gingen mit den erwähnten Vergrößerungen Hand in Hand. Jüngst war in den Blättern zu lesen, daß die in Köln mündenden drei Eiseubaliueu 1873 18,000 Paar Bandagen in Auftrag gegeben hätten, im vorigen Jahre dagegen nur 500 Paar. Man frage also nicht mehr: „Wie kommt es. daß diese Etablissement» keine Arbeit haben?" 17.7,00 Paar Bandagen mehr können Werke schon für eine Zeitlang beschäftigen. Mit bangem Herzen schauten ichon 1870-72 erfahrene Geschäftsleute in die Zukunft, wo unsolide Gründungen und theurc Fabrikanlagen sich rächen würden und der Wohlstand mancher Familie vernichtet sein werde. Mein mau predigte damals tauben Ohren. Möge es deshalb heute, wo vor übereilten Schritten anderer Art zu warnen ist, nicht ähnlich gehen!"
Berlin, 2. März. Bismarck besprach in der gestrigen parlamentarischen Svire eingehend die el- säßische Frage: er hob hervor, daß erst die Spitze der Regierung von Elsaß gesunde» sein müsse, De- tailsragen könnten später mit dem Muldesausschuß geregelt werden.
Berlin, 3. März. Tie konservativen Fraktiv neu werden, da die Rativualliberaleu, das Zentrum und die Fortschrittspartei das Reichstags-Tiszipli- nargeselz gleich beim Einbringen ablehueu dürften, alsbald nach der Ablehnung Anträge auf Aeuderung der Geschästsordnung eiubriugen.
Aus dem Reichstag. Rach Genehmigung des österreichischen Handelsvertrags beschäftigten den Reichtag zwei Anträge aus dem Eentrum und der Reichspartei, nämlich die Interpellation des Äbg. v. Hcrtling bezüglich des Haftpslichtgeseycs, und der schon jahrelang wiederholte Antrag des Abg. Stumm auf gesetzliche Einführung obligatorischer Altersversvrgun gskassen für gewerbliche Arbeiter. Beide Anträge gehören dem sozialen Gebiete an und gaben reichlich Gelegenheit zu einer - freilich nur schützbares Material liefernden Debatte. Das Haftpflicht- oder Unsallsgesetz soll ausgedehnt werden aus alle gewerblichen und geschäftlichen Unter nchmungen, welche Leben und Gesundheit der Arbeiter in Gefahr bringen, also namentlich auf Bauhandwerker und Landwirrhe: und cS soll weiter die Beweislast noch mehr zu Gunsten der Arbeiter geregelt werden. So wenigstens nach der Meinung Einiger.
In der Reichstagssilzung vom 28. Febr. wurde nach vollendeter dritter Lesung ohne wesentliche Debatten der Weltpostvertrag, vorzugsweise Stephans Verdienst, genehmigt.
Tie Reichstagsfraktion der Teutschkonservativeu brachte den von Ackermann, v. Helkdors und v. Sehdewilz Unterzeichneten Antrag ein, daß der Reichskanzler um Vorlegung eines Gesetzentwurfs betreffs Abänderung der Gewerbeordnung ersucht werde: dabei möge die Einschränkung folgender Gewerbe her- beigcführt werden: Gast- und Schankwirthschaften, Schauspiel-Unternehmungen, Kleinhandel mit Branntwein, Auktionen umherziehendcr Kauflcute lWandcr- lagcri; ferner möge eine Aeuderung des Titels 6 der Gewerbeordnung betr. die Innungen erfolgen, welche sich auf die Gesellen- und Meisterprüfung, Aufsicht über die Fachschulen, das Lehrlingswesen, die Kranken-, Hülfs- und Jnvaliden-Kasscn erstrecke.
Die „Krzztg." schreibt: „In parlamentarischen Kreisen tritt mehr und mehr die Ueberzeugung hervor, daß der Staatsmiuister a. D. Dr. Delbrück alles Ernstes bemüht ist, die Grundlagen einer Verständigung zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Reichstag anzubahnen, anscheinend auf dem Boden der erhöhten Tabaksteuer und gewisser Finanzzöllc." Nach der „Frkf. Ztg." hätte der Reichskanzler bei dem parlamentarischen Diner am Samstag Delbrück ausdrücklich als die zu Herbeiführung einer Verständigung zwischen den streitenden Parteien geeignete Persönlichkeit erklärt.
Der TII. deutsche AnwaltS ta g in Berlin beschloß, den Reichstag um Abänderung der Gebühren- Ordnung für Rechtsanwälte im Sinn einer Erhöhung der im Entwurf vorgeschlagenen Gebührensätze, sowie um Abänderung des tz. 93 in dem Sinn zu bitten, daß auf dem Weg des Vertrags eine höhere Ho- norirung als die tarifmäßige soll stipulirt werden können; ein Heruntergchen unter die Taxe aber soll Prinzipiell als unstatthaft ausgeschlossen kein.
An der Berliner Börse entstand am Samstag große Unruhe. Es scheint sich Jemand einen sehr- schlechten Scherz erlaubt und irgend einen leichtgläubigen Börscnbesncher mhstifizirt zu haben: genug es
verbreitete sich das Gerücht, die Pest habe bereits in Berlin um sich gegriffen, die Wirthsleute eines bekannten Bicrhauses nebst Kindern und 7 Bediensteten lägen schon hoffnungslos darnieder. Man drängte sich in großen Gruppen zusammen, bot drin gend zu niedrigen .Eurseu und mit großem Geschrei die Spekulationspapierc au. Das regelmäßige Geschäft war völlig gestört. Erst dem energischen Ein schreiten der Börseuültesten gelang es, den Skandal zu unterdrücken, den Urheber man voraussichtlich zu ermitteln und zur Strafe hcranzuzieheu suchen wird. Die dem unsinnigen Gerüchte zu Grunde liegende Thatiache ist, daß sich im allgemeinen städtischen Krankenhause seit einigen Tagen ca. 12 Personen das dem Böhmischen Brauhause in Berlin, größteu- theils Brauer, deren Erkrankung mit ziemlicher Bestimmtheit als Trichinose un Folge einer aus Schweinefleisch bestehenden Mahlzeit in der dortigen Brauerei entstanden) bezeichnet werden kann. Von einer ansteckenden typhusähulichen Krankheit ist bei keinem derselben auch nur entfernt die Rede. Oesterreich-Ungarn.
Wien, 28. Febr. In der nun nahezu vollendeten. im reinsten gothischeu Stile erbauten Votivkirche Dieselbe wurde zum Andenken des Mordan salles aus den Laiser im Jahre 1854 errichtet) sano gestern vor einem geladenen Publikum die erste Oc- gelprvbe statt. Dieselbe fiel in jeder Hinsicht gkän zend aus. Die Orgel, aus der Fabrik der Firma W alke r in L ud w i g s b ur g: Württemberg', stammend, in die größte, welche Wien derzeit besitzt, sie hat nicht weniger als 03 Register. Als die mächtigen Töne des Rieseninstrumcntes die Kirche durchbrausten, ging es unwillkürlich wie ein Schauer durch die Ver sammlung. Voll Andacht lauschte Alles den herrlichen Klängen, die bald voll und mächtig, dann hoch klingend, als ob liebliche Engelsstimmen Halle lujah singen würden, der Orgel entströmten. Jeder Ton war von wunderbarer Reinheit, der Klang voll und metallisch. Das einstimmige llrtheil aller An wesenden lautete dahin, daß Wien kein zweites Werk dieser Art besitze, das sich der Orgel von Walter nnr annähcrud ebenbürtig zur Seite stellen könnte. Die feierliche Weihe der Votivkirche wird am 24. April stattfinden, der Kaiser und die Kaiserin werden dem Akte beiwohnen.
Teplitz, 3. Mürz. Heute Morgen uni 7M> Uhr wurde bei einer Tiefe von 13 Metern der Onelkenspiegel erreicht. Temperatur 3704» Reaumur. Großer Jnbek.
Klagenfnrt, 27. Febr. Das Dorf Bleiberg in Kärnten ist am Faschings-Dienstag von einer entsetzlichen Katastrophe heimgcsucht worden. Durch zweimal wiederhvlteu Lawinensturz wurde eine ganze Reihe Häuser mit samt ihren Bewohnern verschüttet. Der Ort Bleiberg-Kreuth ist das größte Dorf in Kärnten und liegt am nördlichen Abhang der Villacher Alpe, des sogenannten Rigi von Kärnten, welcher im Sommer von Tausenden von Touristen besucht wird, die sich da an einer der herrlichsten Aussichten der Alpenweit entzücken. Man weiß cs heute noch nicht genau, wie viel Menschenleben der Katastrophe zum Opfer gefallen sind. Das Gemeindehaus, die Apotheke und mehrere ander Gebäude liegen in Trümmern. Bis znm 26. Mittags waren aus der 12 Klafter hoch liegenden Schucemasse 21 todte und 18 lebende Menschen auSgegraben, wenigstens 14 wurden noch vermißt. Im Augenblick der Katastrophe passirte ein Faschingszug die Stelle, wclcher gleichfalls verschüttet wurde. Der Apotheker Ncusfer mitsammt Familie und Gesinde sind todt, viele Familien sind betroffen und das Unglück entsetzlich. Ter erste Lawinensturz ereignete sich Mittags 4 Uhr, am Abend brauste eine zweite Lawine, die abermals 2 Häuser mit 11 Bewohnern begrub.
Schweiz.
Bern, 29. Febr. Wenn der heilige Vatcr in Rom der eigenthümlichen Einladung Folge leistet, wird sich die Schweiz demnächst der Ehre seines Besuches zu erfreuen haben. Derselbe ist nämlich vor das Amtsgericht in Solothurn geladen, weil er von einem dortigen Geistlichen in dessen Testament, in welchem auch die Kaiser von Oesterreich und Brasilien mit Legaten bedacht worden waren, zum Universalerben eingesetzt ist. Die beiden Kaiser verzichten sofort auf die ihnen ausgeworfenen Legate; der Papst hat auf die bezügliche Mittheilung noch nicht geantwortet. Nun haben aber die Verwandten das Testament augcfochten, weil cs im Kopfe des
Testators nicht richtig gewesen sei; daher die öffentliche Vorladung des Papstes, ein für die Tageschronik gewiß bcmerkenswerther Fall.
Frankreich.
Die französischen Radikalen haben die erste- Lücke im Ministerium Waddingtou glücklich zu Staude gebracht. Marcörc hat seine Demission eingereicht, es geht allem Anscheine rapid vorwärts auf der schiefen Ebene. Auch die Position des Finanzmiuisters Leon Sap scheint gefährdet zu sein.
Belgien.
Brüssel, 3. März. Das königliche Schloß Tervucrcn, die Residenz der Prinzessin Charlotte, ehemaligen Kageri» von Mexiko, ist durch eine Feuers-- brmrst gänzlich zerstört: Niemand ist dabei ums- Leben gekommen. Die Kaisenn Charlotte siedelte nach Schloß LaekeT über.
England.
London, 1. Mürz. Wie der .Herald meldet, telegravhirte der Gouverneur von Samarkand dem General Kaufmann, daß der Emir Schir Ali gestorben sei: derselbe wurde von der afghanischen
Grenze nach Samarkand gebracht.
Handelt K UerHehr.
Stuttgart. 3. Mürz, Unsere heutige Börse war zwar ziemlich bewegt, da jedoch die Verkäufer wiederholt höhere Forderungen stellten, so blieben die UmscÄze auf den laugenden Bedarf beschränkt. Wir mniren per- 100 Kilogr.: Weizen, rnss. 2l ,4k 00 -75 4. dtw. bayer. 20 ,/ä 50 4 bis 21 „ttl 25 4, dto. Ungar. 20 „L 50 4 bis 2 t .4, 75 4. Kernen 20 bis 20 75 4». Dinkel 12 40 00 Haber 4L .« 50 4
bis l.3 20 >i. Mehlpreise pro >00- Kilogr. inet. Sack bei
Wagenladungen. Nro. Ic 32 :>:; ,4.,, Nro. 2: 2S—30
Nro. 3: 24 50 4 bis 25 50 ..j, Nro. 4: 21 5» -4
bis 22 50 „j.
Aus dem Vorher D der am re. 1. März,. Endlich kann auch ans unserem Bezirke von einer Ermäßigung der Fleischprcise berichtet werden. Nachdem schon seit mehr als einem Jahr der Preis von Rindfleisch pro h-, Kilo- 08 gewesen. haben sich die Metzger nnn doch veranlaßt gesehen. cS ans 02 4 herabznsehen. In Hochdorf rsird c-S sogwr zu 50 4 verkauft. ' IN. T.)
stke bersi ch t über die F ie ischm it telprcise im Februar.': k halb Kilo Ochseufieis ch m. Zugabe: Eßlingen 70. Heiibronu 03. Gmünd 70. Nagold 04, Vaihingen 03, Nottweil 08. Ravensburg 00. Bibcrach 03. Ulm 70, Stuttgart 70 4. l halb Kilo 2 ch w c i n e s l eisch m. Z.: m Eßlingen 42 00, Heiibronn 52 -60, Crailsheim 60, Gmünd 50, Ballungen 54 00, Nottweil 55, Ravensburg 00—84, Bibcrach
50 60, Ulm 55, Sinttgart 00, Stuttgart Martkhalle 50 4.
l halb Kilo Kalbfleisch m. Z.: Eßlingen 50- 00, Heilbronn 00, Crailsheim 00, Gmünd 64, Nagold 50, Vaihingen 54 -60, Nottweil 60, Ravensburg 60, Biberach 55—60, Ulm 55, Stuttgart 60, Stuttgart Markthalle 56 4. 1 halb Kilo Rind
fleisch m. Z.: Eßlingen »6—60, Heilbronn 60—64, Crailsheim 60, Gmünd 60, Nagold 60, Baihingen 54—60, Nottweil 60, Ravensburg 33 50, Biberach 58, Stuttgart 60, Stuttgart
Markthalle 50 4. 1 halb Kilv Hammelfleisch: Eßlingen
40 -44, Heilbrouu 40 60, Crailsheim 45, Ravensburg 40 bis 50, Bibcrach 40 60, film 55, Stuttgart 60, Stuttgart Markthalle 50 4.
Ulm, 3. März. (Le derma rkt.) Zufuhr stark und nur wenig geringer, als im vorigen Frühjahr. Die Käufer waren Vormittags etwas zurückhaltend, Nachmittags aber war der Verkauf so lebhaft, daß nur wenige Parthicn unverkauft blieben und der Markt fast als beendet betrachtet werden kann. Die Preise hielten sich den vorjährigen ziemlich gleich, zeigten jedoch eher eine Neigung zum Sinken, als zum Steigen.
Balingen, 3. März. Eine dieser Tage stattgehabte Versammlung fast sämtlicher hiesigen Schuh fab'rikautcu und Lederhcindier hat sich einstimmig für den Beitritt zur „Vereinigung der deutschen Lederindustriellen" erklärt, welche sich Anfangs dieses Jahres in Frankfurt a. M. konstituirt hat zum Zwecke der Wahrnehmung der Interessen der deutschen Lederindustrie, insbesondere gegenüber den schupzöllucrischen Bestrebungen der Gegenwart. Diese Bewegung bildet für den hiesigen Platz, an dem die Schuhfabrikatiou bekanntermaßen sehr schwunghaft betrieben wird, eine bedenkliche Frage: die betres- fenden Fabrikanten haben an der Erhaltung ihrer Absatzgebiete ein Lcbensinteresse und müßten daher in der Einführung von hohen Schutzzöllen eine Gefahr für ihre Existenz erblicken.
Nürnberg, t. März. (Hopfen.) Am heutigen Markte waren von einigen Käufern gute Hopfen gesucht, es kamen aber nur einige Ballen zum Abschluß, welche aus Hallertauern und Württcmbergern bestanden und zwischen 70 bis 80 46 notircn. Auch Steiermärker Frühhopfen konnten je nach Farbe in kleinen Postchen Käufer finden.
Mit dein 1. April d. I. tritt das neue Postgesetz in Kraft, welches mannigfache neuere Einrichtungen in unser postalisches Verkehrswesen cinführen wird. U. A. wird auch durch dasselbe die Frage der Beförderung der Drucksachen zu dem ermäßigten Porto und der Begriff der „Drucksachen" eine engere Begrenzung und klarer Darlegung erfahren. Nach dem neuen Gesetz werden nur solche Postsendungen fernerhin als „Drucksachen" bei der Versendung angesehen werden, welche mittelst Buchdruck, Litographie oder Autographie hcrgestcllt sind, bei denen also die gewerbliche Thätigkcit des Druckes in Anwendung gekommen ist. Die bisher gebrauchte Bezeichnungen für den Begriff „Drucksache" waren vielfach unklar nnd deshalb hat man diese genaue Fassung gewählt. Für den geschäftlichen Verkehr werden dadurch allerdings manche Beschränkungen her- bcigeführt werden, weil dadurch alle diejenigem Schriftstücke, welche durch andere mechanische Vorrichtungen hergcstcllt werden, von deni ermäßigten Porto vollkommen ausgeschlossen sind.