bahnhos der Nordbahn ein großes Feuer, das eine» Schaden von reichlich 1'/» MM. anrichtete.
Die in Rußland lebenden Deutschen beklagen sich bitter über die jetzt dort gegen sie herrschende feindselige Stimmung. Noch nie sei der Haß der Russen gegen die Deutschen mit solcher Heftigkeit hcrvorgetreten wie gerade jetzt; er errege sogar ein allgemeines Mißvergnügen über den Kaiser, weil dieser aus seiner Deutschsreundlichkeit kein Hehl mache. Nebenbei beschwert man sich, daß Deutschland trotz aller seiner Freundschaft für den russischen Nachbar nicht eine einzige Erleichterung im Grenzverkehre von demselben erlangen könne. Die Plackereien und Scherereien würden von Tag zu Tag immer unerträglicher.
Petersburg, 29. Juli. Dem „Golos" wird aus Cet- tinje vom 29. Juli gemeldet: Die Gemahlin des Fürsten Nikila hat heule früh folgende Depesche aus Grahowo vom 28. Juli erhalten: „Die Türken, unter dem Commando Mukhtar Paschas, haben uns bei Vrbzia angegriffen, der Kampf ist heftig und dauert noch fort. Wir haben die türkischen Reihen durchbrochen. Man hat mir Osman Pascha zugeführt, welcher nebst vielen andern Türken gefangen genommen ist. (Unterschrift') Fürst Ni kolaus."
Belgrad, 28. Juli. (S:. bische Quelle!) Gestern Abend versuchten die Türken vergeblich Nn Uebergang über den Timok gegen de» serbischen linken Flüge! gegenüber Lapanjabach und dem Dorf Wraschogrnatz. In fü sislündigem Kampf verhinderten die Serben das Nahekommen der Türken zum Timok. Die Jbar- Armee commandirt nun statt Zach's der Oberst Kolankantich, welcher Derwisch Pascha, der Senitza mit regulären Arnauten zu Hülfe eilte, vollständig geschlagen und in die Flucht gejagt hat.
Trebinje, 26 Juli. Hier traf am 2H. Abends die türkische Nachricht ein, daß Mukhtar Pascka am 24. von Zimje aus die montenegrinische Nordarme bei Nevesinje in der rechten Flanke angriff und nach blutiger Schlacht zum Rückzuge nach Gacko zwang. Die beiderseitige» Verluste sind enorm, die Zahl der Tobten beträgt allein 2600.
Semlin, 28. Juli. Seit zwei Tage finden heftige Kämpfe am Timok statt. Leschjanin meldet, daß er 5000 Türken bei Lapan und Vrazogrnac (Wrashogratz, am linken Ufer des Timock?) mit großen Verlusten zurückgeschlagen habe. Tschernajeff und Abdul Keiim befinden sich beide am Timok. Milan ist heute zur Morawaarmee abgereist. Gestern früh wurde in Belgrad Plakate von Karagcorgiewitsch angeschlagen, welche zur Entthro nung von Milan aufforderten. (St.-A.)
Die türkische Regierung hat im Pariser Leihhanse für 12 Millionen Diamanten, die dem letzten Sultan gehörten, versetzt.
Der Verfassungs-Entwurf Mid hat Paschas, von dem fast kein 'Mensch mehr sprach, ist nun mehr als einen Monat nach seinem Entstehen, nachdem er im Vrinzip von dem großen Staatsrathe acceplirt worden ist, das Ereignis, des Tages in Stammbul geworden. Es ist möglich, im Nachfolgenden eine exakte Analyse dieses unter sämmttiche hohen Staatswürdenträger zur Bertheilung gelangten Dokumente zu liefern. Die hauptsächlichsten Punkte des Projektes sind: „1. Vollkommene Gleichstellung der Christen mit den Mohamedanern. 2. Zulassung der Elfteren zu allen Aemtern; die Möglichkeit für sie, alle Grade zu erlangen, selbst den Grad eines Großvezirs. 3. Aushebung desjenigen Tbeiles des Retigionsgesetzes (6Ker'int), welches die Zeugenschast eines Christen zu Gunsten der Zeugenschast eines Muselmanns zurückweist. 4. Bildung einer Repräsentativ-Kammer, bestehend aus Bckennern jedes Glaubens, nach dem Verhältnisse, das die verschiedenen Gemeinden im Kaijerthume repräsentiren: die Deputirten werden ernannt durch die Mitglieder des RathS der Alten, wie sie in jeder Stadt und jedem Dorfe bestehen; jedes Vitajet ernennt vier Deputiere, Konstantinopel sechzehn. 5. Ein Zivil- Kodex wird ausgearbeitet werden, io weit als möglich nach dem Borbitde des Code Napoleon. Ferner ioll ein neues Straf- und ein neues Handelsgesetz geschaffen werden. 6. Die Minister sind der Kammer verantwortlich und die Verwaltungs-Verantwortlichkeit muß praktisch ausgesührt werden." Wir kennen manchen abendländischen Staat, dem diese türkischen Reformen, wenn sie nicht btos auf dem Papier stehen, sondern praktisch verwerthet werden können, recht verlockend erscheinen dürsten. Allein da liegt eben der Hase im Pseffer. „Mit Worten läßt sich trefflich streiten, mit Worten ein System bereiten," wie Göthe sagt. Aber ehe diese Worte zur Tbat werden mögen, hat die Türkei wohi schon zu existiren aujgehört. zB. T.)
Es wird jetzt nicht mehr verhehlt, daß Murad am Säufer- MßjsWirm leidet; fein Onkel hielt ihn viele Jahre als Gefangenen «pd ließ ihm keinen Zeitvertreib als Weiber und Wein, auch Branntwein. Die tödtliche Krankheit Murads ist Blutvergiftung. -- lieber die Zustände, die hinter der Front der Kämpfenden und aus drn Schkschtsetdern herrschen, entwerfen Augenzeugen die unerquicklichsten Gemälde: In den türkischen Fetdspitälern giebt es mehr Kranke als Verwundete. Die Hitze, iu Verbindung mit dem unaufhörlichen Regen, scheint den Leuten stark zuzusetzen. Namentlich Typhnssälle kommen in großer Anzahl vor. Daß man in den Spitälern wenig Verwundete zu behandeln hat, das erklärt sich sehr einjach aus der Art und Weise« wie Serben und Türken mit einander Krieg führen. Den Serben wird allerdings von ihren Ossizieren eingeschärst, Verwundete und Gefangen« mit Milde zu behandeln: als die serbischen Soldaten aber einmal fqhkn, daß die Tarten keineswegs Gleiches mit Gleichem vergalten, sondern den Schwerverwundeten die Köpfe abhauen und die Leichtverwun- ZMD, wenn sie in ihre Hände fallen, wie überhaupt alle Gefangenen,
nach jedem Gefechte als Rebellen süsiliren taffen, so geben sie , ateichsalls keinen Pardon mehr, sondern tödten alle Verwundeten, die sie im Felde finden. Sind in einem Gefechte die Serben zurückgeworfen worden und behaupten die Türken das Feld, so kann man alsbald ein sehr ekelerregendes Schauspiel wahrnehmen: Tausende und Tausende von Baschi-Bozuks und Tschcrkesseu werfen sich dann wie Aasgeier auf das Schlachtfeld, um die Leichen zu plündern. Ihre Beute ist selten sehr
ergiebig, denn die kämpfenden Serben tragen aus sehr naheliegenden Gründen kein« Schätze bei sich : allein das abscheuliche Tscherkessengesindel verschmäht nichts, was es an den Leiwen findet: nicht die Röcke, die Stiesel, Eßschalen und sonstige Gebrauchsgegenstände. - Alles wird geraubt, und wenn manchmal eine Leiche schon so starr ist, daß man ihr in der Eite beispielsweise die Stiefel nicht mehr ausziehen kann, so geschieht es wohl auch, daß so ein Hallunke ihr die Füße abhaut und diese sammt den Stieseln in seine grobe Leinwandtasche wirft, um später das Geschäft der Ausschälung mir mehr Muße zu besorgen. Wenn man schon von europäischer Intervention spricht, hier gäbe es eine» Punkt, in Bezug aus welchen sie nicht lebhaft genug berbeigewünscht werden könnte. (P. T.)
Von in Amerika ansässigen Deutschen wurde dem Fürsten Bismarck ein Faß amerikanischen Bieres, welches aus der Weltausstellung in Philadelphia den ersten Preis erhalten, zum Geschenk gemacht. DaS Faß ist bereits in Bremen angekommen und auf dem Wege nach feiner Bestimmung. Hinter der offenen Thatsache scheint sich der geheime Sinn zu verbergen: Wenn die Deutschen gutes Bier trinken wollen, so müssen sie herüber kommen nach Amerika!.
Cincinnati, den 10. Juli. General Custcr mit 300 Mann Cavallerie unternahm es in letzter Woche, die Sioux- Indianer auf das ihnen von der Vereinigten Staaten-Regierung angewiesene Gebiet zurückzutreibe», wurde aber von der zehnfachen Uebermacht der Roihhäute überrumpelt und abgeschnitten. Der General nebst 16 Offizieren wurde getödtet, seine Mannschaft theils schwer verwundet, theils abgeschlachtet. Kein einziger Soldat verließ unversehrt das Schlachtfeld. Die Sioux gehören zu den kriegstüchtigsten und bcstbewaffnelen Jndianerstämmen. Ein allgemeiner Feldzug gegen die feindlichen Indianer wird die Folge fein. — Seit Anfangs Juni haben wir fast täglich heftige Gewi t t e r st ü r m e gehabt. In Iowa Hut während der letzten Woche ein solcher das Städtchen Rockvale zerstört, wobei über 40 Menschenleben verloren gingen. Auch in anderen Theilcn des Landes hat der Sturm und Regen großen Schaden angerichtet. Bis jetzt hat die Ernte noch wenig gelitten.
Der Ammeifter von Straßburg.
(Schluß.)
Frau Brigitta faßte sich endlich ein Herz, die hohe Dame um ihre Fürbitte bei dem Könige für ihren verbannten Gatten anzngeheii, und erhielt von ihr die bestimmte Zusage, sich sogleich bei ihrer Rückkehr nach Paris beim König für den Ammeister verwenden zu wollen, was der armen, tiefgebeugten Frau schon zur großen Be-uhigung gereichte.
Von diesem Erfolg der Mutter ermuntert, wagte es nun auch Acmgard, unter Zittern und Zagen die Prinzessin für des unglücklichen Adrian's Schicksal zu interessiren und sie um ihren Beistand anznfleherr.
Die hohe Dame hörte theilnehmeird ihre Erzählung an und fragic dann plötzlich: „Ist dieser Adrian noch ein junger Mann?"
Armgard bejahte erröthend.
Die Prinzessin lächelte.
„Ihr sollt mit mir zufrieden fein, mein Kind," erwiderte sie dann huldvoll, „und eine ebenso freundliche Erinnerung von mir behalten, wie ich sie ans Eurem Hanfe mit mir nehme. Doch wird der Herr Adrian Dörnach, falls es mir gelingen sollte, ihm seine Freilassung zu erwirken, klug daran thun, die Vaterstadt sowohl als ganz Frankreich zu meiden, um weitern Gefahren zu entgehen."
Armgard küßte der Prinzessin voll Dankbarkeit die Hand, woraus diese den königlichen Prätor Ulrich Obrecht zu sich bescheiden ließ.
Er erschien sogleich.
Die Prinzessin behandelte ihn sehr freundlich und sagte plötzlich: „Ihr könntet mir wohl eine» Dienst erweisen, Herr Prätor!"
Dieser bezeigte sich überglücklich und versicherte sich der hohen Dame zu jedem Dienste bereit.
„Ihr habt einen gewissen Adrian Dörnach in Euren Gefängnissen," fuhr die Prinzessin fort.
Obrecht stutzte.
,,Jch wünsche seine Freilassung von Euch," setzte sie rasch hinzu.
„Ich bin untröstlich, Madame!" erwiderte er unterwürfig. „Der Gefangene ist bereits nach Paris gesandt, nm sein Urtheil dort zu empfangen."
Die Prinzessin runzelte leicht die Stirn.
„Das höre ich ungern," sprach sie ernst, „ich hoffe, Ihr werdet mir den Dienst dennoch erweisen, Herr Prätor! mein besonderer Dank wäre Euch gewiß."
„Es wird mir völlig unmöglich sein, Madame!"
„Unmöglich?" wiederholte sie scharf, „einem Manne, dem es gelungen, eine ganze Stadt zu überlisten, sollte ein solcher kleiner Dienst unmöglich sein? Ich bedauere es sehr, Euch »m denselben ersucht zu haben."
Eine stolze Handbewegung der hohen Dame, — er war entlassen.
Obrecht war in Verzweiflung, die Ungnade der Prinzessin konnte ihm all' seinen theuer erkauften Glanz kosten)
„Madame haben über mich zu befehlen," sagte er plötzlich,