gestern bei den Haaren, welche sich um die Stange wickelten, so daß ihr buchstäblich die ganze Kopshaut weggerissen wurde. Die Unglückliche Frau bietet einen entsetzlichen Anblick dar. Ihr Zustand ist sehr ge­fährlich, doch konnte sie noch mit vollem Bewußtsein die heil. Sterbsakramente empfangen.

Kissingen, 19. August. Das Pensionshaus Adam Hcilmann und die Nebengebäude sind durch Brand theilweise zerstört. Das Feuer entstand wohl durch Fahrlässigkeit und dauerte von Abends 5'/» bis Mor­gens 6 Uhr. Es herrschte große Aufregung, da das Haus von vielen Kurgästen bewohnt ist. Kein Unfall an Personen.

Frankfurt, 17. August. Dieser Tage wurde ein Mann verhaftet, der in Bibel und Gesangbuch gut be­schlagen ist, aber Tausende aus unrechtmäßige Art erworben hat. Als die Nemesis gegen ihn die Arme ausstreckte, saß der Mann im Bett und sang ein gottessürchtiges Lied: neben sich hatte er ein BüchleinEcdauungsstnnven" liegen

sTüchtig hineinegesallen.s Einen recht bösen Streich hat man dem Nedacteur desWieslocher Amtsver- kündigers" gespielt. Derselbe wollte nämlich gegen die bösen Soziai-Demokraten nicht blos in Prosa, sondern auch in Versen zu Felde ziehe»: da er aber die Gabe der Poesie selber nicht besaß, so war er höchst ersreut, als er von einem langjährigen Abonnenten" ein Poem eingesandt erhielt, überschrieben:Den socialistischen Wühlern". Das war ganz nach seinem Geschmack, er las es einmal, er las es zweimal und es gefiel ihm, und er ließ es zum Setzer wandern, und am nächsten Morgen stand es mit großen Lettern imWles- locher Amtsverkündiger". Aber ach, am andern Morgen liest er sein Gedicht, dasselbe schöne Gedicht abgedruckt in dem socialistischenMünchener Zeitgeist": doch was sollen die fettgedruckten Anfangsbuchstaben der Berszeilen bedeuten, was will man damit sagen? aber es wurde bereits schwarz vor seinen Augen: es war ihm Alles klar.Zillig ist der größeste Esel in Wiesloch" so stand es da in den fettge­druckten Anfangsbuchstaben und so hatte eS auch in seinem eigenen Blatte gestanden, wenn dort auch die ersten Buch­staben der Zeilen nicht fett gedruckt waren. Wie es heißt, ist Herr Zilling noch in Zweifel mit sich, ob er die Beleidi­gungsklage gegen sich selbst einleiten soll.

Berlin, 20. Aug. Nach hochofficiösen Aus­lassungen gilt in vatikanischen Kreisen der Frieden als gesichert, obgleich die Bedingungen noch unbekannt sind.

Große Noth herrscht in Berlin unter den Tau­senden von verschämten Armen, die sich um keine öffentliche Unterstützung bewerben wollen oder können. Es sind unter ihnen namentlich viele unverheirathete ältere Damen, die Wittwen und Töchter höherer Be­amten und Offiziere, die nach dem Tode der Galten und Väter hülflos oder doch in den ärmlichsten Ver­hältnissen Zurückbleiben und sich nun ihr tägliches Brod selber verdienen müssen. Die Noth in diesen stillen Familien ist oft groß; denn Stiftungen zu ihren Gun­sten gibt cs wenige im Verhältniß zu dem großen Bedürfniß.

Köln, 15. Aug. Die deutschen Krieger- Vereine, welche den Wunsch hegen, der Kaiser möge das Protectorat übernehmen, haben von dem General der Infanterie zur Disposition, v. Glümer, eine Zu­schrift erhalten, in welcher die Annahme des Protecto- rats die Aufnahme folgender Punkte in die Statuten voraussetzt:1) Hauptzweck der Vereinigung ist die Pflege der Treue gegen Kaiser, Landesherrn und Va­terland. 2) Politische Erörterungen sind in den Ver­eins-Verhandlungen ausgeschlossen. 3) Der Präsident wird von Sr. Mas. dem Kaiser ernannt; die auf eine längere Reihe von Jahren zu wählenden Präsidial- Mitglieder unterliegen der Allerhöchsten Bestätigung. 4) Dem Präsidium steht das Recht zu, Vereine bei gesetz- oder statutenwidrigem Verhalten von dem Ver­bände auszuschließen, bezw. in denselben nicht aufzu­nehmen." Die Vereine wurden angewiesen, über diese Punkte in Berathung zu treten und sollte eine Einigung erzielt werden, dann würde er der Herr General einen Delegirtentag nach Frankfurt a. M. aus­schreiben. Darauf hin haben die Vereine am letzten Samstag bis Dienstag zu Gießen den 5. allgemeinen deutschen Kriegertag abgehalten. 100 Delegirte ver­traten 54,000 Mitglieder und in dem Festzuge erschienen ?0 Fahnen. Ueber die Annahme jener Punkte herrscht Einverständniß. Man beschloß ferner, Socialdemokra­ten aus dem Vereine fern zu halten und vorstellig zu werden für solche Krieger, welche im Felde erkrankt sind und keine Unterstützung erhalten.

Hamburg, 18. Aug. Gestern Abend fanden in Harburg anläßlich der Stichwahl Ruhestörungen Seitens der vereinigten Sozialdemokraten und Welsen statt. Es stehen sich dort der Nationalliberale Grum- brecht und der Welfe Groote gegenüber. Erst dem energischen Einschreiten der Polizei, der Feuerwehr und der dortigen augenblicklich nur schwachen Garnison ist es gelungen, die Ruhestörer zu zerstreuen. Ein Civilist ist getödtet, mehrere Personen, auch vom Militär, sind verwundet worden.

OesterreichUngarn.

Wien, 20. Aug. Sarajewo ist nach heftigem Kampfe von den österreichischen Truppen am 19. ge­nommen.

Ein guter Appetit. Dem Polizeiberichte der Stadt Pesth vom 12. d. M. entnehmen wir Folgen­des:Der in der Stationsgasse arbeitende und in der Ekiasgasse wohnhafte Messerschmied Franz Sandik ist zwar klein und mager, hat aber einen auffallend starken Appetit, den er zumeist durch Wetten auf seinen Magen auf fremde Kosten zu stillen versucht. In Folge einer solchen Wette hat Sandik gestern Abends von 68 Uhr in mehreren Gasthäusern im Stadtwäldchen 6 Paar Frankfurter, 5 Portionen Schinken, 2 Rostbraten, 6 Portionen Käse, 6 Stück schwarzes Brod gegessen, dazu 6 halbe Liter Bier und schließlich in einem Kaffeehaus 3 Schwarze und 4 Glas Kümmel getrunken." Dem Manne ist allerdings bedeutend übel geworden und er kam außerdem mit der Polizei in Konflikt, welche sich die Mühe nahm, die einzelnen Stationen seines Appetits wie oben angeführt festzustellen.

In Naceradetz (Ungarn) hatte der Blitz 5 Personen, die noch mit 4 andern in einer Ziegelhülle vor dem Unwetter Schutz suchten, erschlagen; zwei er hielten bedeutende Brandwurden und nur 2 Knaben blieben ganz unversehrt.

Italien.

Rom, l'i. Aug. Der Vatikan hat dem Fürsten Bismarck Vorschläge zur Genehmigung übersendet, welche darauf gerichtet sind, den ausgewiesenen Bischö fen die Rückkehr in ihre Diözesen zu ermöglichen. Es bestehen in dieser Beziehung noch einige Differenzen; der Vatikan glaubt indeß, daß eine einfache Zustim­mung der Negierung zur Rückkehr der Bischöfe genüge, ohne daß es nöthig wäre, daß dieselben das betreffende Ansuchen an die Regierung stellen.

Nom, 18. Aug. Heute am Namenstag des Papstes haben sämmtliche klerikalen Blätter eine Festnummer gebracht. Der Kaiser von Oestreich und Fürst Bismarck gratulirten telegraphisch.

Schweiz.

St. Gallen. ImSt. Galler Tagbl." ver­öffentlicht die Gemeinderathskanzlei die Namen von 14 Metzgern, die derMehlwursterei" überführt und deß halb mit Bußen von 20 bis 40 Fr. belegt worden sind.

Amerika.

Newyork, 19. Aug. Nachrichten aus Chili zufolge ist der Ausbruch eines Krieges mit der argen­tinischen Republik sehr wahrscheinlich. Die Regierung von Chili trifft umfassende Kriegsvorbereitungen und macht große finanzielle Anforderungen, so daß bereits mehrere Bankhäuser ihre Baarzahlungen eingestellt haben.

Handel Verkehr rc.

fPreise der Lebensbedürfnisse in Stuttgart auf dem Wochenmarkt vom 17. August 1878.) t Kilo süße Butter «« 2.10, 1 Kilo saure Butter.« 2,1 Kilo Rindschmalz 2.40,1 Kilo Schweineschmalz 1. 20, 1 Liter Milch 16 -4, 10 frische Eier 50 4, 100 Kilo Kartoffeln 7, 1 Kilo Kernenbrod 30 -4, 1 Kilo Schwarzbrot» 28 4, 1 Paar Wecken wiegen 80100 Gr., 50 Kilo Heu *« 2, 50 Kilo Stroh, altes 1. 40, neues -« 1. 70, 1 R.-M. Buchenholz 14,

1 R.-M. Birkenholz .«12, 1 R.-M. Tannenholz 9. 50- Fleisch preise in der Markthalle: Rindfleisch 60 bis 64-4, Kalbfleisch 65-4, Schweinefleisch 65-68-4, je perKilo.

Stuttgart, 19. Aug. (Landesproduktenbörse.! Im Getreidegeschäst war es in der vorigen Woche überall ziem­lich ruhig: trotzdem aber konnten sich an den meisten aus­wärtigen Plätzen die Preise für gute Waare behaupten. Unsere inländischen Märkte hatten trotz schwacher Zufuhren Abschläge und die heutige Börse verkehrte in ruhiger Hal­tung, ohne daß sich die Preise wesentlich änderten. Wir notiren per 100 Kilogr.: Weizen, ruff. 20 50 -422 -«

25 -4. dto. bayer. 22 50 -423 50 4, dto. Ungar.

23 23 25 4. dto. amerik- 23 Kernen 24« bis

24 50 -4. Dinkel neu 14 Mehlpreise pro 100 Kilogr.

inkl. Sack. Mehl Nr. 1: 35 ^50 ->-36 .« 50 4. dto. Nr. 2: 32 4L 50 433 4L 50 -4. dto. Nr. 3 : 28 50 4

bis 29 .« dto. Nr. 4: 2526 4L

Stuttgart. (Dom Wochenmarkt.) Mostobst, Zufuhr 120 130 Säcke, Verkauf lebhaft, Preis pro Ctr.

2 4L 80 4 bis 3

Mannheim, 18. Aug. Die Stimmung im Getreide­handel war während abgelaufener Woche ruhig bei behaup­teten letztwöchentlichen Preisen und notiren wir per 100 Kilo: Weizen je nach Qualität 4L 2123.50, Roggen 4L 1616.50 für französischen und hicrländischen und 4L 1415 für alten russischen, Gerste 4L 17.50-18.50 für Pfälzer und 4L 18.50 bis 20 für Ungarische, Hafer 4L 14 5016.50, Kohlreps 4L 32-32.50. Im Kleesamen-Handel werden Befürchtungen laut, daß das anhaltende Regenwetter die Körner-Entwicklung beeinträchtigen werde.

Vom Fuße des Schwarzwaldes, 18. August. Die Ernte kann nun als beendigt angesehen werden und e« hat jeder ohne Ausnahme Heuer alle Ursache, mit dem Ergebniß derselben zufrieden zu sein, denn es ist nach Gardenzahl und Qualität des Getreide« ein überaus gesegnetes; nur da» Einheimsen war durch häufige Gewitterregen gestört und ver­zögert. Obst gibt es theilweise auch ordentlich, besonders Zwetschgen, diese sind so massenhaft gediehen, daß die Bäume zum Thsil unter der Last zusammenbrechen. Etwas Betrü­

bendes aber ist, daß unsere so viel versprechende Kartoffel­felder nun fast durchweg krank geworden find, so daß bei den meisten Grundstücken der dritte Theil des Ertrags zu Grunde gehen wird. Man will die Wahrnehmung gemacht haben, daß die weißen Kartoffeln viel leichter als die rothen von der Krankheit ergriffen werden. Die übrigen Herbster- lrägniffe, als Kraut, Rüben, Flachs und Hans stehen sehr schön, aber ganz besonders wird es viel Oehmd geben. Die Viehpreise sind wieder etwas zurückgegangen.

Rottweil, 19. Aug. Unter der Leitung des zum Vorsitzenden gewählten Kaplan Hufnagel von Seitingen tagte hier gestern der Bienenzüchterverein der nächsten Oberämter. Das Hauptergebniß ist die Gründung eines Wachs- und Honig Marktes, welcher am Kirchweihmarkt Mittags von 1-4 Uhr hier stattfinden wird. Die weitere Frage, was praktischer sei für die Bienenzucht, Körbe oder Kästen, veranlaßte eine längere Besprechung, wobei sich er­gab, daß im Großen sich Kästen wohl rentiren, bei kleinerem Betriebe aber Körbe vortheilhaster und billiger sind, aus diesem Grunde aber auch bei richtigem Verständniß ihrer Behandlung auch im Großen nutzbringende Anwendung finden.

Stuttgart. (Tuchmesse.) Der Besuch der dies- lährigen Tuchmesse Seitens der Verkäufer ist ein geringerer aiS im Vorjahr (222 gegen 253), auch ist ziemlich weniger Waare zu Markte gebracht. Bedeutende Einkäufe werden wenig gemacht. Preise sehr gedrückt. Verkauf im Allge­meinen flau. (N. T.)

Beförderung leerer Säcke. In den inlernen Speziatbestimmungen zum Beiriebsreglement für die Eisen­bahnen Deutschlands tritt nachstehende Aenderung ein:Leere Säcke werden nur dann zur Beförderung angenommen, wenn die einzelnen Kolli an der Blums (Kropf) mit starker Schnur derart umwickelt sind, daß ein Heraus- oder Auseinanderfallen derselben verhindert wird, und wenn dieselben zugleich mit Etiketten von Hotz oder Pappe versehen sind, aus welchen in Uebereinstimmung mit dem Frachtbrief« die Bestimmungs­station deutlich angegeben ist."

Schwarzer Peter.

(Schluß.)

,,EH, eh!' murmelt der Baron;Donnerwetter I" flucht halb ärgerlich, halb belustigt, Otto,räuchern will ich mich doch nicht lassen." Und als gewandter Turner begann er sich einen Weg nach oben zu suchen.

In der Küche erscheint indeß eine neue Person auf dem Schauplatze: Wilhelm, der Schornsteinfeger. Minna erbleicht, denn schwarz ist sein Gewand, aber lichterloh brennt seine Eifersucht. Wenn er den Baron findet! Doch Zeit gewonnen, Alles gewonnen. Geistes­gegenwärtig öffnet sie die andre Essenthür. Vielleicht verzieht sich indeß die Tante; Wilhelm denkt dasselbe, als er hineinsteigt und sich dienstbeflissen nach oben schwingt; denn auch er hat eine wichtige Neuigkeit in der Tasche, für Minna nämlich. Potz tausend, was bröckelt ihm denn da von oben ans die Nase? Er blickt über sich, es ist, als ob ein Schatten oben hin­aushuschte. Es war Otto, der das Ende des Schach­tes erreicht hat und sich oben hinausschwingt. Ec be­trachtet sich, als er da oben auf dem First im Hellen Sonnenlicht steht. Nicht übel, mit Ruß überzogen von oben bis unten. Was soll er thun? Da oben kann er nicht sitzen bleiben, hinter ihm, er hat es wohl be­merkt, kommt der Schwarze. Da fällt sein Blick auf den andern Schornstein. Es ist der einzige Weg zur Rettung. Rasch schlüpft er hinein und arbeitet sich nach unten.

Eh, eh!" macht Baron Schindelberg, als er et­was von oben auf seine Nase bröckeln fühlt.Ver­fluchter Aufenthalt!" Da prasselt schon wieder etwas herab. Er blickt über sich, die Oeffnung ist verschwun­den, eine ganze Ladung Ruß wirbelt herab.Verfl Hat zi! hat zi!" Umsonst bemüht er sich, den Reiz in der Nase niederzukämpfen.Hat zi! hat zi!" Die Tante in der Küche fährt leicht erschreckt zusammen, Minna hustet verlegen. Otto hoch oben horcht erstaunt. Schon will er zurück, o weh! Der Himmel über ihm verdunkelt sich, der Schorn­steinfeger verfolgt denselben Weg, den er genommen. Otto beschleunigt seine Höllenfahrt. Plötzlich stößt er auf Widerstand, er fühlt sich am linken Fuß gepackt, er will ihn zurückztehen umsonst. Von oben erhält er im selben Augenblick einen sanften Fußtritt.

Himmelsackerment!" flucht Wilhelm.

Eh, eh," stöhnt der Baron.Ha, ha, ha," lacht Otto.Ach Gott!" kreischt erschreckt di« Tante,ach, Herr Jeses!" Minna. Vom Schornstein her schallt dumpfes Stimmengewirr in die Küche, Fußtritte don­nern gegen die Thür.

Hilfe! Hilfe! Räuber! Zu Hilfe, Karl!" ruft entsetzt die Tante, einer Ohnmacht nahe. Der Com- mercienrath, der im Nebenzimmer soeben sein zweites Frühstück einnimmt, hört den Ruf, er ergreift den über dem Sopha hängenden Revolver und eilt hinaus, hinter ihm, schreckensbleich, Hedwig.Wo?" srägt sein er­staunt die Küche durchfliegender Blick.

Starren Auges zeigt die Tante nach der Esten» thür, von welcher jetzt ein höllischer Spectakel her» überschallt.

Tollkühn, wie ein sechsfach geladener Revolver