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UM 2. September' 1885?)
Viel Jubelte»:, viel Festgeläute,
Viel Fahnenschwingen, viel Gesang Bezeugt- in allen Gauen heute
Des deutschen Volkes mächt'gen Drang, Den Drang die Herzen zu erheben,
Zu rühmen laut die Siegesthat,
Und jeden: gern' die Ehr zu geben,
Der zu dein Sieg geholfen hat:
Zuerst den: großen Gott im Himmel,
Nach dessen wunderbaren! Rat,
Aus Angst und Not und Schlachtgetümmel Hervorging Glück und Siegesthat;
Za Seinem segensvollen Fügen Gebührt die Ehre allermeist,
Die auch von allen Siegeszügen
Der Kaiser dankbar ihm erweist.
Und Ihm, dem mächtigen, deni greisen,
Erhabnen Herrn auf Deutschlands Thron, Ihm freudig dankbar Ehr' erweisen Heißt heut' uns jeder Zubelton;
Den edlen Männern auch, den Helden,
Die, scharf in That und klug im Wort, Getreu sich ihm zur Seite stellten Sei Ehre heut' und immerfort;
Und all der unabsehbar'» Menge Der Krieger, die in's Feld geeilt Und kämpfend bald im Schlachtgedränge,
Bald hungernd, frierend dort geweilt.
Za mancher, der auch mit im Kriege,
Auch mit im heißen Streite war,
Steht heut', ein Zeuge jener Siege,
Vor uns in dieser Festssschar.
Auch vieler, die daheim geblieben,
Sei noch in Dank und Ehr gedacht, Zumal der Frauen, die den Lieben,
Die draußen kämpften, Tag und Nacht Treu dienten, auch am Krankenbette
Der Munden pflegten früh und spat. Fürwahr, 's ist eine lange Kette Von Opfermut und Liebesthat.
Doch — sollten ihrer wir nicht denken,
Die nicht des Reiches Herrlichkeit Mehr sehen, weil sie ihm zu schenken Zhr Herzblut waren treu bereit,
Das sie voll Heldenmut vergossen,
Entgegen werfend sich dem Feind,
Drum viele Thränenströme flössen,
Den edlen Toten nachgeweint!
*) Borstehendes Festgedicht von Herrn Rektor I)r. Müller konnten wir mangels Zeit in unserer letzten Nnmmer leider nicht mehr zum Abdruck bringen.
O deutsche Männer, deutsche Frauen,
Die all des Großen ihr gedenkt,
Das nicht umsonst, das Reich zu bauen,
Dem Vaterlands ward geschenkt:
Sprecht, sollen wir nach fünfzehn Zähren
Zetzt nicht mehr bringen Ehr' und Dank? Nicht feiern mehr in Festesscharen?
Nicht mehr die Masten halten blank?
O deutsches Volk, laß nicht in Schlummer Von falschen Freunden wiegen dich,
Als ob du fürder ohne Kummer Hinleben dürftest ruhiglich!
Als ob's nicht mehr den Feind gelüstet'
Zn neuem Kampf zu messen sich!
Drum — nicht die Masten bloß gerüstet,
Nein, auch die Herzen ritterlich!
Und wenn jetzt Deutschlands Macht sich breitet, Von Land zu Land, von Meer zu Meer, Von großen Männern fest geleitet:
Sprecht, sollen wir nicht kommen her Und Zahr um Zahr den Bund erneuern Dem Vaterlands treu zu sein Und auch die Zugend anzufeuern,
Zhm opferfreudig sich zu weih'n?
Nicht eitlen Prunk ja soll entfalten Solch Fest, nicht stolze Ueppigkeit;
Nein, daß die Herzen nicht erkalten,
Daß heil'ger Eifer sei bereit Bei Zung und Alt, und sicher wahre Des Reichs gefesteten Verein,
Soll dieser Tag noch viele Zahre
Ein Fest des deutschen Volkes sein.
Drum laßt erfreuen uns die Herzen
An dem, was solch ein Festtag bringt, Auch an der Zugend Spiel und Scherzen,
Der hoffnungsvoll die Zukunft winkt,
Und dankbar für des Höchsten Lenken,
Der segnend solche Thaten schuf,
Des Kaisers und des Reichs gedenken Von Herzensgrund mit Zubelruf!
WevrnifcHtes.
— Der Wirt des Hotel Bellevue in Andermatt hat eine E r - klärung erlaffen, welche sich gegen die Korrespondenz der „Vossischen Zeitung" wendet, worin behauptet wurde, der deutsche Kronprinz habe für fünf Wagen von Göschenen nach Andermatt 600 Fr. bezahlen müssen. „Hieran ist", wie der betreffende Wirt schreibt, „auch nicht ein Wort wahr. Nicht nur fünf, sondern zwölf Wagen mußten geliefert werden mit 36 Pferden und 12 Kutschern." Im ferneren berichtet das benannte Berliner Blatt, der Kronprinz und die Kronprinzessin seien sehr wenig entzückt gewesen über ihren hiesigen Aufenthalt wegen den horrenden Rechnungen, welche sie hätten bezahlen müssen. „Die hohen Herrschaften hatten zuerst für eine Woche fix bestellt und die Preise durch den Hofmarschall zum Voraus mit mir abgemacht. Es kann also schon deshalb von einem „Ueberfordern" und „Aendern der Preise" keine Rede sein. Der Anstand verbietet mir den Preis zu nennen, welcher mir per Tag bezahlt wurde; er war außerordentlich bescheiden fixiert.
stumm sein Anerbieten angenommen; er hob sie auf, und ihre Thränen trocknend, fuhr er fort:
„Unsere Heimat kann nicht unser Vaterland bleiben. Willst Du mich nach Amerika begleiten, wo wir ungekannt, unbeachtet leben und glücklich sein können? Ich besitze Mittel im genügenden Maße, um Dir eine sorgenfreie Zukunft zu gewähren, und glaube, daß wir das Erbe Deines Vaters, wovor ich eine geheime Furcht habe, ganz wohl entbehren können. Willst Du aus Liebe zu mir darauf verzichten und cs den ehemaligen Freunden Deines Vaters überlassen, damit sie wieder ehrliche Menschen werden können?"
Therese preßte dankbar seine Hand und nickte, immer noch weinend, zum Zeichen ihrer Einwilligung.
„Wie Du willst, Leo; ich vertraue Dir mein Leben, mein Alles an", flüsterte sie.
So geschah es. Biaritz erhielt im Verein mit Juan und mehreren Anderen den Auftrag, alle ehemaligen Mitglieder der Bande Jnigo Torreguy zu versammeln, ihnen die Reichtümer ihres verstorbenen Hauptmanns zu verteilen und ihnen dessen letzten Wunsch, daß sie ihr Näubergewerbe aufgeben möchten, mitzuteilen.
Leo und Therese reisten über Belgien nach England, wo sie sich verheirateten, und von dort nach Amerika.
Nach zehn Jahren begehrte in einem herrschaftlichen Landhause, das in der Nähe von New-Dork inmitten eines wohlgepflegten Parks lag, ein Fremder, der eben in Amerika angelangt war, die Dame des Hauses zu sprechen. Therese Villefleur, wie sie sich in dem Lande nannte, wo es keine Gräfinnen und Fürstinnen gibt, war eben im Kinderzimmer und spielte, einem Kinde gleich, mit einem achtjährigen Knaben und zwei kleineren Mädchen, deren jüngstes eben drei Jahre zählen konnte, während ihr Gatte lächelnd dem Treiben durch die Glasthüre seines Lesezimmers zuschaute.
Die junge Frau ließ den Fremden in das Empfangszimmer führen, und ging sofort dorthin, neugierig, wer derselbe sein möge und was er wolle.
Kaum war sie eingetreten, als der Fremde, ein großer, kräftiger Mann mit sonnverbranntem Gesichte, einen freudigen Ausruf that.
„Ja, Sie sind es!" rief er, indem er ihr die Hände entgegenstreckte; „ich hätte unser teures Fräulein Therese mitten auf den Straßen von New- Dork wiedererkannt!"
„Biaritz!" antwortete mit nicht minder frohem Ueberraschen Therese, die zum ersten Male seit ihrer Anwesenheit in Amerika einen Bekannten aus Europa wiedersah. „Wie kommt Ihr hieher?"
„Zu meinem Zeitvertreib", antwortete Biaritz lachend; „seit dem Tode unseres teuren Herrn habe ich noch acht Jahre mit meiner braven Katharina still in Paris gelebt; seit sie starb, habe ich mir ein wenig die Welt angesehen, und da trieb es mich auch einmal in dieses so vielgerühmte Land, wo ich zugleich hoffen durfte, Sie wiederzusehen und zu erfahren, wie es Ihnen ginge. Ich sehe, daß ich nicht nötig habe, wie meine Absicht war, Ihnen anzubieten, über das Geld frei zu verfügen, welches ich aus Ihres seligen Vaters Erbe erhielt."
„Gott sei Dank, nein", entgegnete Therese, und sie bot dem Alten die Gastfreundschaft ihres Hauses an, die derselbe für zwei Wochen annahm, um dann seine Vergnügungsreise ins Innere des Landes fortzusetzen.
Von Biaritz erfuhren Therese und Leo, daß Lucienne von Grandprö seit lange die Gemahlin Don Balthasars geworden sei, den sie nach dem Tode ihrer Tante ausgesucht habe; daß Jsmael Gantz vor wie nach seine Geldgeschäfte in Paris betreibe, obwohl er für einen vielfachen Millionär gelte und immer noch in einer Dachstube wohne; und daß die ehemaligen Freunde Baltimores sämtlich dessen letzten Wunsch befolgt und teils in Frankreich teils in Spanien sich friedlich und thätig niedergelassen hätten, um in ehrlichem Erwerbe und im Einvernehmen mit aller Welt ihr Brot zu verzehren.