sanimlung der herzegowinischen Jnsurgenien proklamirte gestern den Fürsten Nikita von Montenegro zum Fürsten der Herzegowina.
Der „Polit. Korresp." wird aus Belgrad gemeldet: Oie Abreise des Fürsten zur Armee ist auf den 60. Juni festgesetzt; an demselben Tage soll das Kriegsmanifest, und am 1. Juli für ganz Serbien der Belagerungszustand verkündet werden. Aus Cettinje berichtet dieselbe Korrespondenz die Einberufung aller Montenegriner vom 17. bis zum 60. Lebensjahre und die bevorstehende Uebernahme der Negierung durch den Senat im Namen des Fürsten bis zur Beendigung des Krieges.
Belgrad, 29. Juni. Unter Kanonendonner und dem Zurufe der Bevölkerung ist Fürst Milan heute Morgen nach der Grenze abgercist, von den Ministern bis Semendria begleitet. Der Fürst wird an der Grenze eine Proclamation erlassen. Der Metropolit und die Bischöfe sind gestern abgereist, um die Armee zu segnen.
Paris, 27. Juni. Das „Journal ojfiziel" veröffentlicht ein Dekret des Präsidenten Mac Mahon, wonach 87 Mitglieder der Commune begnadigt sind. Der Zuschrift des Präsidenten zufolge soll wegen Theilnahme a» dem Ausstande ferner keine gerichtliche Verfolgung eintreten, außer in Ausnahmefällen gegen in eontumaoirun Verurtheilte.
Paris, 28. Juni. Die „Agence Havas meldet: Am 5. Juni lief ein Muselmann durch das Juden-Viertel von Al- Kazar in Marokko, mit dem Dolche in der Hand und ausrusend: „O, Muselmänner! rächen wir uns an unfern Feinden!" Er stach 11 Juden, von denen 2 sofort rodt waren und mehrere tödtlich verwundet wurden. Die Vice-Consuln von Amerika, Italic», England und Spanien haben Garantien für Leben und Eigenlhum der Europäer verlangt und werfen dem Pascha vor, es an der nöthigen Wachsamkeit haben fehlen zu lassen.
Petersburg, 27. Juni. Ei» Artikel des „Golos" sagt: Rußland macht Anstrengungen für den Frieden, aber die Situation hat sich geändert. Nachdem England der Türkei Waffen und Munition Und 300,000 Pfd. Sterl. gegeben hat, haben die Serben das Recht, das Schwert zu ziehen. Rußland wird vorerst Zuschauer bleiben, aber es würde eher Europa in Brand stecken, als seine slavischen Brüder zermalmen lassen.
London, 26. Juni. Das Wettrudern zwischen der Frankfurter N »vergesellschaft und dem Londoner Ruderklub ging am Samstag Nachmittag unter prächtigem Wetter vor sich. Unter den Zuschauern, welche die Wettfahrt auf Dampfern begleiteten, befanden sich u. A- Gras Münster, der Marineminister Ward Hunt und eine Anzahl von Parlamentsmitgliedern. Im Anfänge der von Putney themseaufwärts gehenden Fahrt waren die Deutschen entschieden im Vortheil, später schwankte der Sieg noch mehrmals, neigte sich aber noch schließlich auf Seiten der Engländer, welche den Deutschen einen Vorsprung von 16 Sekunden, 6—8 Bootslängen, abgewannen. Englische Fachleute lassen in der Presse den Leistungen der Deutschen in Bezug aus Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer alle Anerkennung widerfahren, empfehlen ihnen aber die erprobte englische Art des Ruderns, sowie die neueren verbesserten Einrichtungen der engl. Bote, z. B. die beweglichen Sitze, anzunehmen. Folgten die Deutschen diesem Rache, so seien sie nächstens als recht gefährliche Gegner anzusehen, trotzdem der Rudersport in Deutschland bedeutend jünger ist, als in England. (S. M.)
London, 28. Juni. Die Nachrichten auswärtiger Zeitungen über ein angebliches Entgegenkommen Montenegros gegenüber der Pforte erscheinen nach Informationen aus der Türkei als unbegründet; die Haltung Montcnegro'ä lasse vielmehr den Anschluß desselben an die von Serbien beabsichtigte Bewegung annehmen und habe die Türkei auch Montenegro gegenüber die nöthigen Sicherheitsmaßregeln getroffen. (Dasselbe besagt ein Telegramm aus Wien.
Der Islam (die türkische Religion) ist wegen der gestatteten Vielweiberei zur Bildung der Familie unfähig und die Geschichte der türkischen Staaten voll von blutigen Thronstreitigkeiten. Die Gründer des türkischen Staates, welche diesen Uebeln Vorbeugen wollten, machten ein Haus ge setz, welches ebenso wirksam als schauderhaft ist. Es besteht aus folgenden Bestimmungen: 1) Das älteste männliche Mitglied der Dynastie ist der Inhaber des Throns, 2) um die Bildung von Nebenlinien zu verhindern, dürfen die Mitglieder der Dynastie keine gesetzliche Ehe eingehen, 3) die Prinzessinnen des Hauses sind an einheimische Günstlinge zu verheirathen, 4) die männlichen Kinder aus der Ehe dieser Prinzessinnen sind bei der Geburt sofort zu tödlen, 5) der neue Sultan hat bei seinem Regierungsantritt alle seine Brüder zu tödten. (Nur Nr. 5. hat Sultan Abdul Medschid aufgehoben.)
K o nsta n ti n op e l, 27. Juni. Die türkischen Truppen an der serbischen Grenze und die Donau-Flotille haben Befehl erhallen, sich beim ersten Signal für den Beginn der Feindseligkeiten bereit zn Hallen. — Das Commando der Truppen au der serbischen Grenze wird der Kricgsminister Abdul Kerim Pascha übernehmen.
Eine besondere Liebhaberei hatte der türkische Kriegsministcr
Riza Pascha für ein gewisses Armeecorps in Asien. Den anderen Truppen, namentlich in Europa blieb man den kargen Sold 6, 8 und 10 Monate lang schuldig, für jenes Armeekorps aber weit Hinte» in Asien erhob der Kriegsministcr den Sold jeden Monat auf's Pünktlichste und es war beneidet in der ganzen Armee. Später freilich stellte es sich heraus, daß dieses Corps von 16,000 Mann niemals exiftirt hat.
Der Ammeifter von Straßburg.
(Fortsetzung.)
„Der Ulrich Obrecht," fuhr sie rasch fort, „weiß doch, warum und wofür er die Stadt verrathen hat; mit königlichen Gnaden überhäuft, winkt ihm eine glänzende Zukunft, während der Bruder, der gleichen Antheil an der Schuld hast, sStadtschreiber geblieben ist. Französisch wäre Straßburg doch über kurz oder lang geworden, warum also die Schmach nur haben und nicht den Lohn dafür?"
„Gott sei Dank, daß mein Sohn solchen Lohn nicht erhalten," versetzte die würdige Matrone, einen schmerzlich vorwurfsvollen Blick aus ihre Tochter richtend, „seine Erhöhung hätte mich in's Grab gebracht."
„Er wird doch das Gold angenommen haben, Mutter!"
„Wenn er es gethan, dann hege ich doch jetzt die Ueber- zeugung, daß er den Judaslohn, an welchem der Fluch seiner Vaterstadt kleb!, von sich werfen wird, um mit seiner Buße wenigstens vor Gott Gnade zu finden. Er hat mir eine Bitte an Dich ausgetragen, meine Tochter!"
Die Bürgermeisterin machte eine ungeduldige Bewegung.
Die Mutter ließ sich dadurch nicht beirren, sondern theilte ihr den Auftrag des Bruders mit.
„Das ist etwas Anderes," sprach die stolze Frau nachdenkend, „ich freue mich solcher Buße. Doch wozu die Frage wegen der Verlobung!"
„Erfülle ihm die Bitte in ihrem ganzen Umfange, sie ist ja.so leicht," erwiderte die Matrone wehmürhig.
„Gut, es sei, ich werde den Auftrag sogleich ausrichten, da derselbe nur Gutes bezweckt."
Sie wickelte sich fester in ihren seidenen Mantel und verließ auf's Neue das Haus, um zu der Ammeisterin zurückzukehren.
Nur eine halbe Stunde währte ihr Ausbleiben.
„Nun?" fragte die Mutter, als sie wieder zu ihr in's Zimmer trat.
„Die Frau Ammeisterin läßt Euch grüßen und für die Nachricht danken, Mutier!" sprach die Bürgermeisterin, sich erschöpft auf einen Stuhl niederlassend, „dieser Adrian Dörnach ist freilich nicht mehr in ihrem Hause, wo er sich befindet, mochte ich auch nicht wissen, doch schien sie über meine Nachricht sehr erschrocken zu sein. Von einer Verlobung sagte sic allerdings —"
„Also doch," unterbrach die Mutter sie schmerzlich erregt.
„Das heißt, nicht mit der Jüngsten, sondern mit der Arm- gard, doch wirb's noch geheim gehalten bis zur Rückkehr des Vaters. Armes Ding, dann kann es lange aus die Hochzeit warten, der Ammeister wird sobald nicht heimkehren, da man just ihn in Paris sürchtet, wie mein Eheherr mir mittheilt"
Die Mutter erwiderte nichts. — Die erwiesene Unschuld des Ammeisters mußte dem unglücklichen Sohne ja wie ein To- desurtheil klingen, da sein ganzer Haß damit zusammenbrach und jede Rechtfertigung vor dem eigenen, verdammenden Gewissen.
Das Mutterherz empfand diese ganze Qual, welche sie dem Sohne damit bereiten würde, es war die furchtbarste Strafe, welche das Schicksal ihm auferlegte, da sie die Quelle unsäglicher Gewissensangst für ihn werden mußte.
Am nächsten Morgen erst sah Frau Günzer ihren Sohn wieder.
Er trat mit einer stummen Frage vor sie hin.
„Deine Schwester hat Alles ausgerichtet," sprach die Mutter so ruhig wie möglich.
„Alles? auch die Frage?"
„Ja, mein Sohn!" — es ist so, wie ich gesagt, — der Ammeister hat Dich nicht hintergangen, als er sagte, die Tochter würde niemals heirathen. Nicht Katharina, sondern Armgard ist des Adrian Dörnach heimliche Verlobte."
„So bin ich verloren," brach Günzer nach einer Weile verzweiflungsvoll aus, „ich glaubte einen vollgiltigen Grund zum Hasse zu haben und bin jetzt nichts weiter, als der Verworfene, der um Gold Vater und Mutter verrathen. O, Mutter, wohin soll ich fliehen, um meine Schande zu verbergen, wie könnte ich den Anblick jenes Mannes ertragen, dessen Vertrauen und väterliche Liebe ich mit so schwarzem Undank belohnte?"
„Hast Du Gold bekommen für die That, mein Sohn?"
„Ja, Mutter, Gold genug, um mir einen Palast zu erbauen und herrlich und in Freuden zu leben, wie jener Prätor. Und warum soll ich's nicht thun?" setzte er mit einer Art ver- zwciflungsvoller Lustigkeit hinzu, „das goldene Kalb findet immer noch die meisten Anbeter und deckt alle Schmach zu. Das Leben ist zu kurz, um sich dasselbe mit unnöthigen Grillen zu verkümmern, und Straßburg wäre auch ohne mich Frankreich zum Raube geworden. Wir wollen lustig und guter Dinge sein, Mütterchen l Ihr sollt eine vornehme Frau werden und ist's nicht hier, nun,