nur Concurrenz des deutschen Walde-, sondern auch der deutschen Holz-Industrie geworden, so daß letztere mehr fremdes als einheimisches Holz verwende. Dem östreichischen und galizischen Holzhändler komme der Transport seines Holzes auf den deutschen Eisenbahnen billiger zu stehen, als dem deutschen HolzhSndler. Der Referent, welcher daS gegenwärtig in Deutschland gel- tende Tarifsystem kritisirte. hob hervor. dich auf unse­ren deutschen Bahnen Klobenholz billiger gefahren werde als Sägespäne. Durch die große Wohlfeilheit der Eisenbahntarise für weile Strecken werde ermög­licht, daß ein Oderberger Holzhändler, welcher Holz nach Langwedel bei Bremen zu senden hat, von jeder Wagenladung 38 weniger bezahlt, wenn er das Holz über Langwedel hinaus bis nach Bremen gehen läßt und dann von da nach Langwedel zurückschickt, als er zahlen müßte, wenn er den directen Weg wählen würde. Das jetzige System kommt nur den ausländischen Kaufleuten zu Gute, während, wenn die Bahnen deut­sches Holz billiger führen, sie das Absatzgebiet für dasselbe erweiterten, die Rentabilität des Waldes er­höhten und wieder Lust und Freude an der Waldwirth- schaft erweckten.

Berlin, 18. Aug. Ein Erlaß des Handels­ministers an die Eisenbahnverwaltuugen, welcher die selben zur Vorsicht bezüglich der Beschäftigung sozial­demokratischer Arbeiter ouffordene, bezw. de,en Ent­lassung anheimstellle, hat zu umfangreichen Ermittlungen geführt, welche nicht unerhebliche Ergebnisse geliefert haben. In Folge dessen haben in den letzten Wochen an verschiedenen Orten gemeinschaftliche Berathungeu zwischen Verwaltungen großer Bahnkomplexe stattge­funden, in denen eine Reihe wichtiger Beschlüsse gefaßt worden ist. Zunächst wurde cs zweckdienlich erachtet, an das Personal der Bahnen ernste Verwarnungen gegen die Betheiligung an socialdemokratischen Bestre­bungen, Vereinen :c. zu erlassen und den einzelnen Verwaltungen sreigestellt, auf welchem Wege sic damit Vorgehen wollten. Sodann wurde beschlossen, alle Ar­beiter, welche als Anhänger der sozialdemokratischen Partei sicher ermittelt würden, sofort zu entlassen. Die von einer Eiscnbahnverwaltung entlassenen Arbeiter sollen von keiner anderen Eisenbahnverwaltung wieder angenommen werden; über stallgesundene Entlassungen sollen deshalb den benachbarten Verwaltungen Mit- theilungen gemacht werden. Die Verabredungen sollen sich nicht nur auf Werkstättenarbeiter beziehen, sondern auf alle Betriebs- und Bauarbeiter, sowie Handwerker, welche im Dienst der Verwaltungen beschäftigt sind, erstrecken. Die Bauunternehmer sollen in einem den betreffenden Verträgen anzuschließenden Paragraphen sich verpflichten, ihren Arbeitern gegenüber auf die Unterdrückung, bezw. Fernhaltung sozialdemokratischer Elemente hinzuwirken. Die Herbeiführung einer Ver­ständigung mit den großen industriellen Etablissements im Sinne eines gleichen Verfahrens wurde den einzel­nen Verwaltungen überlassen. Gegen sozialdemokratische Beamten wird mit Versetzung oder Entlassung vorge­gangen werden. Schließlich soll durch Vermittlung des Handelsministers der Minister des Innern ersucht werden, die Polizeibehörden anzuweifen, den Bahnver­waltungen etwa bekannt werdende sozialdemokratische Bewegungen unter ihren Beamten und Arbeitern, sowie die Namen der Betheiligten sofort nach ihrer Feststellung mitzutheileu.

Berlin, 20. August. Auf Wilhelmshöhe bei Kassel werden eifrige Vorbereitungen zum Empfange zahlreicher Gäste im nächsten Monat getroffen. Es sind Mitglieder sämtlicher deutschen Fürstenhäuser be­reits angemeldet, welche dahin kommen werden, um den Kaiser zu begrüßen.

Berlin, 21. Aug. Der Reichskanzler Fürst Bismarck ist vom Kammergericht auf den 4. October l. I. als Zeug: in der bekannten Proceß Angelegenheit des Frhrn. v. Loö vorgeladen worden.

Berlin, 21. Aug. DieProv.-Korresp.", an dis Besprechung des Sozialisten-Gesctzcntwurfes an knüpfend, hebt gegenüber den Uebertreibungen und Unwahrheiten demokratischer und fortschrittlicher Blätter, welche den Entwurf als das Ende aller Freiheiten und allen öffentlichen Lebens darstellen, hervor, daß sich davon die Haltung der nationalliberalen Presse bemer- kenswerth abhebe. DieProo.-Korr." reproduzirt eine bezügliche Auslassung desHaunoo. Couriers" und bemerkt weiterhin, auf Seiten der Bundesregie­rungen herrsche vollkommene Bereitwilligkeit, mit dem ReiLetage eine eingehende, vorurtheiisloie Prüfung der Vorlage einzutreten. Man dürfe nur nicht zu Abschwächungen gelangen, welche sie Unterdrückung des Nebels nicht gestatteten, während sie gleichwohl den Sch des Einschreitens erzeugten. Halbe Maßregeln

würden die gesellschastSfeindlichen Bestrebungen nur reizen, ohne sie zu schwächen; der verfolgte Zweck würde überall inS Gegentheil Umschlagen. Gegenüber der gegen die Leitung des Reichs erhobenen Verdächtigung, daß sie mittelst dieses Gesetzentwurfes allen reforma- torischen Bestrebungen überhaupt ein Ende machen wolle, bemerkt die Korrespondenz, es sei eine Unmög­lichkeit, anders als im Bunde mit dem nationalen Geiste nicht nur die deutsche Nation überhaupt auf die Dauer zu leiten, sondern auch nur den engeren Zweck der Beseitigung der sozialdemokratischen Gefahr zu erreichen.

Der Abschiedsbries Hödel's ist in Leipzig noch nicht eingetroffen. Der Geistliche, der Hödel zum Schaffst geleitete, hat folgendes Schreiben an den Stiefvater des Enthaupteten gerichtet:Geehrter Herr Traber! Da der letzte Brief Ihres unglücklichen Stiefsohnes Max Hödel, dessen Todesurtheil heute Morgen 6 Uhr im Hofe des Zellengefängnisses zu Moabit vollstreckt worden ist, an das Kammergericht zur Beförderung übergebe», wohl kaum noch heute in Ihre Hände ge­langen dürfte, so will ich Ihnen wenigstens, wie ich ihm versprochen, seine letzten Grüße an Sie und die Mutter übermitteln. Ich habe ihn auf seinem letzten Gange begleitet. Er ertrug die Vollziehung des über ihn ausgesprochenen Urtheils in derselben Weise, wie er seine Verurtheilung von dem Gerichtshöfe hinge­nommen hatte. Die Seinen zu sehen und zu sprechen, war einerseits keine Zeit mehr, und andernfalls ver­langte er auch nicht so sehr darnach, damit ihm das Herz nicht schwer würde.Nichts hoffend", wie er sagte,und nichts fürchtend" ist er zum Tode gegan­gen und ist gefaßt geblieben. Sein Leichnam wird, wie man mir sagte, auf dem Gefängnißkirchhose ein Plätzchen finden. Der Pastor an der König!. Stadt- voigtei HeiniSe."

Wie dieNat.-Ztg." hört, wird die Hinrichtung des Raubmörders Thnrols bestimmt stattfinden; der Tag der Exekution werde jedoch noch sehr geheim ge­halten, jedenfalls aber in sehr kurzer Zeit bekannt fern. Die zuständigen Behörden sollen um Eintrittskarten zur Hinrichtung fast bestürmt werden.

In den letzten Tagen sind in Berlin verschiedene Verhaftungen von Sozialdemokraten vorgenommen worden. Gegen den verantwortlichen Redakteur der socialistischenBerl. Fr. Pr." schweben zur Zeit über 30 Anklagen.

Ein Sjähriger Knabe in Berlin war gegen seine Eltern so ungezogen gewesen, daß sich sein Vater veranlaßt fand, ibm eine strenge Züchtigung zu Theil werden zu lasten. Er sperrte das Kind in einen finstern Raum, tn dem der Knabe länger als 21 Stunden ohne Nahrung eingeschlosten wurde. Der Mangel an Nahrung und die Furcht, welche daS Kind in dem finstern Raume auszustehei, hatte, griffen dasselbe derartig au. daß es gefährlich erkrankte und baß viele Wochen zu seiner Wiederherstellung erforderlich waren. Die Nachbarn waren über das Verfahren deS Vaters so empört, daß sie von dem Vorfälle der Staatsanwaltschaft Kenntniß gaben, die daraus die Anklage wegen Mißhandlung und wiverrechtlicher Freiheitsberaubung gegen den Vater erhob. Letzterer machte zu seiner Vertheidigung geltend, daß er ein Recht habe, sein Kind zur Strafe einzusperren. Nachdem aber vom Gericht für festgestellt angenommen wor- den, daß der Angeklagte sich einer Uebertretung des Züch­tigungsrechts durch sein Verfahren schuldig gemacht hatte, ist die Verurtheilung des Angeklagten wegen beider Verge­hen erfolgt, weil eine vom Vater gegen sein Kind zu dessen Bestrafung vorgenommene Freiheitsberaubung sür widerrecht­lich, also strafbar zu erachten sei, sobald dabei nach Art der Freiheitsberaubung das väterliche Züchtigungsrecht über­schritten worden ist.

Der Besitzstand der verschiedenen Parteien des Reichstags wird, nachdem die Stichwahlen vollzogen, verglichen mit den vorigen Wahlen, folgender sein:

Reich»taz 1877. Reichstag 1878. Gewinn oder

Deutsche Reichspartei 37

Deutschkonservalive 10

Nationalliberal e 127

Altliberale rc. 11

Fortschritt 35

Eentrum, Welfen u. Polen l12

Vollsparlei

Elsäster

L-oziatisten

Däne

1

15

12

307 '

57

60

98

11

26

117

3

15

9

1

397

Berlust.

-f- 20 -f- 20

29

3

9 5 2 0 3 0

-i-

Verlust haben also erlitten Nationalliberale 29, Fort­schritt 9, Gruppe Löwe rc. und Sozialisten je 3 und Volkspartei 1 ; in den Gewinn von 4b Stimmen thei- len sich die beiden konservativen Parteien mit je 20, und das Centrum mit 5 Stimmen. Letzteres ist nun die stärkste Partei im Reichstag. Die Oppositions­parteien : Centrum, Sozialisten, Volkspartei, Fortschritt, Däne und Neichsländer bringen 171 Stimmen zusam­men; wenn nun noch 28 Nationalliberale mit ihnen stimmen würde», so wäre Majorität gegen die Negie­rung vorhanden. Andererseits bringen die konservativen Parteien mit den Altliberalen (wie Beseler, Delbrück,

Bonin, rc. rc ) 129 St. zusammen: wenn ihnen 70° Natronalltberale beitreten, so haben sie die Majorität.

Oesterreich Ungar».

WEe", 20. Aug, DiePol. Corr." meldet in einem offiziellen Telegramm ans Konstantinopel vom 20.: Dre Pforte verlangte von Hafiz Pascha Aufklä­rung über dst an de» F.-Z.-'M, Philippovich entsendete Deputation aus Sarajewo. Gleichzeitig erneuerte die Pforte ihre Befehle, jeden Widerstand einzustellen und die österreichischen Truppen als Freunde zu empfangen Bedauerlicherweise lauten aber die der Pforte au« Sarajewo zugehenden Nachrichten ungünstig und be- weisen, daß ihre Autorität von dem provisorischen Comite gar nicht mehr anerkannt wird. Kein Tele- ^orte darf ohne Bewilligung eines der oO Hnsurgrntenchess der BevslkerttNA kundgsAeben wer- den. Hadschi Loja, der sich zufällig selbst verwundete, befahl, feden in die s-ände der Insurgenten fallenden österreichischen Kommandanten aufzuhänge». 2 Türken, und 2 Christen, welche die Zahlung der Contribution verweigerten, wurden aufgehängt. Gleichzeitig wurde ein tendenziöses Gerücht verbreitet, daß die kroatischen Truppen der österreichischen Occupations-'Irmee den Gehorsam verweigern und massenhaft drsertiren. Die Jnsurgenten-Chefs sollen beabsichtigen. Sarajewo in Brand zu stecken, ehe sie es den österreischen Truppen überlassen. Auf der Pforte selbst hat der österreichische Botschafter Zweifel darüber auSgedrückt, ob die Befehle der Pforte den geeigneten Eindruck hervorbrmgen werden.

Wien, 2l. Aug. DiePol. Korr." meldet aus Cattaro von heute: Zwischen den Türken und Montenegrinern sind die Feindseligkeiten wieder aus­gebrochen. Seit gestern früh begannen die Kämpfe bei Podgontza.

Teplitz, 21. Aug. Nachdem durch die etwa dreiwöchentliche Teplitzer Kur die Genesung des Kaisers in erfreulichster Weise soweit gefördert ist, um einer­seits eine Pause in der Kur zu rechtfertigen, anderer­seits eine längere Reise unbedenklich erscheinen zu lassen, erachten die Aerzte den Zeitpunkt sür gekommen. um den von Anfang an als wünschenswerlh in Aussicht genommenen Aufenthalt in Gastein jetzt eintreten zu lassen. Don der gleichzeitigen eventuellen Wiederauf­nahme des Gebrauchs indifferenter Thermalbäder und dem Einflüsse der Alpenluft erwarten die Aerzte eben­sowohl weitere Fortschritte in der Gebrauchssähigkeit der Arme, als namentlich eine fernere Hebung des allgemeinen Kräftezustandes.

Italien.

Rom, 20. Aug. Wie hier versichert wird, soll der jetzige Standpunkt der Verhandlungen zwischen Rom und Berlin folgender sein. Die Kurie gestattet, daß die in Folge der Maigesetze Bestraften um Am­nestie einkommen. Bismarck zog die versprochene frei­willige Amnestie wegen des Widerstands der öffentlichen Meinung zurück. Die Kurie ermächtigt die Bischöfe zur Anmeldung der neuen Pfarrer, mit dem stillen Vorbehalt, daß von Seiten der Beamten keine Schwie­rigkeiten erhoben werden. Bestätigung dieser Versiche­rungen bleibt abzuwarten.

Frankreich.

Paris, 16. Aug. Im südwestlichen Frankreich haben die Behörden soeben eine traurige Entdeckung gemacht. Es bestand dort seit einiger Zeit eine förm­liche Gesellschaft von meistens den besseren Ständen angehörigen Leuten, die einem widernatürlichen Laster stöhnten und ihre Verbindungen von Auch aus über Pan, Bayonne, Bordeaux, Ayen, Tours und Poitiers ausdehnten. Die Gesellschaft hatte ihre Statuten und sür ihre Orgien in Auch eigens einen entsprechend ausgestatteten Saal; die Mitglieder zahlten ihre regel­mäßigen Beiträge, mit deren Hilfe die jugendlichen Opfer, durchaus Personen von weniger als 15 Jahren, angeworben wurden. Mehrere der Hauptschuldigen sind bereits verhaftet, unter ihnen ein reicher Kaufmann, ein Großgrundbesitzer und ein Friedensrichter. Ein Skandalprozeß ersten Ranges steht bevor.

Paris, 20. Aug. Zu Präsidenten der Gene- ralräthe wurden 51 Republikaner gewählt. (Die Re­publik befestigt sich also immer mehr.)

Paris, 22. Aug. Bei dem gestrigen Bankett in Laon sagte der Minister des Aeußern, Waddington, die Angriffe gegen den Berliner Vertag seien ungerecht. Wenn der Vertrag vollkommen ausgeführt sei, werde man sehen, daß es die einzige dauerhafte Lösung der Orient-Frage sei. (Fr. I.)

H av r c, 22. Aug. Königin Christine ist gestorben.

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