In Potsdam fand am 24. Aug. die feierliche Vermählung des Prinzen Heinrich der Niederlande mit Marie, der Tochter des Prinzen Friedrich Karl statt. Mittags 1 Uhr ward in den Paradekammern des Stadtschloffes der Eheakt von dem Brautpaar, sowie vom König von Holland und vom deutschen Kronprinzen im Namen des Kaisers unterzeichnet und darauf der Zivilakt durch den Hausminister vollzogen, wobei der Großherzog von Sachsen, Prinz Friedrich der Niederlande und Prinz Albrecht als Zeuge» an­wesend waren. Prinz August von Württemberg ist wieder vollkommen hergestellt.

Coblenz, 24. Aug. DieCobl. Ztg." schreibt: Bon Reisenden wird uns mitgclheilt, daß gestern Abend gegen 7 Uhr in der Gegend zwischen Bacharach und Biengen ein sehr heftiger Wolkenbruch stattgesunden und furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Besonders soll der Ort Heinibach schwer betroffen worden sein. Zwei Häuser sind unter dem Druck der Wassermassen ?ingestürzt. Drei volle Stunden hielt das Unwetter an. Die Schlossen in Dicke eines Tauben-Eies zerstörten viele Saaten und Früchte und machten die Hoffnung manchen Winzers aus eine gute Weinernte zu Schanden.

Heute Morgen (26.) 3 Minuten vor V UHr wurde in Neuß und Cresetd ein deftiges Erdbeben in niedreren Stöben wahraenommen, das etwa 6 Secunde» andauerke. Der Bo­den schwankte, Kirchtbürme zitterten, an einer Kirche vernahm man leise drei Glockenschiäge, Schornsteine fielen ein eine Frau wurde von fallenden Ziegelsteinen getövlet am Bahn­hof blieb die electrischs Uhr stehen -c.

OesterreichUngarn.

Wien, 25. Aug. Laut einem Telegramm des Feldmarschalllieutenants Szapary aus Doboj vom 24. d. haben die Insurgenten am 23. neuerdings die Stellung der 20. Truppendivision am rechten Bosnaufer ange­griffen. Der Kampf dauerte 9 Stunden. Die Insur­genten griffen zuerst den linken Flügel an und schienen beabsichtigt zu haben, die Brücke über die Bosna zu erreichen, wurden von 2 Kompagnien mit den Bajo­netten znrückgeschlagcn und zogen sich sogleich bis nördlich Graboko zurück. Hierauf entwickelte sich ein Angriff gegen einen Theil des Zentrums. Die In­surgenten wurden aber schließlich überall abgewiejen.

Wien, 26. August. DiePol. Corr." meldet aus Kvnstantinopel: Die Pforte verheimlicht immer noch die Nachricht von der Besetzung Sarajewo's durch die Oesterreicher und vorbereitet die Version, Graf Zichy hätte auf Verwendung der Pforte, daß Sarajewo von einem Bombardement verschont bleibe, angeblich erklärt, dies sei nur möglich, wenn die Stadt ohne Widerstand übergeben werde. Trotz der Vorberei­tungen zur Einschiffung der russischen Garde ist es positiv, daß die Befestigungen Tschataldjas erst nach der Uebergabe Datums geräumt werden sollen. Hier­auf würde das Hauptquartier des Generals Totleben nicht nach Rodosto, sondern nach Varna verlegt werden.

Die Fürsten Dondukoff und Labanoff arbeiten an einem Berichte über die Rhodope-Jnsurrektion, welcher dem Elaborate der internationalen Rhodope-Commis- fion entgegengesetzt werden soll. Muktar Pascha soll demnächst in einer Mission nach Kreta abgehen.

Die Vorbereitungen der Türkei zur Abwehr der

griechischen Invasion in Epirus und Thessalien werden fortgesetzt. (Fr. I.)

Wien, 26. Aug. DerLloyd" meldet, die Insurgenten hätten sich aus der Umgegend Doboj's auf das rechte Sprazzo-Ufer zurückgezogen; die Aus­läufer des Gebirgs bei Gralschanitza seien von einer starken Macht besetzt zu halten. Die Hauptmacht der bei Sarajewo geschlagenen Insurgenten, 13,000 Mann stark, steht unter Jsmael Beg am Havoro-Gebirg, unweit der serbischen Grenze. (Fr. I )

Bad Ga st ein, 24 August Abends. Kaiser Wilhelm ist heute Abend 8 Uhr im offenen vierspän­nigen Wagen glücklich hier angekommen, am Eingänge deS Kurorts vom Fürsten Bismarck begrüßt, vor dem Badeschlosse von der Gemeindevertretung, der Kurkom­mission und mehreren hervorragenden Kurgästen be- willkommet worden. Die Häuser der Stadt sind reich mit Flaggen geschmückt. (Neue Ztg.)

Leise, ganz leise läuft ein Gerücht um, als werbe der Kronprinz Rudolf von Oesterreich um die Hand der Prinzessin Victoria von Baden, der Enkelin Kaiser Wilhelms. Eine Schwierigkeit ist, daß der Prinz Katholik, die Prinzessin Protestantin ist.

Der gute Schah von Persien! Als ihm in Wien die Großen der Krone vorgestellt wurden, gähnte er eigenmündig und hielt nicht einmal die allerhöchste Hand vor. Als aber der Justizminister vr. Glaser an die Reihe kam, wurde er munter und geruhte zu äußern: Justizminister? Ah, ich verstehe, ich verstehe! und fuhr verständnißinnig mit der Hand nach dem Hals.

Schwerz.

Luzern, 24. Aug. Letzte Nacht schlug der Blitz in die Kirche des Luftkurortes Schwarzenberg. Die Kirche brannte nieder. Das Dorf blieb verschont.

Frankreich.

Paris, 2l. Aug. Der balton eaptik machte gestern Nachmittag ein hübsches Experiment. Er nahm den größeren Theil einer Militärmusikbande auf und führte die Leute in die Lüste bis in eine Höhe von etwa 100 Metern. Dort sprelten sie den Sturmgalopp von BUje, und ihre auf der Erde zurückgebliebenen Kameraden fielen an gewissen Stellen, wie es die Komposition verlangt, ein. Man Hörle die himmlischen Klänge ganz deutlich, und die Ruinen deS Tuilerien- schlosses bildeten sogar ein sehr vernehmliches Echo. Diese eigenthümlichen Concertversuche sollen jetzt in größerem Maßstabe wiederholt werden.

Paris, 23. Aug. Der sonst nichts weniger als deutschfreundlicheFigaro" bringt folgenden Artikel: Die französische Regierung, deren Beziehungen zu Deutschland sich merklich gebessert haben, hat den Kaiser Wilhelm ersucht, einige Offiziere zu den großen franzö­sischen Manövern im Herbst dieses Jahres zu entsenden. Man muß es dankend anerkennen, daß dieser Bitte mit der größten Bereitwilligkeit Folge gegeben wurde. Fünf höhere Offiziere werden nach Paris kommen.

Belgien.

Brüssel, 26. Aug. Heute früh wurde in Lüt­tich ein Erdbeben gespürt. In mehreren Häusern wurden die Thüren und Fenstern ziemlich heftig er­schüttert uud Stühle von ihrem Platze gerückt.

Holland.

Amsterdam, 27. Aug Hier eingelaufenen Nachrichten zufolge ist die gestrige Erd-Erschülterung auch in den Provinzen Brabant, Geldern, Limburg und Utrecht wahrgenommen worden.

Rußland.

In Warschau wülhen die Pocken und haben nahezu 800 Menschen hiugeraffl.

Türkei.

Pera, 24. Aug. Die Pforte hat die Uebergabe Datums bis zum 12. September vertagt, um die Ein­wohner zu beruhigen und einem Konflikte vorzubeugen.

Amerika.

New-3)ork, 25. August. Hier eingegangene Nachrichten bestätigen den Ausbruch der Revolution in San Domingo. Mehrere Schaaren Aufständischer, die nach der Stadt marschieren, wo die Unruhen aus­gebrochen waren, wurden sestgenommen. In Loui­siana wächst die Sterblichkeit noch immer; in der ver­gangenen Woche starben in Neu-Orleans 295 Personen am gelben Fieber.

Handel L? Verkehr re.

Stuttgart, 27. Aug. Wilhelmsplatz Obst mar kt: Mostvbst 370 Säcke » 2 46 SO80 4 pr. so Kilo. Verkauf lebhaft. Leonhardsplatz, Kartosfelmarkt: 250 Säcke » 7 46 60 4 pro 100 Kilo. Verkauf stark.

Stuttgart, 27. Aug. Die Herbstaussichten in Württemberg sind in der Hauptsache nicht ungünstig; nament­lich stehen die Weinberge im Tauberthale schön, auch vom Hohcnloh'schen, der Weinsberger und Heilbronner Gegend, lauten die Berichte, was das rothe Gewächs Trollinger, Schwarzrißling, Limberger und St. Laurent betrifft, gut, ebenso von Lausten, Mundelsheim, Heßigheim und Besig­heim. Das Neckarthal und die Stuttgarter Weinberge ver­sprechen aus der Höhe, wo vorherrschend Trollinger ange- pslanzt sind, einen guten Ertrag, dagegen lasten die Elblinger und Silvaner, sowie die Portugieser zu wünschen übrig. Außer dem Brenner hat sich auch der Mehlthau als schädliche Krankheit eingestellt. Das Nemsthal verspricht Heuer in den meisten Orten nur einen halben Herbst. Warmes Wetter ist überall erwünscht. Der Obstertrag im Unterlande ist viel­versprechend und dürfte den besten Jahrgängen gleichzuschä­tzen sein. (Neue Ztg.)

Leonberg, 21 Aug. Im Strohgäu hat die Haber­ernte begonnen, gut Wetter wäre auch mit Rücksicht darauf, daß viel Oehmd liegt, erwünscht. Die Bauern im Strohgäu, welche eine sehr schöne Dinkelernte eingeheimst haben, klagen darüber, daß keine Bäcker und Müller sich als Käufer ein­finden, obgleich der Preis von 7 aus 6 46 pr. Ctr. gefallen ist.

Nürnberg, 24. Aug. (Hopsen.) Das Geschäft in 77er Waare ist am Markte fast zu völligem Stillstand und die Preise sind so herabgekommen, wie es seit Langem nicht der Fall war. Wer noch Hopsen aus den Vorjahren besaß, drängte, sozusagen vor Thorschluß zu verkaufen, als sollten die sämmllichen Reste alter Waare um jeden Preis geräumt werden: es wurden 2040 46 bezahlt. Dagegen haben die einzelnen Ballen neuer Waare, weiche in diesem Jahre spär­licher eintrefsen, ihren schon gemeldeten Preis behauptet, sogenannte Musterballen sogar 148154 .2 und noch mehr, erzielt, weil momentan reger Bedarf für dieselben herrschte. Kommen einmal 100 oder 2300 Ballen zu Markte, so wird das Preisverhältniß bedeutend gedrückt. Seit vorgestern war der Umsatz sehr schwach, es gingen insgesammt nur 30 Ballen ab. Heute still; neue Waare wurde langsam zu 145 bis 120 46 verkauft.

Stuttgart, 26. Aug. (Landesproduktenbörse.) Auf den Getreidemärkten von auswärts fehlt es immer noch an lebhafter Kauslust, da jedoch auch die Verkäufer nicht sehr mit dem Ausgedot ihrer Waare drängen, so beharren die

Preise immer noch hauptsächlich bei guten Qualitäten in einer gewissen Festigkeit. Auch auf unserer heutigen Börse ging der Verkauf sehr schleppend und der Umsatz war nicht bedeutend. Wir notiren per 100 Kilogr.: Weizen, daher, alt 23 .« 50 4. dto. neu 22 .« 50 4. dlo. Ungar. 22 46 50 4 dis 23 46 25 4. Kernen alt 23 4! 50 421 .« 50 4. dto. neu 21-22 .« Dinkel neu 6-7 .« Gerste, württ. 16 .« bis 16 46 40 -1. Haber alt 7 .« 50 4-8 .« 10 4. Mehl, preise pro 100 Kilogr. inkl. Sack. Mehl Nr. 1: 35 46 50 4. dto. Nro. 2: 32 4l 50 4-33 .« 50 4. dto. Nro. 3- <>8 46 50 4-2S 4L vto. Nro. 4: 25-26 .«

Mannheim. 25. Aug. Die Stimmung im Getreide. Handel war während abgelausener Woche fest und notiren wir per 100 Kilo: Weizen je nach Qualität .« 2123.50, Roggen 4: 1617 für Pfälzer und französischen und 46 14 bis 1a sur alten russischen, Gerste .« 17-18, Ungar Brau- >» 50 , Hafer.« 14.50-16, Kohlreps .« 31.50 did Im Kleesamen-Handel wurden umgesetzt: 1877er «merik Rothsaat .« 45-16, Lucerne Pfälzer .« 10-45 per 50 Kilo brutto. Die Aussichten für unsere vamen-Ernte sind durch das anhaltende Regenwetter sehr reducirt.

Der 28 iIl> erer.

Erzählung von W. v. Strachwih.

Der alte Förster Hellmuth saß auf einem großen, iederüberzogenen Sopha in dem kleinen, zugleich als Wohnraum und Schreibzimmer dienenden, niedrigen Stübchen, des inmitten des G. Sladlforstes belegenen ForsthausesFinkenheerd." Die knochigen Finger der Rechten trommelten erregt auf der Platte des Tisches. Zornesröthe bedeckte das bärlige Gesicht. Dichte Dampf­wolken aus der kurzen Pfeife, welche er zwischen den fest zusammengebissenen Zähnen hielt, stoßend, hörte er mit finster gerunzelter Stirn auf die Worte des vor ihm, in der Mitte des Zimmers stehenden jungen Mannes, den die graue Joppe mit den grünen Vorstößen und die Büchse, auf welche er sich stützte, als den Forstge­hilfen kennzeichnete. Er hatte seinen Bericht beendet. Er warf einen scheuen Blick aus den graugrünen Au­gen, welche die Eigenschaft besaßen, daß man nie recht wußte, nach welcher Richtung sie sahen, auf den Vor­gesetzten. Er wußte recht guk, daß nicht Alles in Ord­nung war, die Wolkenbildung aus der Stirn des Alten deutete auf Sturm.

So, Marschner, das ist Alles, was Ihr zu rap- portiren habt?" stieß der Letztere grimmig hervor, als der Angeredete schwieg.

»Ja, Herr Förster, sonst wüßte ich Nichts."

»Ich frage Euch nochmal, besinnt Euch, sonst muß ich Eurem Gedächtniß nachhelfen: Ist sonst nichts zu berichten?" In der Stimme des Fragenden grollte es dumpf.

Nein, Herr Förster, 's' ist Alles in schönster Ordnung."

Mit einem Faustschlage auf die Tischplatte sprang der Alte auf, in heftiger Erregung schritt er einige Male im Zimmer auf und ab, plötzlich trat er dicht vor den Forstgehilfen, ergriff ihn an der Brust und ihn kräftig schüttelnd, daß der Ueberraschte ins Wanken geriet-, frug er mit vor innerer Empörung heiserer Stimme:Wo ist der Bock, den Ihr heut Morgen ge­schossen im Rothbuchenhorst? Gesteh, Schurke, oder ich schlage Dich nieder!"

Die Züge des Burschen verfärbten sich, er gab keine Antwort.

Gesteh, Schurke, oder Dein letzter Augenblick ist gekommen!" wiederholte der Förster, vor Zorn au­ßer sich.

Oho, Herr Förster, so weit sind wir noch nicht, ich bin auch noch da." Er riß sich mit einem Ruck los, trat einen Schritt zurück und faßte die Büchse fester.Aber was soll ich gestehen, der Herr Förster wissen ja mehr als ich."

Was, Ihr wollt noch leugnen?" die drohende Haltung des Gehilfen hatte den Alten daran erinnert, daß er ihm wehrlos gegenüberstand , da die Gewehre in dem Schrank auf dem Flur draußen hingen..Nun, ich brauche Euer Geständniß gar nicht eS wäre mir aber lieb gewesen, wenn Ihr Euch hättet von dem Verdacht reinigen können, ein Wilddieb statt ein Hüter des Waldes zu sein."

Wer sagt das, Herr!" brauste Marschner auf.

Ich sage es, ich, Euer Vorgesetzter ich selbst habe den Schuß heut früh um fünf im Rothbuchenhorst fallen hören Ihr habt einen Rehbock geschossen, das habe ich nicht gesehen, aber Andere."

Na, da wissen der Herr Förster ja schon, was Sie wissen wollen," entgegnete frech der Bursche.

Unverschämter Hallunkel Und Ihr wagt noch, mir vor die Augen zu treten fort! sage ich Euch, packt auf der Stelle Eure Sachen und macht daß Ihr hinweg kommt, und dankt Gott, daß ich mit den Feder» fuchsern nichts zu thun haben mag, sonst könnte die Sache noch schlimmer für Euch werden, wenn ich dem Gericht Anzeige machte."