Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 59.
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Amtliches.
Nagold.
Au die Gemeinderäthe.
Die Einsendung der AmtsvergleichungskostensVerzeich- nisse auf 1. Mai d. I. wird hiemit in Erinnerung gebracht.
Den 15. Mai 1876.
K. Oberamt. Güntner.
Tages-Neuigkeiten.
* Nagold, 17. Mai. Gestern Nachmittag ertrank bei der Sannwald'schen Spinnerei in der Waldach ein 3jähriges Kind des Lammwirtbs B. in Jseishausen.
Stuttgart, 15. Mac. Ganve sp robuktenbörse.) Nachdem sich unsere Müller vor 8 Tagen ziemlich stark deckten, so daß der Umsatz in Brodfrüchten allein ca 100,000 Ctr. betragen dal, blieb der Verkehr an heutiger Börse etwas beschränkter, ohne daß übrigens die Haltung an Festigkeit verloren hätte. Wir noticen: Weizen, ruff. 12 50 bis
60 Z dto. daher- 12 ^(50 50 dto amerikan. 12 25—50 .Kernen 13 ^«-13 30 Dinkel 8 20-55 Haber g ^40-80-4.
Mehlpreise pro 100 Klg. inkl. Sack: Mehl Nr. 1: 39—40 ^il Nr. 2: 33-34 Nr. 3: 27 -28 Nr. 4: 24-25 ^
Stuttgart, 15. Mai. Ueder die Herbstübungen des 13. (württ.) Armeekorps ist dem Vernehmen nach Folgendes in Aussicht genommen. Nach rem Brigadeexerciren, zu welchem die Truppentbeile aus den Nebengarnisonen nach Ulm, Stuttgart und Ludwigsburg «»gezogen werden, finden die Divisionsübungen in der Zeit vom 9./16. Sept. statt, in welche steit zwei Rasttage fallen. Das Uebungsgebiet der 26. Division ist auf das rechte Neckarufer gelegt unv wird begrenzt durch die Städte Lausten, Löwenstein, Murrhardt und Waiblingen. Das Terrain der 27. Division fällt in den Raum, welcher im Norden durch die Linie Stuttgart-Waiblingen-Rems, im Osten durch die Linie L-chorndorf-Kirch« heim, im Süden durch Kirchheim-Neckarthailfingen und im Westen durch den Schönbuch abgeschlossen ist. Während der 8 Tage dauernden Uebung hat jeder Truppentheil mit Ausnahme der Artillerie einmal Bivouaks und Vorposten zu beziehen. Die Korpsübungen sind für den 18., 19. und 20. Sept. bestimmt in der Weise, daß die beiden Divisionen gegen einander openren. Nach einem Ruhetag am 21. wird voraussichtlich am 22. oder 23. Sept. die große Parade vor Kaiser Wilhelm und König Karl stattfinden, worauf die Truppen am 24. in ihre Garnisonen befördert werden.
Berlin, 13 Mai. Der Kaiser von Rußland gewährte heute Nachmittag 3 Uhr dem Reichskanzler Fürsten v. Bismarck eine Abschiedsaudienz, folgte der Einladung des Kronprinzen zum Familiendiner und verabschiedete sich daselbst vom Grafen Andrassy. — Abends 8*/« Uhr erfolgte ans dem Potsdamer damer Bahnhofe die Abreise des Kaisers von Rußland nach Cms. Als der Zug sich in Bewegung setzte, trat Kaiser Alexander nochmals an das offene Fenster und winkte seinem kaiserlichen Oheim einen freundlichen Abschiedsgruß zu mit dem Wunsche: auf Wiedersehen!
Der hessische Ministerpräsident Hofmann ist bereits hier eingetroffen und hat die Räume seiner künftigen Dienstwohnung, der Bureaus u. s. w. in Augenschein genommen.
Berlin, 15. Mai. Fürst Gortschakoff und Graf Andrassy haben sich gestern Nachmittag nach Aufhebung der Tafel im kaiserlichen Palais vom Kaiser verabschiedet. Andrassy reiste Abends 11 Uhr mit seinen Begleitern nach Wien zurück. Gortschakoff ist mit den Staatsräthen Jomini und Hamburger heute früh nach Ems abgereist.
Berlin, 15. Mai. Ein deutsches Panzer-Geschwader, bestehend aus den vier Panzer-Fregatten „Kaiser", „Deutschland", „Kronprinz" und „Friedrich Karl," sowie dem Aviso „Pomme- rania", geht unter dem Commando des Contre-Admirals Balsch im Laufe der nächsten Woche nach Salonichi, wo die Corvette „Medusa" dieser Tage erwartet wird, und wohin das Kanonenboot „Komet" in dieser Woche abgeht. Das Kanonenboot „Nautilus" befindet sich aus dem Wege von Malta nach Port Said und wird von dort nach Konstantinopel dirigirt.
Sehr ernst wird in Berlin der türkische Ministerwechsel aufgefaßt. Die „Nordd. Allg. Ztg." glaubt, daß „mit diesen Veränderungen die letzten Pfeiler hinweggeschwemmt sind, auf welche die Bemühungen um eine friedliche Regelung der Dinge im Dioan sich noch stützen durften."
Der Baurath Röder, welcher sich vorzugsweise mit Kanalangelegenheiten beschäftigt, hat dem Berliner Magistrat Mittbeiluug von einem großartigen Kanalprojekt gemacht, bei dem die auszuführenden Arbeiten etwa doppelt so groß sein werden, als beim
Suezkanal. Es handelt sich um einen Kanal von Odessa nach Hamburg, also vom Schwarzen Meere nach der Nordsee. Der Name, welchen der Kanal führen soll, ist Mexander-Wilhelm-Kanal. Welche Schritte zu Gunsten des Projekts beabsichtigt werden, ist dem Magistrat bisher nicht bekannt geworden.
Köln, 13. Mai. Vormittags. Durch eine Kessclex- plosion in der Gummifabrik am St. Cunibert-Thore w n r d c n 17 Personen unter den Trümmern begraben. Bis heute Mittag sind 5 Personen todt, 7 schwer verwundet hervorgezogen. Drei in derNähegelegene Häuser si n dringest ürzt.
Die „Köln. Ztg " erhält über den Verlauf der Konferenzen folgende Mitrheilungen: An eine unmittelbare Besetzung irgend eines Theiles türkischen Gebiets durch österreichische oder russische Truppen wird nicht gedacht; um so nachdrücklicher soll aber eine moralische Einwirkung sowohl auf die Pforte als auf die Aufständischen eintreten, um den Abschluß eines Waffenstillstandes herbeizuführen und während desselben Unterhandlungen wegen A us- führung des erweiterten Andrassy'schen Reform Projekts zu eröffnen. Hierbei soll es sich nicht nur um Reformen für die jetzt in Aufruhr stehenden Provinzen handeln, sondern um alle Theile der europäischen Türkei mit gemischter Bevölkerung. Namentlich will man auch mit Bezug auf die Eigenthumsverhältniffe an Grund und Boden eine Regelung der Zustände anstreben, um auch nach dieser Richtung hin geordneten Zuständen Bahn zu brechen. Die Mittheilung an die Garantiemächte soll in einer Art Memoire enthalten sein, das durch die deutschen Botschafter in London, Paris und Rom amtlich übergeben wird. Die deßfallsige Mittheilung an die hiesigen Botschafter soll vertraulicher Natur gewesen sein.
Weitere Details über die Vereinbarungen theilt ein Berliner Korrespondenz der ,,Fr. Ztg." mit. Nach demselben bestehen dieselben aus folgenden Punkten: Zweimonatlicher Waffenstillstand; Verhandlungen mit der Türkei mit den als krieg- führende Macht anerkannten Insurgenten auf Grund erweiterter Reformoorschläge Andrassy's; energisches Eintreten Rußlands für diese zwischen den Dreikaisermächten getroffenen Vereinbarungen; Entsendung eines deutschen, russischen und östreichischen Geschwaders in die türkische» Gewässer. Der letztere Punkt bezieht sich jedoch nicht aus die orientalische Frage, sondern hängt mit den Ereignissen in Salonichi zusammen. Uebrigens haben die in Berlin accredirten Botschafter Frankreichs und Italiens das volle Einverständniß ihrer Regierungen mit den Beschlüssen der Berliner Konferenz amtlich ausgesprochen.
Zum Prozeß Arnim wird der „Magd. Ztg." gemeldet, daß Herr Thiers sich zur Zeugnißablegung bereit erklärt habe.
Wien, 15. Mai. Die „Polit. Corresp." meldet aus Konstantinopel : Die Pforte sei gestern von der Behörde in Salonichi benachrichtigt, daß bisher 216 Personen verhaftet seien; die Verhaftungen würden fortgesetzt. Der Prozeß habe begonnen. Die Züchtigung werde eine ebenso rasche als schreckliche sein.
Die Wiener „Pol. Korr." schreibt über das Ergebniß der Berliner Kanzlerkonferenz: „Wir erhalten aus Berlin von vollkommen vertrauenswürdiger Seite die hocherfreuliche Meldung, daß die Verständigung der drei Mächte in Betreff der weiteren Schritte in der Pazifikation des Aufstandes in der Türkei nicht blos in den Prinzipien, sondern auch in den Details bereits als vollkommen gesichert zu betrachten ist, und ist das vollständig gelungene Einigungswerk wesentlich auf die Haltung Rußlands zurückzusühren, welches nunmehr bei dem Pazifikationswerke entschiedener in den Vordergrund treten wird. Besonders betont und hervorgehoben wird von unserem Gewährsmanne das persönliche Verdienst des russischen Staatskanzlers, Fürsten Gortschakoff um die so rasch erzielte volle Verständigung und die neuerliche Bekräftigung der Pazifikations-Jdeen."
Die Nachrichten aus der Türkei lauten sehr ernst. Ein an die russische Botschaft in Berlin gelangtes Telegramm aus Konstantinopel soll die dortige Lage als bedenklich und gefährlich für die christliche Bevölkerung dargestellt haben, die dringend den Einmarsch russischer Truppen zum Schutze des Lebens der Christen erbitte.