dringend ermahnt, das ewig bleibende Wort Voltes, das uns so reichlich dargeboten werde!, fleißig zu ge­brauchen. Vor und nach dem Feste, welchem viele Freunde des Vereins anwohnten, wurden die Kinder im Gasthos zum Hirsch bewirthet.

Stuttgart, 28. Juni. In einer vorgestrigen Versammlung von konservativen Parteigenossen wurde mitgetheilt, daß die Nationalliberalen und die Käufer-' vativen sich auf die Kandidatur Hölders, der der nationalliberalen Partei angehörl, für den Stuttgarter Wahlkreis geeinigt haben. Als Wahl-Programm stellt die deutsch-konservative Partei folgende Sätze aus: 1) Der Reichsregierung sind die zur Bekämpfung der Socialdemokratie nothwendigen Vollmachten zu geben, und es ist auf solche Gesetze hinzuwirken, nach welchen Angriffe auf die Institute der Familie, der Ehe und des Eigenthums, sowie auf den Bestand des Reichs bestraft werden müssen. 2) In der Zoll- und Handels­politik ist mit Rücksicht aus das Prinzip der Gegen­seitigkeit eine Aenderung anzustreben; dazu gehört das Aufgeben des Systems der Handelsverträge mit dem Rechte der meistbegünstigten Staaten 3) Die Gesetze über Freizügigkeit und Unterstützungswohnsitz sind im Sinne der Erhaltung und Pflege eines geordneten Ge­meindewesens, diejenigen über das gewerblicheLehrlings- und Gesellenwesen im Sinne der Erhaltung und Er­ziehung eines tüchtigen Gewerbestaudes abzuändern. 4) Dieser Punkt wurde erst heule Abend auf Stähle's Antrag eingeschaltet und bleibt noch der Redaktion des Comitv's Vorbehalten Die Reichsregieruug ist in ihrem Bestreben aus dem Wege der Steuelgesitzgeuung. die Matrikularumlagen zu beseitigen, zu unterstützen. 5) Anerkennung des berechtigten Einfluss-s der Kirche auf die Schule und ihres Anspruchs auf innere Freiheit unter der oberhoheitlichen Rechte des Staates. Das Comits der deutsch-konservativen Partei wurde bevoll­mächtigt, auch in den übrigen Wahlkreisen ein Zusam mengang mit der nationalliberalen Partei aus Grund des ausgegebenen Programms anzubahnen.

Stuttgart, 29. Juni. Die Trauben blüthe, die in der letzten Zeit vom besten Wetter begünstigt war, ist in Stuttgart und Umgegend jetzt nahezu vor­über, allein bereits hat sich ein böier Rebenfeind, der Sauerwurm, eingestellt, welcher den Ertrag wesentlich schmälert. Heule Vormittag um ^12 Uhr brach in einem Holzschuppen der Richard Lipp'fchen Pianosorte fabrik in der Schillerstraße Feuer aus. Nach 10 Minuten war das Feuer bewältigt. (Neue Ztg.)

Stuttgart, 29 Juni. In der Antwort des Fürsten Bismarck auf die Ludwigsburger Adresse heißt es: Ich bin mit Ihnen der Ansicht, daß durch die meuchlerischen Anfälle auf den Kaiser das deutsche Volk und sein Gemeinwesen angegriffen sind. Ich werde nach Kräften Mitwirken, die zügellose Agitation zu bekämpfen, als deren Früchte wir derartige Mordan­fälle zu betrachten haben. In diesem Kampf wird mir das Vertrauen, welches Sie und Ihre Mitbürger mir ausgesprochen, Stärkung gewähren.

Damit die Umgebung der größeren Garnisonen (Stuttgart, Ludwigsburg, Ulm) für dieses Jahr von Einquartierung möglichst entlastet werde, sollen nach Zurücklegung einiger Märsche Seitens der betheiligten Truppen die größeren Herbstübungen in nachstehen­der Weife stattfinden: s) bei der 26. Division in dem Dreieck Balingen, Rottweil, Horb; b) bei der 27. Division in der Gegend von Biberach, Riedlingen, Saulgau, Waldsee. Während die Brigade-Uebungen im Bezirke der .26. Division - noch in der Nähe der Garnisonen Stuttgart und Ludwigsburg stattfinden, werden auch diese Uebungen von den Truppen der 27. Division schon in der Gegend von Waldsee und Bi berach abgehalten werden. Dem Vernehmen nach wird jeder Division ein Feldartillericregiment und je zwei Compagnien des Pionier Bataillons zugetheilt werden.

Vom Schwurgericht Tübingen wurde der 47 Jahre alle Zimmermann H. Spät von Rechberghau­fen weaen Majestätsbeleidigung des deutschen Kaisers zu 2 .Jahren Geiängniß und die 66 Jahre alte Mar­garethe Klein, Holzspälters Ehefrau von Reutlingen, wegen des gleichen Vergehens zu 3 Monaten Gesäng niß verurtheilt.

Ebingen, 27. Juni. Unsere Gewerbeausstel- lung macht rüstig Fortschritte und gewinnt bereits ein recht lebhaftes Ansehen, das schon jetzt zeigt, daß sie den Erwartungen, welche man von dem Unternehmen heP, zu entsprechen vermag.

Maulbronn, 26. Juni. Zu Ehren unseres auf die Stadtpfarrei Friedrichshofen berufenen bis­herigen OrtSgeistlichen Dr. Köstlin, vereinigte sich, wie der ,,Staats-Anz." schreibt, gestern zu einem Abendessen im Gasthof zur Post eine große Anzahl

hiesiger Einwohner, sowie Angehörige der Nachbar­gemeinde Schmie, um der Verehrung und Liebe Aus­druck zu geben, welcher der Scheidende sich während feiner Anwesenheit in allen Kreisen so reichlich er­worben. (Neue Ztg.)

Heitbronn, 28. Juni. Vom hiesigen Schwurgericht schreibt man der , Fr. Ztg.": Wegen Majestätsbeleidigung wurde der Mahlknecht Doderer zu 1 Monaten und der Bildhauer Waller zu einem Jahr Gesängniß verurtheilt. Der Schuhmacher Bauer, des gleichen Vergehens angeklagt, wurde fr ei gesprochen. Er halte gesagt:Der Kaiser ist ein Bettelmann" und berief sich darauf, baß er einen Schutz­mann, Namens Kaiser, gemeint habe, der eben in der Nähe des Wirthshauses sland. wo die Aeußerung fiel.

Friedrichshofen, 26. Juni. Heute Abend traf unter Kanonendonner und Glockengeläuts Seine Majestät der König zum Sommeraufenthalt hier ein. Zu der am Samstag stattfindenden Ankunft Ihrer Majestät der Königin wird hier ein großartiger Empfang vorbereitet. (N. T.)

M ü n ch e n, 27. Juni. Nach der Abonnements- Einladung des sozialdemokratischenZeitgeist" hätte sich dessen Auslage in der letzteren Zeit fast um die Hälfte vermehrt. (N. T.)

München, 29. Juni. Dr. Sigl wurde wegen Beleidigung des deutschen Kaisers heule verhaftet.

Eisenach, 25. Juni. Die deutsch-evangelische Kirchen-Conferenz hat der Frage über Einführung eines nationalen Buß- und Beltags zwei Sitzungen gewid­met, deren bewegte Verhandlungen zu folgenden, theils einstimmig, theils mit großer Majorität gefaßten Be­schlüssen führten:1) Die Conferenz erkennt das Bedürfniß der Herstellung eines gemeinsamen Buß- und Bellages für die deutschen evangelischen Kirchen an. 2) Es bleibt der Erwägung der einzelnen Kirchen- Regierungen überlassen, ob und in wieweit neben dem nationalen deutschen Buß- und Beltag noch andere Teriüorial-Bußtage sortzubestehen haben oder neu ein­zuführen sind. 3) Die Conferenz bringt für den nationalen Buß- und Betrag das Ende des Kirchen- Jahres und zwar den letzten Freilag desselben in Vorschlag. 4) Es ist Aufgabe der Kirchen-Regierungen, die erforderlichen Schritte zu lhun, um die ausdrück­liche Anerkennung der staatlichen Factoren für den nationalen Buß- und Beitag und den gesetzlichen Schutz desselben als eines hohen Festtages zu erwirken. 5) Ein nationaler Buß- und Bettag würde seine volle Bedeutung dadurch erbalten, daß er von dem gesamm- len deutschen Volke ohne Unterschied der Konfession gemeinschaftlich gefeiert würde. Die Conferenz beauf tragt ihr Präsidium, im Benehmen mit dem königlich preußischen evangelischen Oberkrrchenrath die Thunlich- keit und Ausführung dieses Gedankens einer näheren Prüfung zu unterziehen und baldmöglichst den in der Conferenz vertretenen Kirchen-Regierungen von dem Ergebniß seiner deßfallsigen Thätigkeit Mittheilung zu machen."

Eisenach, 25. Juni. Die deutsche Eoan. Kirche nkvnserenz hat heute ihre Arbeiten beendigt. Aus der gestrigen Sitzung heben wir den Antrag her­vor, ein gemeinsames Militärgesang- und Gebetbuch vorzubereiten. Einstimmig erklärte die Konferenz die Gewinnung eines solchen für wünschenswerth und be austragte eine Kommission von 5 Mitgliedern, unter Zugrundlegung des preuß. Militärkirchenbuches und in Berücksichtigung der in andern deutschen Staaten vorhandenen verwandten Sammlungen ein zur Ein sührung für den evan. Theil der gesammten Armee geeignetes Gesang- und Gebetbuch auszuarbeiten und binnen Jahresfrist dem Präsidium einzusenden, damit dasselbe vor dem Zusammentritt der nächsten Konferenz den Entwurf den Kirchenregierungen vorlege. Die nächste Konferenz wird ordnungsgemäß i. I. 1880 zusammentreten.

Schneeberg, 23. Juni. Vor einigen Tagen spielten hier mehrere Kinder im Alter bis zu 5 Jahren in einem GartenLeiche", zu welchem Behufe das 3jährige Mädchen des Bergarbeiters Oettel sich als tobt hinlegen mußte und dann mit Blumen bekränzt wurde. Schließlich meinte ein kleines Mäbchen, die Leiche müsse auch verbrannt werden, holte ein Streich­hölzchen und brannte thatsächlich das Kind an. Von Angst und Schmerzen getrieben, lies das arme Kind nach der Wohnung der Eltern, welche demselben die brennenden Kleider vom Leibe rissen. Das unglückliche Opfer kindlichen Unverstandes hat bedeutende Brand­wunden und wird an der Wiederherstellung desselben gezweifelt.

Bamberger hat am Sonntag in Mainz eine Wahlrede gehalten, worin er sich ungefähr auf den Standpunkt des linken Flügels der Nat.Liberalen stellt. Er theilt die Ansicht, daß auch der aufgelöste Reichs­

tag strenge Maßregeln bewilligt haben würde. Gut sei es allerdings, daß die Nation endlich aus ihrer Gleichgiltigkeit gegen die sozialistische Gefahr aufge­rüttelt werde. Aber durch Gesetze werde nicht allein abzuhelfen sein. Falsch wäre es, die Frage: Aus­nahmegesetze ooer Abänderung des gemeinen Rechts? gleichsam vor die Volksabstimmung zu bringen. Das seien rein juristische Fragen, welche durch keinRefe. rendum" entschieden werden dürfte. Uebrigens seien die Liberalen die Einzigen, welche mit den Sozialdemo­kraten niemals gemeinschaftliche Sache gemacht; die Konservativen und Ultramontanen hätten schon allerhand falsche Bündnisse eingegangen, und jetzt noch treibe ein Berliner Hofprediger ungenirl sozialistische Propaganda. Bedauerlich fei der Krieg der konfervativen Presse gegen die Nationalliberalen. Da müsse man auf die Vermuthung kommen, daß die Reichstagsauslösung noch einen andern Zweck habe, als die Bekämpfung der Sozialdemokratie.Denkbar ist es immerhin, daß der Reichskanzler den praktischen Versuch machen wolle, ob nicht die Nation, ihrer bisherigen Auffassung von politischer und gesetzlicher Freiheit müde, gesonnen sei, ihr Wohl einer weniger durch Gesetze gebundenen und mehr absoluten Staatsgewalt anzuvertrauen." Vor dieser Gefahr müsse man die Nation und denun­sterblichen Ruhm des Reichskanzlers" bewahren.

In Coblenz ist eine Verordnung erlassen wor­den, wonach das Polizeigecicht gegen junge Raucher unter 16 Jahren, welche rauchend auf der Straße be­troffen werden, strafend einschreitet. Hat wohl Jemand gegen diese Beschränkung der persönlichen Freiheit etwas einzuwenden?

Berlin, 26. Juni. Gestern sand eine außer­ordentliche Sitzung des Magistrats statt, in welcher die von Mitgliedern der Stadtverordneten-Versammlung angeregte Frage erörtert wurde, aus Anlaß des Kon­gresses den Mitgliedern desselben durch einen solennen Akk Seitens der Stadt eine Ehrenbezeugung zu Theil werden zu lassen. Der Vorschlag, ein Diner zu Ehren der Kongreßmitglieder zu geben, sand aus den ver­schiedenartigsten Gründen, besonders aber der vorüber­gehenden Bedeutung dieser Handlung wegen, keinen Anklang. Ebensowenig fand Anklang der Antrag, eine Medaille zu stiften zu Ehreu des Kongresses und je ein goldenes Exemplar den betheiligten Potentaten und je ein silbernes Exemplar den Kongreßbevollmächligten zu überreichen. Ein dritter Antrag, eine Stiftung von 100,000 Thlr. für rein humanitäre Interessen zum Andenken an den glücklich beendigten Kongreß zu begründen, wurde ebenfalls verworfen, weil diese In­teressen sich nicht fixiren lassen. Dagegen fand der Antrag, durch einen hervorragenden Maler, wenn mög­lich durch den Direktor der kgl. Akademie der Künste, Anton v. Werner,ein großes historisches Gemälde anfertigen zu lassen", welches den Kongreß-Betheiligten bei der Unterzeichnung der Kongreß-Akte porträtgeteu zur Darstellung bringen soll, den Beifall des Kolle­giums. Selbstredend kann diese Absicht nur nach einer befriedigenden Erledigung der Kongreßarbeiten zur Ausführung gelangen. Einzelne Mitglieder des Ma­gistrats sind bereits mit Herrn v. Werner wegen der Ausführung des Bildes in Verhandlung getreten und hat dieser sich zur Herstellung deS Bildes auch bereit erklärt. Das Bild soll als ein dauerndes Andenken an das wichtige Ereigniß, von einetn^kostbaren Rahmen umgeben, an einer hervorragenden Stelle des Berliner Ralhhauses, wahrscheinlich im Märchensaal, seine Auf­stellung erhalten. Die Kosten des Bildes werden wohl 60,000 betragen. Sollte die Stadtverordneten- Versammlung dem Beschluß des Magistrats beitreten, so werden nothwendigerweise mit den einzelnen Kon­greßmitgliedern Verhandlungen gepflogen werden muffen, ob sie dem Maler des historischen Bildes für eine kurze Zeit Gelegenheit, ihre Gestchtszüge zu studiren, gewähren zu wollen.

Berlin, 27 Juni. Die bulgarische Frage wurde in der gestrigen Congreßsitzung erledigt. Be­züglich der türkischen Staatsschuld wurde beschlossen, daß die Rückzahlung der Schuld auf die einzelnen Provinzen repartirt werde. Bulgarien zahlt den Tribut nicht der Pforte, sondern deren Gläubigern, bis der auf Bulgarien entfallende Theil der repartirten Schuld getilgt ist, dann erst fließt der bulgarische Tribut nach Konstantinopel. Den rumänischen Ministern ist offiziös eröffnet worden, Rumänien habe sich dem Congreßbe- schluß bezüglich Retrocesfion Besiarabietts' ast'Rußland zu fügen; wenn nicht, so beschließt der Kongreß, daß die DonaUfürstenthümer zu existiren aufhören und eia unabhängiges Rumänien geschaffen wette, dessen Grenzen der Congreß bestimmen werde. Bratiano er­klärte, Rumänien werde sich dem Beschluß nicht unter»

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