Iheil der preußischen Könige sind. Indem ich meinen innigen Dank dasür von dieser SleUe ansspreche, darf ich in der Bewährung der mein Volk erfüllenden'Ge sinnnng die sichere Bürgschaft dafür erblicken, daß Preußen in der treuen Pflege wahrhaft monarchischer und zugleich freisinniger Institutionen seinen staatlichen Beruf in und mit dem deutschen Reiche fort und fort erfüllen ivcrde. Zum weiteren Ausbau unseres Staats- wesens in dieser doppelten Richtung zähle ich ans Ihre freudige Mitwirkung.
Berlin, 12. I rn. Bei der heutigen Eröffnung des Landtags waren circa 250 Landtags-Mitglieder anwesend, außerdem die Generalität und in der Dip lomaten-Lage der französische Botschafter Gontani Biron und der russische General v. Reutern. Die Minister erschienen unter der Führung Cainphausen's; Bismarck und Leonhard waren abwesend. Um 12 Uhr erschien der König, gefolgt von dem Kronprinzen und den Prinzen Karl, Friedrich Kar! Alexander, Georg und August von Württemberg. Der Vice Präsiscnt des Herrenhauses v. Bernnlh brachte ein Hoch auf den König beim Erscheinen desselben aus. Die Thronrede wurde, namentlich beim SchlußpassnZ, mit lebhaftem Beifall begleitet. Nachdem Minister Eamphausen den Landtag für eröffnet erklärt Halle, schloß die Eröff unnasseierlichkcit mit einem von dem Allers-Präsidenten des Abgeordnetenhauses, v. Bonin, ausgebrachlem Hoch auf den Kaiser.
Berlin. In militärischen Kreisen cirkalirt ein Wort des Kaisers, welches gelegentlich seines 70jäh- rige» Diensljnbilänms im Cirkel seiner Paladine ge fallen sein sioll. Es war die Rede von den letzten Korpsmanövern im Laufe des jüngsten Herbstes, und da soll ans hohem Munde die Mittheilnng gefallen sein, daß von allen Kontingenten, über welche Heerschau gehalten wurde, diesmal das ivürttcmbergische Korps das bei weitem feldtüchtigste und am sorgsamsten ausgebildcte gewesen sei.
Berlin. Wie die „W. Bl." hört, trifft die E c n t r n m sp a r t e i umfassende Vorbereitungen, runden „KultnrkLinpf" im Landtage mit erneutem Eifer fort zuführen. Hauptsächlich die Frage des Religionsunterrichts in der Volksschule scheint als Streitobjekt in Aussicht genommen zu sein. Auch die Marpiuger Affaire will mau aus die Tribüne bringen. Es ist demnach bereits jetzt vorherzusehen, daß die schon seit Jahren bestehende Absicht eines beschleunigten Ganges der Etatsberalhung auch diesmal durch das Eentrum vereitelt werden wird. Irgend eine» praktischen Erfolg werden die von demselben zu provozirenden Debatten natürlich nicht haben. Das Centrum erwartet einen solchen auch gar nicht. Ihm gilt es lediglich, die immer apathischer werdenden Gemülhcr der Masse der katholischen Bevölkerung aufs Nene zu erregen. Aus die Dauer muß indeß dies Mittel seine Wirkung verlieren.
In politischen Kreisen in Berlin werden Wetten gemacht, daß der Ausbruch des Krieges zwischen Rußland und der Türkei »och in diesem Monat erfolge. Man behauptet auch, Rußland sei sehr unzufrieden mit Deutschland oder Bismarcks Politik und man spreche schon von einem sich vorbereitenden Bündniß zwischen Rußland und Frankreich. Das letztere Gerücht wird ausgcsprengt, um Deutschland zu einer russenfreundlicheren Haltung zu veranlassen.
Fürst Bismarck hat die Zeitungsschreiber nicht verwöhnt (höchstens mit seinen Thatcn und wären sie nicht so edel, so ließen sie an ihm kein gutes Haar), aber ein paar hat er sich doch zu Gemüth und sogar an seine grüne Seite gezogen. Der erste ist Lothar Bücher, seines ersten Zeichens Jurist, später Journalist und Mitglied der preußischen Nationalversammlung von anno 1848. Da stimmte er sür Sleuerverwei- gerung und wurde landesflüchtig, sein Name wurde zwar nicht, wie der des jetzigen österreichischen Ministers Grasen Andrassy, an den Galgen geschlagen, aber er musste doch seine Haut in England in Sicherheit bringen und da zeichnete er sich durch seine Studien und Briefe (z. B. an die Berliner Nationalzeitung) so aus, daß ihn Bismarck in seinen Dienst zog, in welchem cr's bis zum Geheimen Legationsrath und einer Art rechten Hand gebracht hat. Seine Noten und Depeschen sind beinahe so gut wie manche Zeitungsartikel. Der Zweite ist vr. Michaelis, der in voriger Woche zum Direktor im Kanzleramt ernannt wurde. Er war von Anfang an Zeitungsschreiber, hauptsächlich im Finanzfach, wurde als Abgeordneter eine Art Autorität und ebenfalls von Bismarck, der weniger aus das Examen, als auf den Kops sah, in den Staatsdienst gezogen. Das sind die beiden Zeitungsschreiber aufsteigender Linie, wenn man so sagen darf. Der Dritte ist der Geheime Rath Wagener,
absteigender oder fallender Linie. Ihm müßte man einen Nekrolog schreiben.
In Preußen sind geschärfte Weisungen zur Unterdrückung der Bettelei und Landstreicherei, namentlich in d.» Landestheilen, wo sie in erheblicher Zunahme begriffen sind, erlheilt worden. Jede beim Betteln betroffene, oder sich arbeitslos herumtreibende und der Landstreicherei verdächtige Person ist ohne Rücksicht auf Beschwerlichkeit des Transports oder allgemeiner Geschäfte u. s. w. ausnahmslos aufzugreifen und der Polizeibehörde des Ergreifungsorls znzusühreu. Die Herbergen und andere Aufenthaltsorte, in welche loses Gesindel einzukehren pflegt, sollen so oft wie möglich, namentlich Abends und Morgens durchsucht und die Vorgefundenen Landstreicher zur Haft gebracht werden, damit sie sofort der Staatsanwaltschaft zugeführl werden tonnen. Das einfache Fortweisen von Bettlern und Landstreichern über die Grenze des Polizeibczirks soll nicht stalisinden.
Guben, 10. Jan. Am 5. Januar feierte der General der Infanterie a. D. Vogel v. Falkenstein, den achtzigsten Geburtstag.
Wien, 13 Jan. Die „Politische Korrespondent" meldet aus Konstanlinopel: Die Lage ist äußerst gespannt und auf einen Umschwung der Ansichten der Pforte kaum noch zu rechne», doch dauern die oisi- ciösen Pourparlers noch fort. Ein Schreiben der „Poliuschen Korrespondent" auS Petersburg betont, daß die Pforte, indem sie in der Mäßigung der Con- ferenz eine Schwäche Rußlands zu erblicken glaubt, ganz vergesse, daß nicht Rußland, sondern die Konferenz das Wort führt. Wenn der Augenblick gekommen, daß Rußland im Namen Europa's sprechen soll, dann werden auch kräftigere, der Pforte verständlichere Argumente nicht ausbleidcn.
Der österreichische General Urban war einst Commandircnder in Siebenbürgen und machte ein großes Hans, in welchem die Gäste aus dem Lande aus- und cingingen. Einst bekam er eine prachtvolle Torte zu geschickt, er wußte nicht von wem. Das fiel ihm auf, er ließ die Torte untersuchen, sie war vergiftet. Er forschte im Stillen nach dem Geber und alle Spuren führten auf eine vornehme Dame, die zu den besten Freunden des Hauses gehörte. Er lud sie zu einer großen Gesellschaft ein, ließ ihr die Torte vorsetzen und bat, sie als die Erste zu versuchen. Die Dame erkannte die Torte und fiel in Ohnmacht; er wai tete ruhig, bis sie wieder zu sich gekommen war ; dann sagte er: Wenn Sie ein Mann wäre», müßte ich Sie nach Verdienst bestrafen, so aber kann ich Ihnen nur vor der ganzen Gesellschaft die Thüre weisen. Vernichtet schlich sich die überlistete Attcnlälerin hinaus.
Pest, 11. Jan. Der Ausgleichsstrcit zwischen dem ungarischen und dem Wiener Ministerium ist abermals brennend geworden. Tisza, der ungarische Ministerpräsident, bot seinen Rücktritt an und ersuchte den Kaiser um seine allerhöchste Entscheidung bis zum 20. Januar.
Paris, 13. Jan. Die „Agcnce Havas" meldet: Die Vertreter der Großmächte werden in der Confe- renz-Sitzung am Montag von der Pforte formell verlangen, daß letztere in der zum Donnerstag anzu- beraumenden Sitzung aus die Vorschläge der Mächte ihre definitive Antwort abzebe. Sollte diese nicht erfolgen, so würden die Bevollmächtigten Konstanlinopel verlassen. Von dieser Eventualität wird man die Pforte ebenfalls am Montag verständigen.
London, 12. Jan. Bismarcks veränderte d. h. wieder feindseligere) Haltung gegen Konstantinopel erregt hier große Besorgniß, die „Times" deutet an, Salisbury müsse rcsigniren, wenn die Conferenz erfolglos bliebe.
Pera, 11. Jan. Die Mächte sind uneinig. Werther (der kais. deutsche Botschafter) bezeichnet gegen Jgnatieff, der sür ein Eingehen auf die Forderungen der Pforte plaidirt, ein weiteres Nachgeben als der Würde Europas widersprechend. Man spricht von ernsten Verhandlungen über eine Neutralisirung Rumäniens. Jgnatieff ist dagegen, die Pforte nicht ab geneigt, die Unabhängigkeit Rumäniens bei der Kammer zu beantragen, wenn Europa ausreichende Garantie für die Neutralität übernimmt.
Konstantinopel, 11. Jan. Wie verlautet, würden die Vertreter der Mächte in der nächsten Montag staltfindenden Sitzung von der Pforte ganz entschieden eine endgültige Antwort verlangen.
In Konstantinopel hat sich der türkische Ministerrath am Mittwoch über die seitens der türkischen Delegirten in der Donnerstag Sitzung der Konferenz abzugebcndc Erklärung schlüssig gemacht. Voraussichtlich wird demnach in derselben die Diskussion fortgesetzt werden. DieS deutet abermals darauf hin,
daß Niemand mehr an ein plötzliches Abbrechen der Unterhandlungen denkt. Inzwischen aber fährt die Pforte ruhig fort, sich dennoch auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Der Scheich nl Islam fordert die Gläubigen zur Subskription einer freiwilligen Anleihe auf. Unter den Sofias werden zur Vorbereiiung zu diesem Zwecke Anteilscheine mit Koransprüchen aus- gegeben. Das türkische Kriegsministerium veröffentlicht eine Danksagung au verschiedene Bezirke des Landes, in denen freiwillige Gaben, bestehend in Munition und Bekleidung sür die Armee, aufgebracht worden sind. Außerdem haben amerikanische Patronensabriken neue Aufträge von der Pforte, mit Lieferungsfrist sür Anfang März erhalte». Man sieht, auch der Divan traut dem Frieden nicht, und er hat Recht.
Ans Amerika liegen nunmehr die vollständigen Berichte über die W a h l eines neuen Präsiden ten vor, wenn auch mit Ausnahme der genaueren Einzelangaben aus zwei Grafschaften in Albama und Mississippi. Es wurden im Ganzen 8,042,726 Stim men abgegeben, 2 Millionen mehr, als im Jahre 1872. Der Kandidat der demokratischen Partei erhielt im Ganzen 4,200,187 Stimmen, der Kandidat der republikanischen Partei erhielt deren 4,042,726. Von Seiten der „Greenback" Partei wurde» 82,926 und von Seiten der „Temperance"-Partei 10,138 Stimmen abgegeben. Die Demokraten haben demnach mit 247,401lSlimme über die Republikaner und mit noch weit größerer Majorität über alle anderen Parteien gesiegt.
Hannovers Helden.
(Fortsetzung.)
„Sie sollen nicht fort", sprach Henry mit heiserer Stimme, „ich wills nicht, — nein, nein Hortense! ich will Sie beschützen, denn ich liebe Sie mit rasender Leidenschaft. Erschrecken Sie nicht, Sie haben keine Wahl, Sic müssen mich erhören, müssen mein Weib werden, oder —"
„Oder?" fragte Hortense, seinem unheimlich glühenden Blicke kalt und entschlossen begegnend ; sie fühlte, wie das Blut ihr am Herzen stockte und sehnte in diesem fürchterlichen Augenblicke eine mitleidige Kugel herbei, um diese Qual des Daseins für sie zn enden.
„Oder ich liefere Sie dem Gerichte der Republikaner aus," versetzte er dumpf.
Und dieser Mann wagte es, von seiner Liebe sür sie zu sprechen! — Sie lächelte verächtlich.
„Nun wohl", sprach sie kalt, ihm mit einem Blick des Abscheues die Hand entziehend, „ich fürchte von dieser Stunde an, das Blutgerüst nicht mehr."
«Weil jener Leon gefallen ist?" knirschte Henry mit wutherstickter Stimme.
Sie wandte sich schweigend zur Thür; mit brutaler Heftigkeit riß er sie zurück.
„Halt!" schrie er, „Du entkommst mir nicht Weib! Stolze Aristokratin, noch einmal biete ich Dir die rettende Hanid^ meinen ehrlichen Namen, wähle diese Hand oder — das Blutgerüst!"
.Lieber das Blutgerüst!" sprach Hortense mit der Seelenruhe und dem Stolze einer Königin.
„Dann fahre zur Hölle, stolzes Weib!" knirschte Henry, sie in bestialischer Math von sich schleudernd. Die Unglückliche flog gegen die Thür, wo sie bewußtlos niedcrsank, aus der weißen Stirn drangen große Blutstropfen.
In diesem Augenblick flog Jeannette die Treppe heraus und stieß beim Anblick der Blutenden einen Angstschrei aus.
„Unseliger! Du hast sie getödtet!" rief sie, sich schluchzend über die Ohnmächtige werfend, „o, mir ahnte schon Schreckliches, als Du die Arme hier herauflocktest und plötzlich so gleisnerisch thatcst. Ungeheuer —"
„Schweig!" rief Henry wild, „das Aristokratenblut auf dieser weißen Stirn verlockt mich, mehr zu kosten. Ja, es reizt mich, diesen aristokratischen Nacken, der sich noch immer nicht beugen will, unter das Beil der Guillotine zu legen.
„JefuS Maria!" schrie Jeannette entsetzt auf, „Du bist wahnsinnig, Bruder! — O, wer rettet die Arme vor seinem Haß?"
Henry biß errölhend die Zähne auf einander, um feinen Grimm niederznkämpfen. Es gelang ihm endlich.
„Du bist eine kleine Närrin, Jeannettei" sagte er, kurz auflachend, „was kann ich dasür, wenn die Vorwitzige über ihr« eigenen Füße strauchelt und sich den Kopf zerschlägt; sie mag Gott danken, daß noch keine Bombe hier eingeschlagen, das hätte mehr als einige Blutstropfen gekostet. Komm, tragen wir sie in den Keller, wir müssen das dumme Ding gut ver» stecken, wenn die Jakobiner einziehen, — es könnte auch uns leicht den Kopf kosten."