wie derK. Z." aus Berlin telegraphier wird jetzt davon überzeugt, daß nur »och Tage von dem Beginn des Krieges trennen. Seitens der Türken sind noch in den letzten Tagen nmsassende Lieferungen von Waffen und Kriegs-Geräih aller Art in verschiedenen Staaten abgeschlossen worden. In diplomatischen Kreisen wird versichert, die Sympathien für Rußland Seitens der Mächte bezüglich der orientalischen Frage hätten zwar nicht zugenommen, allein das allgemeine Wohlwollen, welches anfänglich für die Türkei vor­handen mar, habe durch das Verhalten der Letzteren abgenommen, und die Türkei schiene es fast darauf abgesehen zu haben, sich der Unterstützung ihrer besten Freunde zu berauben."

Der ehemalige Präsident des Reichskanzleramts, Staatsminister D e I b ck, ist mit einem prachtvollen Album erfreut worden, das ihm die Mitglieder des Bundcsralhes mit ihre» Photographien überreicht haben. Eine Deputation, bestehend aus dem bayerischen Ge­sandten, Freiherrn Pergler v. Perglas, dem wüntcm- bergischen Gesandten, Freiherrn v. Spitzemberg, dem hanseatischen Ministerrcsidenten, Dr. Krüger, und dem Staatssekretär Dr. Friedberg, überbrachie die werth- volle Gabe als eine dankbare Erinnerung an die großen Verdienste, die sich Delbrück während seiner neun­jährigen Leitung der Verhandlungen des Bundesraths erworben.

Diesozialistische Rundschau von 1877 ist recht erbaulich.Die konservative Partei fühlt selbst, daß die größten Anstrengungen nichts mehr nützen, die wankenden Ruinen zu halten. Die nalio- nalliberale Partei hat sich jüngst selber entmannt und führt nur noch ein elendes Kastratenlebcn, fast- und kraftlos geht sie dem Untergang entgegen. Die Fort­schrittspartei drechselt nur Freihcitsphrasen, hat aber den Muth zur That verloren. Fortschritt un Munde, Rückschritt in Beinen, so erblickt man die etwas dunkler gefärbten Liberalen, die sich Fortschrittslente nennen. Anerkennung verdienen die Klerikalen wegen ihrer konsequenten Gegnerschaft des deutschen Reiches, doch dürfen die katholischen Arbeiter nicht mehr nach der klerikalen Pfeife tanzen; denn der Egoismus und psäffisches Wesen leuchtet aus jeder Handlung der Klerikalen. Deshalb auch weg mit ihnen! Die bür­gerliche Demokratie endlich ist ganz in Verfall gcra- lhen, die schwächer» Elemente gehen zu den National­liberalen und den Fortschrittlern, die besseren (!?) zu den Sozialdemokraten, wohin sie auch gehöre». Die jugendliche Sozialdemokratie muß alle andern Parteien überholen. Dazu gehört freilich Muth und Ausdauer. Pflanzen wir die rothe Fahne der Verbrüderung all­überall auf und eilen wir von Sieg zu Sieg! Des­halb vorwärts!"

Die vollendeten Thürme des Kölner Domes werden die höchsten Gebäude der Welt, und zwar 151 Meter hoch sein. Bis jetzt hat diesen Ruhm der St. Nikolaithurm in Hamburg gehabt. Derselbe mißt, laut Angabe der D. Banzeitung in Berlin, 144,20 Meter. Die St. Peterskuppel in Rom hat eine Höhe von 143,50 Meter. Dann folgt der Thurm des Straßburger Münsters mit 142,10; die Cheopspyra­mide bei Gizeh in Aegypten mit 137, der Slefans- thurm in Wien mit 136,70 und der Martinsthurm in Landshut mit 132.50.

In Straßburg soll es unter den dortigen Deut­schen eine Partei geben, die ä la baisso insoserne spe­kulier, als sie das Zustandekommen deutsch-freundlicher Wahlen für den Reichstag zu verhindern sucht. Diese Politiker sagen, daß die schlechtesten Wahlen die besten seien, weil dadurch der Anlaß zu strengeren Maßre­geln sich von selbst biete. Was das Wahlresultat selbst betrifft, so prophezeit ein Körrespondent der Ällg. Ztg., daß die Wahlen abermals schlecht aus- fallcn werden. Dann wird es auch mit dem Gcsetzes- eutwurf, welcher die Autonomie von Elsaß Lothringen anzubahnen strebt, nichts werden.

Deutschlands auswärtige Politik und seine Abneigung gegen den Krieg wird von ,,Saturday Review" besprochen, welches Blatt auch auf die Hal­tung des Dreikaiserbündnisses in der orientalischen Frage zu sprechen kommt, indem es sagt: Rußland sei die Warnung ertheilt worden, sich nicht zu Schritten Hinreißen zu lassen, die Oesterreich beeinträchtigen könnten, Oesterreich sei zu einer Billigung gemäßigter Forderungen Rußlands im Orient bewogen worden. Es ist wahr, daß ohne die Neutralität Oesterreichs Rußland die Donau nicht würde überschreiten können, und ebenso wahr, daß Oesterreich nicht aufhören kan», neutral zu sein, ohne Deutschlands Bewilligung. Ruß­land ist es bekannt, daß cs seinen Sieg nicht weiter :de ausnützen können, als Deutschland zugeben

könnte. Wenn so der Friede bewahrt wird, oder die Ausdehnung des Krieges begränzl, so wird der Erfolg zum Theil zweifellos Englanü zuzuschreiben sein, aber auch im großen Maße Deutschland."

Die Wasjerflulhen in den überschwemmten N o- g a ld ist r i k t e n sind in fortwährendem Wachsen, und die Befürchtung, baß binnen weniger Tage die ganze rechtsseitige Niederung unter Wasser gesetzt sein wird, rückt immer näher. Die Drausen-Niedcrung, welche seither vor der Ucberjchwemmung »och mit vieler Mühe geschützt worden war, namentlich die Ortschaften Nohr- krug, Langenrcihe, Neugut, Rodtand, Campenau und Drausenhof, sind in Folge eines Dammbrnchs unter Wasser gesetzt. In Althof, einer sehr bedrohten Ort­schaft in der Nähe des Drausensees, wird Tag und Nacht an den Dämmen gearbciiet, um einen Durch­bruch, welcher diesen Ort und auch Weeskendorf über- flulhen würde, zu verhüten.

Prinz Louis Napoleon hat, einem allen Gebrauche gemäß, am Sylvesterabende jedem der in Rom wohnenden Eardinäle einen Aal gesandt, in dessen Maule eine Visitenkarte mit seinem Namenszuge ein­geklemmt war.

Paris, 6. Jan. Seit einiger Zeit finden hier zahlreiche Diebstähle von Knaben stau. Es scheint dabei hauptsächlich auf Gymnasiasten abgesehen zu sein. Fünf Fälle wurden im Ganzen gerichtlich fest- gestellt. Vier Zöglinge des in dem Viertel Nolre Dames des Champs gelegenen Gymnasiums Slanis- las und ein Zögling der Iesuitenschule im Quartier de l'Europe (alle im Alter von 1012 Jahreich waren die Opfer. Von zwei derselben erfuhr man bis jetzt nichts, die Leiche des dritten fand man in der Seine, dem vierten gelang es, seinen Verfolgern, als sie ihn auf der Straße ergreifen wollten, zu entspringen, und der fünfte kam, nachdem er einige Tage abwesend war, in das elterliche Haus zurück. Wie es heißt, hatte er sich durch die Flucht gerettet. Seine Hände trugen die Spuren von Stricken, so daß man glaubt, daß er gefesselt gewesen. Ec soll jede Auskunft über seine Erlebnisse ve>weigern.

Paris, 7. Jan. Laut jetzt beendeter Zählung hat Paris gegenwärtig 1,086,748 Einwohner, 134,956 mehr als am 1. Januar 1872.

Den Parisern wird Angst um ihre Ausstel­lung. Die deutsche Ablehnung hat den Schweben Muth gemacht, Len Parisern einen Korb zu geben und die Schweiz und Oestreich füttern ihren Korb mit weicher Seite. Rußland wird Nachfolgen.

Der israelitische Tempel in der Nom- bachgasse zu Pest war am Sonntag 'Nachmittag gegen 2',, Uhr der Schauplatz einer dramatischen Szene. Es war nämlich für diese Zeit die Trauung des Schuh­machers M. D. mit einem Pester Mädchen angcsagt, und um die bestimmte Stunde waren auch Braut und Bräutigam, die nothwendigen Funktionäre und eine zahlreiche Schaar von festlich geschmückten Hochzeits- gästen erschienen. Der Rabbiner stand bereit und hatte die Trauungsceremonie schon begonnen, als sich plötz­lich ein Weib gewaltsam einen Weg durch die Menge brach.Halt ein, Rabbi!" schrie sie,er ist mein Mann, erst muß er sich von mir scheiden!" Sie stürzte zum Altar, riß der Braut den Schleier vom Haupte und wiederholte schreiend, die Trauung dürfe nicht vollzogen werden, der Bräutigam sei ihr Mann, der sie vor neun Jahren geheirathel habe, aus dessen Ehe mit ihr sechs Kinder entsprossen wären, die nun alle todt seien, und der sie vor vier Jahren treulos ver­lassen. Dem Temperdiener, welcher die Frau aus dem Tempel weisen wollte, hielt das rasende Weib ein Messer entgegen und drohte, ihm dies in den Leib zu rennen. Stumm und bleich stand der Bräutigam, in Thränen aufgelöst die Braut da. Der Rabbi unter­brach seine Funktion, und bestürzt verließen die Hoch zeitsgäste den Tempel.

Petersburg, 10. Jan. Aus guter Quelle verlautet, daß, wenn morgen die Pforte den Vorschlägen der Mächte nicht zustimmt, die Vertreter der Mächte sofort Konstantinopel verlassen werden.

London, 10. Jan. Die Zeitungen besprechen die Konferenz und glauben, daß ein günstiges Ergeb- niß nicht mehr zu- erhoffen sei. DieTimes" meint, daß, wofern die Pforte nicht einlenke, der Abbruch der Konferenz jeden Tag zu erwarten stehe. Daily Te legraph glaubt dasselbe, wofern nicht gegenseitige Zugeständnisse gemacht würden. Die abgeschmackten Pariser Meldungen, denen zufolge Fürst Bismarck angeblich einer friedlichen Lösung im Geheimen em- gegcnarbeitete, werde» vielfach besprochen.

Einem englischen Bürger blieb seine Frau zu lange aus, die bei ihren Eltern zu Besuch weilte.

Briefe halfen nichts, da ließ der Mann sein Wohn­haus photographiren und stellte sich dabei mit der hübschen Frau seines Nachbarn auf den Balkon, so daß sie beide mit photographirt wurden. Diese Pho­tographie schickte er seiner lieben Frau mit dem näch­sten Briefe und -- mit dem nächsten Bahnzuge war seine Frau da.

Eine Stambuler Depesche lautet:Die Pforte wird keine weiteren Zugeständnisse machen, da sie alles, was sie konnte, bewilligt hat. Es ist die Rede von einer Proklamation des Sultans an die Freiwilligen, worin der Sultan erklärt, er werde sich an ihre Spitze stellen, wenn der Augenblick gekommen sei.

Konstantinopel, 2. Jan. Das Gegenpro­gramm, welches den Forderungen der Confercnz gegen­über die Vertreter der Pforte aufrecht erhalten werden, lautet nach demN. W. Tgbl." : 1) Die Pforte ist bereit, anzuerkennen, daß Bulgarien eine vorwiegend christliche Provinz ist, und demgemäß erbötig, für diese Provinz das vorgefchlagene Arrangement einer christ­lichen Verwaltung zu acceptiren. 2) Was Bosnien und die Herzegowina betrifft, so ist es der Pforte un­möglich, von der Thatsache zu abstrahiren, daß sich in diesen beiden Ländern das christliche und das musel­manische Element vollständig die Wagschaale halten, und sie muß es daher avlehnen, die Verpflichtung auf sich zu nehmen, sich zur Verwaltung dieser Provinzen für immer und ausschließlich nur christlicher Gouver­neure zu bedienen, und dies um so mehr, als die Ver­fassung, welche schon bis jetzt die freudige und dankbare Zustimmung der Bevölkerung aller Rassen und Culte gefunden, in ausreichender Weise vorschreibt, daß die Beamlenstellenden fähigsten und den ehrenhaftesten Männern", ohne Unterschied, ob sie Muselmanen oder Christen sind, verliehen werden sollen. 3) Die Idee einer militärischen Occnpation irgend einer Provinz des türkischen Reiches, möge sie sich unter welcher Form immer verhüllen, wird positiv und nachdrücklich zurück­gewiesen. Die beste Garantie, die Europa für die Durchführung der Reformen geboten werden kann, sind die Rechte, welche den Christen ebenso wie den Muselmanen in der Verfassung eingeräumt wurden. 4) Eine Entwaffnung der Muselmanen erscheint über­flüssig, nachdem fortan auch die Christen werden Waffen tragen dürfen, und dieses Recht von den Einen wie den Anderen nur in den vom Gesetze vorgeschriebenen Grenzen ausgeübt werden wird. 5) Die Pforte macht keine Schwierigkeiten, die Drina als Grenze zwischen Serbien und der Türkei festzustcllen. Aber im Inte­resse der Sicherheit des türkischen Reiches und des Wohles der serbischen Bevölkerung selbst fordert sie die Schleifung aller auf serbischem Gebiete befindlichen Festungen. Gleichzeitig appellirt sie an den Gerech­tigkeitssinn der Mächte, indem sie die Ansicht ausspricht, daß sie ein Recht hat, von einem treubrüchigen Vasal­len, wie dies Fürst Milan ist, eine Kriegsentschädigung zu verlangen. 6) In Ansehung Montenegros erkenne die Pforte die Legitimität einer Grenzberichti;ung und selbst einer Cedirung des Hafens von Spizza, doch macht die Pforte dies von der Bedingung abhängig, daß der Fürst von Montenegro im Austausch für diese Begünstigungen sich als Vasallen des Sultans erkläre.

Die finanzielle Lage des Reiches ist trost­loser, denn je. Die ununterbrochen im großen Maß­stade fortdauernden Kriegsvorbereitungen haben der finanziellen Lage den Gnadenstoß gegeben. Das neulich emittirte Papiergeld im Betrage von 3 Millionen türk. Livres ist rasch aufgebraucht worden und gerade in diesem Momente, wo man am dringendsten Geld nöthig hat, ist keines vorhanden. Kein Bankhaus mehr will Geld vorstrecken und die Banque Ottomane, deren Contocorrent mit dem Staatsschätze sich aus mehr als 3 Mill. beläuft, verweigert nunmehr auch die geringste Zahlung für Rechnung der Regierung. Angesichts dieser, die Aktion der Regierung lähmenden Verlegen­heiten, beschloß man eine neue Papiergeld-Emission. Nach dem erschienenen Dekrete werden 7 Mill. türki­sche Livres in Papier emittirt. Demnach werden als­bald Im Ganzen 10 Mill. Papiergeld umlaufen. .

Die amerikanischen Zeitungen enthalten ausführ­liche Berichte über eine Fcuersbrunst in dem St. Elisa­beth-Kloster zu Joliette in Canada. Kurz vor 9 Uhr Abends machte die Priorin des Klosters ihren gewöhnlichen Umgang durch das ganze Gebäude und fand Alles in Ordnung. Zwanzig Minuten später stand das ganze Kloster in Flammen, und Alles, was zur Zeit gethan werden konnte, war, die Insassen zu retten, die sich alle in den Betten befanden. Viele verließen das Gebäude in ihren Nacht-Gewändern. Die Priorin blieb in dem Kloster, um die Kinder zu