Dkl Gesellschafter-

Amtsblatt für den Hberamts-Aezirk Nagold.

W 125

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Dienstag den 22. Dktoder.

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1878

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Haiterbach. (Eingesendet.) In aller Stille hat in letzter Zeit ein für unsere Gemeinde bedeutungs­volles Werk seine Vollendung gefunden. Die Thal­straße zwischen hier und Nagold ist dem Verkehr über­geben worden und wird bereits von dem Postwagen und Fuhrwerken aller Art befahren. Wer auch nur einmal die alte Straße mit ihren Steigen zu passiven gehabt hat und namentlich des Winters nicht gewußt hat, wie er ohne Lebensgefahr hinauf oder herunter kommen soll, der weiß auch, daß es nicht blos eine bildliche Redensart ist, wenn wir sagen, es ist uns ein Berg von der Brust weggenommen. So ist denn für unsere bisher so isolirt gewesene Stadt eine und zwar die für uns wichtigste Verkehrsstraße geworden und nicht bloß sind wir froh, daß wir nun ohne Schwie­rigkeit der Oberamtsstadt zueilen können, sondern es soll uns auch herzlich freuen, wenn alle Diejenigen, die Angesichts unserer Berge sagten: nach Haiterbach kann man nicht kommen, jetzt auch es selbst erproben, wie bequem und wie leicht man auf dieser netten durch­aus ebenen Straße hieher kommen kann. Der Besuch unserer Nachbarn thalabwärts soll uns herzlich freuen. Vielleicht folgt doch auch noch eine Eröffnungsfeierlich­keit nach. Es wäre ja doch gewiß nicht mehr als billig, daß all den Männern, die zu dem Zustande­kommen dieses Werkes, ohne zu verzagen und ohne muthlos zu werden, mitgewirkt haben, Gelegenheit ge­boten würde, sich ihres Werkes zu erfreuen und den Donk aller Derer dahinzunehmen, die es zu würdigen wissen, was gute Straßen für eine Gemeinde bedeuten. Bei den Technikern und allen Denen, die Hand ange­legt haben an dieser Straße, wird es zwar heißen: Das Werk lobt den Meister; aber auch sie haben wahr­lich ein anerkennendes Wort verdient. Zunächst han­delt es sich nun auch darum, den neukn Weg so viel wie möglich für unsere Verkehrsverhältnisse auszunützen. Wir hatten bisher eine einmalige Postverbindung mit Nagold, die namentlich auch für unfern Lokalverkehr mit der Oberamtsstadt sehr bequem gewesen ist. Diese müssen wir unter allen Umständen uns erhalten wün­schen. Dagegen war es bisher für Auswärtige un­möglich, von Nagold hieher zu kommen. So viel wir hören, hat der Gemeinderalh dahier eine Bitte um einen zweiten Eilwagenkurs der hohen Postdirektion vorge­legt, wodurch auch der Verkehr hieher ausnehmend ge fördert würde. Wenn um 5'/» Uhr früh ein Wagen von hier abgienge, so wäre es uns möglich gemacht, den Frühzug nach Stuttgart zu erreichen und wenn dieser Wagen nach Ankunft des 8 Uhr 30 Minuten von Stuttgart eintreffenden Zuges wieder hieher zu­rückkehren würde, so hätten auch unsere Nachbarn von Nagold Gelegenheit, hieher zu reisen, ihre Geschäfte zu besorgen und 1 Uhr 25 wieder per Post heimzusahren, wenn sie cs nicht vorziehen, den neuen Weg auch ein­mal zu Fuß zu begehen. Möchte diese Bitte auch von Nagold aus, sowohl von den bürgerlichen Kollegien, als auch von den Herren Bezirksbeamten kräftige Un­terstützung finden, dann erst wäre diese Straße ein rechter Verbindungsweg, durch welchen die In­teressen sämtlicher dabei betheiligten Gemeinden kräftig, gefördert werden würde. ^

Stuttgart, 17. Okt. Der Präsident der K. Centralstelle für Handel und Gewerbe ist seit gestern von Paris zurückgekehrt; Hr. Dr. v. Sleinbeis hat dem Vernehmen nach zahlreiche Einkäufe auf der Welt­ausstellung gemacht. Diese Gegenstände werden im Laufe des kommenden Monats hier eintreffen. Wir anerkennen gerne, was die K. Centralstelle schon für Belehrung in Sachen des Geschmackes gethan und stündlich thut. Aber alle diese Bemühungen sind nur von getheiltem, nur von halbem Erfolge, so lange nicht von Seiten der Gemeinden für Lehrzwecke den Bestre­bungen der Centralbehörde in die Hände gearbeitet

i wird. Es ist noch eine ungeheure Aufgabe zu lösen. Was Hilst es, den Franzosen 5 Milliarden abzunehmen, sie holen dieselben in aller Gemüthsruhe wieder von uns und zwar für lauter Artikel, die wir ebensogut und noch besser selber machen können und schon ge­macht haben. Dieses Frankreich gegenüber tributäre Verhällniß wird nie aufhörcn, so lange wir nicht un­sere Gewerbeschulen praktischer einrichten und so lange wir unsere Centralsammlungcn nicht besser zu verwer- lhen vermögen. Mögen die Herren, die den würltb. Ständen angehören, diese Frage gebührend erwägen. Sie ist identisch mit der Frage des allgemeinen Wohl­standes. (N.-Ztg.)

Stuttgart, 18. Okt. Die Anmeldungen zu der von der Landesproduklenbörse unter Mitwirkung des hiesigen Gcmeinderaths ins Leben gerufenen Ho psenaukliou, welche am 25. Okt. in der Hopfcnmarkt- halle in der Seidenstraße abgehallen wird, sind zahlreich aus allen Hopsenbau betreibenden Gegenden des Landes eingegangen. Es stad jetzt schon über 150 Ballen theils angemeldet, theils bereits angekommen. Bethei ligt haben sich dabei die bedeutendsten Hopfeuprodu zenten aus Reutlingen, Mösstngen, Riedlinaen, Tettnang (Kaltenberg), Münsingen, Schorndorf, Möhringen, Hemmingen, Roswag, Asperg, Thamm, Markgrönin gen, Eßlingen, Burgholzhof, Hohenheim u. a. O.

Stuttgart, 19. Oklbr. Vor einigen Tagen wurde in einem Hause der Wolframshalde in einer Dachkammer versteckt ein 10 Jahre alter Bäckerlehrling gefunden, welcher in diesem Versteck 4 Tage und 4 Nächte, ohne jegliche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, zugebrachl hatte. Derselbe hatte die Absicht, sich aus- zuhungecn, weil er an einigen Hausthieren Thierquä­lereien vorgenommen halte, und sich der Strafe entziehen wollte. Derselbe wurde aber noch rechtzeitig und bei vollem Bewußtsein gefunden.

Der frühere Redactcur der socialistischen Süd­deutschen Volkszeitung, Leinin ger, der auch den Himmel den Spatzen überlassen wollte, hat nach der St. N. Z. dieser Tage an Prälat v. Kapff und meh­rere andere von ihm seiner Zeit arg verunglimpfte Herren ein Schreiben gerichtet, worin er dieselben um Verzeihung bittet und sie ersucht, ihm dazu behilflich zu sein, daß er wieder eine Anstellung in seiner Hei- math Baden als Lehrer erhalte. Bei dem großen Wohlwollen des bad. Oberschulraths ist zu erwarten, daß der junge Mann Gnade finden würde.

Wangen, 11. Okt. Letzten Mittwoch erhängte sich hier ein Ojähriger Knabe auf dem Speicher des väterlichen Hauses. Das Kind war seither heiter und munter, von einer geistigen Krankheit konnte nichts be merkt werden. Tags zuvor hatte der Knabe ein Feuer in der Nähe eines Gartenhages nngezündet, ein hin zugekommener Mann verwies es ihm und drohte mit dem Polizeidiener. Sollte vielleicht die Furcht vor Strafe der Grund der unseligen Thal gewesen sein.

Spaichingen, 16. Okt. Gestern wären na­hezu 3 Personen in Bubsheim, diesseitigen Bezirks, der mangelhaften Einrichtung eines Ofens, in deren Folge Kohlendampfgase in die Wohnstube und eine nebenanliegende Schlafkammer ausströmten, zum Opfer gefallen. Die in der Kammer befindlich gewesenen bei­den Lauer Sticr'schen Eheleute sind auf dem Wege der Besserung. Der 67 Jahre alte Vater der Ehefrau aber erlag heute Nacht der Vergiftung durch Kohlen­dampf.

Pforzheim, 17. Okt. Gegenwärtig ist hier eine umfassende Untersuchung wegen in hiesigen Bijou- leriefabriken verübter Golddiebstähle im Gange und es sind Hierwegen schon viele Verhaftungen vorgenom­men worden.

Ein Karlsruher Architekt, Herr O. Warth, hat den ersten Preis mit 6000 in der Wettbewerbung mit Plänen für das künftige Unioersitätsgebände in Straßburg erhallen.

In tiefer Bekümmerniß" hatte ein Theil der fränkischen Geistlichkeit an den König von Bayern die Bitte gerichtet, für die nahezu 3 Jahre verwaiste Diä­rese Würzdurz nunmehr einen Bischof und Oberhir­ten zu ernennen. Daraus kam von München ein Ministerialcrlaß vom 14. September: Se. Majestät habe die unmittelbar eingescndele Adresse dem Staats- ministcrium des Innern für Kirchen- und Schulange­legenheiten mit dem Beifügen zugehen lassen, daß Allerhöchstdicselbeii solche zurückweisen und den Bethei­ligten das allerhöchste Mißfallen an diesem ungeeigneten Drängen in einer Angelegenheit ausgesprochen wissen wollen, mit welcher die Regierung aus eigenem Antrieb und in eigenem Interesse beschäftigt sei. Gleichzeitig mit dieser Eröffnung wurde den Herren Bittstellern die bezeichnte Adresse wieder zurückgegeben.

Im Schwurgericht in Gießen wurde HerzSlern wegen eines Meineides zu 3 Jahren Zuchthaus ver- urtheilt. Derselbe hatte wegen eines Psennigs ge­schworen.

Gotha, 15. Okt. Der auf dem neuen Fried­hofe hergestellte Leichenoerbrennungsofcn ist soweit fertig, daß er in Gebrauch genommen werden kann, was vom nächsten Monat ab geschehen wird. An einem der nächsten Tage wird zuvörderst ein Probeverbren­nungsversuch mit einem Stücke Vieh gemacht, um zu sehen, ob der Ofen gut schmort. Die Verbrennung wird übrigens nicht so billig sein, als man gedacht hat.

Berlin, 15. Okt. England und Italien schla» gen eine Nachkonferenz, um die Ausführung des Ber­liner Friedens zu beschleunigen, vor.

Berlin, 17. Okt. Ein schrecklicher Unglücksfall wird derTrib." aus Oranienburg gemeldet. In der Colonie desAlten Bath" wohnen die Arbeiter Lam­bert und Buschow, deren Jungen wilde Rangen und der Schrecken der ganzen Colonie waren. Wie so oft vorher, sollten die beiden am Sonnabend wieder durch den Schuldiener gewaltsam zur Schule eitirt werden, sie ahnten dies jedoch und verkrochen sich, nachdem sie die Zimmerthür verriegelt, in einem alten Koffer, wo­hin sie auch den Hund des Hauses Mitnahmen. Als die Ellern am Abend nach Hause kehrten und die Thür gewaltsam gesprengt hatten, fanden sie den Inhalt des Koffers auf dem Boden verstreut, und als sie den Kofferdeckcl öffneten, sahen sie zu ihrem Entsetze» drei Leichen. Das Schloß des Koffers war zugeschnappt, es konnte von Innen nicht geöffnet werden und so waren die drei Eingesperrten dem Erstickungslode ver­fallen.

Berlin, 17. Okt. Bismarck konferirte mit Minister Eulenburg fast 4 Stunden wegen der Be­schlüsse über das Socialistengesetz Bismarck ist sehr aufgebracht, daß die Nationalliberalen bezüglich der Bestimmungen wegen Druckschriften, Ausweisungen und der Termiubestimmungen der Regierungen nicht entge- genkommen. Die Konservativen versuchen mit den Nationallibcralen ein Kompromiß zu Stande zu bringen.

Berlin, 17. Okt. Eine Verständigung der beiden conservativen und der naiionalliberalen Fraction über die noch streitigen Punkte des Sozialist ugesetzes soll dahin erfolgt sein, daß zu § 6 die Commtssions- fassung beibehalten und zu § 16 hmzugesüal wiid:

ein Agitator muß mindestens 6 Monate seinen Wohn­ort in der betreffenden Ortschaft gehabt Ha ien, um der ohne weiteres erfolgenden Ausweisung zu entgehen.

§. 19 soll einen Zusatz erhalten, wonach dem Kaiser die Ernennung eines zehnten Mitgliedes der Recurs- Commisston zusteht. Diese Amendements sollen von den gedachten drei Fraktionen gemeinsam eingebracht werden.

Berlin, 17. Okt Die Erhebungen über die Kellerwohnungen, welche gegenwärtig seitens der^