Rollen, obwohl der Letztere der am meisten Betheiligte war. Aus der leicht erklärlichen Furcht, sich und seine Empfindungen zu verrathen, hatte er bisher stets geschwiegen. Er wollte Alles der Fügung des Himmels überlassen und deßhalv selbst nicht das Geringste Ihun, um derselben vorzugreifen. Mit Gewalt seine Erregung bekämpfend, erwartete er in fast fieberhafter Spannung den Ausgang des Meinungsstreites
Faber blieb Sieger. Seine unumwundene Er klärung, daß er die Flucht der beiden Offiziere für eine gröbliche Beleidigung ansehen würde, bewog Schill -um Nachgeben.
Am nächsten Tage verließ Murat mit seiner kleinen Schaar den Haidehof, nachdem er bis zum letzten Augenblicke versucht halte, Schill zu bewegen, ihn, in Tolklebens Gesellschaft, nach Weimar zu begleiten.
Tief durchdrungen von Hochachtung vor dem ritterlichen Sinne des späteren Königs von Neapel nahm der pr eußische Offizier Abschied von ihm. Eine unbestimmte, plötzlich in ihm aufsteigende Ahnung sagte Schill, daß diese Trennung lange dauern würde, und mit einiger Bewegung sah er seinen edelmüthigen Gegner ziehen
Bevor der Großherzog von Berg die stille, einsame Haidewohnung verließ, stattete er dem Bruno einen Besuch im oberen Stübchen ab. Er wiederholte demselben die Versicherungen, welche er Schill früher gegeben, und war bemüht, den jungen Offizier in seinem Entschlüsse, im Haidehof zu bleiben, wankend zu machen. Bei Bruno stieß er, ans uns leicht erklärlichen Gründen, auf einen viel lebhafteren Widerstand, als dieß bei Schill der Fall gewesen war. In Folge dessen stand er bald von seinem Vorhaben ab.
„Dem Himmel sei Dank, daß wir die fränkische Einquartierung los sind," sagte der Haidebauer, als der letzte Reiter den Hof verlassen hatte „Wollte Gott, wir wären für immer von diesen Schwerenö- ther» befreit, die sich bei uns niederlassen, als wären sie unsere Herren."
„lieber die, welche uns soeben verlassen haben, könnt Ihr Euch wahrlich nicht beklagen," fügte der Schulmeister hinzu. „Sie haben uns nichts zu Leide gethan."
„Das wollte ich ihnen auch nicht gerathen haben," brauste der Haidebauer auf; wir hätten sie zu Brei geschlagen, wenn sie uns boshaftig begegnet wären Mir hat es fast das Herz abgedrückt, als ich sie jenes verdammte Kauderwelsch habe reden hören, welches kein ehrlicher Christenmensch versteht. Wie gern hätte ich nicht dreingeschlagen und ihnen gezeigt, was für Hiebe eine deutsche Faust auszutheilen vermag. Vor Allem aber hat mir das Herrchen in seiner bunten Kleidung mißfallen, mit welchem Ihr" — hier wandte er sich a» Schill — „so vertraulich geschwatzt habt."
Bei den ersten Worten des ehrlichen Haidebauers, welcher seinen Haß gegen die Franzosen in einer so gesunden und derben Weise kundgab, hatte Schill ein Lächeln nicht unterdrücken können. Bei der Anspielung aber, welche Faber auf Joachim Murat machte, verschwand dieses Lächeln auf seinen Lippen und er konnte nicht unterlassen, zu entgegnen: „Da seid Ihr im Unrecht: wenn alle Franzosen wären wie Jener, der Euch so gewaltig mißfallen hat, so würde es fürwahr kein so großer Schimpf sein, von ihnen besiegt zu werden."
„Himmel-Donnerwetter,
Schutz nehmen? — Bedenkt,
Inlandes."
„Joachim Murat ist es werth, daß ich ihn in
Ihr wollt gar ihn in ein Feind unseres Va-
Schutz nehme gegen Euere Mißachtung," entgegnete der Offizier in ernstem Tone.
„Er ist ein Feind Deutschlands, in dieser Eigenschaft kenne ich ihn, und um alles andere kümmere ich mich nicht."
Hier endete das Gespräch, denn Anna trat herein, um anzukündigen, daß das Mittagsmahl bereitet sei. Der übrige Theil des Tages verfloß, ohne daß sich die von Murat ausgesprochene» Befürchtungen verwirklichten.
Schill vermied es absichtlich, den Namen des französischen Reitergenerals über die Lippen zu bringen, denn er sah ei», daß der Haidebauer durch keine, noch so überwiegende Gründe zu bewegen sein würde, von seinem Groll abzulassen. Eine säst drückende Ruhe, jener Schwüle vergleichbar, welche stets einem Gewitter voranzugehen pflegt, hatte sich aller Gemüther bemächtigt. Selbst der Haidebauer schien sich unter ihrem Einflüsse zu befinden; Schill's Widerspruch hatte ihn verstimmt, und diese Verstimmung äußerte sich in Allem, was er that und sprach.
Franz war der einzige aufmerksame Zuhörer des politistrenden Dorfphilosophen, welcher sich laut rühmte, den Gang der Weltereignisse Voraussagen zu können. Die Haidebäuerin hatte zu viel in der Küche zu thun, um die salomonischen Urtheile des Schulmeisters anzuhören, und Schill war zu sehr in Anspruch genommen von der Besorgniß, welche Murat's Schilderung von dem General Sevigny in seinem Innern hervorgerufen hatte, als daß ihm Fabian's Weissagungen hätten irgend welche Aufmerksamkeit abnöthige» können.
Auch die Nacht verging ohne jegliche Störung. Als sich der Morgen zeigte und weder ein Franzose zu sehen noch zu hören war, da glaubte auch Schill, daß jetzt jede Gefahr vorüber sei. Eine fröhliche Sorglosigkeit drängte jeden Rest aufkeimender Besorgniß in den Hintergrund; und, wie seine ganze Umgebung, überließ auch er sich dem Gefühle vollständiger Sicherheit.
Es war Mittag geworden. Der Sturm, welcher bis zu dieser Zeit nicht nachgelassen hatte, über die Haide dahin zu brausen, schien seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Er pfiff um den Haidehof, daß es schien, als wolle er das Gebäude bis auf den Grund ze>stören, und die darin befindlichen Personen unter dessen Trümmern begraben.
„Wenn die Franzosen bei diesem Wetter den Weg duich die Haide finden," sagte Faber, als er sich mit seinen Gästen an den Tisch zum Frühmahle setzte, „soll mich der Teufel bei lebendigem Leibe verzehren."
„Das ist eine Gotteslästerung, Haidebauer," rief der Schulmeister, dem schon das Wort „Franzose" das Blut zu Eis erstarren machte.
„Diese Sünde will ich getrost verantworten," er- widerte Faber, und schlug ihm derb auf die Schulter. „Ich bin weiß Gott ei» guter Christ und habe nichts mit dem Satan gemein, ober wenn man an die Franzosen denkt, so fällt Einem unwillkürlich der Gottseibeiuns ein."
„Laßt bas den General Sevigny nicht hören," fügte Schill hinzu, dem die ängstliche Geberde des Schullehrers ein Lächeln ablockte.
„Glaub's wohl, daß er uns auf's Kollct steigen würde, aber zum Glück ist er weit von hier und wird uns, wenn das Heidenwetter anhält, nimmermehr einen Besuch abstatten."
„Rechnet nicht so gewiß darauf," antwortete Fabian. „Der Teufel könnte sein Spiel haben "
Der Haidebauer lachte fröhlich auf. „Seht, Schulmeister, jetzt mischt Ihr ja auch den Teufel hinein
und wolltet noch vorhin nichts von seiner Bekanntschaft wissen. — Aber zum Kukuk, Herr von Tolkleben," wände sich Faber plötzlich an Bruno, „Ihr sagt ja kein Wort, sondern blickt vor Euch hin, als dächtet Ihr über einen Plan nach, die Feinde unseres Vaterlandes, die boshaften Franzosen, mit einem Schlage zu vernichten."
Der junge Offizier fuhr betroffen aus seinen Träumen auf, welche ihm eine glückliche Zukunft und eine baldige Vereinigung mit der Geliebten vor die Seele gezaubert hatten. Er glaubte sich verrathen, sein Geheimniß entdeckt und gewaltsam nach Fassung ringend, erwiderte er: „Verzeiht, daß ich keinen Theil nahm an Eurem Gespräch. Meine Gedanken waren mit einem Gegenstände beschäftigt, welcher mich völlig davon ablenkte."
Er konnte bei diejen Worten nicht unterlassen, einen Blick auf Anna zu richten, welche ihm gegenüber saß. Diese wurde blutroth und um ihre Röthe zu verbergen, neigte sie sich über den Tisch und that, als suchte sie irgend etwas. Aber sie hatte ihr Gesicht nicht schnell genug weggewendet, die Bäuerin hatte die verrätherische Gluth aus ihren Wangen gesehen. Die einfache schlichte Frau fühlte sogleich heraus, daß zwischen ihrer Tochter und dem verwundeten Offizier ein Geheimniß irgend welcher Art bestände. Sie beschloß demzufolge, das junge Paar schärfer ins Auge zu fassen, um ein Unglück zu verhüten. Nach ihrer Ansicht nemlich wäre es ein Unglück gewesen, wenn Anna nur daran gedacht hätte, einen Mann zu lieben, welcher, vermöge seines Ranges und Standes, so weit von ihr entfernt war. (Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Es ist schade, daß in den höheren Lehranstalten für die Jugend nicht auch das Chinesische getrieben wird. Um vollständig chinesisch lesen und schreiben zu lernen, soll man nur etwa 20Jahre brauchen.
— Mücken-undJn selten st iche spielen jetzt vielfach eine böse Rolle. Die schweißigen Ausdünstungen des Körpers locken die stechenden Insekten besonders an. Da es in den letzten Jahren öfter vorgekommen ist, daß Leute binnen 24 Stunden an Insektenstichen gestorben sind, so säume man in bedenklichen Fällen nie, ärztliche Hilfe zu Rathe zu ziehen. Trifft der Stich auf einen Finger, wo Ringe sitzen, so sollte man diese sofort abziehen; denn die Einschnürung der späteren Geschwulst durch einen Ring kann den Entzündungszustand nur noch heben. Bei bereits eingetretener Geschwulst sind wiederholte Umschläge von verdünntem Bleicfsig zu machen; wo immer möglich, ist es aber doch am besten, sich sofort an den Arzt zu wende«. Um das lästige Jucken gewöhnlicher Mückenstiche übrigens zu verhindern, empfiehlt es sich, sofort einen Tropfen Salmiakgeist auf die gestochene Stelle zu träufeln und zu diesem Zwecke im Sommer immer ein kleines Fläschchen davon bei sich zu tragen.
— Mil ton wurde gefragt, woher es komme, daß in manchen Ländern der Fürst im vierzehnten Jahre für regierungsfähig gehalten werde, während die Verehelichung im achtzehnten noch versagt sei. „Weil es schwerer ist, ein Weib als ein Volk zu regieren, entgegnete der Dichter.
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frankfurter Gold-CourS vom 26. Juni 1877.
zrsnkenstücke.16 24-28
ditto in >/, 16
Englische Souvereigns.20
Russische Imperiales.16
Holländische fl. 10-Stücke.16
Ducaten Dollars in Gold
F ü n f b r o n n.
Langhoh-Verkaus.
Am Samstag den 30. d. Mts., Vormittags 10 Uhr, 'kommen auf hiest gem Rathhans 279 Stück Lang- und Klotzholz mit 225 Fm. aus dem Gemeindewald Haagwald zum Verkauf, wozu Käufer eingeladen werden.
L
Den 21. Juni
1877.
Schultheißenamt. Theurer.
H a i t e r b a ch,
Gerichtsbezirks Nagold.
Gläubiger-Ausruf.
In der Verlassenschastssache des
Anrlfiche und Privat-Bekanuimacpunge«.
24-28 87-42 67—75 65-G. 59—64 , 17-20 .
Friedrich Wittmann, gewes. Cigarrenmachers in Haiterbach, werden etwaige unbekannte Gläubiger desselben aufgefordert, ihre Ansprüche an den Nachlaß
bis zum 6. Juli d. I. bei Unterzeichneter Stelle geltend zu machen und zu erweisen, widrigenfalls auf sie keine Rücksicht genommen werden könnte.
Unbevorzugten Gläubigern wird übrigens eröffnet, daß lt. vorgenommenen Verlassenschaftsinventars zu Vermeidung eines Gantverfahrens ein Gläubiger mit Vorzugsrecht in III. Cl. für seine Forderung sich mit dem — nach Abzug der Forderungen der Gläubiger in I. und II. Cl. übrig bleibenden Vcrmögensrest begnügen und ein anderer derselben Cate-
gorie auf seinen Anspruch verzichten will, bezw. verzichtet hat und daß deshalb für sie keine Aussicht auf Befriedigung vorhanden ist.
Den 23. Juni 1877.
K. Gerichtsnotariat Nagold.
Ass. Dambach.
B e r n e ck.
e g s p e r r e.
Wegen Erbauung der Brücke über de» Sägmühlegraben kann der Weg innerhalb Etters am Montag den 2. und Dienstag den 3. Juli mit keinem Fuhrwerk befahren werden.
Den 23. Juni 1877.
Stadtschultheißenamt.
Brenner.
B ö s i n g e n.
Vieh-Verkauf.
In der Exekutionssache gegen Johann Martin Lehmann,
Bauer dahier,
kommt am
Montag den 2. Juli d. I , Nachmittags 1 Uhr,
vor dem hiesigen Rathhaus eine ca. 1'/»jährige fleckscheckigte Kalbel, gerichtlich taxirtzu140-H>, im öffentlichen Aufstreich gegen baare Bezahlung zum Verkauf, wozu Liebhaber eingeladen werden. Den 25. Juni 1877.
Der bestellte Executions Commissär: Amtsnotar Dengler.