Spital gebracht, während die beiden jugendliche» Uebel- thäler verhaftet wurden.

OesterreichUngarn.

Wien, 30. Jan. Bon Tag zu Tag narrt uns die Nachricht, der Waffen-Slillstand sei unterzeichnet. Und während die Welt sich noch immer narren läßt, rückt Rußland mit wahrhaft unerschütterlicher Entschlaf senheit aus sein Ziel, auf Konstantinopel, los. In London aber hält man schöne Reden und gibt, wenn es hoch geht, der Flotte den Befehl, sich zur Fahrt ins Marmara-Meer bereit zu halten. Wird der Zusmmen- stoß zwischen England und Rußland in Konstantinopel erfolgen? Wird er überhaupt erfolgen? Das ist die große Frage! Der Beantwortung derselben sieht man hier mit einer Erregung entgegen, von der man sich kaum eine Vorstellung machen kann. Es muß übrigens anerkannt werden, daß Oestreich in der neuesten Zeit eine energische Thätigkeit entwickelt. Sie wissen bereis, daß Andrassy eine Note nach Petersburg gerichtet und darin seine Einwendungen gegen einzelne Punkte der russischen Forderungen gemacht hat. Nun erjährt man noch, daß gleichzeitig ein sehr lebhafter Depeschenwechsel zwischen hier und allen neutralen Cabinelen stallfindet. Oestreich will Klarheit haben und verlangt von den Mächten aus Grund der russischen Friedensbedingungen eine präcise Stellung. Aus den Antworten wird Oest> reich, wie man hier sagt, in jedem Falle seine Lehren ziehen können, auch dann, wenn einzelne Cabinete ausweichend antworten sollten. Am bedeutsamsten ist aber, daß man hier fest entschlossen scheint, nötigenfalls ganz allein auszutreten und cs mit allen Mitteln zu verhindern, daß von der Avria bis zum Pontus dem Kaiserstaate ein eiserner Gürtel angelegt werde. Das ist heute der Entschluß Oestreichs, ein Entschluß, den es schon längst hätte proclamiren sollen. Es bleibt nur noch die Frage übrig, ob es denselben ausführen wird, das heißt: ob Deutschland im gegebenen Falle gestatte» wird, daß Oestreich-Ungarn eventuell mit den Waffen in der Hand den russischen Heeren ein katego risches Halt! zurufe. Von mehreren Seiten bestätigt man, daß Graf Andrassy die Neutralisirung der Donau Mündungen verlange und einen hieraus bezüglichen förmlichen Vorschlag den Großmächten vorlegen werde.

Wien, 31. Jan Rußland hat angeblich neuer: dings eine gemeinsame Besetzung Konstantinopels vor­geschlagen. Daraus ist zu entnehmen, daß Rußlands Absichten jedenfalls auf Konstantinopel gerichtet sind. In diplomatischen Kreisen erwartet man fortwährend das Einlaufen der britischen Flotte in die Dardanellen. DerStandard" meldet eine lange Reihe kriegeri­scher Vorbereitungen Englands und die Absendung zahlreichen Materials. DaSFremdenblatt" hofft, Oestreichs entschiedenes Auftreten Rußland gegenüber werde die englische Cabinets-Partei stärken und das heutige Volum in Betreff des Extra-Kredits günstig beeinflussen.

Wien, 31. Jan. Die heutigen Bukarester Nach richten lassen vermutheu, daß die Unterzeichnung der Friedenspräliminarien zwischen gestern und heute in Adrianopcl erfolgt sei.

Wien, 1. Febr. Gerüchtweise verlautet, der Aar habe ein Handschreiben an den östreichischen Kaiser gerichtet, in dem er in überaus warmem Tone die Friedensfrage erörtere. DieN. fr. Pr." meldet: Der Zusammentritt einer europäischen Conferenz ist principiell gesichert. Rußland hat zugestimmt. Con- sercnzort ist Wien. Die Einladungen zur Conferenz erfolgen nach dem Friedensschlüsse durch Andrassy Man vermuthet, Rußland wolle durchaus Konstantinopel erreichen. (Fr. I )

Frankreich.

Paris, 1. Febr. DieAgence Havas" meldet aus Athen von heute: Die kretenstsche Nationalver­sammlung hat die Unabhängigkeit von der Türkei und Annection an Griechenland beschlossen; die Bevölkerung genehmigte den Beschluß mit Enthusiasmus. In Grie­chenland sind alle Männer zur Nationalgarde einberufen; es herrscht große Begeisterung für den Krieg.

Paris, 2. Febr. Die militärischen Bevollmäch­tigten haben, die Demorcationslinie festgestellt. Die Russen werden provisorisch Erzerum und Silistria besetzen. Telegramme des Kaisers von Rußland und des Sultans drücken deren Genugthuung über die friedliche Lösung-aus.

Spanien.

Jeder Spanier weiß, daß König Alfons, 19 Jchre alt, seine Cousine Mercedes , 16'/- Jahr alt, aus Liebe geheirathet hat, ohne daß die 25 Millionen Realen Mitgift der Romantik Eintrag gethan hätten. Sie waren vielmehr das einzige Stück Real-Politik bei der Hochzeit.

Rußland.

Petersburg, 1. Febr. Aus Adrianopel vom 27. wird amtlich gemeldet: General Slrukoff besetzte am 25. Lüleh-Lurgas und holte demnächst einen aus 10,00015,000 Wagen bestehenden Train von 50,000 auf der Flucht befindlichen bewaffneten Muselmännern ein, welche entwaffnet und nach Rodoito eskortirl wur den, um von da nach der asiatischen Küste transportier zu werden. Am 26. wurden Demolika und Usunköpriü besetzt, wo die russischen Truppen als Befreier von Baschibozuks undTscherkessen seitens der mohamedanischen Bevölkerung mit Salz und Brod empfangen wurden.

Petersburg, 3. Febr. Aus Adrranopel, 31. Jan., Abends 6 Uhr, wird amtlich gemeldet: Die Fciedensgrundlagen sind von der Pforte angenommen und soeben vom Großfürsten Nikolaus und den Be­vollmächtigten des Sultans unterzeichnet worden, ebenso der Waffenstillstand. Der Befehl zur Einstellung der Operationen wird sogleich an alle Detachements, sowie nach dem Kaukasus entsendet. Alle Donaufestungen und auch Erzerum werden von den Türken geräumt.

Großfürst Nikolaus erließ einen Armeebefehl, in dem jede Mitlheilung an die Mannschaft über Waffen- stillstandsverhandlungen strenge untersagt wird.

Türkei.

Konstan tin opel, 30. Jan. Die Aufregung hat hier den höchsten Gras erreicht. Rußland verwei­gerte im letzten Momente sowohl die Unterzeichnung des eigentlichen Waffenstillstandes als überhaupt der eigentlichen Basis. (Nach anderweitigen Nachrichten wäre der Grund der Nlchlunterzeichnung die Weigerung des Sultans, die Russen m Konstantinopel einziehen zu lassen. Rev.) Die Russen rücken auf der ganzen Linie vor und stehen in Lfcherkeskiöi an der Eisenbahn zwischen Tschorlu und Konstantinopel, von letzterem in gerader Linie nur 85 Kilometer entfernt. Der Tele­graph nach Varna ist unterbrochen und man befürchtet, daß bald der Telegraph nach ganz Europa abgeschnitten sein wird. Am 28. Abends sind die Russen in Tschorlu, Lüle-Burgas und in Rodosto an der See eingetroffen. Mehemed Ali und Mukhlar warfen sich ihnen entgegen. In der Armee haben sie nur 24,000 Nizams. Auch Suleiman ist mit seiner Armeeaufftellung fertig und wird demnächst den Kampf aufnehmen.

Endlich erklärt sich das Unglück der Türken. Die grüne Fahne des Propheten ist aus der Sophien- Moschee verschwunden, gestohlen, wahrscheinlich schon seit Jahr und Tag. Sie soll sich ürcoAnito in einem italienischen Museum befinden neben andern abgedankten Mirakeln.

Kasanlik, 3l. Jan. Heute hatten Server und Namyk Pascha eine lange Unterredung mit dem Groß­fürsten und Nelidow, in deren Verlaufe die Friedens­frage durchgesprochen wurde. Als die Unterhändler gefragt wurden, welche Bedingungen sie wohl erwarten, antwortete Namyk, daß sie als Vertreter eines besiegten Volkes kämen und sich der Grotzmuth des Siegers unterwerfen wollten. Er erinnerte den Großfürsten an Alexander den Großen und den indischen Fürsten, der, nachdem er von ersterem besiegt worden, sich dessen Gcoßmuth anheimgab, worauf Alexander ihn in sein Königreich wieder einsetzte, woraus Namyk den Schluß zog, daß der Großfürst ein so edles Beispiel nicht vergessen werde. Der Großfürst drückte seine tiefste Sympathie mit einen gefallenen Feinde aus, bemerkte aber, er fürchte, eine ähnliche Großmulh wie jene Alexander's nicht versprechen zu können. Namyk Pascha, ein sehr alter Mann, sah nach der Rückkehr von seinem Besuche beim Großfürsten niedergeschlagen und traurig aus. Server Pascha hingegen plauderte fröhlich mit den ihn begleitenden Offizieren. Die Suite der beiden Paschas besteht aus 80 Personen. Man erzählt sich, daß die Paschas gemäß der orientalischen Sitte außerordentlich reiche Geschenke für den Großfürsten und dessen Generalstab mitbringen.

England.

London, 1. Febr. Im Unterhause erklärte Schatzkanzier Northcote aus Befragen Hartingtons: der türkische Botschafter Musurus Pascha habe ein Tele­gramm der Pforte erhalten, wonach die allgemeinen Grundlagen des Waffenstillstandes und Friedens gestern in Adrianopel unterzeichnet wurden. Ob die Unter­zeichnung wirklich stattgefunden habe und welchen Charakter die Bedingungen hätten, sei der brittischen Regierung noch nicht bekannt.

London, 1. Febr. DasReutersche Bureau" meldet aus Konstantinopel vom 31. d.: Der Sultan habe sich telegraphisch an den Kaiser von Rußland gewendet, um den Abschluß des Waffenstillstandes zu j erbitten.

London, 10. Jan. In einer am vergangenen Sonnabend abgehaltenen, von Delegirten aus dem ganzen Lande besuchten Versammlung von Bauarbeitern protestirte ein Mr. Kinney gegen die Einführung frem­der Arbeiter nach England:In London allein", so sagte er,befände» sich 6090,000 Deutsche, und die Meistervereinigung suche deren Zahl noch zu vermehren. Diese Deutschen aber seien nichts als verkleidete Agenten Bismarck's, (!) die mit der Flinte ebenso gut umzugehen wüßten, wie mit dem Handwerkszeuge. Sollte Eng­land mit Deutschland in Conflict gerathen, so könnte diese deutsche Armee in CiviKleidern sich in einem ge­gebenen Momente sammeln, Eisenbahnen und Telegra­phen zerstören und das ganze Land in panischen Schrecken versetzen, ohne daß die Flotte, die draußen umherschwimme,

ihr etwas anhaben könne. Wer also Einmischung in den Krieg wolle und wer fremde Arbeiter einführe, sei gleichermaßen ein Verräther des Vaterlandes." Diese Expektorationen fanden lebhaften Beifall und bildeten die Grundlage zu entsprechenden, sehr kräftigen Reso­lutionen gegen beide Arten des Vaterlandsverrathes.

Amerika.

Die Newyork sum, eine der gelesensten Zeitungen an der Union, hat sich die Mühe genommen, alle vom Juni 1873 bis Okt. 1877 durch die Tagespresse zur öffentlichen Kenntniß gelangten Diebstähle, Unter­schlagungen, Veruntreuungen, sofern sie durch mit Obhut fremden Geldes betraute Personen und Kassenbeamten geschehen, übersichtlich zusammenzustellen. Obwohl sie sie^ dabei nur auf die Aristokratie dieser Verbrecher Rücksicht nahm, nimmt diese Liste doch mehrere engge­druckte Spalten dieser großen Zeitung ein. Die Ge­samtsumme der in diesem Zeiträume unterschlagenen Geldsummen betrug mehr als 40 Mill. Doll Unter den Dieben sind alle möglichen Gesellschaftsklassen vertreten. Doch liefern Präsidenten von Banken, Ei­senbahnen, Sparbanken. Versicherungsgesellschaften, Postmeister, Zoll- und Steuerbeamten, Bankiers und deren Kassiere, Staats- und Gesellschafts-Schatzmeister, das größte Kontingent. Nimmt man darauf Rücksicht, daß die meisten dieser Verbrecher der geachtetsten Ge­sellschaft angehörten, sie fast in keinem einzigen Falle materielle Nothlage dazu veranlaßle, so gewinnt diese schwarze Liste, ganz abgesehen von dem großen Betrage der unterschlagenen Geldsummen, eine große Bedeutung und da die meisten dieser Diebe ungestraft blieben, so zeigt dies, daß die in unserer bundesstaatlichen und Gemeindeverwaltung /eingerissene Korruption ein allge­meines Krebsübel ist, das am Marke der ganzen Nation zehrt. Wie weit, neben dem Schönen und Guten, das hier aufkeimt und sich entfaltet, auch der Unsinn sich Bahn bricht, zeigt folgender wahrheitsgetreue Be­richt: Alle in der Kommunistengemeinschaft (Gemein­schaft der freien Liebe) von Onida im Staat Newyork geborene Kinder, werden bald nach der Geburt von ihren Müttern weggenommen und anderen Frauen zum Aufziehen übergeben, so daß kein einziges Kind seine Mutter jemals kennen lernen soll. Vom Vater ist natürlich keine Rede, indem bei der Praxis der freien Liebe die Frauen selber ihrer Kinder Väter nicht wissen können.

Handel und Verkehr re.

Preise der Lebensbedürfnisse in Stuttgart auf dem Wochenmarkt am Samstag den 2 Februar. 1 Kilo Butter 2 ^ 24 4, 1 Kilo Rindschmalz 2 60 4, 1 Kilo

Schweineschmalz 1 40 4, 1 Liter Milch 16 4, 10 Eier

704,1 Kilo Mehl Ar. 1 50 4, 100 Kilo Kartoffeln 7 >/- Kilo Mastochsenfleisch 76 4, >/- Kilo Schweinefleisch 70 4, >/2 Kilo Kalbfleisch 70 4, 1 Kilo Kernenbrod 30 4, 1 Kilo Schwarzbrot» 23 4, 1 Paar Wecken wiegen 80 Gramm, LO Kilo Heu 3 ^!, 50 Kilo Stroh 2 4L 40 4, 1 Rmtr. Buchen­holz 16 41, 1 Rmtr. Birkenholz 13 4L, 1 Rmtr- Tannenholz 10 4L (St.-A.)

Zum Capitei der Zahlungs-Einstellungen schreibt dieWormser Ztg.":Waren die vorhergehenden Jahre in wirthschaftlicher Beziehung charakteristisch durch tue Gründungen, so sind es die jetzigen durch Fallimente jeder Art. Hoffentlich kommt nicht oft vor, was von einem der neueren hiesigen Fallimente zu verzeichnen ist. Dasselbe weist einen Stand der Passiven von 97,000 Mark auf und Activa im Werthe von 59 Mark!! Soll man hier mehr über die Leichtgläubigkeit der Creditgeber, oder über die geschäfts­mäßige Unreellität s. g. Kaufleute staunen? Es ist wahrlich hohe Zeit, daß Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit wieder sich mehren im Geschäftsleben, wenn nicht der Mangel an Ver­trauen immer größeren Schaden anrichten soll."

Zur Lage des Getreidehandels. Aus Wien wird darauf aufmerksam gemacht, daß mit Wieder-Eröffnung der Schifffahrt im Schwarzen Meere die enormen Getreide- Massen, welch« in Süd-Rußland, am Schwarzen Meere rc. lagern, ihren Weg nach dem Mittelländischen Meere nehmen und zur Versorgung von Frankreich und der Schweiz dienen werden, welch' letztere Länder schon lange der Widerwärtig­keiten müde seien, mit welchen der Getreidebezug aus Ru­mänien, Rußland und theilweise auch aus Ungarn in den letzten Monaten verbunden war. Jedenfalls dürfte mit der