Amtsblatt für den Hberamts-Uezirk Nagold.

1 ««.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 ^ 60 «t, für den Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 ^ 40 ^

! Jnserationsgebühr für die Ispaltiqe Zeile aus Samstag den 24. August. ! wohnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung s

^ ^ her mehrmalrger je 6 -l.

1878 .

Abonnements-Einladung.

Bcrfügnng oder die Entscheidung erlassen hat. Weder die Beschwerde noch die weitere Beschwerde haben aufschiebende

Bestellungen auf denGesellschafter" für den Monat September nimmt jedes Post­amt und die Postboten entgegen.

Der Entwurf des Sozialisten-Gcsetzes, der dem nach' sten Reichstag vorgclegt wird.

(Schluß.)

tz. 16. Wer an einem verbotenen Berein (8- 2) mit Kenntniß oder nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung des Verbotes als Mitglied sich betheiligt oder eine Thätigkeit im Interesse eines solchen Vereins ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu 500 Mark oder mit Haft oder mit Gefängnis; bis zu drei Monaten bestraft. Eine gleiche Strafe trifft Denjenigen, welcher an einer verbotenen Versammlung (H. 9> mit Kenntnis; des Verbotes sich betheiligt, oder welcher nach polizeilicher Auf­lösung einer Versammlung (tz. 9) sich nicht sofort entfernt. Gegen Diejenigen, welche sich an einem Vereine oder an der Versammlung als Vorsteher, Leiter, Ordner, Agenten, Redner oder Kassirer betheiligen, oder welche mit Kenntniß oder nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung des Verbotes zu einer verbotenen Versammlung anfsordern, ist auf Gefängniß von einen; Monat bis zu einen; Jahre zu erkennen.

ts. 17. Wer für einen verbotenen Verein oder für eine verbotene Versammlung mit Kenntnis; oder nach erfolgter öf­fentlicher Bekanntmachung des Verbotes Räumlichkeiten hergibt, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu einen; Jahre bestraft.

tz. 18. Wer eine verbotene Druckschrift (8- II) mit Kenntnis; oder nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung des Verbotes, oder wer eine von der vorläufigen Beschlagnahme betroffene Druckschrift (tz. 14) mit Kenntniß der Beschlagnahme verbreitet oder wieder abdrnckt, wird mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft.

8. 19. Wer einem nach 8- 15 erlassenen Verbot mit Kenntnis; oder nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung des­selben zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark oder mit Hast oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Außerdem ist das zufolge der verbotenen Sammlung oder Aufforderung Empfangene oder der Werth desselben der Armenkasse des Orts der Sammlung für verfallen zu erklären.

8. 20. Personen, welche es sich zum Geschäfte machen, die in; K. 1 bezeichnet«; Bestrebungen zu fördern, oder welche nach rechtskräftiger auf Gruud dieses Gesetzes erfolgter Verur theilung wegen einer darauf begangenen Zuwiderhandlung gegen dasselbe rechtskräftig zu einer Strafe verurthcilt worden sind, kann der Aufenthalt in bestimmten Bezirken oder Orten versagt werden. Wenn sie Ausländer sind, können sic aus den; Bun­desgebiete ausgewiesen werden. Unter gleichen Voraussetzungen kann Buchdruckern, Buchhändlern, Leihbibliothekaren und In­habern von Lesekabiueten, sowie Gastwirtheu, Schaukwirthcu und Personen, welche Kleinhandel mit Branutweiu oder Spiri­tus treiben, der Betrieb ihres Gewerbes untersagt werden. Personen, welche cs sich zun; Geschäfte machen, die in; 8- 1 bezeichnet«; Bestrebungen zu fördern oder welche auf Grund einer Bestimmung dieses Gesetzes einmal rechtskräftig zn einer Strafe verurthcilt worden sind, kann der Lcgitimatiousschein zur gewerbsmäßigen öffentlichen Verbreitung von Druckschriften (tz. 43 der Gewerbe-Ordnung) und der Legitimationsschein zum Verkaufe von Druckschriften in; Umherziehen (8. 55 a. a. O.) entzogen, sowie die nicht gewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften (8. 5 des Gesetzes über die Presse von; 7. Mai 1874) untersagt werden. Druckereien, welche geschäfts­mäßig zur Förderung der in 8- i bezeichnet«; Bestrebungen benutzt werden, können geschlossen werden.

8. 2l. Zuständig für die in 8. 20 vorgesehenen Ver­fügungen ist die Landespolizcibchörde, gegen dieselben steht den Betroffen«; die Beschwerde au das Rcichsamt für Vereinswesen und Presse offen. Die Beschwerde und die weitere Beschwerde sind innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung oder der Entscheidung bei der Behörde anzubringeu, welche die

Wirkung.

8. 22. Wer einer auf Grund des 8. 20 erlassen«; Ver­fügung zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Mona­ten bestraft. Im Falle der Zuwiderhandlung gegen eine auf Grund des 8- 20 Absatz 1 erlassene Verfügung tritt Gesäng- nißstrafe von einem Monat bis zu einen; Jahre ein.

8- 23. Für Bezirke oder Ortschaften, in welchen durch die im 8- 1 bezeichnet«; Bestrebungen die öffentliche Sicherheit bedroht ist, können die Centralbehördcn der Bundesstaaten mit Genehmigung des Bundcsrathcs für die Dauer von längstcns einem Jahre Anordnung treffen; 1) daß Versammlungen nur mit vorgängigcr Genehmigung der Polizeibehörde stattfinden dürfen, 2) daß die Verbreitung von Druckschrift«; auf öffent­lichen Wegen, Straße;;, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten nicht stattfinden darf, 3) daß arbeitslose Personen, welche nicht Nachweis«; können, daß sie die Mittel zn ihren; Unterhalt besitzen und welche in den Bezirken oder Ortschaften einen Unterstützungswohnsitz nicht erworben haben, ans demselben ausznweisen sind, 4) daß der Besitz, das Tragen, die Einfüh­rung und der Verkauf von Waffen verboten, beschränkt oder an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wird. Die getroffenen Anordnungen sind durch denReichs;;;;,zeig«'" bekannt zu ma­chen. Wer denselben mit Kenntnis; oder nach erfolgter öffent­licher Bekanntmachung zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

8- 24. Dieses Gesetz tritt sofort in Kraft.

Die erledigte evangelische Pfarrei Steingcbronn- Dottingen, Dekanats Münsingen, wurde dem Pfarrver- weser AdolfKieS in Emmingen gnädigst übertragen.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Druckfehler. In dem Artikel von Nagold der letzten Nummer war in einem Theil der Auflage Flora statt Flor zu lesen, weichen lächerlichen Fehler die meisten Leser wohl selbst corrigirt haben werden.

Ernst mühl bei Calw, 20. Aug. In einem von 2 Familien bewohnten Hause brach letzten Montag um die Mittagszeit Feuer aus, welches so rasch um sich griff, daß binnen weniger Stunden das ganze Gebäude ein Trümmerhaufen war. Die in der Nähe stehenden Gebäude waren schon theilweise vom Feuer ergriffen, es gelang aber der rasch herbeigeeilteu Feuer­wehr von Hirsau, dieselben zu retten. Entstehung un­bekannt. (N. T.)

Stuttgart, 22. Aug. Vergangene Nacht gegen halb 2 Uhr stürzte in der Gutlenbergstraße 46 ein 23jähriger Schneidergeselle aus dem vierten Stock auf das Straßenpflaster hinab und gab bald darauf seinen Geist auf. Geistesstörung, die man seit einiger Zeit an ihm bemerkte, soll die Ursache des wahrscheinlich selbst gesuchten Todes sein.

Stuttgart. Nächsten Samstag wird ein von den Herren Louis Schweitzer und Constantin Camerer geführter Extrazug von hier zur Weltausstellung nach Paris abgehcn.

Stuttgart. Gestern Vormittag ist Hr. 0r. Dulk, nachdem die Voruntersuchung gegen ihn abge­schlossen, wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Biberach, 21. Aug. Ji; vergangener Nacht brannte in Unter-Essendorf das Haus des dortigen Schultheißen nieder. Der Brand ist von einem Handwerksburschen ange­stiftet, der sich zwei Tage im Hanse versteckt haben soll. Die Verwirrung während des Brandes benützte der Bursche zum Stehlen, wobei er entdeckt und verhaftet wurde. Bei seiner Durchsuchung kamen fünf Taschenuhren zum Vorschein.

Ellwan gen, 48. Aug. Gestern Nachmittag brannten in dem 5 Stunden von hier entfernten, noch zu diesseitigem OA. gehörigen Pfarrdorf Geislingen 14 Gebäude, darunter 9 Wohnhäuser ab.

Ulm, 21. Aug. Heute Vormittag legte sich ein Kellner, der bisher in einem hiesigen Gasthof servirte,

oberhalb der Ziegellande auf die Schienen, wobei ihm der heranbrausende Zug den Kopf durch- und den linken Fuß abschnitt. Da er schon am frühen Mor­gen von seiner Wohnung aus auf die Straße herab­springen wollte, so muß man wohl bei dem 16jährigen Menschen Geistesstörung annehmen, die ihn zu dieser traurigen That bewog.

Karlsruhe, 20. Aug. Das Ministerium des Innern hat sich veranlaßt gesehen, außer der Beschrän­kung der öffentlichen Tanzbelustigungen im Interesse der sittlichen und volkswirthschaftiichen Zustände noch folgende Einschränkungen wegen des gleichen Motives anzuordnen: Da die sog. Hochzeilstänze in den meisten Fällen den Character von öffentlichen Tanzbelustigungen haben, indem Jedermann dazu eingeladcn wird, so wird die zur Abhaltung dieser Tänze erforderliche Er- laubniß künftig nur in beschränktem Maße ertheilt und namentlich da versagt werden, wo es sich um eine Spcculation des Wirthes handelt, in dessen Wirthschaft die Hochzeit abgehalten wird. In gleicher Weise wer» den die immer häufiger vorkommenden Bürger-Bälle, welche meist nichts Anderes als öffentliche Tanzbelu­stigungen sind, da an denselben Jedermann gegen Be­zahlung eines gewissen Entgelts theilnehmen kann, künftig nur noch ausnahmsweise gestaltet. Die Bür- germeister-Aemter haben demgemäß die Weisung erhalten, jedes dieser Anordnung nicht entsprechende Gesuch zur Vermeidung von Weiterungen sofort zurückzuweisen.

Wie man sich in Kissingen erzählt, soll Nun­tius Masella von seiner Mission sehr befriedigt sein. Er soll dies am Abend vor seiner Abreise im katho­lischen Kasino in Anwesenheit von mehr als 40 katho­lischen Geistlichen ausgesprochen haben, indem er den Geistlichen dabei ans Herz legte, ihn in seinen Frie- denswcrken, zu einem dauernden Frieden zwischen Staat und Kirche zu gelangen, zu unterstützen.

Der Berliner Börsenkourier hat einen Berichterstatter nach Leipzig zu den Eltern Hödels geschickt, der dem genannten Blatts Folgendes schreibt: Ich begab mich nach dem bescheidenen Dachstübchen, das die Eltern Hödels dewob- nen. Sie haben heute früh Seitens des hiesigen Polizei- Commiffariats die Nachricht erhalten, daß heute Morgen um 6 Uhr das Urtheit an ihrem Sohne vollstreckt sei, daß der Attentäter nicht mehr unter den Lebenden weile. Die Mutter des Enthaupteten ist schwer erschüttert und tief gedrückt. Ruhelos eilt sie im Zimmer umher und kann den Gedanken, daß ihr Sohn nicht mehr lebe, nicht fasten. Der Schreck hat sie förmlich betäubt. Sie will eS durchaus nicht glauben, daß es wahr sei, daß ihr Sohn nicht mehr lebe, daß er ent­hauptet sei. Sie sagte:Ein dummer Junge war er, der uns nur Schande und Sorge gemacht und uns ins Unglück gestürzt hat mit seinen fixen und verrückten Ideen, Noch nicht einmal mündig ist ec ja und schon hat er solche dumme Streiche gemacht. Aber geköpft^ kann man den dummen Jungen doch nicht haben." Der Stiefvater benimmt sich viel ruhiger und ziemlich gteichgittig. Er sitzt und flickt seine Stieseln und pafft aus einer Pfeife die kleine «tnbe mit Tabaksqualm voll. Der letzt« Brief Hödels enthält seine Ansicht darüber, daß das Urtheit wahrscheinlich vollstreckt werden würde. Er wußte noch nicht, ob das Urthei! bestä­tigt werden würde, er schrieb darüber aber sehr kaltblütig. Hier der Inhalt seines Briefes:Ich esse und trinke außer­ordentlich gut und wünsche, daß ihr so wohl und munter seid wie ich. Ich finde alles egal, ob mir der Rumpf vom Kopfe gehauen wirb oder nicht. Meine Laufbahn ist voll­bracht." Der Brief, der im fiebrigen gleichgiltig«; Inhalts ist, enthält noch den Vers:

Den Du hast in Schmerz geboren,

Der ist in der Schlackt verloren,

Ja verloren in der Schlacht,

Meine Laufbahn ist vollbracht."

Diese Verse rühren augenscheinlich von Hödel selbst her. Nach denselben fährt Hövel in dem Briefe fort:Es wird ja alles todtgeschoffen im Leben. Jeder sorgt für sich selber, im Kriege geht's so her und sonst auch. Die Mutter soll sich trösten. Nun geht bei mir das Hängen an. Nun können wir den alten Mann, den Gastwirth in Schkeudnitz leben lauen. (Bekanntlich batte Hövel dem Gastwirth in Schkeudnitz, der ihm das Lokal zu einer sozialdemokratischen Versammlung nicht hergeben wollte, gedroht, bei ihm werde das Hängen anfangen.

Auf der diesjährigen Forstmänner-Versammlung in Dresden kamen die Eisenbahntarife für Holz zur Sprache. Durch diese Tarife sei das Ausland nicht