ungehrureri Weitläufigkeit seine Drille aiifsetzend, um die Karte ztt studiren.
Der Bürgermeister zitterte vor Zorn und stampfte mit dem Fuße auf.
„Wer wir find?" wiederholte er mit einem ingrimmigen Lachen. „Hat Er danach zu fragen, alte Vogelscheuche? — Marsch dem Herrn Doctor der Theologie die Karte übergeben, oder mein Stock tanzt Ihm aus dem Rücken, um Ihm Respect zu lehren, Esel!"
Der Diener schaute ihn an, nahm dann langsam seine Brille ab und brummte: „Das ist einer von unserer Farbe, wie ich merke, da darf ich's wohl wagen, Sela!"
Er schlug ihm die Thür vor der Rase zu und schlürfte ab, um nach einer Weile wiederzukommen und den Bürgermeister einzulassen.
„Angenommen, Sela!" sprach er kurz, indem er langsam eine schmale Treppe Hinausstieg und vor einer Thür stehen blieb.
„Angeklopft, aufgemacht, eingelrelen, Sela!" Woraus der komische Kauz sich umwandte und wieder langsam die Treppe Hinabstieg.
Der Bürgermeister mußte lachen, und wenn er von dem Diener aus den Herrn schließen sollte, so wurde ihm doch sonderbar dabei zu Muthe.
Doch was schadete es, er klopfte an, machte auf und trat ein nach Vorschrift, ohne ein „Herein" abzuwarten.
In einem großen, düsteren Zimmer, aus welchem jeder Sonnenstrahl geflissentlich verbannt zu sein schien, und daS kein weiteres Meublement, als Bücher, einen Lisch und zwei Sessel zeigte, sah der Bürgermeister, dem ein unheimlicher Schauer durch alle Glieder rann, eine hohe hagere Gestalt vor dem großen Schreibtische in einem der beiden Sessel sitzen.
Es war sein Freund, der Doctor Johannes Waldner, der sich bei seinem Eintritt nicht einmal erhob.
Der Bürgermeister zauderte einen Augenblick au der Thür und schritt dann rasch und entschlossen auf ihn zu.
„Bist Du es, Waldner, oder Dein abgeschiedener Geist, der in diesem düsteren Raume umher spukt?" jragte er, ihm die Rechte zum Gruß entgegenstreckend.
Der Doktor schaute ihn eine Zeit lang prüfend an, als müsse er sich erst aus seine Züge besinnen, dann legte er langsam seine Hand in die des früheren Freundes und versetzte: „Ich dm's selbst, obgleich ich mich seit Jahren schon als einen Abgeschiedenen betrachte. Sei mir gegrüszl, kleiner Paulus! Wir haben uns lange nicht gesehen, seit unsere Wege sich trennten. Sprich, ist ein Saulus der Welt aus Dir geworden?"
Der Bürgermeister zog den zweiten Sessel heran, ließ sich gemächlich darin nieder und lächelte dann wie ein L>atyr.
„Kleiner Paulus!" wiederholte er eben so langsam. „Es heimelt mich ordentlich an bei diesem 'Rainen, den Du mir stets im Hinblick auf meines Vaters Größe beizulegen geruhtest. Du stehst in mir den Bürgermeister einer nicht unbedeutenden Stadl, der sich sagen darf, lein verfolgungswüthiger Saulus zu sein, wenn auch gerade kein zu frommer Paulus."
„Bist Du oerheirathet?" lautete die neue Frage des Doktors.
„Ja, mein lieber Freund! Und zwar schon zum zweiten Male!"
Der Doktor schlug langsam drei Kreuze. „Dieses Geschlecht wird niemals weise", sprach er finster. „Es verdient, daß es zu Grunde geht!"
„Was haben Dir die Frauen gethan, armer Johannes?" fragte der Bürgermeister, der jetzt froh war, seine Frau nicht mitgebracht zu haben.
„Nichts, als daß sie überhaupt existiren."
Der Bürgermeister lachte laut auf. „So ärgert Dich Deine eigene Existenz, Johannes?"
„Mehr als zu viel, — Sela!"
Der Doctor deutete auf ein vollständiges Skelet in einem Winkel und setzte mit einer Grabesstimme hinzu: „Da ist unser stolzes Ziel!"
Dem Bürgermeister wurde doch ein wenig ängstlich bei dem verrückten Theologen, den das Grübeln zum Narren gemacht.
„Pah," versetzte er wegwerfend, „ist diese Weisheit das ganze Resultat Deines Forschens? — Darum wird Dich kein Fibelschütz beneiden. Doch weg damit. Daß wir sterben müssen, weiß die ganze Menschheit, — laß von der Vergangenheit plaudern, von unsern Burschenjahren, wo das Leben uns so sonnig lachte. Weißt Du noch, Johannes, wie Du mir diesen „Schmiß" versetztest, quer über den Kopf weg? Es war ein verdammter Hieb, der unsere- Freundschaft begründete, noch kannst Du die Narbe fühlen."
Er ergriff seine Hand und legte sie auf die Stelle, wo sich wirklich eine starke Narbe hinzog.
Der Doktor wurde unruhig, er betastete dieselbe und nickte dann wie träumend vor sich hin.
„Und wie wir dem Rektor, der Dich in's Carcer sperren ließ, weil Du seinem Pudel eine Brille aufsetztest mit seinem
Namen darüber, ein Pereat brachten mit schwarzen Laternen und Dir ein Llaittlesmus ixitui-, weißt Du noch Bruderherz?"
„Ich weiß, ich weiß!" nickte der Doktor, dessen finsteres Antlitz ein Lächeln sonnig erhellte. „Du befreitest mich und gabst Dich für den Thäler aus, als man mich relegiren wollte; die Sache kam herum, Dein Freundschaftsdienst rettete uns Beide. O, wie könnte ich solches nur vergessen?"
Der Bürgermeister freute sich innerlich, daß noch nicht Alles todt war in der Brust dieses Mannes. Er fuhr fort, die Erinnerung an jene lustige Zeit auszufrischen, und war unerschöpflich in der Aufzählung aller tollen und übermüthigen Studenten- streiche, bis der Doktor gänzlich auslhaute und sogar hier und da den Freund berichtigte, ja in dessen lustiges Lachen fröhlich mit einstimmte.
Plötzlich zog Kleinpaul seine Uhr.
„Herr Gott, meine Frau erwartet mich", rief er erschreckt. „Wie ist die Zeit vergangen, und was ich auch noch vergessen, Dir mitzutheileu, bester Freund: ich habe Deine Schwester nebst Gemahl auf dem Rheine kennen gelernt —"
„Da hast Du auch was Rechtes kennen gelernt", unterbrach ihn der Doktor verächtlich. „Die Frau geheime Rechuungsräthin — den Mann zähle ich gar nicht mit — darf mir nicht in's Haus kommen. Gott Lob, daß Du oerheirathet bist, sonst würde sie Dich ohne Gnade an einen ihrer hoffnungsvollen Sprößlinge verkuppeln.
„Mein Gott, sie sagte mir doch, daß Du sie vergötterst und ihren Kindern zu Liebe uuverheirathel geblieben seiest!"
„Das steht ihr ähnlich", murmelte der Doktor. „Sie soll es bald erfahren, wie ich sie vergötterte. Mensch, Freund!" fuhr er laut und heftig fort. „Sieh meine Schwester an und dann frage mich, warum mir dieses Geschlecht verhaßt ist. Eine freilich möchte ich ausnehmen", setzte er leiser hinzu, „das arme Ding hätte ein besseres Loos verdient, was ich ihr auch bereiten will, wenn's nur nicht zu lange währen sollte ; oder ich müßte ihn gewaltsam herbeirufen, den besten Freund, der mich mit Dir gleich machen soll."
Er richtete bei diesen Worten den düsteren Blick auf das Skelet, was den Bürgermeister aus's Neue beunruhigte.
„Was hältst Du von den Töchtern Deiner Schwester, Freund Johannes?" fragte er deshalb rasch, um ihn der Erde wieder zuzuführen.
„Unkraut, nichts als Dornen und Disteln", versetzte der Doktor herbe. „Rur die Eine, die ihnen als Magd, als Aschenbrödel dienen muß, scheint gut zu sein, — scheint, sage ich, Freund!" Wer kann bei den Weibern etwas behaupten? Warum fragst Du nach dem Unkraut?"
„Weil ich einen heirachslustigen Freund mit mir führe, dem ich eine gute Frau, wie Sirach sie schildert, verschaffen möchte. Ich hoffte bei Dir selbst aus ein solches töchterliches Prachtexemplar, da mein Freund dergleichen verdient."
Der Doktor zog eine spöttische Miene, dann wurde er plötzlich nachdenkend, stand aus und durchmaß mit großen Schritten das Zimmer. (Fortsetzung folgt.)
— Sprachliches Kunststück. In einem Breslauer Blatt fanden.wir kürzlich folgende niedliche Sprachspielerei:
Es kommt gerasselt die Feuerwehr,
Um zu sehen, wo denn das Feuer wär'.
Sie eilt, damit sie dem Feuer wehr'
Und daß nicht zu lange das Feuer währ'.
Denn wer löscht am schnellsten das Feuer? wer?
Hoch, dreimal hoch! nur die Feuerwehr!
Preis-Aufgabe. *)
(v. Sch. in E-)
Drei Schwestern, X. L. 8., gaben über ihr Alter unb über ihren
Namen folgenden Bescheid:
L: Wäre ich um 1 Jahr älter und meine Schwester L um 1 Jahr jünger, so würde mein Atter zu dem meiner Schwester wie 7 - 6 sich verhalten.
L: Dividirt man das Alter der nach 1 Jahr durch mein Alter vor 1 Jahr und multiplizirt den Quotienten mit 8's Alter, so weiß man, wie alt ich vor 3 Jahren gewesen bin.
8: Erhebt man das Alter der L vor 4 Jahren auf die 2te Potenz, zieht das der X vor 1 Jahr ab und dividirt den Rest durch mein Atter, so weiß man, wie alt ich nach 5 Jahren sein werde.
U.
X: Es gibt 4 Zahlen, welche, wenn man ihre deutschen Namen in Buchstaben schreibt, hernach vom ersten Namen den zweiten, vom zweiten den dritten, vom dritten den vierten und vom vierten den fünften Buchstaben nimmt, der Reihe nach mit einander verbunden unsern Familiennamen bezeichnen. Ueber die weiteren Merkmale mögen meine Schwestern die nöthige Auskunft ertheilen.
L: Die Summe der 1., 2. und 3. Zahl verhält sich zur Summe der 2., 3. und 4., wie 28 : 37.
8: Ebenso verhält sich die Summe der 1., 3. und 4- zur Summe der 1., 2. und 4. Zahl, wie 39 : 40.
1. Wie alt sind diese 3 Schwestern? 2. Wie heißen sie?
*) Preis: „Di-Schnitterin" (Prämie z. illustr. Welt).
Bedingung: Den Preis bekommt, wer der Redaction die erst- richtige, schriftlich nachgewiesene Lösung einreicht. Lösungen, welche nach dem 21. Sept. 1S78 einlaufeu, bleiben unberücksichtigt, werden aber di- Namen solcher ebenfalls veröffentlichen.
Verantwortlicher Redakteur: Steinwandel in Nagold a- Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung in Nagold.