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weil die Gesellschaft dadurch in die Lage gesetzt wird,, ihre Kräfte von nun ab mehr und mehr auf ihre eigentlich kolonisatorischen Aufgaben zu richten, was sich erst dann recht fühlbar machen wird, wenn auch die anderen Expe­ditionen ihre Aufgaben gelöst haben werden. Herrn Hörnecke gebührt ent­schiedene Anerkennung und rückhaltloses Lob. Von den bisherigen Expeditionen hatte er nach Lage der Verhältnisse die schwierigste und unerquicklichste Auf­gabe, welche er mit einem seltenen Aufwand von Mut und Ausdauer nach mancherlei anfänglichen Mißerfolgen gelöst hat.

Serbien, Bulgarien, Ostrumelien.

Philip popel, 25. Sept. (Aus bulgarischer Quelle.) Fürst Alex­ander fand auf seiner Inspektionsreise, von der er bereits zurückgekehrt ist, den Dienst in guter Ordnung. Der Fürst benützte den Anlaß der Reise, um überall mit der mohamedischen Bevölkerung in Fühlung zu treten und sie zu versichern, daß Leben, Ehre und Eigentum derselben, so lange er im Lande s-i. keiner Gefahr ausgesetzt sein sollen. In Philippopel erschien eine Deputation d^ türkischen Notabeln beim Fürsten, um ihm ihre Ergebenheit auszudrücken und für die Ruhe und Sicherheit, die im Lande herrschen, zu danken. Bisher sind keine Symptome konstatierbar, die für die Absicht einer bewaffneten Intervention der Türken sprechen, und so lange der Fürst die Dinge lenkt, wird von bulgarischer Seite nicht der erste Schuß gegen die türkischen Truppen abgefeuert werden. Die militärischen Vorkehrungen werden überall im Lande mit Eifer fortgesetzt. Die Bevölkerung leistet fast alles freiwillig und für die zahlreichen Freiwilligen-Legionen hatte die Regierung so gut wie keinen Aufwand zu machen. Der Fürst hielt an die hiesigen Truppen folgende Ansprache:Wir haben nichts gegen die Türken; greifen sie uns aber an, so werden wir bis auf den letzten Mann kämpfen. Ich werde stets in eurer Mitte sein, wir werden mitsammen kämpfen." Es ist gewiß, daß Präsident Stransky und die Nationalpartei die Union ohne Wissen Rußlands und der übrigen Mächte ins Werk setzten. Die Nationalpartei, welche die Union ins Leben gerufen, erklärt und nimmt die Verantwortung dafür auf sich, daß die Bewegung nicht nach Macedonien übergreifen wird.

Hages-Weuigkeiten.

Calw, 30. Sept. Die Ursache der in unserem Bezirk im vorigen Jahre wieder so häufig aufgetretenen Haferkrankheit sind nach einem von Herrn Professor Strebet in Hohenheim im landw. Wochenblatt Nr. 39 gebrachten Bericht, die Maden einer von Taschenberg beschrie­benen in Farbe und sonstigem Aussehen übereinstimmenden Fritfliege. Am 4. Aug. d. I. besichtigten Herr Pros. Streb el, beauftragt von der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, unter Führung des Sekretärs des Bezirksvereins, Hrn. E. Horlacher, auf den Markungen Agenbach, Hof- stett, Neuweiler, Zwerenberg rc., davon besonders geschädigte Felder. Die Zu­sammenstellung der gesammelten Notizen führte entgegen der vielfach ver­breiteten Ansicht daß schlechte Düngung, Mangel an Kalk, unzweckmäßige Fruchtfolge, Pilze rc. rc., die Ursache der, obwohl im besten Wachstum, ge­hemmten Entwicklung der Haferpflanze sein müsse zu dem Schluffe, daß nach der von beiden Herrn vordem schon ausgesprochenen Ansicht nur ein Insekt das Fortgedeihen der Pflanze inhibieren könne. Unter Glas gebrachte, noch nicht vollständig krank gewordene Haferpflanzen lieferten denn auch Hrn. Prof. Strebel, sowie Hrn. vr. Hoffmann am Naturalienkabinet in Stuttgart, nach wenigen Tagen den Beweis; indem schon nach wenigen Tagen in sich mehrender Weise Fliegen an den Gläsern sich zeigten. Die Beschreib­ung der Fliege, der Made und Puppe würde hier zu weit führen und ver­

weisen wir sich dafür Interessierende, und das ist wohl jeder Landwirt, auf den ausführlich gehaltenen interessanten Bericht im landw. Wochen­blatt Nro. 39.

Auf die im Compt. d. Calwer Wochenblattes verkauften Cann* statter Volksfestlose fiel kein Gewinn.

Von Wildbad wurde demN. Tagbl." am Montag gemeldet: Heute mittag wurden an einem mit Fässern beladenen Fuhrwerk des Bierbrauers Dreiß von Calw dadurch, daß das vordere Rad herausgegangen war, die Pferde scheu und der Fuhrknecht, der auf dem Wagen saß, stürzte herab und wurde ein Stück geschleift. Nur durch das rasche Dazwischentreten zweier Arbeiter der Gas- und der Papierfabrik, welche die daherstürmenden Pferde anhielten, wurde ein größeres Unglück verhütet. Der Knecht ist nicht un­erheblich verletzt in das städtische Krankenhaus verbracht worden.

Stuttgart, 28. Sept. EinesVolksfestes", wie des diesjährigen, das so von Anfang bis Ende verregnete, und in Folge dessen so schlecht be­sucht war, erinnert man sich schwerlich. Zu bedauern sind namentlich die Wirte, welche in großen Schaden kommen müssen. Besser ging es noch den Schaubudenbesitzern; einige derselben hatten sich gestern Nachmittag guten Besuchs zu erfreuen. Von 2 Uhr ab waren außer den gut besetzten fahr­planmäßigen Zügen 7 Extrazüge nach Cannstatt abgelassen worden, deren Insassen aber nach kurzem Besuch einiger Sehenswürdigkeiten am Anfang des Festplatzes gern wieder umkehrten. Der Boden auf dem Wasen war geradezu ungangbar; um sich in den Wirtschaften niederzulassen, dazu war es zu rauh. Auch die den Kaisertagen mit Notwendigkeit folgende Abspan­nung trug das Ihrige dazu bei, den Besuch des Volksfestes herabzudrücken. Der Rennplatz war durch den Regen fast bodenlos. Zum Glück hatte der Ausschuß des Württ. Rennvereins Vorsorge getroffen, daß die Schau­gerüste zu beiden Seiten der Vorstandstribüne durch Leinwandüberdachung den Zuschauern ziemlich guten Schutz boten. Trotz aller Unbill der Witterung wurden die 6 programmmäßigen Rennen ordnungsmäßig durchgeführt unter Oberleitung des hohen Präsidenten des Rennvereins, Sr. König!. Hoheit des Prinzen Wilhelm von Württemberg. Preisrichter waren: Generalmajor v. Witte und Oberst Graf v. Zeppelin. Von hervorragenden Per­sonen, welche dem Rennen auf der Tribüne anwohnten, sind zu nennen: Se. Hoh. Prinz Weimar mit Sohn Prinz Ernst, und Se. Excell. Staats­minister v. Hölder.

Oberndorf, 24. Sept. Heute wurde die Waffenfabrik Mauser durch den Besuch japanischer Offiziere beehrt. Dieselben trafen heute früh, von den Kaisermanövern zurückkehrend, hier ein, und reisten, nachdem sie alles eingehend besichtigt hatten, um 3^ Uhr wieder ab.

Benningen, 25. Sept. Bei dem diesjährigen reichen Kartoffelsegen mag als Seltenheit angeführt werden, daß Schreiber dieses von einer neuen amerikanischen Gattung oft 49 Stück Kartoffeln in der Größe von je einem Literkrug und im Gewicht von je 500 bis 900 Gramm aus einem Stock gegraben hat, welche sehr mehlreich sind. (Staats-Anz.)

Cannstatt, 28. Sept. Von der heute abend 5 Uhr stattgehabten Losziehung der V o lk s f e st lo t t e r ie sind folgende 10 ersten Gewinne bekannt: Der 1. fiel auf die Nummer 32,757 (ein mit Garben beladener Erntewagen, bespannt mit 4 Ochsen), 2.9494, 3. 4399, 4. 8309, 5.17,209, 6. 37,345, 7. 5232, 8. 29,208 , 9. 32,849. 10. 34,260. Der 1. und 7. Gewinn fielen in die Kollekte des Herrn Uhrmacher Buck hier, dem eine größere Anzahl von Losen, darunter eben die beiden Gewinnlose, unverkauft zurückgeblieben waren. Das Los des 6. Gewinns wurde noch eine halbe Stunde vor der Ziehung von ihm verkauft.

ihrer ersten Verheiratung von mir zur Gemahlin meines Sohnes ausersehen, And wenn Feodor durch seinen Ungehorsam gegen ineinen Willen diesen Plan unmöglich machte, so hat er die Folgen seines Ungehorsams schwer zu tragen. Der Segen der Mutter allein kann das Glück eines Ehepaares fest machen; wo der fehlt, da entflieht das gewaltsam erzwungene Glück bald wieder! Du weißt, Lina, ich hatte Euch auch vergeben und gab mir alle Mühe, Dich zu einer würdigen Repräsentantin unseres Hauses heranzubilden, ein unendlich bitteres Lächeln irrte um den blassen Mund Lina's aber alle Bemühungen scheiterten an Deinem Starrsinn und Deiner zo ungefügig veranlagten Natur. Feodor's Liebe zu Dir war nur ein Rausch, den man feiner Jugend und fernem exzentrischen Charakter zu Gute halten muß jetzt ist die wahre Liebe in ihm erwacht, und er sieht ein, dqß Aglaja das vom Schicksal für ihn bestimmte Weib ist und er ohne sie fürderhin kein Glück und keine Ruhe mehr finden wird. Darum hat er mich gebeten, seinen Entschluß und seinen Wunsch in Betreff Deiner Dir auseinanderzusetzen. Er hofft, Du werdest die Sache ebenso ruhig und vernünftig betrachten, wie er, und einsehen, daß nach dem Vorgefallenen die einzig mögliche Lösung der unleidlichen Verhältnisse in der Scheidung besteht!"

Sie schwieg nach der langen Auseinandersetzung und richtete erwartungs­voll den Blick auf das marmorweiße Antlitz ihrer Schwiegertochter.

Kein Laut kam über die blassen Lippen, die Augen schauten weitgeöffnet mit starrem Entsetzen in diejenigen der Schwiegermutter, so daß es der letz­teren ganz unheimlich zu Mute wurde. Sie glaubte in diesem starren Blicke schon den herannahenden Wahnsinn zu sehen.

Sei vernünftig, Lina", sprach sie daher weniger kalt,und nimm die Sache doch nicht so tragisch. Scheidungen kommen ja oft vor, und sie sind die einzige richtige Auflösung von Ehebündnissen, die beiden Teilen nur zur Qual und zum dauernden Elend gereichen. Ich hätte Dich für vernünftiger gehalten. Du mußt es doch schon gesehen haben, daß Feo:or Dich nicht mehr lieben kann, und jetzt, wo er Dein Kind nicht einmal sehen will, muß Dir diese Erkenntnis zur Gewißheit geworden sein!"

Jawohl zur Gewißheit!" kam es endlich tonlos von Lina's Lippen. Er scheut sich wohl, seinem Opfer in die Augen sehen zu müssen und selbst ihm den Todesstoß zu versetzen, darum hat er einen geübten Henker zum Vermittler bestellt der versteht's besser und führt den Stoß sicherer! Sehr

bequem, fürwahr, ein lästig gewordenes Spielzeug aus dem Wege räumen zu lassen!"-

Lina stützte sich schwer auf den Sessel. Ihr war's, als wäre sie eine Andere geworden in den wenigen Augenblicken, als könnte sie die stolze Frau vor ihr nicht mehr fürchten sondern nur noch verachten!

Du bist krank, Lina", entgegnete Frau Harders,darum vergebe ich Dir die bösen Worte! Wenn Du erst ruhiger geworden bist, wirst Du meine wohlmeinende Absicht einsehen!"

O", rief Lina mit heiserer Stimme,ich weiß Ihre Güte genügend zu schätzen und habe zahllose Proben von ihr empfangen aber eher willige ich nicht in Ihren klugen Plan, als bis Feodor mir Auge in Auge gegen­übergestanden und selbst mir versichert hat, daß Scheidung sein eigener Wunsch ist!"

O, diesen Zweifel kann ich Dir nehmen", entgegnete die Schwieger­mutter mit entsetzlichem Lächeln,ich brauche Dir nur Eines zu sagen, um Feodor's Wunsch nach Scheidung Dir begreiflich zu machen! Willst Du es wissen?"

Ja", rief Lina entschlossen.Ich kann an solche Herzlosigkeit Feodor's nicht glauben! Wenn er sein Kind erst gesehen hat, wird sein eingeschläfertes Gewissen ihm schon die weiteren Handlungen diktieren!"

O, du liebe Einfalt! Sein Gewissen und seine Ehre diktieren ihm schon etwas Anderes, denn wisse Aglaja-"

Sie neigte sich und flüsterte Lina einige Worte in's Ohr.

Unmöglich!" stammelte die tödlich Getroffene.So teuflisch kann Feodor sein Weib nicht verraten haben! Sie lügen lügen-"

Sieh her und lies!"

Mechanisch richteten sich die glanzlosen Augen auf die Zeilen, die der Finger des erbarmungslosen Weibes ihr bezeichneten:

Handle Du nach Deinem Ermessen, Mutter, und beschleunige die Schei­dung auf jede mögliche Weise, denn wisse ich bin schon mit den innigsten Banden an Aglaja gefesselt und möchte ihr in kürzester Frist meinen Namen geben! Sei schonend mit Lina und küsse mein Kind, welches ich Schuld­bewußter nicht zu schauen wage! Feodor."

(Fortsetzung folgt.)