Wie man in einer Nacht eine fremde Sprache ernt. Graf Moitke war vor einiger Zeit auf eine in »schwedischer Sprache abgefaßte Broschüre Militärwissenschaft, licken Inhalts aufmerksam gemacht worden und bezeigte ein lebhaftes Interesse, schnell einen Uebersetzer dafür zu finden. Der Oberst v. T. forschte im Generalstabe nach Officieren, die der schwedischen Sprache mächtig wären, und in einen Saal eintretend, wo einige zwanzig Osficiere versammelt waren, sraagte er: „Kann einer der Herren so viel schwedisch, uni bis morgen eine Broschüre für den Feldmarschall zu übersetzen?" - Allgemeines Schweigen. Nur ein Oificier trat an den Oberst heran und meldete: „Ich will es riskiren, aber ich muß selbst erst schwedisch lernen." Der Feldmarschall freute sich, als er von dieser Entschlossenheit hörte. Der unternehmende Officier stürzte in den ersten besten Buchlade», um Grammatik und Lexicon zu holen. Er sollte am nächsten Morgen wiederkommen. Ehe er am ander» Tage den Buchhändler wieder aussuchte, trat der Oberst bei ihn, ein: „Der Feldmarschall hat sich über Ihren Entschluß uefreut, läßt aber bestens danke», er hat sich gestern selber Grammatik und Lexicon verschafft und über Nacht so viel schwedisch gelernt, daß er gleich mit der Uebersetzung fertig sein wird." Und so war es in der Tbat. (?)
G a m ert in gen, 2l. Juni. Gestern brannte hier ein Heuwagen, als er durch die Straffe gefahren wurde, und heute wieder zwei weitere, fast aus dergleichen Stelle. Ein I3jähriges Rädchen machte sich das Vergnügen, brennende Streichhölzer ans die vorbeifahrenden, mit dürrem Heu beladenen Wagen zu werfen. Die fugendliche Verbrecherin wurde sofort verhaftet.
Wien, 23. Juni. Das bevorstehende Ein greifen Oestreichs in die O r i e n t a » g e le g e n- heiten beschäftigt nicht blos alle Welt hier, sondern es ist auch der Gegenstand widersprechender Meldungen, die theils übertreiben, iheils allzuviel längnen wollen. Sicher ist, daß in dem am vorigen Montag unter dem Vorsitze des Kaisers abgehaltenen Kriegsrathe die ansehnliche Verstärkung der an der Grenze befindlichen Truppen beschlossen wurde; daß in Folge dessen die Urlauber und Reservisten der betreffende» Truppen einberufen werden, so daß binnen längstens einer Woche rund 40,000 Mann in Dalmatien und Kroatien unter Waffen stehen werden; daß ferner Graf Andrassy von diesen Maßnahmen sofort dis russische und die türkische Regierung verständigen ließ, mit dem bestimmten Bei fügen, daß es sich keineswegs nur eine Parteinahme für einen der kriegführenden, sondern ausschließlich um eine, im eigensten Interesse Oestreich Ungarns unternommene Vorsichtsmaßregel handele, und daß die ver stärkten Grenztruppen im Augenblicke noch keinerlei weitere Verwenduna finden werden. Rur das kan» als sicher gelten; alles Andere ist theils Uebertreivung, theils eine von den Ereignissen abhängende Zuknnfts- ! frage. (Schm. M.)
Wien, 24. Juni. Die Montags-Revue meldet, Moukhtar Pascha habe die Russen bei Elb atz total geschlagen. Die Russen seien in wilder Flucht zurückgegangen. (D. Montagsbl.)
Am Sonntag (17.) wurde fast der ganze nieder- östreichische Markt „A m st etten" ein Raub der Flammen ; 1i2 Häuser sind eingeäschert, im Ganzen 200 Baulichkeiten, der gesammte Viehstand des Ortes, sowie einige 100 Pferde in den Ställen buchstäblich verkohlt, 14 Personen werden vermißt, mehr als 2000 Menschen sind obdachlos, der Schaden ist ei» ungeheurer.
Zürich, 20. Juni. In Folge des raschen Schneeschmelzens bei der gegenwärtigen Hitze treten in der Schweiz Flüsse und Seen aus. Auch der Züri> cher See ist ausgetreten.
Versailles, 25. Juni. Sitzung der Oeputirten- Kammer. Der Präsident spricht der Kammer seinen Dank für das ihm bezeugte Wohlwollen ans. Das Land werde berufen werden, um sein Urtheil über die Kammer zu sprechen. Es werde anzuerkennen wissen, daß sich dieselbe in der nur zu kurzen Zeit ihrer Dauer um Frankreich wohlverdient gemacht habe. (Beifall auf der Linken.) Gr^vy verliest hierauf das Auflösungs- Decret, welches besagt, daß die Wähler in einer Frist von drei Monaten z» Neuwahlen würden berufen werden. Die Linke rief: Es lebe die Republik! Einige Stimmen: Es lebe der Friede! Die Rechte rief: Es lebe Frankreich! Die Sitzung wurde hierauf aufgehoben (Fr. I.)
Paris, 24. Juni. Die Neuwahlen sind auf den 2. September festgesetzt. (Sollte Mac Mahon wirklich den Sedan-Tag zu wählen wagen?) Der Marschall erklärte, den Frieden mit dem Auslande bis 1880 garantiren zu können und will mit dieser Erklärung vor die Wähler treten. (D. Montagsbl.)
Der Nationalztg. wird aus Paris, den 24. telegraphirt, daß die Heirath des Königs Alfons mit der dritten Tochter des Herzogs Montpensier (Maria de las Mercedes, geb. 1860) doch beschlossen sei und im September stattfinden werde.
Die langen Debatten in den französischen Kammern haben dazu beigelragen, das Urtheil über die Bedeutung des eingetretencn Umschwungs zu klären beziehungsweise zu befestigen. Für Jeden, der sehen will, ist nunmehr sonnenklar: es handelt sich zunächst um den Daseinskampf zwischen Monarchie und Republik. Die Regierung beschuldigt alle Republikaner eines verderbenbringenden Radikalismus; sie erklärt, die heutige Verfassung aufrechterhalten zu wollen mit Hilfe der „konservativen", d. h. der Monarchisten. Damit ist alles gesagt, Vermuthungen über den weiteren Gang der Dinge sind müßig. Wie die Regierung die Neuwahlen vorbereiten wird, ist nach der gründlichen Säuberung der Verwaltung von allen Elementen, die nur ini leisesten Verdacht republikanischer Gesinnung standen, nicht mehr zweifelhaft. Die Künste der offiziellen Beeinflussung werden ans jede erdenkliche Weise ins Werk gesetzt werden. Freilich, die Regierung verwirft die „offizielle Kandidatur", sie behält sich nur vor, den Wählern die „wahren Freunde des Marschalls" zu bezeichnen. Köstliche Selbstironie! Die Regierung wird auch zu Ansnahmemaßregeln, zur Verhängung des Be lagerungszustandes n. drgl. nur dann schreiten, wenn sie „durch das Verhalten der Ravicalen gezwungen wird." Wie leicht findet sich solcher Zwang, wenn man so gern gezwungen sein möchte! Kurz: Die Wahlbewegung wird sich vollziehen, indem die Ver- waltungsmaschine mit uneingeschränktestem Hochdruck arbeitet, die Opposition aber aus jede mögliche Weise mnndlodt gemacht wird. Was das Ergebniß sein wird, ist das Geheimniß des französischen Volkes.
Petersburg, 26. Juni. Gegenüber den neuerdings von Freunden der Türkei in Umlauf gesetzten pessimistischen Gerüchten, welche nur darauf abziellen, Zweifel über die guten Beziehungen Rußlands zu den anderen Großmächten hervorzurufen, erklärt die „.Agence Russe" : Man müsse sich gegenwärtig halten, daß Rußland, bevor es sich zum Kriege entschloß, befriedigende V-rsicherungen von den bei der Orienlfrage inleressirten Mächten empfing. Wie Rußland seine Versprechungen loyal erfüllen werde, fei auch kein Zweifel, daß die Großmächte den ihrigen Nachkommen würden. Der europäische Friede erschein.' daher vollkommen gesichert. Die Ergebnisse des Orientkrieges, weit entfernt, den Frieden zu gefährden, würden vielmehr zur Consolidi- rung desselben beitragen. (Fr. I.)
Bukare st, 24. Juni. Gestern Morgens 9 Uhr hat ver Uevergang des ganzen russischen Armeekorps in der beiläufigen Stärke von 20,000 Mann aus der Schiffbrücke oou Braila begönne».
London, 25 Juni. Der „Standard" meldet, daß Derwisch Pascha die Russen bei Datum angegriffen und geschlagen have. In seiner zweiten Ausgabe bringt er das telegraphisch gemeldete Gerücht, Fürst Nikita sei von Soldaten ermordet. (Scheint sehr unglaublich. Die Red.) (B. T.)
Erzcrum, 25. Juni. Am 21. und 22. fanden ernste Gefechte bei den Engpässen von Delibaba stau. Die Rassen mußien auf Seidekan zurückgehe». Der Kampf bauerte 33 Stunden, Verlust beiderseits beträchtlich.
K o n st a ul i » o pe l, 23. Juni. Der Minister des Auswärtigen Hai heule den Vertretern der Pforte im Auslande milgelheitt, daß Bajazid von den Türken wieder genommen sei. (Also doch.)
K o n st a n t i n-op e l. 25. Juni. Die Russen bombardiren Rustschuk. Zahlreiche Geschosse fallen in die Siabt. Die Türken erwidern das Feuer. In Bajazid werden die türkische» Behörden wieder eingesetzt. — Eine Depesche des Kommandanten von Balum meldet: Am 23. Juni griffen mehrere russische Colonnen die türkischen Positionen an, wurden jedoch zurückgeworfen Die Russen erneuerte» ihren Angriff am 24. d., wurden jedoch abermals zurnckgeworsen und gezwungen, die erste Operationsiinie aufzugeben. Die Russen verloren an beide» Tagen 2100 Todte.
K o nsta n l i n o p e l, 26 Juni. Am 24. Nachts setzien die Russen ihren Einmarsch in die Dobrudscha über die Donau fort. E»r Theit der hiesigen Garnison wird an die Donau abgeschickl und durch die von den Provinzen eingeiroffenen Nalionalgarden ersetzt.
Handel und Verkehr re.
Stuttgart, 25. Juni. (Landesproduktenbörse.) Wie jchon seil mehreren Wochen blieben auch an heutiger Börse die Verkäufe aus den lausenden Bedari beschränkt und in dem Preise hat sich nichts verändert. Wir notice» per 56 Kilogramm Weizen, bairischer 13 4L 50 4 bis 14 4L, russischer 12 4L 75 4 — 13 4L 60-4, Kernen 14 4L 30 4 bis 14 4L 60 4. Niehlpreise per 100 Kilogramm sammt Sack. N-. 1: 40-41 4L, Nr 2: 36 37 4L, Nr. 3: 31-32 4L, Nr. i: 27 28 4L 50 4. (Schw. B.)
Aus dem Str o bgäu, 23. Juni. Die Heuernte hat nunmehr ihr Ende erreicht. Man kann vielfältig die Aeuße-
rung Horen, daß seit tO Jahren nicht so viel Heu eingeheimzt worden sei, als eben jetzt. Dem zweiten Schnitt kommen die in den letzten 3 Tagen meist in Gewittern niedergegangenen reichlichen Regen trefflich zu statten. — Dinkel und Roggen stehen allenthalben sehr schön, dagegen sind die Früchts des Sommerfeldes bis jetzt sebr kurz geblieben. — Einen erfreulichen Anblick gewähren die Kartofseln. frühe Sorten stehen in Blüthe. — Was die Aussichten auf Obst betrifft, so sind dieselben zwar nicht mehr so vielversprechend wie zur Zeit der Btüthe, aus deren Entwicklung die raube und zum Theil nasse Witterung des Mai vielfach störend einwirkte; allein wenn das, was jetzt noch an den Bäumen hängt, erhalten bleibt, so machen wir immerbin eine befriedigende Obsternte, soweit es Kernobst betrifft. Auch Heuer wieder zeichnen sich die Bäume an den Straßen äußerst vortheilhast aus.
Vom Welzbeimer Wald, 23 Juni. Die Heuernte fällt über Erwarten aut aus. der Stand der Sommer- - und hauptsächlich Winterfrüchte ist ein vorzüglicher und Flachs ! und Hanf, wie auch Hopfen, versprechen nur Günstiges. Beim Obst allein siebt es nicht so günstig aus, hauptsächlich bleiben s Aepsel den gehegten Erwartungen weit zurück. ;
Kirchheim u. T.. 23. Juni. (M oIlmarkt.) 3. Tag. ! Der Markt gebt zu Ende. Dis Anhäufungen der Ballen vor den Wagen lichten sich. Die Wolle ist beinahe alle verkauft.
Bei einigen Partien konnten die Schäfer nickt rechtzeitig „Ja" sagen und so bleibt sie ihnen sitzen. Den höchsten Preis für i hochfeine Wolle (spanisch) hat die K. Domäne Ackalm mit ! 250 4L ver Ltr. erlöst. >
Mannheim, 24. Juni. Die Stimmung im Getreide- Handel bleibt unter den günstigen Ernte-Auspicien ruhig und' beschränkten sich die Umsätze auf Versorgung des nächsten - Bedarfs: wir notkren per 100 Kilos: Weizen je nach Qual.
4L 25 — 26.50, Roggen 4L 18-19.50, Gerste 4L 19-20.25, i Hafer 4L 16-17.50. Koblreps 4L 35.50-35 für inländischen und 4L 31.50—31 für indischen. (Fr. I.)
Nürnberg, 23. Juni. sHopfenberickt) Seit vorgestern fanden für Brauerkundschalt ca. 30 Ballen Absatz, wovon Gepackte 180 — 220 4L, Hallertauer 290 — 320 -Kl, Württemberger 300- 320 4L, Amerikaner 100— 130 4L und 75er Hopfen 80 — 100 4L erzielten. Me Stimmung bleibt unverändert ruhig und ist immer noch Vas Angebot größer als die Nachfrage.
Aus Lothringen, 23. Juni. Die Heuernte ist bereits vorüber und hat einen quantitativ sebr befriedigenden Ertrag geliefert. Auch die Qualität ist in Folge der trocke- ! nen Witterung ausgezeichnet. Die Aussichten für die Getreideernte baden sich neuerdings gebessert, so daß immer- j bin eine gute Nüttelernte zu erwarten steht. In Folge besten i sind neuerdings die Getreidepreise im Rückgang begriffen. - Weniger günstig sind die Aussichten für die Weinernte. ; Die Weinstöcke stehen gegenwärtig in Blüthe. Die Ansätze sind aber größtentbeils so spärlich, daß hinsichtlich der Quantität des zu erwartenden Weines sich aus dem verspäteten Blühen des Weinstockes nur wenia Günstiges Voraussagen läßt. Bester siebt cs um die Hopsen- und Tcibakspslanzungen, welche zum Theil ausgezeichnet stehen. Obst, namentlich spätere Sorten, gibt es in Menge. Ueberbanpt wird man ! diesen Jahrgang mit Ausnahme des Weines zu den besten dieses Jahrzehnts zählen dürfen. (Schw. K.)
Amerika. Ans verschiedenen Landdistrikten kommt die traurigeiRächricht, daß die Heuschrecken^ Kartvsiclkäser, die Heffenstiege an den Feidsrüchtcn (besonders am Walzen) und ein schwarzer Käier dem Obst und Trauben außerordentlichen Schaden zusügt. Was die Kartoffelkäfer betrifft, werden die Bauern mit der Einsübrung eines höchst sinnreichen und sich als praktisch bewährten Rdchens, den ein Dankee in Illinois erfunden, mit denselben sertia. Ein jeder ! kann nach Anweisung mit nur wenigen Kosten sich den Kar- i toffelkäferrechen selbst fertigen und einen ganzen Acker in 5 ^
bis 6 Stiinven beinahe ganz von dem Ungeziefer reinigen, ^ ohne dem Kartoffelstock Schaden zuzusügen..
Der Haidehof.
Historische-Erzählung aus der Zeit der deutschen Befreiungskriege, von
Friedrich Wilibald Wulfs.
(Fortsetzung.) -
Bruno war bis bahin ein stummer Zeuge gewesen, » obwohl sich der Antheil, den er an dem Gespräch genomisen, recht deutlich ans seinem Antlitz abgemalt hatte; jetzt konnte er nicht mehr an sich halten, und die H«nd des ehrlichen Haidebauers erfassend, sagte er in einem Tone, der seine Rührung ausdrückte: „Ihr ! seid ein wackerer Mann. Wollte Gott, ich könnte Euch > vergelten, was Ihr für uns lhut."
„Ich thue meine Pflicht, Herr Offizier, das ist Alles. Von Vergeltung mag ich nichts hören, denn ich gebe doch wahrhaftig nicht um irdischen Gewinnstes halben Euch hier in meinem Hause Quartier."
„Aber Ihr setzt Euch der Gefahr aus, von den Franzose» erschossen zu werden," unterbrach ihn der Schulmeister. „Jener Sevigny soll ein wahrer Nero, ein Caligula sein. Er wird sich daher nicht begnügen, Euch allein den Garaus zu machen, er wird auch Eure i Frau, Eure Kinder nicht verschone» — und," setzte er j mit weinerlicher Stimme hinzu, „selbst ich werde schwer- j lich mit dem Leben davonkommen." j
„Wir stehen all' in Gottes Hand," sagte Fader; „wie der Herr da droben will, so mag es geschehen!"
Vergebens suchte Stuhr ihn in seinem Entschlüsse wankend zu machen, vergeblich wandte auch Schill alle möglichen Vernunftgründe an, um ihn zu bewegen, von seinem Vorhaben abzulossen; aber je heftiger sie in ihn drangen, desto unerschütterlicher beharrte er bei seiner Meinung.
Franz und Tolkleben spielten dabei untergeordnete