Mo. 83.

60. Jahrgang.

Amts- unä IrrteüigenMatt sür äen ^ezirkL.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

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Doanergtag, üen 16. Juki 1885.

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^oLrtische Wcrchrrrchten.

Deutsches Reich.

In Kamerun kam es wieder zu Reibereien zwischen den von vr. Passavant engagierten Lagosleuten und Kamerunern. Das Ende war, daß es auf beiden Seiten Verwundete gab, nachdem sich die Kamerunleute vor den zahlreich angesammelten Europäern zurückgezogen hatten. Es,gelang den Schlimmsten der krausköpfigen, Manga Aqua, den Bruder von King Aqua, dingfest zu machen. Derselbe soll nun nach Angra Pequenna in die Verbannung geschickt werden.

Frankreich.

Paris, 12. Juli. Wie ein Telegramm des Gouverneurs von Se­negal meldet, wurden die Franzosen am 31. Mai am oberen Flusse zwischen Niagaffola und Tignire von den Schwarzen angegriffen, welche, nachdem Verstärkungen einlangten, geschlagen wurden. Am 22. Juni erfolgte ein neuerlicher Angriff der Schwarzen, welcher mit einer abermaligen Niederlage derselben endete. Die Franzosen marschieren nach ihrer Verproviantierung mit Lebensmitteln und Munition gegen den Chef der In­surgenten, Samovi, um denselben vollständig zu erdrücken. Eine Depesche des Generals Courcy meldet, daß die Verstärkungen aus Tonkin einzu­treffen beginnen. Ein vollständiges Jägerbataillon ist bereits eingetroffen, das im Vereine mit dem Zu.tz.vcn die Zitadelle. bewacht. In der Umgebung von Hüe wurden einige Räuberbanden signalisiert. Die Gesamihöhe des im Palasts aufgefundenen Schatzes beträgt zehn Millionen. Der König ist Ge­fangener des Ministers Thuyet. Die Königin-Mutter, die Onkel des Königs, die Prinzen und zahlreiche Mandarinen stellen das Verlangen, nach Hüe zurück­kehren zu dürfen. Eino Depesche des Gouverneurs von Cochinchina vom 9. Juli konstatiert, daß nach mehreren bedeutenden Erfolgen der fran­zösischen Truppen die Ruhe im Norden Kambodschas, wo die Insurrektion konzentriert war, wieder hergestellt ist, daß die Mehrzahl der Jnsurgenten- führer sich unterworfen hat und daß seit Ende Mai die Pazifikation im Nord­osten Cochinchinas eine vollständige ist.

die Ermordung von Rumpfs. Aufs heftigste wurden die schweizerischen Be­hörden und speziell Untersuchungsrichter Dedual angegriffen. Die Anarchisten behaupteten, beim Verhaft wie Hunde behandelt worden zu sein. Ein Schweizer, der die Behörden in Schutz nahm, wurde von Sozialisten und Anarchisten mit wütendem Lärm unterbrochen und konnte nur notdürftig zu Ende kommen, weil er die Ermordung von Rumpfs nicht geradezu lobte. Die nicht ausge­wiesenen Anarchisten verlangen Satisfaktion vom Bundesrat. Die Vertreter der Presse wurden angebrüllt. Die Haupthelden in der Versammlung waren Ausländer, vorab Deutsche. Die vou alt Großrat Bächtold präsidierte Versammlung protestierte schließlich gegen die Ausweisung der 21 Anarchisten. Generalanwalt Müller zog sich nach 11 Uhr zurück, als die Unruhe begann.

Oesterreich.

Die Sonntagsruhe, die vor Kurzem in Oesterreich ein- gesührt wurde, findet durchaus nicht allgemeinen Anklang. Die oberöster­reichische Handelskammer richtet die Bitte an die Regierung, die Sonntags­ruhe in ganz Oberösterreich vollständig aufzuheben. Eine gleiche Bitte stellen die Bäckergenossenschaften im ganzen Lande. Von anderen Ländern und anderen Gewerben liegen ähnliche Petitionen vor. In Wien ist die Gewerbe­behörde beauftragt worden, Bericht über die Petitionen zu erstatten, welche teils die Abschaffung der Sonntagsruhe überhaupt für das flache Land und kleinere Städte und Märkte, teils die Erlaubnis zur Ausdehnung des Betriebs- der Gewerbe auf den Sonntag Nachmittag erbitten.

Spanien.

Madrid, 11. Juli. Gestern sind hier 6 Personen an der Cholera erkrankt und 4 gestorben. In der Provinz Valencia erkrankten 484 und starben 216 Personen an der Cholera. Die Seuche ist in einigen Städten und in der Provinz Valencia im Abnehmen begriffen, dagegen nimmt dieselbe in den anderen Provinzen erheblich zu. In den Straßen werden Stöße ge­schwefelten Holzes verbrannt.

Hages-Weuigkeiten.

Schweiz.

Bern, 12. Juli. Eine gestern von Arbeitern, Sozialisten und Anar­chisten abgehaltene Versammlung imRütli", in der Generalanwalt Müller einen Vortrag hielt über die Anarchistenuntersuchung, nahm einen tumultösen Verlauf. Sozialisten und Anarchisten billigten in den abscheulichsten Ausdrücken

Feuilleton.

Im Abgründe.

Roman von Loniö Hackenbroich. (Verfasser des Romans:E in Vamp y r.")

(Fortsetzung.)

Ter Verdacht war ausgesprochen und hatte seinen Weg in die geldgie­rigen Herzen der Umstehenden gefunden. Die Unterhaltung wurde leiden­schaftlicher, sowie die angeregte Befürchtung mehr und mehr die Gestalt des Möglichen und Wahrscheinlichen annahm, und in demselben Maße wuchs der Kreis, der sich um den Arragonier bildete. Dieser sah keinen Grund mehr, nicht Alles zu sagen, was ihn verdroß, und bald war die Hälfte der Ban­diten von dem gleichen Verdachte befallen, und ein Toben, ein Rasen, ein Drohen und Fluchen erfüllte die Höhle mit einem solch infernalen Lärm, daß man versucht sein konnte, diese schreckliche Gesellschaft für Verrückte oder für Teufel zu halten. Bis dahin hatten die eifrigsten Spieler kaum etwas von der immer steigenden Aufregung ihrer Kameraden gemerkt; unter denselben war Juan; jetzt aber lauschten sie auf und fragten, was es gebe. Kaum hatte Juan den Grund des Lärmens erfahren und gehört, von wem derselbe angezettelt worden, als er zornesbleich auf den Arragonier zuflog.

Ha, Du bist es wieder, feige Memme, elendes Schandmaul?" schrie er demselben ins Gesicht.Hast Du wieder einmal Deine Lästerzunge gehen lassen, um den Hauptmann zu verleumden? Weil Du zu faul und zu feig bist, an den gefährlichsten Zügen teilzunehmen, darum meinst Du, müßtest Du, gleich dem Hauptmann, den fettesten Bissen erhaschen! Weißt Du, was Du, was Du bist, Hallunke? Ein Polizeispion bist Du, ein mas­kierter Gendarm!"

Alle Insulten, die Juan dem Arragonier ins Gesicht geschrieen hatte, ließen diesen kalt und gleichgültig; aber die letzte, der Titel eines Polizei­pions, eines verkleideten Gendarmen, erschien dem Banditen so ungeheuerlich, o blutig, daß sie ihn mit jäher Gewalt aus seiner Gleichgiltigkeit emporriß;

Calw. Dem Vernehmen nach werden während der diesjährigen Herbst­übungen in der Zeit vom 8.16. Sept. d. I. die Gemeinden Calw, Alt­bulach, Althengstett, Dachtel, Deckenpfronn, Gechingen, Holzbronn, Möttlingen, Neubulach. Neuhengstett, Ostelsheim, Simmozheim, Sommenhardt, Stammheim, Teinach, Zavelstein, Einquartierung erhalten.

sein braunes Gesicht durchschoß eine schnelle Blutwelle, und in derselben Se­kunde, in der Juan ihn Gendarm genannt, hatte er den Dolch aus seinem Gürtel gerissen und stürzte damit aus seinen Beleidiger los; dieser aber wich behend und leichtfüßig mit einem jähen Seitensprunge dem sicheren Tode aus und schlüpfte dann mit einem neuen, katzengleichen Sprunge dem Arragonier so schnell und geschickt zwischen die Kniee, daß dieser in seiner ganzen Länge vornüber, aufs Gesicht stürzte. Ringsum hatten die Banditen einen dichten Kreis gebildet, um sich an dem in ihrer Mitte nicht neuen Zweikampf zu belustigen und den Ausgang abzuwarten, und alle brachen in ein schallendes Gelächter aus, als der Arragonier so ungeschickt hinfiel. Die ganze vorige Aufregung war jetzt vergessen, und da Juan jetzt die Lacher auf seiner Seite hatte, so war auch die Stimmung sofort zu seinen Gunsten in dem Streite, den er mit Jenem hatte. Dies und der laute Spott, der ihn traf, reizte den Arragonier zur höchsten Wut; er sprang auf jagte wie ein rasendes Tier mit der Mordwaffe hinter Juan her, der seinerseits in eiligem Rennen vor seinem Feinde floh und sich vergeblich nach einer Waffe umsah, mit welcher er sich hätte verteidigen können. Schon schien es keinem Zweifel mehr zu unterliegen, daß in einer der nächsten Minuten Juan von seinem Gegner an den Felsen gespießt würde, als plötzlich dieser sich von hinten gefaßt fühlte; ein eiserner Griff hielt seine den Dolch schwingende Hand fest; zornig und überrascht wandte er sich um und erkannte Biaritz.

Schöne Geschichte das, wenn die Wölfe anfangen, sich gegenseitig auf- zufreffen", sagte Biaritz,und dann noch wohl in diesem Moment!"

Laß los", zischte der Arragonier und suchte sich der Faust des Biaritz zu entwinden; aber die hielt ihn fest wie ein Schraubstock, und Juan fand schnell Zeit, seinem Gegner den Doch zu entreißen. Dieser heulte wie ein wildes Tier vor Wut.

Weißt Du, Biaritz", sagte Juan,was der Schurke gesagt hat? Der Hauptmann sei mit der Beute durchgegangen und lasse uns das Nachsehen!"

Das hast Du zu sagen gewagt?" schrie Biaritz zornig und faßte noch derber den Arragonier.