Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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Samstag den 1. Auli.

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! find uns stets willkommen. (In Betreff der Abonne­

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Bei der großen Verbreitung unseres Blattes im hiesigen und den benachbarten Bezirken dürften Inserate immer von bestem Erfolge begleitet sein; auf zeitige Zusendung solcher, wenn sie in einer bestimmten Num­mer erscheinen sollen, müssen wir aber wiederholt auf­merksam machen.

Die Redaktion und Expedition des Gesellschafters.

TageS-Neuigkeiten.

, Schulamtsverweser Hipp von Mötzingen, O.A. Herrenberg^ wel-

! cher dreier Verbrechen wider die Sittlichkeit, verübt an 3 seiner Schul­kinder, angeklagt war, wurde vom Schwurgericht in Tübingen zu der Zuchthausstrafe von 4 Jahren und zum Verluste der bürgerlichen Ehren­rechte aus die Dauer von 5 Jahren perurtheilt.

Stuttgart, 25. Juni. DieWürttemb. Corr. meldet, daß vermuthlich nach einer eventuellen Herbst Session im Oktober eine Auflösung der Kammer erfolge» werde, damit die Neu­wahlen schon Ende November oder Anfangs December vorge- ^ nommen werden können, da bekanntlich die wirkliche Session erst im December ihr Ende erreicht. Inzwischen sei ein endgiltiger ! Beschluß darüber noch nicht erfolgt.

Stuttgart, 27. Juni. Die Sozial-Demokraten haben beschlossen, für die Reichstags-Wahlen hier und in Eßlingen Candidaten aufzustellen, bei einer engeren Wahl aber gegebenen Falles für den ihrer Partei am nächsten stehenden Candidaten zu stimmen. Bei der jüngsten Nachwahl zum Reichstage in Stutt­gart vereinigte ihr Candidat etwa 3000 Stimmen auf sich, i Stuttgart, 28. Juni. Die württembergische Kammer

! vertagte sich gestern aus unbestimmte Zeit. Vor dem definitiven Schluß der Wahlperiode wird sie noch einmal, voraussichtlich im Oktober, zur Berathung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Bildung eines Der« waltungsgerichtshoss, zusammemreten. Der Landtag trat am 28. März zusammen, war somit genau 3 Monate versammelt. Während dieser Zeit find eine Reihe wichtiger Gesetze zur Erledigung gekommen, in feinem Ueberblick über die Session erinnerte der Präsident außer an den Hauptfinanzetat, an das Gesetz betr. den Weiterbau der Eisenbahnen, an das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Staatsdiener, an das Ge­setz betreffend die Staatsaufsicht über die Gelehrten- und Realschulen und an das Versassungsgesetz über Bildung eines Staatsministeriums. Das Ministerverantwortlichkeitsgesetz wurde, wie wir hier noch nachtragen wollen, von der ersten Kammer nicht angenommen. (N. T.)

Göppingen, 27. Juni. Gestern Abend feuerte ein hiesiger Schneider in seiner Wohnung vier Revolverfchüsse auf feine Frau ab, ohne dieselbe jedoch zu treffen. Hierauf schoß er sich selbst in die Brust. Er wurde in das städtische Krankenhaus gebracht.

Reutlingen, 28. Juni. Ein trauriger Fall, der zwei Familien in tiefe Bestürzung versetzte, ereignete sich heute Nacht. Eine Gesellschaft junger Leute, dem Handelsstand angehörig, feierte einen Abschied, und waren bis Mitternacht in der heitersten und frohesten Stimmung. Ein junger, blühender Mann von 18 Jahren, Sohn des vor *,« Jahren verstorbenen Kaufmanns Pf., zog seinen Hausschlüssel aus der Tasche, und zeigte seinem Nachbar denselben, als Beweis, daß er wegen der Heimkunft unbesorgt sein dürfe; dieser sagte, er habe auch etwas in der Tasche und zog einen Dolch. Wahrscheinlich neckten sich beide Nebensitzenden, ohne daß die übrigen etwas merkten. Auf einmal sagte Pf» was machst Du für Dummheiten? Ich bin getroffen! Ein Strom Bluts entquoll der Wunde. Schnell wurden mehrere Aerzte her­beigerufen, welche die Wunde, die mehrere Zoll tief eindrang und die Lunge bedeutend verletzte, für lebensgefährlich erklärten. Der Verwundete wiederholte mehrmals, sein Freund sei unschuldig. Dieser voll Bestürzung eilte alsbald auf die Polizei und stellte sich als Gefangener. Allgemeines Bedauern trifft beide achtungs-

werthe Männer; dieser Vorfall dürste eine eindringliche Warnung sein, Scherze mit Waffe» in der Hund zu unterlasse». Bereits ist gerichtliche Untersuchung eingeleitct.

Ein namenloses Unglück hat, wie die ,,M. Zlg." schreibt, die Stadt Oppenheim und Umgebung getroffen. Durch den An­drang der angeschwollenen Fiulhen ist der Rheindaiiilii zwischen Dienheim und Ludwigshöhe durchbrochen worden, so daß sich die wilde Wassermasse über die herrliche», in üppiger Vegetation stehen­den Fluren verheerend ergossen hat. Trotz aller Anstrengungen und Vorkehrungen erreichten die Flmhen auch einen großen Theil der schönen Weinberge diesseits des Bahndamms. Die Größe des Schadens läßt sich vis jetzt nicht ermessen Ueber die näheren. Umstände des Dammvruches und darüber, ob derselbe durch zeitige und zweckmäßige Anordnungen vielleicht hätte vermieden werden^ könne», ist noch nichts festgestellr. (Sch. B.)

Berlin, 28. Juni. Der Gerichtshof für kirchliche Ange­legenheiten erkannte heule gegen den Erzbischof Melchers von Köln auf Absetzung vom Amte, weil sein Verhalten mit der öffentlichen Ordnung unverträglich sei.

In Bellin ist die Nachricht eingegangen, daß das deutsche Mittelmeerge sch wader am 25. d. M. in Salonichi ange­kommen und an Bord alles wohl ist.

In Berlin striken etwa 1500 Setzer wegen Lohntarif- Differenzen. Die meisten Zeitungen erscheinen in beschränktem Umfange.

In Berlin ist eine richtige Meineids-Bande entdeckt, vor das Stadt-Schwurgerichl gestellt, überführt und gehörig ver­donnert worden. Es waren der Handelsmann Maleika, der Schankwirlh Sloof und der Fuhrherr Stolle, die sich zu Mein­eiden förmlich verabredet und verbunden, und ihr furchtbares Handwerk jahrelang mit Erfolg betrieben hatten. Ihre Mani« puialion war sehr einfach z. B. folgende: Maleika blieb seine Hausmiethe schuldig und wurde verklagt. Da drehte er vor Gericht den Spieß um und erklärte, sein Hausherr fei ihm 2000 Thalcr schuivig. Der Hausherr lachte dem Lügner ins Gesicht, aber Maleita ließ seine Forderung durch seine Spießgesellen Stoof und Stolle ais^Zeugen beschwören und der Hausherr wurde verurtheilt. So klagte immer der eine und die anderen schworen. Die Zahl ihrer Opser war groß. Vor dem Schwur­gerichte gelang's dem Staatsanwalt, ihre Schurkereien in vielen Fällen klar »achzuweisen, so daß über alle das Schuldig ausge­sprochen und jeder gleiche Brüder gleiche Kappen zu 15 Jahre Zuchthaus verurtheilt werden konnte. Westen Ggen- lhum, fragte der Präsident, wessen Ehre, westen Freiheit ist noch sicher, wenn der erste Beste an der Hand zweier Zeugen vor Gericht erscheint, erfundene, erlogene Thatsachen von diesen be­schwören läßt und damit den Gegner, der von der Sache keine Ahnung hat, vernichtet? Gegen den Dieb kann man sich schützen, gegen den Mörder wehren, schutzlos ist aber Jeder gegen eine Bande von Meineidigen.

Ein unbestellbarer Brief. Es ist bekannt, daß die deutsche Reichspost in der Beförderung der ihr anvertrauten Sendungen mit sehr lobcnswerther Gewissenhaftlgkeit zu Werke geht. Daß es ihr aber manchmal unmöglich ist, einzelne Briefe an den Mann zu bringen, beweist, wie dieFranks. Ztg." mittheilt, nachstehen­des Schreiben eines achtjährigen Mädchens in Koblenz:An Herrn Klapperstorch in Frankfurt am Milchbrunnen Herr Klapperstorch! Sie haben meiner Tante ein Kindchen geschickt, sind Sie so gut und schicken mir auch eins, Papa und Mama sind damit einve« standen. I» der Erwartung, daß Sie meinen Wunsch erfüllen werde», grüßt recht freundlich R. K." Dieser Brief, der Post übergeben, wanverie zunächst nach Frankfurt an der Oder, und da doit selbst die Polizei keine Auskunft über den Klapperstorch geben konnte, wurde der Adressat in Frankfurt am Main ausgesucht ; aber wiederum vergebens, weßhalb das Schreiben wieder zurückkam, wo es amtlich geöffnet und der kleinen Schreiber!» als unbestellbar eingehändigt wurde.

Straßdurg, 29. Juni Der Kaiser hat, wie dieStraß­burger Zeitung" meldet für die durch Uebcrschwemmung Geschä­digten im Elsaß 10,000 Mk aus seiner Privat Chatulle bewilligt.

Wien, 28 Juni. Aus Ragusa wird gemeldet : Ein Ver-