nicht zustimmen zu können. Montenegro erhielt Anti- vari und Oesterreich als Compensatio» den Hafen von Spizza — Der Graf Plater in Zürich übersandte dem Congreß die polnische Denkschrift. (Fr. I.)
Berlin, 5. Juli. Für den Hochverräther Hö del wird laut Mittheilung der „Berl. Gerichts-Zeitung" außer dem Osfizialvertheidiger, Hrn. Justizrath Wille, noch ein Advokat aus Leipzig, den sich der Angeklagte gewählt hat, als Verlheidiger aufirelen. Dem Verbrecher wird also die größte Vertheidigungsfreiheil ge währt. (Neue Ztg )
Berlin, b. Juli. Der Kongreß hat heute die Datum Frage geordnet. England hat seine Zustimmung erklärt, daß Rußland Datum als Freihafen ohne jede Befestigung erhalte. Nachdem auf englisches Verlangen Pirol von Bulgarien abgezweigl und Serbien gegeben wurde, erhielt Griechenland die Hälfte von Epirus und Thessalien vom Fluß Salamanca bis zum Thal von Calamart. Montag wird ein Protokoll aller Sitzungen festgestellt. Mittwoch oder Donnerstag findet die Un terzeichnung des Friedens statt. Nach der „Kreuz- Zeitung" gibt Schuwaloff am Montag ein großes Fest, zu dessen Veranstaltung seine Gemahlin aus Teplitz eintraf. — Maybach erließ eine Verfügung an die Eisenbahn-Direktionen, um für den Wahltag Extrazüge einzurichten. — Bezüglich Griechenlands setzte Wad dington durch, daß, wenn die Pforte sich über die Abgrenzung mit Griechenland nicht verständigen könne, nicht eine Mediation Rußlands, sondern diejenige der Mächte eintrete. Bajazid und Alaschgard in Asien blieben türkisch. Eine englisch-russische Commission wurde für Kleinasien eingesetzt behufs Verhinderung von Conflicten. (Fr. I)
Eine Stimme aus dem Reichslande spricht sich in der „Post" sehr energisch gegen die Behauptung aus, die man selbst in nat.liberalen Organen von Zeit zu Zeit vorfinde: daß Fürst Bismarck, so sehr er Meister in der Diplomatie sei, doch von der Regierung des Landes nicht gar viel verstände. „Die Fortschrittspartei hat bekanntlich diese Ansicht schon lange; einzelne Führer und Organe dieser Partei verwarfen eine Zeit lang theilweise auch die Thätigkeit Bismarcks auf dem Gebiete der äußeren Politik, z. B. in den Orientwirren. Ich glaube nun, daß es die höchste Zeit ist, das Gebühren dieser Kreise als das zu bezeichnen, was es ist, als eine beispiellose Ueberhebung und Anmaßung. Ist es wirklich in Deutschland so weil gekommen, daß man, ohne dem Fluche der Lächerlichkeit zu verfallen, in gebildeten Kreisen dem Manne, der Deutschland geeinigt, ihm eine Verfassung, die tiefeinschneidendsten Gesetze auf allen Gebieten, wie erst neulich die großen Justizgesetze, gegeben hat, der den großen Kulturkampf gegen Rom jührt, dem vielleicht größten Staatsmanne Deutschlands, um den uns alle Völker mit Recht beneiden, daß man diesem Manne öfter nachsagen darf, er verstehe nur auswärtige Angelegenheiten!"
Bezüglich der Kriegsentschädigung hat nach dem „I. des Dobats" der Kongreß auf Vorschlag des Fürsten Bismarck beschlossen, daß in den neuen Vertrag von der Entschädigung nichts hineinkomme, da dies eine bloß die Kriegführenden angehende Frage sei. Doch solle, wurde beschlossen, die Bezahlung dieser Entschädigung den früheren Gläubigern nicht schaden, die Russen sollen als Gläubiger erst nach diesen an die Reihe kommen. Rußland hat sich verpflichtet, diese Entscheidung des Kongresses zu beachten. Alle finanziellen Fragen werden von einer in Konstantinopel zusammentretenden Spezialkommisston geregelt werden, die auch über die türkische Staatsschuld zu befinden haben wird. — Das „I. des Dobats" schreibt heute: „Bismarck schaltet auf dem Kongreß wie ein Diktator. Er hat neulich dem Mehemet Ali Pascha derart den Leviten verlesen, daß der türkische General nicht mehr auf dem Kongreß erscheinen will. Ein Beweis von dem Einfluß Bismarcks ist auch die Entscheidung der Kriegsentschädigungsfrage, welche England und Frankreich vor den Kongreß ziehen wollten; auf Andringen Bismarcks fügten sie sich aber der Meinung, daß Europa in die Sache sich nicht einzumischen habe." — Oesterreich hat einen großen Erfolg errungen dadurch, daß alle ottomanischen Bahnen, selbst die in Bulgarien, die gebauten wie die noch zu bauenden, der Direktion der österreichischen Eisenbahngesellschaft unterstellt wurden.
Das Befinden des Meuchelmörders Nobiling bessert sich, wie der „Trib." gemeldet wird, täglich. Am Mittwoch war sein geistiger Zustand ein derartiger, daß man eine mögliche Wiederherstellung seiner geistigen Kräfte nicht für ausgeschlossen halten konnte. Gerade deßhalb aber ist es nothwendig, den Verbrecher auf das Schonendste zu behandeln und ihn vor jeder
Aufregung durch Fragen u. s. w. zu bewahren. Eine monatlange Ruhe muß diesem Buben vor Allem gegönnt werden, wenn man möglicherweise günstige Erfolge in Bezug auf seinen Geisteszustand erzielen will.
Die Curie soll nach einem Privat-Telegramm der „K. Z " aus Rom vom 4. d. die Veröffentlichung des Briefwechsels zwischen dem deutschen Kaiser und dem Papst als ein Zeichen des Abbruches der Verhandlungen von Seiten Berlins betrachten. Franchi telegraphirte dem Münchener Nuntius, er möge seine Reise nach Berlin bis aus Weiteres ausschieben. Ist dies wirklich der Fall, so ist es nur ein »euer Beweis dafür, daß sich die Curie den Staals-Gesetzen absolut nicht unterordnen will, und in diesem Falle wird selbstverständlich Niemand eine Fortsetzung der Verhandlungen erwarten, da andererseits die Negierung ebenso energisch zu wiederholten Malen erklärt hat, daß sie an ein Nachgeben unter keiner Bedingung denke.
Selbst in unserer an scheußlichen Verbrechen so reichen Zeit scheint es unglaublich, was man über gewerbsmäßig betriebenen Kindermord von Danzig hört. Die Voruntersuchung der dortigen Kriminalpolizei gegen eine verheirathete Frau hat bereits ergeben, daß diese Frau seit 6 Jahren das Beiseiteschaffen neugeborener Kinder besorgte. Mehrere Frauenspersonen sind als Mitschuldige verhaftet. Bei einer Haussuchung in der Wohnung der Verbrecherin fanden sich verschiedene chirurgische Instrumente und Arzneimittel, welche auch noch auf andere schwere Unthaten schließen lassen. Im Keller waren 5 vom Rumpfe getrennte Köpfe neugeborener Kinder vergraben. Das weibliche Scheusal wollte sich durch Zurückweisung von Speisen und Getränken der strafenden Gerechtig keit entziehen und erkrankte in Folge davon an einem gastrischen Fieber, es soll jedoch bereits einige Besserung eingetreten sein.
Oesterreich —Ungarn.
Wien, 5. Juli. Die „Wiener Abendp." meldet: der Ministerpräsident Fürst Auersperg überreichte heute dem Kaiser das Gesuch des Gesamtministeriums um Enthebung vom Amte.
Der persische Schah ist von Paris über Stuttgart, München nach Wien gereist.
In Prag baden die Väter der Stadt den Kampf mit einem Riesen ausgenommen, der überall zu viel Staub aufwirbelt — mit der Schleppe. Ein Mitglied der Stadtverordneten brachte unter erschöpfender Begründung Namens aller Dulder den Antrag ein, den Gegenstand der Sanitäts- Section zuzuweisen, damit diese an das Humanitätsgefühl der Damenwelt appellire und. wenn auch das nichts Heise, jede Schleppe mit einer Steuer von 20 Gulden zu belegen. Das Collegium trat dem Anträge unter großer Heiterkeit einstimmig bei.
Schweiz.
Zürich, 3. Juli. Der Volksabstimmung fielen vorigen Sonntag im Kanton Zürich wieder zwei Gesetzentwürfe zum Opfer, von denen der eine die Errichtung einer kantonalen Webschule, der andere eine zeitgemäße Reform des Züncherischen Erbrechts bezweckte. Beide Gesetze wurden „Bach ab" geschickt, wie man jhicr sagt, wenn man mit „Nein" stimmt und zwar das Gesetz, betr. das Erbrecht, allem Anscheine nach deßhalb, weil nach ihm die Tochter fortan dem Sohne gleichgestellt werden sollte. Bisher erhielt die Tochter bei den Erbschaften weniger als der Sohn, in Folge der Verwerfung bleibt dieses ungerechte Ver- hältniß also auch fernerhin.
Der Schweizer Bundesrath beschäftigt sich jetzt, wie von gut unterrichteter Seite versichert wird, im Verein mit dem eidgenössischen Stabs-Bureau allen Ernstes mit der Frage der Herstellung von festen Werken zur Landesvertheidigung und der Anschaffung neuer Positionsgeschütze. Betreffend die Landesvertheidigung sollen die Pläne nicht nur vollständig entworfen sein, sondern auch in der Weise zur Ausführung gelangen, daß das nothwendige Mauerwerk und alle andern nicht schnell herzustellenden Arbeiten schon setzt, die einfacheren Erdwerke dagegen in den Wiederholungscursen der Bundes-Armee und der Rest bei drohender Gefahr durch Militär und Privatarbeiter ausgesührt werden. Zürich und Bern, heißt es. sollen verschanzte Lager mit detachirten Forts erhalten.
Frankreich
Paris, 3. Juli. Die Stadt Genf hat gestern mit großer Pracht das Andenken ihres berühmtesten Sohnes Jean Jacques Rousseau gefeiert. In Paris will man dasselbe am 14. Juli, den Jahrestag des Sturzes der Bastille, feiern.
Für den 10. Aug. steht eine große Münze on- ferenz in Paris in Aussicht. England hat seine Zustimmung schon zugesagt und man hofft, daß alle Staaten vertreten sein werden.
Dem Schab von Persien wurde für einen zweitägigen Ausenthalt in Fontainebleau eine Gastbossrechnung von 14200 Fr. überreicht, die nach langen Unterhandlungen auf 9000 Fr. ermäßiat wurde. Der „Figaro" theilt aus dieser Rechnung nachstehende Proben mit: Für Blumen 1500, für 20 Hühner 400, eine Cigarre 5. vier Zimmer 200. zwei Schachteln Cigarrellen 50, zwölf Pfirsiche 120, eine Melone 60, drei Fahrten 800 Fr. Dagegen beties sich die Gasthofs- rechnung im Grand Hotel zu Paris bei einem Gefolge von 32 Personen aus nur 76000 Fr., was für den Tag die Summe von 34ü4 Fr. ausmacht.
Belgien.
Brüssel, 5. Juli. Der belgische Gesandte beim Vatican erhielt einen mehrmonatlichen Urlaub, welcher als die Vorbereitung zum definitiven Eingehen dieses Postens zu betrachten ist. — Der König von Holland wird zur Hochzeit seines Bruders nach Berlin kommen. (Fr. I )
England.
London, 4. Juli. „Times" publizirt einen Bericht ihres Berliner Korrespondenten über eine Unterredung, welche derselbe am 3. Juli mit dem Fürsten Bismarck hatte. Der Fürst habe gesagt: Er wünsche den Frieden und habe so viel als möglich zur Erhaltung desselben beigetragen. England habe einen guten Erfolg in der Einschränkung der Grenzen Bulgariens errungen. Nachdem die bulgarische Frage gelöst worden, wäre der Frieden gesichert gewesen. Doch möge man von Rußland nicht neue Konzessionen verlangen, da dessen Friedensliebe Grenzen haben könnte. Deutschland habe alles gethan; wennden noch Krieg entstünde, würde es im Stande sein, demselben fern zu bleiben. Die Frage betr. Datum biete wirkliche Schwierigkeiten, würde jedoch hoffentlich außerhalb des Kongresses eine befriedigende Lösung finden. Er (Bismarck) glaube, daß die Türkei Oesterreich gegenüber schließlich nachgeben, Konzessionen an Griechenland aber nicht machen werde.
In London war am 26. Juni die Hitze so groß (120 Fahrenheit, d. i. nahezu 40 Grad Reau- mur in der Sonne), daß sogar die Eisenbahnschienen auf der London- und North-Western-Linie, zwischen Wigan und Manchester, auf einer kurzen Strecke 8- förmig gebogen und die Schwellen fast 2 Fuß auS ihrer Lage gebracht wurden. Die Schienen fcheinen zu fest an einander geschraubt worden zu sein, so daß sie sich unter dem Einflüsse der Hitze nicht genug in die Länge ausdehnen konnten.
Rußland.
Endlich erfahren wir, wo die durch das Attentat aus den Polizeidireklor Trepow in St. Petersburg bekannte Wera Sassulitsch geblieben ist. Der „Petit Lyonnais" theilt nämlich mit, daß Rochesort und seine Freunde am vorigen Dienstag der Sassulitsch ein Bankett gegeben und einander in feierlichen Toasten dazu gratulirt haben, daß „mit Frl. Sassulitsch der Tag der Befreiung für die Nationen angebrochen sei."
Amerika.
Washington, 4. Juli. In militärischen Kreisen fürchtet man, daß der gegenwärtige indianische Krieg sich auf alle Jndianerstämme ausdehnen werde.
Der unermüdliche Amerikaner Eddison hat wieder ein neues Instrument erfunden, durch dessen Anwendung schwerhörige Personen in den Stand gesetzt werden, den leisesten Ton deutlich zu vernehmen. Man benutzt das von dem Erfinder „Megaphon" genannte Instrument gerade so wie der Kurzsichtige das Opernglas. Wie dieses an das Auge, wird jenes a« das Ohr gelegt, so daß das daran befindliche Röhrchen das Ohr berührt. Jeder Ton kann dadurch, wenn nöthig, 50mal verstärkt und ein schwaches Flüstern auf eine Entfernung von 300 Fuß deutlich gehört werden. Der Schall läßt sich für das Ohr in derselben Weise reguliren wie die Sehkraft mittelst des Fernrohres für das Auge.
«firn.
Depeschen von Fidschi berichten über ein großes auf Tanna, einer zu der Neuen Hebriden gehörigen Insel, statt gefundenes Erdbeben, durch welches sich das Ufer angeblich um nahezu 20 Fuß hob. Millionen von Fischen wurden in die Luft geschleudert und vernichtet.
Handel Md Verkehr re.
(Preise der Lebensbedürfnisse in Stuttgart auf dem Wochenmarkt vom 6. Juli 1878.) 1 Kilo süße Butter 2. 20, 1 Kilo saure Butter ^ 2. 10. 1 Kilo Rind- schmalz 2. 50, 1 Kilo Schweineschmalz 1. 20, 1 Liter Milch 16 <>. 10 frische Eier 50 >>, 1 Kilo K-rnenbrod 30 ^ 1 Kilo Schwarzbrod 28 >4, 1 Paar Wecken wiegen 80 Gramm, 50 Kilo Heu 3. 1 Bund — 10 Kilo 60 «t. 50 Kilo neue« Stroh 2. 30. 1 Bund ---10 Kilo 46 1 R.-M. Buchen-
Holz 14, 1 R -M. Birkenholz ^ 12, 1 R.-M. Tannenholz 9. 50. - Fleischpreise in der Markthalle: Rind-