suchen, weil man hier die beste Gelegenheit hat, seiner Unzufriedenheit Ausdruck zu geben und loszuziehen über die Gesetze, die städtische Verwaltung, den Stadtschaden rc. An den schlechten Zeilen ist alles schuld, nur das liebe Ich nicht, und doch sitzt gerade hier das Uebel. Wenn nur ein Theil der Zeit, die in den Wirlhschaslen zuzebracht wird, auf die Arbeitsplätze und Werkstätten verwendet werden würde, so gebe dies schon einen be­deutenden Gewinn; nun geht aber nicht nur die Ar­beitskraft des abwesenden Meisters, es geht auch ein Theil der Arbeitskraft der Gehilfen verloren, weit diese sich selbst überlassen ihre Zeit nicht so ausnützen, als dies unter Aussicht geschieht. Man kann es ja täglich sehen, wie junge Handwerker, denen es darum zu thun sein sollte, ihr Geschäft hinauszubringen, den ganzen Tag im Wirrhshaus zubringen, und oft nicht einmal zum Essen heimgehen. So lange es in dieser Richtung nicht besser wird, werden auch die schlechten Zeiten nicht verschwinden. Nicht von oben, nicht durch Gesetze können die Zustände gebessert wer­den, das Uebel muß von unten geheilt werden und das wird nur erreicht, wenn wirmehr sparen" und mehr arbeiten!" (Neue Z.)

In Dettingen auf der Alb hat sich kürzlich eine schauerliche Katastrophe abgewickelt. Eine 72 Jahre alte Frau hat ihrem 76 Jahre allen Mann mit einem Beile eine» solchen Backenstreich ertheilt, daß er in Folge dessen sofort tobt auf dem Platze blieb. Oer Mann soll ein Schnapssäufer gewesen sein. Um die Thal zu vertuschen, hing die Mörderin ihr Opfer an einem Balken auf, natürlich um die Leute an einen Selbslmocv ihres Ehegespons glauben zu machen. An­dere Leute dachten aber anders und auch die Sicher- heilsbehöcde scheint andern Glaubens gewesen zu sein. Denn am andern Morgen wurde die alte Lanlippe von einem Landjäger ans K. Oberamlsgericht abgeliefert.

Hechingen, 29. Okt. In Steinhosen, hiesigen Amts, »rannten am 30. v. M. fünf Wohnhäuser nie­der, darunler auch das bekannte Gasthaus zur Sonne.

Fr er bürg, 2. Nov. In den hiesigen Gegen­den mli orthodoxer Bevölkerung wird vielfach eine Agi­tation zur Auswanderung nach Südrußland betrieben unter dem Vorgeben, daß nach der Offenbarung Jo­hannis die Ankunft des Antichrists nunmehr nahe sei und daß Gott dem russischen Reiche das Bergungä- Monopol verliehen habe. Dabei wird von den Agenten geltend gemacht, daß die russ. Regierung den streng­gläubigen Einwanderern 70 Jahre Steuer- und Militär- Freiheit, sowie zollsreie Einfuhr aller für den Consum und Gebrauch nölhigen Waren zugesicherl habe. Die Leitung der Agitation geht von dem bayerischen Pfarrer Clöter zu Jllenschwang aus und wird derselbe von dem in dieser Gegend wuchernden Separatismus nur zu bereitwilligst unterstützt.

Frankfurt, 4. Nov. Bestem Vernehmen nach wurde die Frankfurter Bank durch Unterschlagung resp. Manipulationen eines Kassenbeamten mit einem hiesi­gen Börsenmann (Jakob Frank) im Jnkassoverkehr mit 333000 in Schaden gebracht. Beide entleib­ten sich.

Die Sozialdemokraten in Mainz haben, wie dieBerg. Volksst." mittheilt, nachdem sie ihren Verein freiwillig aufgelöst, die rothen Fahnen in den Rhein versenkt, um sie der Polizei nicht in die Hände fallen zu lassen.

In dem Hause des Reichskanzlers richtet man sich zu dem Familienfeste, das dort gefeiert werden soll. Montag Abend findet der Polterabend der Gräfin Marie und des Legationssekretärs Grafen Rantzau statt, und diesem folgt am Mittwoch die Hoch­zeit. Die Feier des Polterabends wird eine ziemlich großartige sein. Es sind zu demselben 750 Einladun­gen ergangen. Es wird dies zugleich die erste größere Festlichkeit sein, welche in dem neuen Palais des Reichskanzler stattfindet. Es hat die gesamte Berliner diplomatische Welt, es hat die Hofgesellschaft, und es haben die höheren Beamten des Reichskanzleramtes und des auswärtigen Amtes Einladungen erhalten. Die Hochzeit dagegen wird ziemlich still von Statten gehen. Es sind nur 75 Einladungen zu derselben ergangen. Die Trauung findet im Hause statt.

M. Busch erzählt in seinem BucheFürst Bismarck unv seine Leute" vielerlei Interessantes aus dem Kriege von 1870 Als im Felde aus den Minister Herzog Gramont, der hauptsächlich den Krieg geschürt, die Rede kam, sagte Bis­marck. ..er hätte, groß und stark, wie er ist, in ein Regiment eintreten sollen, um seine Dummheit zu büßen. Ich hätte es anders gemacht 1866, wenn es nicht gut gegangen wäre ', ich wäre sofort in ein Regiment eingetreten, ich hätte mich ja lebendig nicht mehr sehen lasten können." Ein ander­mal war von den Telegraphenlinien die Rede, die so rasch hinter den marschirenden Truppen entstanden; da wurde er­zählt: Die Telegraphisten, denen ihre Stangen weggeschleppt

und ihre Drähte durchschnitten worden, verlangten von den Bauern, daß sie des Nachts bei der Leitung Wache hielten. Die wollten aber nicht, auch als man ihnen Bezahlung dafür anbot. Zuletzt versprach man ihnen, daß jede Stange den Namen besten erhallen sollte, der bei ihr gewacht habe, und diese Speculation auf die französische Eitelkeit glückte: die Kerls mit den langen Zipfelmützen hielten die ganze Nacht getreulich Wache, und es gab keine Beschädigungen mehr.

Der frühere preuß. Finanzminister Camp Hau­sen, welcher gegenwärtig in Jtaliien weilt, soll, wie man sich in Berliner Börsenkreisen erzählt, beabsichtigen, gleich seinem Kollegen dem Minister Delbrück, noch zuguterletzt in den heiligen Ehestand zu treten. OesterreichUngarn.

Wien, 2. Novbr. Die Ruhe, die man sich in Berlin trotz der allsciligen Aufregung wegen der Lage im Orient bewahrt hat, scheint von wohllhäligem Ein­flüsse gewesen zu sem, denn man beginnt nun auch anderwärts die Dinge nüchterner zu betrachten und die Furcht vor dem bevorstehendengroßen Weltbrand" wieder abzulegen. Damit soll nicht gesagt sein, daß man den Bulgaren-Ausstand oder die russischen Stre­bungen schon als völlig gefahrlos ansiehi; es bricht sich blos die Anschauung Bahn, daß die Folgen dieser Ereignisse den Weltfrieden nicht nolhwendiger Weise bedrohen müßten. Wenn man einigen Andeu» tungen Glauben schenken darf, die von sonst guter Seite kommen, hat die deutsche Reichscegierung bereits jene geräuschlose diplomatische Thäligkeü eingelettet, die schon einmal die glücklichsten Erfolge erzielte, obgleich oder vielleicht: weil sie sich in aller Stille vollzog und der Oesfentlichkeit erst dann bekannt wurde, als * ihre Erfolge bereits gesichert waren. DaS gleiche scheint sich auch jetzt wiederholen zu wollen. Ohne jede Prätension, als Retter des Friedens gefeiert zu werden, ohne Aufdringlichkeit und demzufolge auch ohne nach irgend einer Seite hin zu verletzen, scheint Deutsch­land abermals eine selbstloseMakter"-Thätigkeit zu entwickeln, deren Ziel darin bestehen bürste, das Ter­rain vorzubereilen, damit wenn früher oder später ein Schritt weiter in der Auflösung der europäischen Türkei unvermeidlich sein sollte, derselbe sich vollziehen könne, ohne daß die christlichen Großmächte dabei auseinander- floßen.

W ie n, 2. Nov. Das hiesigeTel.-Corr.-Bur." meldet aus Nom: Die Verhandlungen zwischen der päpstlichen Curie und Deutschland dauern fort und beziehen sich gegenwärtig auf die religiösen Verhältnisse von Elsaß Lothringen. Aus den letzten Wahlen in der Schweiz wird die Curie Anlaß nehmen, wegen Wieder­herstellung der gegenseitigen Beziehungen Verhandlungen einzuleiten. Die exilinen schweizerischen Bischöfe er­hielten Instruktionen, sich zur Rückkehr in ihre Diöcesen vorzubereiten.

Brünn, 31. Okt. Heute Morgen nach 6 Uhr brach, wie man der N. Fr. Pr. schreibt, in der Spinn- fabrik des Max Kohu Feuer aus. Das Feuer ist durch Umstürzen einer Petroleumlampe im ersten Stock ent­standen. Das vierstöckige Fabrikgebäude wurde näm­lich mit Petroleum beleuchtet. Es ist total vernichtet, so daß jetzt nichts als Mauertrümmer zu sehen sind. Das Gedränge in den oberen Stockwerken muß fürch­terlich gewesen sein; die Leute konnten die eine Stiege der Fabrik nicht alle mehr erreichen und mußten sich theils herablassen, theilS herabspringen. So viel bis jetzt sichergesteUl, ist eine Person todt, acht sind schwer­verwundet ins Spital gebracht worden; außerdem gibt es viele Leichtverwundete und einige werden vermißt. Die Todte soll durch das Reißen des Seiles beim Herablassen verunglückt sein. Alle haben nebst Ver­letzungen auch Brandwunden, da sie erst im letzten Momente den Ausweg durch die Fenster ergriffen. Wäre das Feuer früher entstanden, würde die Verwir­rung noch gräßlicher gewesen sein; so brach es erst aus, als eben die Nachtarbeit abgebrochen wurde. Die Ge­meinde Brünn hat mit der äußerst mangelhaften Feuer- signalisirung eine große Verantwortung auf sich geladen. Die beste Feuerwehr nützt wenig, wenn sie so spät erscheint; auch ist eine gründliche Reform in der An­lage aller Fabriken geboten, und sind namentlich überall zwei Stiegenhäuser nöthig. Von der Fabrik des Herrn Kohn wurde blos das Maschinenhaus gerettet. Der Schaden beträgt 180000 fl., doch war die Fabrik versichert.

Frankreich.

Paris, 3. Nov. Durch die hiesigen Blätter schwamm letzter Tage die Riesen-Ente, daß Fürst Bismarck vergangene Woche im strengsten Jncognito nach Paris gekommen sei, sich hier drei Tage aufge- haltcn und die Welt-Ausstellung besucht hätte; dieselbe bedarf keiner Widerlegung.

Spanien.

Madrid. 3. Nov. Der Proceß Olivas, der das Attentat auf den König verübte, befindet sich seit gestern Abend in den Händen des öffentlichen Anklägers, welchem nunmehr binnen 24 Stunden die Erhebung der Anklage obliegt. Auf Begehren des Vertheidigers Olivas hat das Gericht telegraphisch eine Untersuchung angeordnet hinsichtlich des angeblichen dreimonatlichen Aufenthalts des Angeklagten im Jrrenhause zu Barce­lona. Laut Bericht der Aerzte, welche den Angeklagten 3 Tage hindurch beobachteten, zeigte sich keine Symptom von Geistesstörung.

Handel Verkehr rc.

Stuttgart, 4. Nov. (Landesproduktenbörse.) Die heutige Börse war zwar etwas bewegter, doch zeigten sich Käufer immer noch zurückhaltend. Am Hopfenmarkt wur­den ungefähr 70 Ballen mitunter untergeordnete Qualitäten zu untenstehenden Preisen verkauft. Wir notiren per 100 Kilogr.: Weizen russ. 20 75 ^ bis 21 50 bayr.

21 bis 21 50 Ungar. 19 bis 21 75 «!. Kernen

21 50 dis 21 75 Dinkel 12-13 Hafer 13

30 -1 bis 13 60 Kohlreps 28 Hopfen 20-50 ^

Meblpreise pro 100 Kilogr. inkl Sack. Mehl Nr. 1: 33 50 ^ bis 34 ÜO -k. Nro. S: 30 50 4 bis 31 50

Nr. 3: 2627 »Nro. 4: 22 50 -I bis 23 50 -1.

Mannheim, 3. Nov. Die Stimmung im Getreide­bandel erfuhr in abgelaufener Woche einen kleinen Auf­schwung und notiren wir: Weizen je nach Qualität 19.50 dis 22.50, Roggen -L 1616.50 für Pfälzer und 14.50 bis 15.50 für französischen, Gerste 1718, Hafer 13 bis 14.50 per 100 Kilo. Im Kleesamen-Handel stille Ten­denz, umgesetzt wurden: Rothsaat, neue Psälzer 4342.50, neue amerikan. 4241, Lncerne, Provencer 5458 per 50 Kilo. Im Oel Handel wurde Leinöl zu 3232 50, Rüböl 36-36.50, Pfälzer Mohnöl -« 5455, Levantiner Mohnöl 5152.

Nürnberg, 2. Nov. (Hopfen.) Der Einkauf blieb meistens auf die destvorhandene Waare beschränkt, welche aus Württembergern zu 6090 und Hallertauern zu 50 bis 76 bestand. Bet Mangel derselben gingen gleich­namige Sorten in geringerer Qualität zu 1520 niedri­geren Preisen ab. Am heutigen Markte trafen 300 Ballen Landhopsen ein, von denen-bessere Waare 50, 5565 ^6, ausgewählt 7075 -L erzielen konnten. Für geringe bestand keine Frage und blieb Tendenz weichend.

Heiden beim, 31. Okt. (Schafmarkt.) Am Markt waren 15,612 Stück. Höchster Preis für ein Paar Hämmel 66 UL 86 ^1, niederster Preis für ein Paar Schafe 24 UL 86 Durchschnittspreis per Stück 24 65 <->.

Der verlorene Schatz.

Novelle von Friedrich Hagen.

(Nachdruck Verbote».)

(Schluß.)

Ferdinand zog ein Messer und schritt zu einer der Wände der versal-lenen Mauer. Er versuchte seinen Namen in einen der Steine zu graben. Da bröckelte langsam die verwitterte Verbindungsmasse ab. Er pochte an den Stein; er gab einen dumpsen Klang. Er pochte einmal, zweimal, dreimal, es zeigte sich ei» Riß, dann fiel ein Stein heraus und es zeigte sich seinem erstaunten Blick eine Oeffnung. Er strengte sich an, dieselbe zu erweitern, und schon konnte sein Arm in den inner» Raum reichen, als ihn die unter­gehende Sonne zum Aufbruch mahnte.

Am folgenden Tage waren bereits in der Mühle mehrere angesehene Gutsherrn und Geldleute angekom­men, welche sich an dem Gebote der Mühle betheiligen wollten. Auch der Pfarrer war anwesend.

Die Subhastation der Mühle begann; der Richter eröffnete den Termin. Stumm und schweigsam standen die Käufer im Kreise umher.

Jetzt begann der Auktionator:Ich biete die Mühle mit 10,000 Thalern an!"

12,000!" rief eine Stimme. 13,000 Thaler" eine andere;14,000 Thaler!"15,000 Thaler!" 16,000 Thaler!»

Alles schwieg, der Pfarrer hatte das letzte Ge­bot gethan.

16,000 Thaler zum ersten, 16,000 Thaler zum zweiten, 16,000 Thaler zum dritten und"

Da öffnete sich die Thür und Ferdinand trat erreigt ein.

Halt!" rief er mit athemloser Stimme;ich biete die doppelte Summe!"

Erstaunt sahen sich die Umstehenden einander an, und wußten nicht, was sie denken sollten.

Ferdinand wandte sich zum Richter und sagte zu diesem: .Damil Sie sich überzeugen, daß ich die Mit­tel habe, mein Gebot einhalten zu können, begeben Sie sich gefälligst mit mir ins Nebenzimmer."

Alles umdrängte jetzt den jungen Mann, dieser aber ignorirte die Neugierigen und folgte dem Richter in das Zimmer nach.

Wuthschnaubend empfahl sich die Menge und unter ihnen der Pfarrer: sie gingen schnell davon, als sie sahen, daß hier kein Geschäft zu machen sei.

Aber gebt mir doch eine Erklärung, das Alles