Richter und Oberregierungsraih Lutz, Lust aufzutrcte», so wäre unter den obliegenden Verhältnissen für uns Wähler wün- schenswerih, wen«, da doch bloS Einer gewählt werden kann, dieselben sich unler sich darüber verständigen würden, welcher zurücktreten soll. Ist aber eine solche Verständigung zwischen den Cavdidaten nicht möglich, so ist es an uns Wählern, eine solche unier uns herbeizusühren, indem wir bei einer aus dem ganzen Bezirk zu beschickenden Wähler Versammlung eine Verein­barung anzustreben suchen. Findel dieser Vorschlag Zustimmung, so sind wir bereit, von hier aus einleilende Schrille zu einer solchen Versammlung zu treffen. Ans di.se Weise dürste dem Bezirk ein durch die Verbällnisse keinensalls zu rechlscrligender erbitterter Wahlkampf mir seinen unangenehmen Folgen erspart bleiben; anderseits wird solchen, welche diese Gelegenheit etwa benützen wollten, um unter dem Deckmantel der Erfüllung einer öffentlichen Pflicht ihre Privat-Malice in den Wahlkampf herein­zuziehen, die Lust hiezu benommen werden; dies letztere könnte auch dadurch erreicht werden, wenn weitere Einsender ihre Aus­lassungen mit ihrer Unterschrift vertreten wollten. (Einverstan­den. Die Red.)

C. Sannwald. Grwerbcvereins-Vorstand.

TageS-Neuigkeiteu.

Nagold, den 6 Nov. Ans dem königl. Hofgnt Sind­lingen bei Herrenbcrg rannte gestern ein schon 5 Wochen in ein benachbartes Ort ausgeliehener Hühnerhund des Oberaus­sehers F in wuthverdächtigcm Zustande herum, brachte diesem 2 Bißwunden bei und verletzte hierauf noch eine Magd und einen Schäfer. Es gelang, den Hund zu weiterer Beobachtung in Verwahrsam zu bringen. Aerztlichc Hilfe für die Verlezten wurde schleunigst hcrbeigerufen. (Schw. M.)

Stuttgart, 4. Nov. Die Kammern sind, wie schon gemeldet, heute durch den König geschloffen worden. In der Thronrede beißt es u. A.:Ich sehe mit Gsnugthuung die Stände versammelt jetzt, wo eine bedeutsame Periode pflichttreuen und fruchtbaren Schaffens schließt. Sie baden von Neuem Ihr patriotisches Interesse für die Befriedigung der außerordentlichen Bedürfnisse meiner Truppen bcthätigt. Ich gedenke gern bei diesem Anlasse der Tbatsache, daß mein Armeecorps vor Kur­zem die Probe tüchtiger Ausbildung und pflichtmäßiger Disziplin vor seinem kaiserlichen Oberfeldherrn mit vollen Ehren bestand. Für die einheitliche Leitung der Staatsgeschäfte sowohl in den inneren Angele­genheiten des Landes, als auch in den Beziehungen zum Reich ist eine werthvolle Gewähr geschaffen durch das Bersaffnngsgesetz über die Bil­dung des Staatsministeriums. Die VerwaltungSrechtspslege wird vermöge der erzielten Einigung weiter vervollkommnet werden durch Einführung eines öffentlichen mündlicben Verfahrens, durch Verminderung der Instanzen, sowie durch eine Umgestaltung der obersten Spruchbehörde im Sinne einer vermehrten riLteilichen Unabhängigkeit. Das nahende Ende der sechsjährigen Wahlperiode mahnt mich, einen Rückblick zu werfen aus Alles, was diese Jahre an schwerwiegenden Entschlüssen, Mühen und Erfolgen umfassen. Unter dem Eindrücke weltbewegender Ereignisse zum erstmaligen Zusammentritte berufen, haben Sie durch Ihre Zustimmung die Verträge besiegelt, kraft welcher mein Land seine Stelle in dem Neubaue des deutschen Reichs eingenommen hat. Von damals bis heute haben Sie in unermüdetcm Zusammenwirken mit der Regierung eine Fülle mannigfacher bedeutender gesetzgeberischer Aufgaben gelöst, wie sie in solchem Maße kaum einer früheren Landesvertretung beschie- den waren. E mpfangen Sie meinen warmen Dank für Ihren Rath und Ihre Arbeit."

Stuttgart, 5. Nov. Der Afrikareisendc v. Heuglin ist heute hier au der Lungenentzündung gestorben.

Die 2 Thalerstücke und die '»-Thalerstücke gelten vom 15 November d. I. an nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel, werden aber bis znm 15. Februar 1877 von den Bundeskassen i» Zahlung genommen oder gegen Neichs-Lan- desmünze nmgewechselt. Durchlöcherte Stücke werden nicht an­genommen.

Aus Baiern. Zn Litzldorf (Oberbaicrn) machten Kinder unler der Wiege ihres jüngsten Geschwisters Feuer an, wodurch der Säugling buchstäblich verbrannte. Von Mäuse Ueberschwem- mnngen wird ans der Nheinpsalz geschrieben: Kleine Orte be­ziffern ihren Fang auf 4050,000 Stück. Die Landshuter Zeitung schreibt: Stadtpfarrer Gruber von St. Martin hat den Thurm der St. Martinskirche bis zu seiner höchsten Höhe (also bis rum Kreuz) bestiegen und von da oben aus der Stadt Lands' Hut seinen Segen gegeben.

Berlin, 7. Nov. Der Reichstag wird sich voraussichtlich nach der Etats-Berathung aus 6 bis 8 Tage vertagen, um der Justiz-Commission Zeit zu gewähren, über etwaige Anstände Ver­handlungen mit dem Bnndesrath zn pflege».

In der Sitzung des Reichstags vom 6. Nov. sprach Jörg, gelegentlich der Etats-Ansätze für das auswärtige Amt, über den diplomatischen Ausschuß des Bundesraths und die orien­talische Frage. Er sagte, nach einem Telegramm derFr. Zlg." u. A. Folgendes:Ich warne davor, daß Deutschland sich wie­derum von Rußland in's Schlepptau nehmen lasse; wolle die deutsche Politik die Annexion der deutsch-österreichischen Provinzen, so sei eine solche Politik nur zu billigen, habe dieselbe aber an­dere Ansichten, so würde eine solche Politik zu Unangelegenheiten führen und nur eine Konsequenz der Politik Preußens im Jahve 4866, 1870 und der Annexion von Elsaß Lothringen sein; aus der orientalischen Frage würde dann eine österreichische Frage entstehen. Ihm erwiderte Slaatsminister v. Bülow: Die Regie­

rung könne in diesem Augenblick unmöglich über »och schwebende Fragen Auskunft geben.Sie kennen die Politik des Kaisers, eine Politik des Friedens, eine Politik, die es von sich weist, in fremde Dinge einzugreifen. Die bisherige Entwicklung der Dinge in der Türkei berührte uns nicht unmittelbar, wird uns auch mittelbar nicht so bald berühren Angesichts dcS Waffen­stillstandes können wir der Zukunft ruhig entgegensehen. Die Politik Deutschlands zu allen befreundeten Mächten bastrt auf Freundschaft, Achtung und Vertrauen; das bekunden alle bisheri­gen Verhandlungen Diese Stellung wird die Regierung wie bisher bewahren, wen» die Nation und deren Vertreter der Re­gierung mit vollem Vertrauen gegenüberstehen. Die Regierung wird der Volksvertretung die nothwendige Miltheilung über die Sachlage nicht vorenthalten. Die Politik Deutschlands ist stets eine friedliche; Deutschland wird immer ei» Bollwerk des Frie­dens bleiben, und dieses Bollwerk wird so fest sein, daß wir das Vertrauen der Volksvertreter beanspruchen können und verdienen. Diese Ecklärung vom Ministeriische aus wurde von dem Hause mit Beifall ausgenommen. Unter lebhaften Beifall äußerte sich dann noch Lasker u. A. folgendermaßen: Wir Nationalliberale haben keine Interpellation über die auswärtige Politik eingebracht, weil wir mit Diskussionen keinen Schritt vorwärts kommen und nur orakelhafte Antworten von der Regierung erhalten; wir ha­ben volles Vertrauen zur auswärtigen Politik des Reichskanzlers, sie verdient dieses Vertrauen durch die Haltung Bismarks von früher, sie ist die Politik des Friedens. (N T.)

Plauen i. V., 2. Nov. Eine entietzenerregcnde Thal ereignete sich hier am gestrigen Morgen. In einem Hause am sogenann­ten alten Teiche schoß ein erst seit Kurzem vom Militär entlassener junger Kaufmann mit einem sechsläufigen Revolver auf seine frühere Geliebte, welche sich während seiner Abwesenheit von hier mit einem Andern ver­lobt batte, und verwundete dieselbe oberhalb des linken Auges lebens­gefährlich Mit einem zweiten Schüsse durchbohrte er die auf den Knall herbeieilende Hauswirthin durch die Seite, ein dritter streifte die Mutter des Mädchens an der Schulter, mit der vierten Kugel streckte sich der Mörder selbst zu Boden, so daß der Tod augenblicklich erfolgte. Die beiden Schwergctroffenen schweben augenblicklich noch in Todesgefahr

Wien, 6. Nov. DieMontags-Revue" schreibt: Die Annahme des russischen Ultimatums Seitens der Pforte hat die Waffenstillstands Frage znm Abschluß gebracht und die Gefahren eines Winterseldzuges definitiv ausgeschlossen. Die Regelung der Frage der Demarkationslinie durch internationale Berathnngen ist bereits normirl; auch das Petersburger Cabinet vermag sich denselben nicht zu entziehen. Die Basis des territorialen status quo ist ebensowohl dem Streite entzogen, als die prinzipiellen Punkte der Reform Fragen. Die Reform-Note Andrassy'S und das Berliner Memorandum weisen den Negociationen eine be­stimmte Richlung an. So lange Rußland die Gefahren der Selbst-Jsolirnng scheut, ist eine ernste Krisis nicht zu befürchten. Noch trennt sich Rußland nicht von den Mächten, noch behauptet es eine zwar gesonderte, aber von den übrigen Kabinetten nicht grundsätzlich geschiedene Stellung. Es sind gegenwärtig gegrün­detere Aussichten auf die Realisirbarkeit des Friedenswerkes vor­handen, als je zuvor.

Wien, 7. Nov. Die Debatte über die orientalische Frage wurde heute im Abgeordnetenhause durch die als General-Redner ausgestellten Abgeordneten Greuter und Herbst zum Abschluß ge­bracht. Ersterer führte aus, mit der Annexion Bosniens und der Herzegowina würde Oesterreich nur eine ihm gebührende Erbschaft antreten. Herbst erblickte die wahre Aufgabe Oesterreichs in der Verbesserung des Looses der slavischen Christen in der Türkei und drückte den Wunsch aus, der Monarchie möchte die Erhaltung des Friedens vergönnt sein.

Rom, 6. Nov. Cardinal Antonelli ist gestorben.

Paris, 6. Nov. Privatnachrichten aus Konstantinopcl finden lebhafte Pourparlers statt behufs Erzielung einer direkten Verständigung zwischen Rußland und der Pforte, welche eine Konferenz unnöthig mache. Ein höherer türkischer Beamter würde demnächst nach Petersburg gehen.

Algier brennt! Dieser Schrcckensruf ist aus Aller Lippen. Nicht die Stadt Algier, nein, das Land, d. h. die Waldungen! Waldbrände von meilenweiter Ausdehnung entstehen an allen Orten in der franzö­sischen Kolonie, Waldbränve, angelegt von ruchloser Hand! Fast alle Staatsforsten stehen in Brand, und man befürchtet mit Grund, wenn dem kein energischer Einhalt gethan wird, die vollständige Zerstörung großer weiter Distrikte durch das Feuer. Der Fanatismus der Muha- medaner und Araber scheint somit in Algier zuerst in dieser Form einer allgemeinen Brandstiftung zum Ausbruch kommen zu wollen. Die Mi- litärgewaltcn Algiers stehen hilf« und machtlos dem gegenüber, und wem« man nicht sofort zu den rigorosesten Mitteln der Repression greift, lo droht der Colonie ein noch kaum abzusebendes Unheil. Die franzö­sische Regierung, erschreckt durch diese» Ausbruch religiösen Haffes der eingeborenen Araber, hat dem General Chanzy die gemessensten Befehle unnachsichtlichen Vorgebens gegen ergriffene Schuldige gegeben and even­tuell den ganzen betreffenden Araberstamm oder die ganze Commune, wo Feuer ausbricht, zur Bestrafung zu ziehen. Die eingelaufencn Nachrich­ten sind mehr wie Besorgniß erregend!

Belgrad, 4. Nov. Jstok, das Organ der serbischen Re­gierung, erklärt:Der Waffenstillstand ist nicht unser Werk, wenn er uns auch sehr gelegen kommt. Nachtheilig ist der Waf­fenstillstand nur für Jene, welche ihn anuchmen mußten. Dadurch, daß die Türkei nachgegeben hat, ist der russisch-türkische Krieg nicht vermieden. Erst jetzt komme» die eigentlichen Schwierigkeiten.