bestattung ihre Einwilligung zu gebe». Bon nun an wird es Jedem völlig sreigestcllt sein, ob er für sich und die Seinen das Begräbnis; oder die Feuerbestattung wählen will. Jeder kann und wird thun, was ihm das Beste dankt, und so ivird es sich zeigen können, welche von beiden Arten die festeren Wurzeln im Bolksgemnth findet oder bewahrt. Freilich, wenn die Feuerbestattung etwas Gottloses oder Unchristliches wäre, dann müßten wir sie von der Weihe dieser Stätte ausschließen. Etwas Gottloses oder Unchristliches ist sie aber nicht. Gegen den christlichen Brauch verstößt sie, aber nicht gegen den christ- lichen Glauben." Der Prediger belegte seine Behauptang mit Stellen aus der Bibel, die hervorheben, daß der Geist Ällles, das Fleisch Nichts, daß das Sichtbare das Vergängliche, daS Unsichtbare das Ewige ist, und fügte hinzu, daß Das, was die Sprüche sagten, zu den Grundwahrheiten des Ehristenthums gehöre. Der Name dieses freisinnigen Geistlichen ist in dem uns vorliegenden Berichte leider nicht genannt. Die neulich angekündigte Feuerbestattung einer schon seit Jahresfrist in der Erde bestatteten und erst wieder zu erhumirenden Leiche wird voraussichtlich am 10. Dezember stattfinden.
Berlin, 5. Dez. Die Illumination ist zauberisch und höchst effektvoll; auch findet die größte Ordnung statt. Die kronprinzliche Familie durchfährt die Straßen unter dem größten Jubel der zahllosen Menschenmenge.
Berlin, 5. Dez. Se. Maj der Kaiser geruh ten an die im Empfangs-Saal des Bahnhofs Ver sammelten folgende Worte zu richten: Sie werden mit mir fühlen, mit wie gemischten Empfindungen ich in diesem Augenblicke vor Ihnen stehe, denn Sie haben ja die Zeit, seit jenes schmerzliche Erreigniß mich betroffen, mit mir durchlebt. So schwer die körperlichen Leiden waren, die ich zu tragen hatte, so waren sie doch nicht so quälend, als die Wunde, die in meinem Herzen dadurch geschlagen wurde, daß es gerade in meiner Residenz, daß es ein Preuße war, durch welchen mir diese Heimsuchung ouferlegt wurde. — Zum Oberbürgermeister v. Forckenbeck gewendet sprach der Kaiser: Ich sehe Sie zum ersten Male in Ihrer neuen Stellung zur Hauptstadt meines Landes, kann Sie also gleich mit einem Danke für den Empfang begrüßen, den das Zusammenwirken so vieler Vereine und ausgezeichneter Persönlichkeiten mir entgegenbringt, der nicht allein meine Erwartungen, sondern auch meine wiederholt ausgesprochenen Wünsche weit übertrcffen zu wollen scheint Möge das Aussprechen meines Dankes für Alle, welche dabei mitgewirkt haben, mein erster Auftrag für Ihre beginnende Amtsthätigkeit sein. Ich kann nur wünschen, daß die Gesinnungen der Theilnahme, welche der Bürgerschaft Berlins diesen Empfang für mich eingegeben haben, auch dauernde sein mögen, und habe um so größeres Vertrauen darauf, als mir diese Theilnahme nicht allein in unserem engeren, sondern auch im weiteren deutschen Vaterlande, ja weit über die Grenzen Europas hinaus von überall her, wo Deutsche ansässig sind und wirken, in herzlichster Weise zugerufen worden ist. — Zu den Staatsministern und den Präsidenten der beiden Häuser des Landtages gewendet sprach der Kaiser: Die schmerzlichen Erfahrungen, welche mich persönlich betroffen, haben aber auch wunde Stellen in unseren gesammten gesellschaftlichen Verhältnissen aufgedeckt und erkennen lassen, welche nur von der starken Hand des Gesetzes geheilt werden können, dessen Einwirken neuerdings ausgerufen werden mußte. Wird dadurch die Heilung auch dieser Wunde erreicht, so will ich gern für das allgemeine Wohl geblutet haben und mich freuen, daß es seitdem doch schon so vielen Augen aufgegangen ist, die nicht an die Tiefe jener Wunden glauben wollten. Ich sage daher allen Denen meinen Dank, welche in der Gesetzgebung zur weiteren Entwicklung dieser Er- kenntniß mitgewirkt haben, und kann nur noch den Wunsch aussprechen, daß auch die aussührenden Behörden mit energischer, nach allen Seiten gerechter Handhabung dahin wirken mögen, Absicht und Zweck des Gesetzes zu erreichen. Ihnen, meine Herren Präsidenten, wird es gewiß eine vollkommene Aufgabe sein, in diesem Sinne Geist und Ziele der Volksvertretung zu pflegen. (Fr. I )
Berlin, 6. Dez. Der Handelsminister Maybach gab heute in der Budgetkommission die Erklärung ab: Dem Reiche sei durch Preußen die Offerte eines Uebergangs der preußischen Staatsbahnen auf das Reich gemacht worden. Darauf sei bis jetzt keine Antwort erfolgt. Das Reichseisenbahngesetz sei aus- äparbeitet, welches die Aufsicht über das Eisenbahnwe M §her Einzelstaaten dem Reich überträgt. Auch über disses». vorliegende Gesetz seien positive Aeußerungen nvchntzicht erfolgt. Die Kommission nahm eine Re- sWitW"Än, welche dahin geht, daß der Uebergang M.^tüfMs.. über das Eisenbahnwesen an das Reich »MMi-HrzMzusähren sei. Die Bildung des selbst- staildWui Ministeriums für Handel und Gewerbe wurde ustl'-A Mtzeit'-^ Mimmen angenommen.
Der Vorstand der Afrikanischen Gesellschaft in Deutschland, welche sich bekanntlich die Aufgabe gesetzt hat, übereinstimmend mit andern außer- deuischen Vereinen auf die immer größeren Umfang gewinnende Erforschung Afrikas, Erschließung dieses Welttheils für die Cultur und die hiedurch zu erreichende Bedeutung auch für unser deutsches Vaterland htnzu- wirken, erläßt soeben einen Aufruf, in welchem sich der Ausschuß der Gesellschaft an alle Förderer der Wissenschaft und Cultur, an alle Freunde der Menschheit mit der Bitte wendet, dem Verein als Stifter oder Mitglieder beizutreten, Localvereine zu bilden und das Interesse an dem cwilisatorischen Werke in immer weitere Kreise zu tragen. Das Bureau der Gesellschaft ist in Berlin flk. Friedrichstraße 191.
Königstein, 29. November. Man schreibt dem „Nh. K": Vor hiesigem Polizeigerichle kam heute — eine Schmach sür unser aufgeklärtes Zeitalter — eine sog- „Hexenprozeß" zur Verhandlung. Zwei Eheleute zu Eppstein halten nemlich eine jüngere und eine ältere Frau von da der Hexerei an ihren beiden Kindern und an einem nahe verwandten jungen Manne beschuldigt, wodurch diese drei um das Leben gekommen seien. Einem Kinde sollen die angeblichen Hexen die Nieren zerdrückt, dem anderen das Hirn eingedrückt und dem jungen Manne durch allerlei Geheimkünste die Rippen zerbrochen haben. Der Kater der behexten Kinder tief nach sog. Hexenmeistern oder Hexenbanncrn herum, um mittelst deren Hilfe die Hexen zu ermitteln und die geheime Gewalt derselben zn bannen. Ein Schäfer am Rheine oberhalb Worms zeigte dann jenem in einem Eimer Wasser die Gesichter der Hexen, woraufhin „gegen 2 achtbare Frauen" ganz offen gedachte Beschuldigung ausgesprochen wurde. Letztere klagten wegen Beleidigung und erkannte das Gericht heute sür den angeschuldigten Ehemann auf 15 -ck und dessen Ehefrau aus 20 Geldbuße unter solidarischer Tra gung der Untersuchungskosten. Die Verhandlung war sehr interessant und konstalirte zur Evidenz, daß in den unteren Volksschichten noch sehr viel Aberglauben herrscht, dem nicht genug cntgcgengearbeitct werden und der mitunter recht traurige Folgen habe» kann.
Oesterreich —Ungarn.
Zwischen der österreichischen Regierung und dem Vatikan ist über die Organisation der römisch-katholischen Kirche in Bosnien volles Einveiständniß erzielt. Zum Bischof von Bosnien ist der vom letzten Concil her bekannte Stroßmaier ernannt, der künftig in Serajewo wohnen wird.
Ein „Wald mädchen". Aus Trentschin wird dem „N. P. I " geschrieben: Nächst dem von unserer Stadl eine Stunde entfernten Dorfe Szucs haben mehrere Arbeiter, welche in den benachbarten dichten Wäldern Holz fällte», ein Geschöpf aufgefunden und eingesangen, von welchem man nicht gleich wußte, ob es Mensch oder Thier sei. Es ist dies ein junges weibliches Wesen, vollkommen verwildert, am ganzen Körper dicht behaart, welches nur unverständliche inar- tikulirte Laute von sich gab. Man konnte bis zur Stunde nichts Näheres über dieses bedauernswerthe Geschöpf erforschen; jedoch läßt sich vermuthen, daß das bejammernswenhe Mädchen schon längere Jahre hindurch Waldbewchnerin sein mußte. Eicheln, wildes Obst, Vögel rc. bildeten die Nahrung der Unglücklichen, eine Höhle ihr Nachtlager. Wie verlautet, soll es eine entflohene Verbrecherin sein, welche aus Furcht vor der Strafe den Wald zu ihrem Wohnsitz wählte. Zur Beobachtung ist sie vorläufig im Trentschiner Landes- spitale untergebracht worden.
Italien.
Nom, 7. Dez. Die Congregation der Riten hat verboten, Pius IX. schon die öffentliche Verehrung, welche die Kirche den Heiligen bewilligt, darzubringen. In manchen Gegenden Italiens begann nämlich die Geistlichkeit, den verstorbenen Papst als Heiligen zu verehren.
Aus Rom wird berichtet: Der König ist leider nicht gesund. Er hält wacker und tapfer aus auf dem schweren Posten. Aber seinem Körper hat die monatelange Aufregung seit dem Tode des Vaters arg zugesetzt. Bei der Ankunft in Rom packte ihn ein nachhaltiger Husten, der ihn schon seit Monaten nicht mehr verläßt. Beim Empfange des Parlaments mußte er seine Rede unterbrechen und den Kammerpräsidenten reden lassen, um sich wieder erholen zu können. Der Husten plagt den König fortwährend. Er bedarf absolut der Ruhe. Aber nichtsdestoweniger ist er von Morgens bis Abends auf dem Platze; er sagt, seine Arbeit sei Pflicht und in diesem Augenblicke nöthiger
als je, um die Negierung im Geiste seines Vaters unverbrüchlich fortzuführen.
Frankreich
Paris, 3. Dez. Auf einem Packwagen der Meffageries, welcher nach der Nordbahn fuhr und dessen Inhalt unter Siegel genommen worden war, ist gestern Abend auf nicht aufgeklärte Weise eine nach Belgien bestimmte Quantität Werthpapiere im Gesamtbeträge von 700,000 Fr. entwendet worden.
Paris, 4. Dez. In den Foyers der Depu- tirtenkammer wurde gestern die Frage der Zurückverlegung der beiden parlamentarischen Körperschaften nach Paris lebhaft diskutirt. Dem Vorhaben ist die Zustimmung des Kabinets sicher, da kein politischer Hinderungsgrund vorliegt und eine bedeutende Zeiter- ersparniß damit erzielt wird.
In Champigny hat am 2. Dezember die feierliche Einweihung der Krypta stattgefunden, in wel- cher die am 30. November und 2. Dezember 1870 gefallenen Olfiziere und Soldaten, unter ihnen auch einige von der deutschen Armee, im Ganzen 3000 an der Zahl, ruhen. Die auf dem ganzen Gebiete des Schlachtfeldes zerstreuten Gebeine dieser Krieger wurden in neuester Zeit auf Befehl der Regierung zusammen gelesen und in diesem Riesengrabe bestattet, welches man unter der schon im Jahre 1873 errichteten Ge- dächtnißpyramide auf der Straße von Champigny nach Provins angelegt hat.
England.
London, 5. Dez. In der Thronrede zur Eröffnung des Parlaments heißt es: Die seitens des Emirs von Afghanistan knndgegebene Feindseligkeit gegen die indische Regierung und die Art und Weise, in welcher er meine freundschaftliche Mission zurückgewiesen har, haben mich genöthigt, unumwunden Ge- nuglhuung zu fordern. Da auf dieses Verlangen keine Antwort erfolgte, so habe ich nach dem Gebiete des Emirs eine Expedition ausbrechen lassen. Ich empfange von allen Mächten Versicherungen freundschaftlicher Gesinnungen. Ich habe Grund zu glauben, daß die durch den Berliner Vertrag getroffenen Vereinbarungen zur Pazisikation Europas mit Erfolg zur Ausführung kommen werden. — Die Rede ist sehr kurz und kündigt keine Kredilsorderung an.
London, 7. Dez. „Daily „News" erwähnen des Gerüchts, der Emir habe in einem Brief an Ca- ragnari den Wunsch ausgedrückt, sich unterwerfen zu wollen. Dilke werde am Montag die Regierung die- serhalb interpelliren.
Der Dampfer „John Bull", welcher bei den Hebungsarbeiten am „Großen Kurfürst" beschäftigt werden soll, ist in Folkestone eingetroffen, nachdem er die vor einiger Zeit gehobenen schweren Anker des Schiffes nach Dover bugsirt hat. Die Anker wurden durch die patentirten Pontons, mit deren Hülfe man auch das Panzerschiff selbst zu heben hofft, treibend erhalten.
Rumänien.
Bukarest, 30. Nov. Die Besitzergreifung der Dobrudscha ist ohne den geringsten Zwischenfall vor sich gegangen. Die rumänischen Truppen wurden an allen Orten sympathisch empfangen. Die Organisirung des neuen Gebietes ist vollauf im Zuge begriffen, namentlich die finanzielle Ordnung der Dinge im trans- danubianischen Rumänien (so wird die Dobrudscha amtlich genannt). Der ganze rumänische Finanzorganismus wird in der Dobrudscha erst mit 1. Januar 1880 in Wirksamkeit treten. In administrativer Beziehung ist das neue Gebiet in 3 Distrikte: Tultscha, Küstendje und Neusilistria eingetheilt worden.
Türkei.
Konstantin opel, 4. Dez. Die Verhandlungen zwischen der Pforte und Rußland behufs Herbeiführung des definitiven Friedens haben begonnen.
Am selben Tage, an dem der Cz ar in Moskau seine melancholische Fricdensrede mit im Hintergründe schlummernden Abdankungsgedanken hielt, machte sich der Sultan das von Sr. Majestät sehr geschätzte Privatvergnügen, wieder einmal das Ministerium zu wechseln. Savet Pascha und seine Collegen wurden freundlichst an die Luft gesetzt und der tunesische Exminister Khaireddin Pascha, ein Abenteurer ärgster Sorte, ward zum Großvezier ernannt. Der neue Herr Ministerpräsident hatte natürlich nichts Eiligeres zu thun, als sich mit gleich gesinnten Seelen zu umgeben und so sitzt denn auch wieder der bekannte Said Pascha im Ministerium, dem in Bälde jetzt wohl auch der berüchtigte Mahmud Damat Gesellschaft leisten wird. ^ Es ist wirklich nicht der Mühe werth, über diese Vorgänge am goldenen Horne langmächtige Betrachtungen anzustellen. Die Wirthschaft dort ist so jammervoll, daß