Württembcrger Landes. 7 Uhr. Di« Fcstvorstellung im Hoftheater war ausserordentlich glänzend. Der Kaiser und das Königspaar wurden bei dem Eintritt in die Loge stürmisch begrüßt. Nach 9 Uhr großer Zapfenstreich durch 15 Militärkapellen, morgen Feldmanöver deS dreizehnten Armeekorps bei Hohenasperg vor dem Kaiser. (Sch. B.)
Stuttgart, 22. Sept. Die heutige Kaiserparade verlies sehr glänzend. Der König führte dem Kaiser die sämmtlichen Truppen vor, worauf der Kaiser sein Regiment (2tes Ins. Reg. von Weingarten) dem König zweimal vorführle — ein Act ganz besonderer Höflichkeit. Der Kaiser sprach seine volle Zufrieden - heit über die Haltung der Truppen aus und ist über den so überaus herzlichen Empfang in Stuttgart sehr erfreut (Sch. B )
Stuttgart, 23. Sept. Die heutigen Feld-Manöver des dreizehnten Armee-Corps bei Hohenasperg verliefen vortrefflich. Der Kaiser sprach feine volle .flusriedenheil über die Führung und Haltung der Offiziere und Mannschaften aus. Heute Abend 5 Uhr findet Familien-Diner auf Wilhelma bei Cannstatt, Morgen 12 Uhr Dejeuner statt. Um 2 Uhr reist der Kaiser nebst Gefolge nach Weißenburg »nv kehrt am 27. September zurück, besucht das Volksfest in Cannstatt und macht die Rückreise nach Berlin am 28. Sept Der König hat an Angehörige des kaiserlichen Gefolges zahlreiche O>den verliehen.
Heilbronn, 21. Sept (Obst und Kartofselmarkt.) Aus dem heutigen Markte stellten sud bei stärkeren Zufuhren und lebhaftem Verkehre die Preise beim Obste aus 1 dis 6 ^ und bei Kartoffeln auf 2 35 bis 2 80
Karlsruhe, 22. Sept. Staatsmiiuster Jolly hat seine Entlassung eingereichl; dieselbe soll angenommen worden sei». Näheres über die Gründe des Rücktritts und die Person des Nachfolgers ist noch nicht bekannt.
Die Oricntwirren haben so sehr alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen, daß man eine Broschüre nicht beachtet hat, welche dieser Tage in Prag erschienen ist und den Prinz en H einri ch von Hanau zum Verfasser hat. Die Flugschrift ist ein gifl- getränkles Pamphlet gegen das deutsche Reich, gegen den Kaiser, den Fürsten Bismarck und Andere, und fordert die deutschen Fürsten auf, sich vom Reich loszusagen und dem Kaiser „den Gehorsam zu künden". Der wüthende Autor befaßt sich auch noch mit anderen Fragen, läßt sich über Oesterreich günstig aus und tischt nebenbei einen neuen Vorschlag zur Lösung der Orientfrage auf. Näher auf das Machwerk einzugehen, verlohnt sich nicht. (B. T.)
Das Reichskanzleramt hat dem Bundesrathe eine Vorlage wegen Einziehung der Zweithalerstücke zugehcn lassen. Derselben zufolge wird die Außerkurssetzung mit dem 1. November d. I. beabsichtigt, von welchem Termine an noch für weitere 3 Monate Einlösungsstellen in allen deutschen Staaten bezeichnet werden sollen.
In den industriellen und gewerblichen Kreisen des deutschen Reichs macht sich eine gewisse Abneiguug gegen Betheiligung an der nächsten Pariser Weltausstellung von 1878 bemerklich, welche durch Warnungen aus Frankreich von verschiedenen Seiten her noch mehr gesteigert wird. Dem gegenüber läßt sich eine Stimme aus Berlin vernehmen, die von oben zu kommen scheint und im nationalen Interesse für gerathen hält, sich vertrauensvoll den Erwägungen der Neichsregierung anzuschließcn. Diese, obwohl von allen Regungen des politischen Lebens in Frankreich genau unterrichtet, habe keinen Anstand genommen, die Betheiligung Deutschlands an der Ausstellung amtlich zuzusagen; denn es wäre gewiß nicht ehrenvoll gewesen, der in der Einladung zu derselben enthaltenen Herausforderung des deutschen Gewerbe- fieißes unter irgend einem Vorwände auszuweichen. Auch dürfte nicht übersehen werden, daß die Nichtbetheiligung Deutschlands an der Ausstellung, selbst wenn uns die letztere keinen unmittelbaren Nutzen bringen sollte, durch ihre Nachwirkungen nicht ohne unmittelbaren Schaden bleiben werde. Es sei mithin eine Sache von nationaler Bedeutung für die deutsche Industrie, mit Muth und Selbstvertrauen in den von Frankreich angeregten neuen Wettkampf der Nationen einzutreten.
Wien, 21. September. Nach den hier eingelaufenen politischen Berichten aus Belgrad nimmt die von den Truppen ausgegangene Bewegung, betreffend die Proklamation des Fürsten Milan zum König von Serbien, große und ernste Dimensionen an. Milan steht vor der Zwangslage, entweder den Königstitel anzunehmen oder aber abzudanken, denn fast sämmtliche serbischen Städte haben sich der Erklärung Tschernajeffs angeschiosfen.
Wien, 23. Sept. Die „Wiener Abendpost" schreibt: Von autoritativer Seite wird bestätigt, daß sämmtliche Großmächte sich über die der Pforte vorzuschlagenden Friedens Bedingungen geeinigt haben. Die Basis des Vorschlages bilde ein vom britischen Cabinette formulirtes Programm. In Konstantinopel werden nun unverzüglich Schritte gethan, um die Pforte zur Annahme dieser Friedens-Bedingungen aufzufordern. Da Letztere bereits principiell die Bereitwilligkeit ausgesprochen hat, den Wünschen der europäischen Mächte, soweit dieselben nur immer mit den Interessen des türkischen Reiches vereinbar sind, loyal zu entsprechen, s» ist an dem baldigen Zustandekommen des Friedens schwerlich mehr zu zweifeln.
Pest, 22. Sept In Belgrad wurden gestern offizielle Depeschen des Inhalts verbreitet, Tschernajeff habe der serbischen Armee den Eid für de» König Milan abgenommen. Tschernajeff soll der serbischen Regierung die Alternative gestellt haben: Entweder Milan nimmt die Königswürde an, oder es wird ein Anderer gefunden, der dazu den Muth besitzt. Der gestern ab- gehaltcne Ministerrath entschied gegen Milan und für Tschernajeff's Pronunciamiento. (?)
Bevor Kaiser Alexander jüngst Warschau verließ, führte er den Vorsitz in einem Ministerrathe über die orientalische Frage. Minister Gorlschakosf äußerte Zweifel gegen die Treue Deutschlands im Falle eines russischen Krieges gegen die Türken, der Czar aber erklärte, er sei der wohlwollenden Neutralität seines Oheims sicher, und sprach sich sehr kriegerisch aus. Die Minister der Finanzen und des Krieges (Reutern und Miliutiu) riethcn dringend zum Frieden, weil weder die Finanzen, noch die Truppen zu einem großen Krieg gerüstet seien. Der Kaiser wies dagegen auf ein großes Anlehen hin und erklärte, die kaiserl. Familie werde mit ihrem Baarvermögen (400 Mill. Rubel) beispringen, und wiederholte, Deutschland werde, wenn nicht verbündet, doch wohlwollend neutral sein. Die N. Fr. Presse in Wien will sich für die Treue dieser Darstellung verbürgen.
Petersburg, 21. Septbr. Es geht hier das Gerücht, Rußland und Oesterreich hätten sich zu einer gemeinsamen Intervention gegen die Türkei vereinbart, falls die Friedensverhänd- lungeu scheitern. Deutschlands wohlwollender Neutralität fühlt man sich sicher.
Petersburg, 22. Sept. Der „Golos" spricht sich über die Erhaltung des europäischen Friedens mit großer Zuversicht aus, da Deutschland, Rußland und England in der orientalischen Frage einig seien. Das „Journal de St. Petersbourg" äußert sich ebenfalls im friedlichen Sinne und gedenkt mit Anerkennung des Fürsten Milan, daß er seine Proclamirung als König von Serbien zurückgewiesen habe.
Mit merkwürdiger Zuversicht und Bestimmtheit theilt das englische Blatt „Economist" bei einer künftigen Lösung der orientalischen Frage dem deutschen Reiche die hervorragendste Stellung zu. An die Worte Cobdens anknüpfend: „Es ist jene große gebildete Nation — Deutschland — auf welche wir wegen einer Verteidigung Europa's gegen Rußland blicke» müssen/' fährt das Blatt fort: „Wer kann sagen, was für Kriege oder was für Jahrhunderte es kosten wird, um das Machtverhältniß der Germanen und Slaven im Donaugebiete festzustellen . . ! Selbst jetzt wird Oestreich der Herrschaft Rußlands über jenen Strom sich widersetzen, und Deutschland wird ihm helfen. Fürst Bismarck würde gegen die Idee seines Lebens fehlen, wenn er Rußland gestatten wollte, Constantinopel zu nehmen, den» er würde die Zukunft Deutschlands im Orient ruiniren. Und es ist Fürst Bismark und nicht England, bei dem die endgültige Entscheidung liegt. Unsere Macht ist gering und entfernt, die seine gewaltig und nahe."
Immer zu spät.
Humoreske von Emilie Heinrichs.
(Fortsetzung.)
Wieder steckte der alte Diener sein entsetzliches Gesicht durch die halb geöffnete Thür.
„Was willst Du, klagender Jeremias?" fuhr sein Herr ihn an.
„Gott sei Euch gnädig, Herr Doktor! — Sela!" stöhnte der Alte, sich schnell zurückziehend.
„Esel!" brummte der Doktor ärgerlich. Zum ersten Male erschien sein getreues Spiegelbild ihm komisch und wie ein Narr.
„Ja, das ginge, Du könntest mir einen kleinen Dienst erweisen, kleiner Paulus!" sprach er mit einem liefen Athemzuge, vor dem ruhig dreinschauenden Bürgermeister stehen bleibend.
„Sprich, Johannes! Du kennst meine Bereitwilligkeit."
„Ja, Du kannst es," fuhr der Doktor fort, beide Hände auf seine Schultern legend und ihn mit einer seltsamen Wehmuth anblickend. „Die Eine, von welcher ich vorhin sprach, ist meines Bruders einziges Kind, beide Ellern sind tobt, haben nichts als Kummer und Armuth hinterlassen. Ich konnte die Waise nicht zu mir nehmen, die Schwester that's, um sie als Aschenbrödel für ihre Kinder zu benutzen. Das Mädchen ist tüchtig und brav, ich mochte sie versorgt wissen: mit einem Wort, es wäre eine Frau für Deinen Freund, nur schade; daß sie arm wie Hiob ist."
„O, das lhut nichts zur Sache!" rief der Bürgermeister vergnügt. „Mein braver Adalbert ist reich genug, das Geld ist Nebensache für ihn, er sieht nur auf die Person. Daß sie häuslich ist, kann ich mir denken, auch gut und klug, da Du sie lobst; — ist sie aber auch nicht zu alt und häßlich?
„Als ob Jugend und Schönheit das Glück der Ehe bedingen könnten!" lachte der Doktor verächtlich auf.^ „Margarethe mag in der Mitte der Zwanziger sein, ob sie hübsch oder häßlich ist, magst Du selbst beurlheilen, da sie in der nächsten Minute hieher kommen kann. Der Zug von Manheim wird doch schon eingetroffen sein?"
„Herr Gott," rief der Bürgermeister erschreckt, „dann muß