werfen, eveni. mit Waffengewalt für feine territoriale Unabhängigkeit eintrelen Die Nachricht der ,,Nordd. A. Ztg/ , Serbien und Montenegro füllten sich mit Oesterreich auseinandeifetzen, wird österreichischerseits dementirt. Es ist unrichtig, daß Gonschakoff den Con- creß aus Mißstimmung nicht aus Krankheit verläßt.

' Berlin, 28. Juni. DerReichs-Anzeiger" publizirt das Gesetz, belr. die Tabaksenquete und die Ernennung des Grafen Stolberg zum Bundesraths- bcvollmächligtcn; ferner eine kaiserliche Verordnung, betr. die vorübergehende Einführung der Paßpflichtig keit für Berlin auf Grund des §. 9 des Reichsgesetzes; danach muß bis auf weiteres jeder in Berlin ankom wende Fremde oder Neuanziehende sich durch Paß oder Postkarte über seine Person ausweisen. (Reue Z.)

Berlin, 28. Juni. Die heutige Congreß- Sitzung war ziemlich bewegt. Eine Einigung über die serbischen Grenzen ist noch nicht erreicht. Italien sträubt sich gegen ein europäisches Mandat für Oester reich zur Occupation Bosniens und möchte selbst die Erlaubniß erhalten, in Albanien gleichzeitig einzurücken

Berlin, 29. Juni. Im Berliner sechsten Wahl­kreis hielt gestern Virchow eine große Rede zu Gunsten des Kreisgerichtsraths Klotz. Er sagte: Falk's Ver bleiben im Ministerium sei erwünscht, doch könne man diesen nicht halten, indem man ihn, sondern indem man Liberale wähle. Virchow sprach sodann von einer Dynastie Bismarck, die sich vom Vater auf die Söhne vererben solle. Die Reichs-Verfassung sei nach unten die reine Demokratie, nach oben aber Despotismus; darum werden wir wählen, was uns gefällt.Wir sind im Gleiten begriffen, jetzt handelt es sich darum, wer stehen kann, vamit wir nicht in den Abgrund rollen. Wählen Sie Männer, die stehen können. Hier­auf wurde Klotz von den fortschrittlichen und liberalen Wählern einstimmig als Kandidat proclamirt.

Der Berliner Kongreß scheint nicht mehr allzulange dauern zu sollen. Man hofft demnächst mit den prinzipiellen und schwierigsten Verständigungen vollkommen zu gedeihlichem Ende zu gelangen, so daß man den Rest verschiedenen Spezialkommisstonen zur Regelung überlassen kann. In der Thal beabsichtigen die ersten Vertreter Frankreichs und Englands, wenn es irgend angeht, schon Montag, den 1. Juli, Berlin zu verlassen, so daß dann den zweiten und dritten Bevollmächtigten die Fortführung der Spezialarbeiten überlassen werden könnte. Schon heute ist sestgestellt, daß für Frankreich Herr Desprez, für England Lord Odo Ruffel diese weitere Thätigkeit übertragen werden wird. Fürst Bismarck hofft noch immer, daß er am 4. Juli seine Badereise nach Kissingen werde antretcn können, wo seiner schon seit Wochen die ihm vom Könige von Bayern zur Verfügung gestellten Pferde und Wagen nebst Dienerschaft harren. Scherzweise ist in der Diplomatie das Gerücht verbreitet, der Reichskanzler werde nach Abschluß des Berliner Traktats den Herzogtitel erhallen. Thatsache ist, daß gewisse diplomatische Persönlichkeiten vom Fürsten Bismarck schon jetzt alsHerzog" zu. sprechen lieben.

Der General-Postmeister Dr. Stephan ist mit dem Stern der Groß-Offiziere der französischen Ehren­legion dekorirt worden.

General Grant ist in Berlin eingetroffen, er und seine Gemahlin werden ungefähr 5 6 Tage in Berlin verweilen und dann nach Kopenhagen reisen. Morgen wird Grant vom Kronprinzen empfangen.

Graf Herbert v. Bismarck, der Sohn des Reichskanzlers, der bereits für Lauenburg kandidirt, soll nach verschiedenen Blättern auch in Meiningen gegen Laster aufgestellt werden.

Die Verhandlungen des Staatsgerichtshofs gegen den Majestätsverbrecher Hödel finden am 10. und 11. Juli öffentlich statt.

DieTimes" hört aus guter Quelle, daß Salis­bury seine Rückkehr und das Ende des Kongreffes den 6. Juli festgesetzt habe. DerDaily News" zu­folge nahm Gonschakoff am 26.. zum letzten Mal am Kongreß Theil; sein Rücktritt sei gewiß und Schuwa- loff zum Nachfolger bestimmt.

Merkwürdig, die Manchester-Hosen und Wämser sind schon lange aus der Mode; desto mehr hört man von den Manchester-Männern. Das ist der Spitzname der gelehrten National-Oekonomen und Handels-Politiker, welche die Grundsätze des Frei­handels im Gegensatz zu hohen Schutzzöllen vertreten. Im Reichstag waren die Manchester - Männer seither zahlreich und gewichtig vertreten, sind aber in der neuesten Zeit ziemlich übel angeschrieben. Man wirft ihnen vor, sie schadeten durch ihre übertriebene Theorie der goldnen Praxis, sie sperrten durch die in ihrem Geiste abgeschlossenen Handelsverträge und durch

niedrige Einfuhrzölle den fremden Völkern die deutschen Thüren weit auf, während die fremden Völker, z. B. Frankreich, Rußland und Amerika die Einfuhr deutscher Waaren durch die hohe Zölle ungemein erschweren. So werden deutsche Industrie und deutscher Handel gelähmt; es fehlt zu Ungunsten Deutschlands an der rechten Gegenseitigkeit. Es ist schwer zu sagen, wie viel daran Wahres oder Uebertriebenes ist, die Klagen sind ziemlich allgemein. Von Wichtigkeit ist, daß Delbrück, der gewichtigste Vertreter des Frei­handels, der frühere Kanzleramts-Präsident unter Bismarck, sich jetzt wieder in den Reichstag wählen läßt, man sagt, um seine Grundsätze bei den wichtigen Gesetzen und Verträgen, die zur Vorlage kommen, zu vertreten, vielleicht sogar im Gegensätze zur Politik oder doch zur Neigung Bismarcks.

In der Welse «frage gefällt es einigen Jour­nalen, recht viel Staub aufzuwirbeln. So soll nun auch die englische Regierung sich mit Eifer der Inte­ressen der hannoverschen Königssamilie und inbeson dere des Prinzen Ernst August angenommen haben. Die Zeiten sind indessen längst vorüber, in denen die englische Regierung britisch-hannover'sche Politik trieb und wir dürfen versichern, daß die Welfenfrage in den Pourparlers, die Fürst Bismarck mit dem Lord Bea- consfield gehabt, mit keiner Silbe erwähnt worden ist. Es bleibt in dieser Beziehung beim Allen d. h. Preu­ßen behält die Reptiliensonds, mit denen die zahlreichen Agenten, die jetzt in allen deutschen Gauen Verschwö­rungen entdecken, gefüttert werden und durch deren Mittel Hunderte von Zeitungen Volksströmungen zu erregen suchen, die der öffentlichen Meinung eben so fern liegen als den wahren Interessen des Landes. Leider wird diese realistische Seite der Welfenfrage viel zu wenig betont.

Ueber beklagenswerthe Vorfälle in der Schule schreibt man derVoss. Ztg." u. A.: Die in letzter Zeit sich immer mehr gellend machende Respektlosigkeit der Schüler unserer Gemeindeschulen ihren Lehrern gegenüber, als auch ganz besonders das gleichgiltige Verhalten beim Religionsunterricht dürfte nach den letzten in einigen Schulen vorgekommenen Ereignissen endlich zu der Quelle geführt haben, aus der die beklagenswerthe Geistesrichtung der Schuljugend herzuleiten ist. Als nämlich ein Lehrer einer Schule rücksichtlich der Attentate zur Gottesfurcht ermahnte und hervorhob, daß ohne Gottesfurcht auch kein Re­spekt vor der Obrigkeit denkbar sei, was die Attentate auf unfern allverehrten und geliebten Kaiser so deut­lich bewiesen, da erhob sich ein Knabe und sagte:Ec wolle nichts davon hören; sein Vater ließe sagen, der Lehrer möchte nicht mehr auf die Sozialdemokraten schelten." Der Knabe, darüber befragt, ob sein Vater Sozialdemokrat sei, antwortete:Ja, und ich auch." Als daraus der Lehrer den Knaben bestrafen wollte, erhoben sich noch viele andere seiner Mitschüler und erklärten, sie wären auch Sozialdemokraten. Die Vor­fälle sind sofort der Behörde zur Anzeige gebracht.

Barmen, 29. Juni. DieBarmer Zeitung" meldet: Der große Tunnel der rheinischen Eisenbahn bei Schwelm ist gestern Abend in der Länge von 21 Meter cingestürzt; circa 27 Personen wurden verschüttet; bis heute Morgen sind 7 Leichen aufgefunden worden; die Arbeiten zur Auffindung von Leichen und Klärung der Sachlage werden fortgesetzt.

Auch der Wahlaufruf ber sozialistischen Ar­beiterpartei ist jetzt erschienen. Derselbe gehl von dem Zentralwahlkomite in Hamburg aus und lautet wie folgt: Parteigenossen! Wie Euch bekannt ist, finden die Reichstags­wahlen am 30. Juli statt. Zur Wahlagitation verbleibt uns daher nur eine kurze Frist. Je kürzer nun die Frist, um so lebhafter und energischer müssen diesmal die Anstrengungen sein, welche auf die Förderung der Sache des arbeitenden Volkes, die eins ist mit ber Sache der Sozialdemokratie, gerichtet sind. Warum der Reichstag aufgelöst worden ist Ihr wißt es. Die Regierung will einen Reichstag zur Niederwerfung der Sozialdemokratie, zur Schaffung von Ausnahmegesetzen gegen die Arbeiterbewegung, zur Bewilli­gung neuer und hoher Steuern, zur bedingungslosen Er­neuerung des in zwei Jahren ablaufenden eisernen Militär­etats, zur Verschärfung der Vereins- und Versammlungsgesetze und des Preßgesetzes, überhaupt zur Stärkung der Reaktion, zur Vernichtung des allgemeinen gleichen Wahlrechts. Dieses Vorgehen suchen unsere Feinde dadurch zu rechtfertigen, daß sie die deutsche Sozialdemokratie für die von zwei wahn­witzigen Menschen an dem 81jährigen deutschen Kaiser ver­übten Attentate verantwortlich machen - die deutsche So­zialdemokratie, welche grundsätzlich jeden Mord verabscheut und erwiesenermaßen mit den beiden Verbrechern nichts ge­mein hat. Den Attentaten aus den Kaiser soll eine Reihe von Attentaten auf eine große politische Partei: auf die sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands folgen. Das Volk soll nur nach Vorschrift denken, es soll trotz des herr­schenden Nothständes Jahr für Jahr mehr Steuern zahlen, es soll ohne zu zucken die drückenden Militärlasten aus sich nehmen und schließlich alle seine politischen Rechte an Die­jenigen abtreten, von denen es jetzt schon aus sozialem und

wirthschaftlichem Gebiete vollständig beherrscht wird. Wie dieser Vernichtungskampf gegen die Sozialdemokratie in seinen Einzelheiten geführt werden soll, darüber sind die Feinde der Sozialdemokratie zwar nicht in jedem Punkte, aber doch in der Hauptsache einig. Allerorts und von allen volksfeind­lichen Parteien ist die Losung ausgegeben: Nieder mit der Sozialdemokratie, nieder mit der Arbeiterbewegung, nieder mit den Rechten des arbeitenden Volkes! Ob Konservative, Nationatiiberale oder Fortschrittler dieser Parole stimmen sie sämmtlich zu. Was bleibt nun zu thun? Gestützt auf das Parteiprogramm und getreu unserer alten Taktik halten wir fest an dem Grundsätze: Einer für Alle, Alle für Einen! Niemals mehr als gegenwärtig haben wir dies nöthig. Wir erwarten von Euch, daß Ihr einmüthig, furchtlos und prin­zipienfest in den Wahlkamps eintretet einmüthig, um zu siegen, furchtlos, um zu siegen, prinzipienfest, um zu siegen. Und dieser Sieg bedeutet die politische und soziale Gleich­berechtigung, die ökonomische Befreiung des arbeitenden Volkes. Unsere Partei, die Partei der Kleinbürger, Bauern und Arbeiter, ist noch jung, ihre Mittel sind gering. Um diese Mittel wirksam zu verwertben, müssen wir sie aus we­nige Wahlkreise konzentriren. Nicht auf Hunderttausende von Stimmen kommt es bei dieser außerordentlichen Wahl an, sondern darauf, daß die Zahl der am 10. Jan. 1877 gewählten sozialdemokratischen Abgeordneten zum mindesten erreicht wird. Wie groß die Partei ist, das hat uns der letzte Wahlkampf gezeigt; wie widerstandsfähig die Partei in schwerer Zeit sein kann, das soll uns der 30. Juli sagen.

(Neue Ztg.)

OesterreichUngar«.

Wien, 27. Juni. DiePolit. Korr." bringt folgende Meldungen. Aus Athen: Seit drei Tagen findet in der Umgebung von Kanea ein erbitterter Kampf zwischen den Türken und den krelenstschen In­surgenten statt. Die Türken gingen selbst gegen ruhige Einwohner angriffsweise vor. Aus Konstanti­nopel: Wie es heißt, sollen von den Russen in den letzten Tagen wichtige Truppenbewegungen vorgenom­men worden sein, die eine anscheinende Konzentrirung der Truppen und eine Bereithaltung derselben für alle Fälle zum Zwecke haben.

Wien, 28. Juni. Gegen die Occupation Bos­niens und der Herzegowina durch Oesterreich entstanden neuerdings Schwierigkeiten. Fürst Bismarck hat die selben jedoch beseitigt. Die Pforte hat noch nicht zugestimmt. Es verlautet, Oesterreich werde eventuell ohne die Bewilligung der Pforte einmarschiren. Ein Petersburger Brief derWiener Abendpost" meldet, daß der Zustand des russischen Heeres große Sorgen bereite. Es gäbe über 500,000 Kranke. Typhus, Pocken und Ruhr grassiren. (Fr. I)

Wien, 28. Juni. In einem unterm 27. d. an den Minister-Präsidenten Fürsten Auersperg gerichteten Handschreiben spricht der Kaiser anläßlich der Sank- tionirung der Ausgleichs-Gesetze dem Minister-Präsi­denten und jenen Ministern-, die mit hingebender pa triotischer Opferwilligkeit zur Förderung des Ausgleichs beigetragen haben, aufrichtigste Anerkennung und wärm­sten Dank mit der Versicherung aus, daß der Kaiser auch der in dieser schwierigen Zeit-Epoche geleisteten treuen Dienste unter allen Umständen stets wohlwol­lend gedenken werde.

Italien.

Rom, 28. Juni. DerKöln. Ztg." wird tele­graphier, der Papst habe Ledochowski trotz seines Widerstrebens genöthigt, einen Brief an den Klerus von Posen zu senden, um diesen aufzufordern, von der politischen Agitation abzulassen.

Der Tod der jungen Königin Mercedes hat in Madrid wahrhafte Bestürzung hervorgerufen. Mercedes hatte den König aus Liebe geheirathet und die Ehe war sehr glücklich. Spanien hat eine glück­liche Königsehe seit Jahrhunderten nicht gesehen, son­dern nur Kälte, Eifersucht, Lüderlichkeit, Kabale und Scandal. Es friert die Spanier ordentlich, wenn sie daran denken, daß ihre junge, lebenslustige, freundliche Fürstin im Mausoleum neben den grausamen Tyrannen Carl V. und Philipp II. ruhen soll, die im Tode kaum kälter sind als im Leben.

Schweiz.

Die schlimmen Folgen des Gesangsestes in Klo­ten beschäftigen gegenwärtig die ganze Presse des Kantons Zürich und die Bevölkerung. Durch die Untersuchung wurde laut derBül.-Dielsd. Wochen- Ztg." festgestellt, daß am 18. Mai in Opfikon von einer gesunden Kuh ein Kalb geworfen worden ist, welches stark erkrankte und am 25. Mai in den letzten Zügen von einem Metzger gestochen wnrde. Das Fleisch wurde für 10 Frc. an Metzger Heizmann in Seebach verkauft, der dasselbe ausbeinte und ohne Untersuchung durch einen Fleischschauer dem Festwirth lieferte, wo es zu Braten und Boreffen verwandt worden ist. Die Knochen wurden mit andern einem Knochenhändler verkauft, dessen Hund davon fraß und erkrankte. Heizmann ist verhaftet. Knochen und Häute, sowie verdächtiges Fleisch sind mit Beschlag belegt. Die Aeußerungen der durch den Genuß des Fleisches