Amtsblatt für dm Meramts-ZLezirk Wagold.
W 131.
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Dienstag den 5. November.
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Amtliches.
Nagold.
Da das Verwaltungsjahr 1878/79 schon mit dem letzten März 1879 abschließt, ist dringend geboten, daß mit allem Nachdruck die Ausstände aus der Rech- nuvgsperiode pro 1877/78 beseitigt werden, daher die Rechner aufgefordert werden, gegen säumige Schuldner ihre Forderungen mit aller Strenge beizutreiben, beziehungsweise solche einzuklaacn.
Den 2. November 1877.
K. Oberamt. Güntner.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
* Nagold, 4. Nov. Ein gemeines, wahres Bubenstück wurde vor wenigen Tagen an dem Geschäftslokal der Schnaith'schen Knnstmehlniederlage ansgeübt, indem ein Strolch die Inhaberin des Geschäfts das einemal mit Fenstereinwerfen, das andere mal mit unfläthiger Besudelung des Hauses zu schädigen suchte. Die Ermittelung des Thäters ist um so mehr zu wünschen, als das Publikum in den Motiven der Thal Rachsucht auf das letzte Inserat im Gesellschafter der Geschäftsinhaberin wittert, was wir zur Ehre der Betreffenden thatsächlich widerlegt sehen möchten.
SiUllgart, 1. Nov. Wie wir zuverlässig erfahren, ist der Herr Staatsminister des Innern der Rechtsansicht deS ständischen Ausschusses über die Anwendung der Verfassung gegenüber dem Abgeocdneten- mandat des Herrn Oberregterungsraths Luz beigetreten und ist dem zufolge die Anordnung einer neue» Abgeordnetenwahl für Heidenheim zu erwarten.
Ludwigsburg, 27. Okt. Vor etwa 14 Tagen kommt ein Winzer in B. nach Hause, um seiner Frau die Freudenbotschaft zu bringen, daß er seinen Wein zu 130 M. pro Eimer verlaust habe. Die Wirkung dieser Nachricht aus dieselbe war jedoch eine der beabsichtigten gerade entgegengesetzte. „Was? Was hast Du wieder angestellt, Du Sem- pel! rief die zartbesaitete bessere Ehehälfte wuthschnaubend aus, „muscht Du wieder der aierst sei, der sei Sach Heu- schenkt: kannst Dus net au henhebe, so guet als der Schenkelfrieder, dei Schwager: der Hot en brav et hergea, gelt?" — Sprachs, ergriff einen Weinbergpfahl und fieng an, auf den Unglücklichen in seiner Weinseligkeit dermaßen einzudre- schen, daß er heut noch grün und blau sieht. Mittlerweile ist bekanntlich ein erheblicher Rückgang der Preise eingetretcn. Nun sollen nicht wenige Leidensbrüver des obigen Pantoffelhelden befürchten, von ihren holden spekulativen Gattinnen ähnlich traktirt zu werden, weil .ses z'lang he g'hebt habet."
Ludwigsburg, 30. Okt. Daß eine Nälherin ' oder sonst ein Frauenzimmer eine Nadel verschluckt — was oft ohne erhebliche Folgen abläuft — der eine oder andere auch Dime saust oder blos ausrust: „Da müßt' ich eine ganze Maß Dinte gesoffen haben," ist ziemlich häufig. Aber einen Eßlöffel — das ist beinahe unglaublich und doch ist es wahr. Ein junger Mann hier hat einem andern in der „Viechern", wie man zu sagen pflegt, mit den Worten: „komm, i will der z'essa geba", den Löffel so weit in den Rachen geschoben, daß er vollends durch den Schlund in den Magen hinabrutschte. Wer mag sich wohl die Situa» tion dieses Unglücklichen entsprechend vorstellen? Her- aufbringen ist nach dem Ausspruch Sachkundiger nicht wohl möglich, bleibt also nur der Abgang durch den Mastdarm im günstigsten Falle oder der Magenschnitt (Gastrotomie), eine Operation auf Leben oder Tod! Ueber den ferneren Verlauf dieses traurigen Falles werde ich Ihnen seiner Zeit weiter berichten. (N. Z.)
Bopfingen, 31. Okt. In dem ca. 5 Minuten von hier entfernten Orte Schloßberg hat die Ehefrau des Joseph Holzner ihren Gemahl gestern Abend mit Drillingen beschenkt. Dieselbe Mutter hat vor nicht ganz 3 Jahren ebenfalls Drillige geboren und 11 Monate darauf, also vor noch nicht ganz 2 Jahren, gebar sie Zwillinge, somit in nicht ganz 3 Jahren 8 Kinder. (N. T.)
Winnenden, 31. Okt. Heute früh wurde der verheirathete Weingärtner Fr. Leonberger im nahen
Walde erhängt gefunden. Derselbe ist Vater von fünf Kindern. Ursache des Erhängens soll ein nach seiner Ansicht um etwa 50 «A> zu billig verkaufter Wein sein. (Als ein Seitenstück dazu halte sich auch eine Frau wegen eines nach ihrer Meinung zu billig verkauften Stück Feldes zum Fenster hinausgestürzt.)
Mergentheim, 3l. Okt. In einer Unters»- chungssache gegen den suspendine» Stadtschnltheiß Ruf sind nicht weniger als 93 Zeugen geladen.
In der Nacht vom letzten Freitag auf Samstag wurde in W in terli ng en, OA. Balingen, ein eigen- thümlicher Diebstahlsversuch gemacht. Der Dieb versuchte nemlich ein Stück Rindvieh aus einem Stalle zu stehlen, was nur dadurch verhindert wurde, daß ein anderes Stück Vieh, unruhig gemacht, zu brüllen anfing. Der Eigenthümer erwachte, stand auf und begab sich, um nachzusehen, in den Stall, worauf sich der Diev aus dem Stand machte. Der Eigenthümer des Viehes sah ihn noch entfliehen, konnte ihn aber nicht verfolgen; seine Kalbin fand er mit verbundenem Maul. Vecmulhlich Halle der Dieb das Brüllen beim beabsichtigten Abführen derselben unmöglich mache» wolle».
Ulm, 1. Nov. In Folge der Wahrnehmung, daß durch Verabreichung des sog. Stadlgeschenks an reisende Handwerksburschen der Häuserbettel nicht ab-, sondern zugenommen hat und daß die ihnen angebotene Beschäftigung häufig zurückgewiesen wird, in Erwägung ferner, daß Orte, wo Geschenke verabreicht werden, einen ganz besonderen Anziehungspunkt für arbeits scheue Individuen bilden, hat der hiesige Gemeinderath beschlossen, von heute an das Sladtgeschenk aufzuheben. Es soll durchreisenden Handwerksburschen nur noch 1 Portion Suppe aus der Hospitalküche, sofern solche nicht verschmäht wird, verabreicht werden. Wie guten Grund der Gemeinderath zu dieser Maßregel hatte, sei von den vielen Fällen uur der folgende erwähnt: Gestern wurden 8-10 Schneidergesellen auf die Mi» litärschneider-Arbeitsstube in der Wilhelmsburgkaserne gewiesen, wo sie neben freier Kost (aus der Menage) einen Taglohn von 2 erhalten würden, dieselben haben aber von dieser günstigen Arbeitsgelegenheit keinen Gebrauch gemacht.
Der Schuhmacher Joseph Fackel in Mannheim machte am 6. d. Mts. den kannibalischen Versuch, seinen 6jährigen Knaben aufzuhängen. Er wurde hieran rechtzeitig verhindert und sofort in das Amtsgesängniß verbracht.
München, 31. Oct. Die Belenchtungsversuche mit elektrischem Licht zur Ermöglichung fortgesetzter Arbeit während der Abendstunden von 5—8 Uhr beim Wiederaufbau der Baumwollenspinnerei in Hof scheinen sich zu bewähren, da fast während der ganzen letzten Woche mit diesem Lichte gearbeitet wurde. Vorerst ist nur eine Laterne plazirt, eine zweite soll noch aufgestellt werden. Das Licht einer Laterne soll so intensiv sein, wie das von 3000 Stearinkerzen.
Leipzig, 31. Okt. Von hier wird geschrieben, daß hier vor mehreren Tagen eine Versammlung sämmtlicher Sozialistenführer Sachsens tagte. Beschlossen wurde: allgemeine Abrüstung, Anlage der noch vorhandenen Gelder in England und Agitation auf wissenschaftlichem Felde. Dieselben Beschlüsse sollen auch in anderen Mittelpunkten der sozial. Organisation gefaßt worden sein; jedoch wird die geheime Propaganda der Partei, welche eine besondere Organisation erhält, nicht von den oben erwähnten Beschlüssen abhängig gemacht.
Im bayrischen Walde Hausen auf einem Hofe mehrere Geschwister, die seit vielen Jahren in ihrem Walde keinen Baum mehr geschlagen haben, über große Getreidevorräthe verfügen und grundsätzlich kein Vieh aus dem Stalle verkaufen. Es sind bei ihnen schon Pferde, Ochsen und Kühe an Altersschwäche verendet.
Auf der Eisenbahnlinie von Rosenheim nach Mühldorf wurde während der Nacht ein ausge- ft opsler Mann mitte» im Bahnkörper so täuschend aufgefunden, daß wenn sich der Bahnwäricr nicht rechtzeitig von dem Bubenstück überzeugt hätte, jedenfalls Veranlassung gegeben erschien, den Zug zu stellen.
In Kaiserslautern in der Pfalz kamen neulich 2 französische Geheiwpolizeimänuer an und Hielien mil Genehmigung der Behörden Haussuchung nach Wertpapieren bei einem angesehenen Kaufmann. Sie fanden von der gesuchten Sorte 80,000 <^-, die der Kaufmann s. Z für 30,000 erhandelt haben will. Gerüchte spinnen die Sache dahin aus, in den Jahren 1870/71 sei in Frankreich ein großer Diebstahl von Mill. von Franks vorgekommen. Man habe jahrelang im Geheimen nach den Thäiern geforscht und die Spuren hätten u. a. nach Kaiserslautern geführt.
Darmstadt, 31. Okt. Bei der mit dem Ver» bot der socialisiischen Vereine verbundenen Haussuchung in den Vereins-Localen und Wohnungen der Führer sind im Ganzen mehr als 4000 Mark in den Vereins-Caffen, die nach §. 7 des Sozialisten- Gesetzes unter amtliche Verwaltung gestellt worden, gesunden »nd beschlagnahmt worden.
Eisenach, 31 O>kt. Aus der schwer heimgesuchten Stadt Lengsfeld laulen die Nachrichten sehr betrübend; es sind nach amtlicher Feststellung 156 Gebäude zerstört, nemlich 65 Wohnhäuser und 79 Nebengebäude sind total abgebrannt und 12 Häuser wesentlich beschädigt.
Breslau, 1. Nov. Der Alters-Präsident des deutschen resp. preußischen Parlaments v. Frankenberg-Ludwigsdorff ist gestorben. Er ist 93 Jahre alt geworden. Jetzt wird sich das hohe Haus der preußischen Lords mit einem jüngeren Alters Präsidenten, dem polnischen Grasen v. Chlapowski, begnügen müssen, der „erst" 89 Jahre zählt.
Berlin, 31. Okt. Der deutsche Hande lsla g nahm eine Resolution an, betr. die Reiorm der kaufmännischen Zahlungsweise, insbesondere die Einführung einer kürzeren Zahlungsfrist im Engros-Geschäst und möglichste Baarzahlung im KlriwVerkauf. Ferner wurde vom Handelstag eine Resolution angenommen, welche sich'gegen das Tabaksmonopol erklärt, und das Präsidium ersucht, dem Bundesralhe hiervon Kenntniß zu geben. Die beim deutschen Handelstag gestellten und angenommenen Anträge in Bezug aus die kaufmännische Zahlungsweise lauten: Der deutsche Handelstag erkennt in der Einführung von Baarzahlungen in Verbindung mit der Annahme von festen Preisen im Kleinhandel Seitens der Verkäufer ein wesentliches Mittel zur Hebung der deutschen Creditverhältniffe, und beschließt: 1) Einen Antrag an den Bundesrath zu richten, dahin gehend, die Verjährungsfrist für Forderungen aus kaufmännischem und gewerblichem Geschäftsverkehr aus 1 Jahr zu beschränken. 2) Seine Mitglieder auszufordern, an den einzelnen Plätzen Bereine von Verkäufern zu bilden, welche sich gegenseitig verpflichten, im Kleinverkehr nur gegen baare Zahlung, und im Engrosge- schäst nur gegen dreimonatliche Accepte zu verkaufen, wenn vom Käufer nicht Baarzahlung beliebt wird. Der Handelstag beauftragt das Präsidium, sich zur Ausführung dieses Vorschlages mit den einzelnen Handelskammern in Verbindung zu setzen. Das dringende Bedürfniß, Baarzahlungen in Deutschland einzuführen, wird allseitig anerkannt; als Correlat der Baarzahlungen muß im Kleinhandel die Einführung fester Preise gellen. Der Kleinhandel unterscheidet sich in dieser Brziehung dadurch wesentlich vom Großhandel, als bei jenem der kaufende Kunde häufig nicht Sachkenner ist und sich auf die Rechtlichkeit des Verkäufers verlassen muß. Im Großhandel ist der Käufer in ver Regel Fachkenner und im Stande, den Werth der Waren zu beurthei- len. Die Gesetzgebung kann den angestrebten Zweck nur durch Abkürzung der Verjährungsfrifi sördern. Derselbe kann also nicht anders als durch Selbsthilfe der Interessenten erreicht werden. Da sind aber vor Allem die Verkäufer, während die Käufer selbstredend das bisherige minder strenge Verfahren vorziehen. Das Präsidium des deutschen Handelstages ist besonders geeignet, die Agitation zu concentriren.
Berlin, 31. Okt. Zu einem würdigen Empfang des Kaisers in Berlin sind gegenwärtig, da der Stadtkasse keine weiteren Kosten dafür erwachsen sollen, Sammellisten an der Börse ausgelegt, welche reichliche Erträge gewähren.