muß.
Ans dem badischen Oberlande wird berichtet, daß es im Frnchthandel ziemlich still ist; nur Gerste ist den Händlern genehm. Ueberall aber ist ein Aufschlag der Kolonialwaaren eingetreten; selbst für Salz verlangen die Landkrämer 1—2 4 mehr für das halbe Kilo.
Berlin, 12. Jan. Die Besserung in der Lage der Eisenindustrie hat sich bis jetzt nachhaltig erwiesen. Und wir dürfen annehmen, daß diese Besserung thatsächlich in vermehrter Nachfrage ihren vornehmlich-:» Grund hat. Namentlich scheint Amerika für gewisse grobe Eiscnware», besonders Schienen, landwirthschastliche Maschinen und dergleichen einen großen Bedarf zu haben. Es heißt, Amerika werde, um leichtere Befördern,,g für seine landwirthschastliche Erzeugnisse, die es exportirt, zu haben, während der nächsten Jahre eine beträchtliche Zahl von Berbindungs und Zweigbahnen bauen und seinen landwirtschaftlichen Betrieb, der bislang noch theilweise ans dem Spstcm der Handarbcit beruhte, modernisiren. So versichern denn mit dem Eisengeschäfte Vertrante, daß die Besserung an sich eine reale und natürliche sei. Freilich wagt man nicht recht, zu versichern, daß die Steigerung der Preise und der Produktion im Vergleich zur Höhe des Bedarfs nicht das gerechtfertigte Maß überschreite. Soll eine neue Katastrophe vermieden werden, so ist hier gewiß eher Vorsicht als Vertrauensseligkeit am Platze, denn Walzdraht z. B. ist seit Mitte Nov. von 130 auf 160, dann 180, darauf aus 2l0 gestiegen und kostet seit einigen Tagen 240. Coaks kostete im Herbst 102, jetzt 300 Ich befürchte wieder, sagt ein Industrieller, ein« arge Ucberstürzung und demnächstigen — Jammer.
Aer gebesserte Verbrecher.
(Fortsetzung.)
Bei diesen Worten sprang auch Hiram mit einem fürchterlichen Fluche auf und rief, auf den Tisch schlagend: Forx — Bob und Sarah? Sie müssen