führte, äusserte L. zu seiner Frau:Jetzt schlageich das Mädel todt." Die Frau, welche diese Aeußcrung nicht für ernstgemeint hielt, erwiderte:Solche Ge­schichten wirst Du doch nicht machen" und ging arg­los an ihre häusliche Arbeit. L. begab sich nun in die Küche, in welcher die beiden jüngeren Kinder spielten, die Frau blieb in der Wohnstube. Inzwi­schen kehrte Anna mit dem Beile zurück und übergab es in der Küche dem Batcr. Dieser ergiff das Beil und holte damit zu einem Schlage gegen seine Toch­ter ans, woraus das vierjährige Töchterchen aus der zweiten Ehe hinzusprang, den Bater umklammerte und denselben bat, die Anna nicht zu schlagen. Der Mann wies das Kind jedoch mit barschen Worten zurück. Weinend flüchtete das kleine Töchterchen in eine Ecke und in demselben Augenblick, in welchem die durch den Lärm aufmerksam gemachte Mutter in die Küche treten will, hört sie einen Aufschrei, einen dumpfen Schlag und Fall. Als sie näher kam, bot sich ihr ein grauenvoller Anblick. Ihre Stieftochter lag regungslos am Boden, ans einer klaffenden großen Wunde am Kopfe ergoß sich ein förmlicher Blntstrom. Der Bater hatte seine Tochter mit dem Beile niedergeschlagen, dasselbe dann fortgeworfen und sich schleunigst entfernt. Er eilte zum Amts- vorsreher Rödelius nach Lichtenberg und im Flur des Amtsgebändes stellte er sich dem ihm entgegcntreten- den Amtsdiener Lorenz mit den Worten vor:Ich habe mein Kind ermordet, ich will mich dem Gericht stellen, um bestraft zu werden." Löprick, ein tüch­tiger und gewissenhafter Arbeiter, ist verhaftet worden. Der gegenwärtige Zustand der Anna Löprick läßt hoffen, daß ihr Leben erhalten bleibt.

Berlin, 23. April. Nach den neuesten hier- hergelangten Nachrichten wird der Kaiser von Ruß­land direkt von Livadia ans, ohne Petersburg zu berühren, zur goldenen Hochzeit des deutschen Kaiser­paares nach Berlin kommen und sich von hier zu längerem Aufenthalt nach Ems bezw. Jugenheim begeben.

Berlin, 23. April. Die deutsche Regierung durch die Vorgänge in Petersburg von Neuem auf dieSozialistengefahr" aufmerksam gemacht wor­den. In Deutschland läßt sich zwar kein Sozialde- uiMat mehr hören oder lesen 7 aber das Gift der sozialdemokratischen Ideen ist damit noch lange nicht ausgcrottet. Der Regierung sind Berichte aus Eng- j land übersandt worden, welche deutlich darauf Hin­weisen, daß London das Nest der Weltumstürzler ist, und daß diese es sind Sozialdemokraten, Nihili­sten und Kommunisten große Vorbereitungen treffen, nm ihren Ideen zum Ziele zu verhelfen. Selbst für England sollen revolutionäre Ereignisse in Sicht sein. lleberdieS wird ein Kongreß von sämtlichen Internationalisten in London während des Sommers stattfinden. Wie es heißt, hat Deutsch­land die Frage aufgeworfen, ob eS im Interesse der Ruhe, Ordnung und Sicherheit der Staaten liegen kann, daß England diesen Kongreß in den Mauern Londons gestattet und so notorischen Verbrechern, d. b. solchen, die eine Revolution vorbereiten, ein Acht gewährt. Gegenwärtig finden zwischen den uächitbetheiligtcn Staaten Frankreich, Deutschland und Rußland über diese Frage Verhandlungen statt, die vielleicht zu dem Ergebnis; führen können, daß England aufgefordert wird, seinen völkerrecht­lichen Verpflichtungen dadurch nachzukommen, daß es den Begriff des Äsylrechts in der Praxis und na­mentlich in Bezug auf den Kongreß anders gestaltet.

Berlin, 24. April. Die Arbeiten zur Hebung desGroßen Kurfürst" werden in der ersten Woche des Mai ihren Anfang nehmen. Heute ist das B. Tgbl. in der Lage, Näheres über die Art der Ar­beiten zu veröffentlichen. Zunächst sind alle Vorar­beiten, d. h. die Beschaffung von Taucherapparaten, besonders Handwerkzeug :c., vollendet. Zuerst wer­den die meist aus Tauwerk, Gerüchen, Holzmassen u. i. w. bestehenden Trümmer, welche mit dem Schiff noch verbunden sind, entfernt werden. Diese Arbeit kann ohne Rücksicht auf Fluth- und Wettcrverhält- uifse ausgeführt werden und wird beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen. Sodann wird das große in das Schiff gestoßene Loch durch eineneisernen Schild" eine Ricsenglocke, wasserdicht verschlossen werden. Da von der glücklichen Durchführung die­ser Arbeit der ganze Erfolg zum großen Theile ab­bängt, so wird sic mit größter Vorsicht und ohne die Arbeit zu übereilen, vorgenommen werden. So­dann aber wird das ganze Schiff einer Revision un­

terzogen werden, um alle Fugen und die kleinsten Oeffnungen ebenfalls wasserdicht zu verschließen. Dann erst wird man au die eigentliche Hebungsarbcit gehen, an das Einpumpcn von Luft in den Schiffskörper und die Befestigung der Pontons. Diese Arbeit aber dürfte, Dank den vortrefflichen Vorbereitungen, nicht sehr lange Zeit in Anspruch nehmen.

Als der Kricgsminister v. Kameke und sein Adjutant vorgestern Mittag zu Pferde die Bclle- alliancestraßc passirtcn, warf ein Laufbursche mit Steinen nach ihnen. Die Pferde gericthcn in Un­ruhe, wurden aber schnell wieder zum Stehen ge­bracht. Der Laufbursche, welcher nach Verübung seines dummen Streiches entfloh und sich in einem Hause zu verstecken suchte, wurde zur Polizeiwache transportirt. Der Vorfall hatte eine große Men­schenmenge herbeigeführt, und in jener Stadtgegend verbreitete sich sogar das unsinnige Gerücht, daß auf den Kriegsminister ein Attentat verübt worden sei.

Nach derMagdcb. Ztg." wären die Verhand­lungen mit dem Fcldmarschall v. Manteuffcl, we­gen der Statthalterschaft von Elsaß-Lothringen, noch nicht abgeschlossen, da bisher eine Einigung über das dem Statthalter zu gewährende Fixum noch nicht erzielt wurde.Man hat an den Feldmarschall das Ersuchen gestellt, die Summe zu nennen, welche er zur Ausführung des hohen Postens für nothwcndig halte: seine Antwort darauf lautete auf 180 000 FL Bis jetzt hat man sich an entscheidender Stelle noch nicht entschließen können, eine Civilliste in dieser Höhe zu bewilligen."

Zwischen dem deutschen Reich und dem Grafen Raczynski ist ein Vertrag abgeschlossen worden, wo­nach für Erwerbung des gräflichen Grundstücks zum Reichstagsgebäudc 1,100,000 Mark gezahlt werden. Ferner ist ein Vertrag des Reiches mit der deutschen Eisenbahnbaugesellschaft abgeschlossen worden, welcher die lleberlassung von Bau-Terraiu für rund 3 Mill. Mark für das ParlamentS-Gebäuve stipulirt. Beide Terrains sind zu dem gedachten Zweck nothwcndig.

sEin Zeichen der Zeit.! Einer der bestge­legenen Läden in der Potsdamerstraße zu Berlin war bis zum 1. April c. für 3750 Ali vermiethet. Der Eontraet lief am genannten Termine ab: der Wirth verlengtc nunmehr 4500 FL auf die drei fol­genden und 5400 FL auf die zwei nächstfolgenden Jabre. Miethcr ging nicht darauf ein, sondern zog aus. Jetzt ist, nach vielen Anstrengungen, der La­den für 2400 FL vermietet worden.

Nach derPost" ist der Gesetzentwurf, bctr. die Verfassung Elsaß-L v ttz ringe ns, so gut wie vollendet. In den letzten Tagen fanden über den­selben bei dem Fürsten Bismarck Konferenzen statt, an welchen die Herren Staatssekretär Dr. Friedberg und Untcrstaatsiekretär Herzog als Redaktoren des Entwurfs theilnahmcn. Die Bcrathungcn gelten jetzt als abgeschlossen und das Gesetz soll bereits in den nächsten Tagen nach Wiesbaden zur allerhöchsten Sanktion abgehen. Die Vorlage enthält nur 6 Ar­tikel. Eine Trennung von Elsaß und Lothringen ist nicht in Vorschlag gebracht.

OesterreichUngarn.

Wien, 24. Avril. Ein Tuchfabrikant in Böh­men (Humpoletz) tzat den Kaiser gebeten, einen Jagd­anzug als Hochzeitsgeschenk anzunehmen, der inner­halb 12 Stunden angcfertigt werden soll. Mittwoch den 23. April, Morgens 6 Uhr, will der Fabrikant die nöthigen Schafe scheeren lassen, die Wolle färben, trocknen, zu Garu spinnen, weben, walken, trocknen, appretiren, zuschncidcn, nähen und zur Post befördern.

Italien.

Rom, 22. April. Wie die MailänderRa- gione" meldet, hat Garibaldi dem Könige Humbcrt seinen kostbaren Dolch, den er aut den Schlachtfel­dern stets bei sich trug, zum Geschenke gemacht.

Frankreich.

Paris, 24. April. Der Strikc der Tuch­macher im Vienne- und Jsöre-Departement ist sehr bedeutend, im Ganzen wird die Zahl der Sinkenden ans 10,000 geschätzt.

Paris, 25. April. Zwischen den Kabincten von Paris nnd London ist in der egyptischen Frage eine Verständigung erzielt, welche in einer an den Khedive gemeinsam zu richtenden Note, unterstützt durch eine maritime Demonstration, Ausdruck finden wird. Mehrere französische Panzerschiffe sollen bereits diesbezügliche Ordre erhalten haben.

Was für eine Hochzeit soll denn in Frank­reich gefeiert werden, daß man hinter die Hecken

und Zäune schickt, um die Gäste zu laden? Der alte Revolutionär Blanugi sitzt im Loch und dennoch haben ihn die Rothen in die Kammer gewählt und nun heben sie den rothen Grafen Rochefort, den Later- ncnmann, auf den Schild, der noch gar nicht ain- nestirt ist. Vor lauter Abwehren und Protestiren kommt die Regierung nicht zum Schaffen u. Handeln.

lieber des Prinzen Lu ln Reise- und Kriegs- Erlebnisse dürfen wir eingehenden Berichten aus seiner eigenen Feder entgegensehen. Es soll nämlich, dem Vernehmen nach, bestimmt sein, daß er dieselben in einen; Tagebuche verzeichnet und daß dieses dann serienweise in dem PariserPaps" und im Londoner Eraminer" veröffentlicht wird.

Belgien.

Brüssel, 26. April. DerEtoile bclge" be­stätigt die Nachricht von einem Briefwechsel des Königs mit dein Papst und fügt hinzu, cs verlaute, der Papst habe dem König geschrieben, er mißbillige den Kampf der Bischöfe gegen das llnterrichtsgcsctz nnd erlaube den Katholiken, sich dem Gesetz zu unter­werfen. - "(Fr. I.)

Rußland.

Petersburg. Der Thronfolger hat Droh­briefe erhalten, in denen ihm angerathen wird, für einige Zeit nach dem Auslande zu reisen, wenn er nicht wünsche, daß ihm llnangnehmcs widerfahre.

Ein stets anfs Beste unterrichteter Korrespon­dent derKöln. Ztg." meldet seinem Blatte heute folgende interessante Nachrichten: Bald nachdem Solowiew durch Schutzleute nach der Stadthaupt­mannschaft gebracht worden war, um daselbst verhört zu werden, erschien dort Großfürst Nikolai Niko- lajcwitsch und Drenteln, gefolgt von einem Pro­tokollführer. Der Großfürst riß die Thür auf und stürmte in höchster Erregung auf Solowiw loß, indem er ansrief:Warum Haft Du geschossen ?" Daraufhin erhob sich Solowiew und gab dem Bender des Kaisers eine so ungebührliche Antwort, daß dieser im höchsten Zorn das Zimmer verließ. Drenteln versuchte nun in Güte etwas aus dem Verbrecher cherauszubckom- men und befragte ihn in wohlwollendem Tone mit den Worten:Sagen Sie mir aufrichtig, warum habe:; ^ic auf den Kaiser geschossen?" Da erwiderte Solowiew:Erccllenz, warum ich geschossen habe, will ich Ihnen sagen: weil mich das LooS dazu verurtheilt hat. Es ist nur befohlen worden, den Kaiser zu erschießen. Mitschuldige habe ich, das ist wahr, doch wer diese sind, vermag ich nicht anzuge­ben, denn ich kenne sie nicht. Der Befehl zum Attentat ist mir brieflich zugegangen. Man schrieb mir, das Loos habe mich getroffen, nnd weil ich geschworen habe, zu gehorchen, führte ich es ans." Was Solowiew )vnst noch gestanden hat, beruht blos auf Gerüchten, das Obige indessen ist wahr. Ob er freilich die Wahrheit gesagt har, das ist eine andere Sache. Wenn sich die Dinge so ver­halten, wie er angibt, dann muß hier eine Verschwö­rung bestehen, wie zu Mazzinis Zeiten in Italien. Eine Verschwörung, deren Mitglieder unter einander fremd sind, die zu Versammlungen nur in Masken erscheinen, und deren 'Namen nur der kennt, der die oberste Leitung der Fäden in der Hand hält. Man erzählt mittlerweile, Solowiew sei bereits todt; die Nihilisten hätten sogar Bundesgenossen im Ge­fängnisse, denen cs gelungen wäre, ihm eine zweite Dosis Gift zuzustecken. Doch ist dies noch durchaus zweifelhaft; Genaues ist nicht zu erfahren, seitdem die Regierung die Untersuchung so geheim hält.

Die Verhaftungen in allen russischen Gou­vernements nehmen ihren Fortgang. Bis jetzt sollen 370 Offiziere cingekerkert worden sein. Die Gäh- rung in allen Provinzen ist eine tiefgehende, lieber das Befinden des Czaren kursiven ungünstige Gerüchte. Er soll an Asthma leiden und ungemein bleich aus- sehen. Die Aerzte befürchten eine ernste Lungen­affektion.

Im Bezirksgericht von Rjäsan ließ der Polizei­meister, Staatsrath Popow, wegen Steuerrückstände 40 Bauern mit Ruthen, die in Salzsoole gebeizt waren, bis auf den Tod prügeln und versagte den vor Schmerz vergehenden, nach Wasser winselnden Bauern jeden Trunk. Er wurde nur zu dreimonat­licher Gefängnißstrafe verurtheilt, da er sich aus ein Rundschreiben des Gouverneurs berufen konnte, wo­rin die Eintreibung der Steuern unter Anwendung auch kräftigerer Mittel" anbcfohlen war.

Einer Mittheilung derTimes" zufolge sind 8 Bauern in Chramovko, einem Dorfe in der Nähe